Unterwegs in Frankreich

 

   
In der Nacht geht der leichte Nieselregen in Dauerregen über und so machen wir uns nach dem Frühstück in voller Regenmontur auf den Weg. Die Strände von Calais sind sehr schön und auf der direkt am Strand verlaufenden Promenade können wir den Spaziergang trotz des schlechten Wetters genießen. Der erste Abschnitt der Côte d´Opale, der Opalküste zwischen dem Cap Blanc-Nez und dem Cap Gris-Nez ist landschaftlich sehr schön und bietet herrliche Ausblicke auf die Küste. Später verlässt die Straße leider die Küste und verläuft ein Stück im Landesinneren. Boulogne-sur-Mer, Le Touquet und Berck sind weitere Stationen bis wir bei Le Tréport die Normandie erreichen. In Fécamp entdecken wir zufällig einen Stellplatz direkt am Yachthafen und finden auch noch ein freies Plätzchen für unseren Roadrunner. Ein Spaziergang führt uns am Hafen entlang bis zur Promenade. Von hier aus haben wir einen schönen Blick auf die Hafeneinfahrt von Fécamp und die bizarren Kreideklippen der Côte d´Albâtre, der Alabasterküste.
   
   
An keinem anderen Ort der Alabasterküste haben Wind und Wetter die weißen Steinklippen so dramatisch gestaltet wie in Etretat. La Falaise d´Aval, die mit 85 m Höhe berühmteste Kalkklippe, spannt westlich von Etretat einen eleganten Bogen ins Meer. Etwas weiter folgt die Aiguille, eine 70 m hohe Felsnadel.
   
Unser nächstes Ziel ist Le Havre. Im Zweiten Weltkrieg völlig zerstört und komplett neu aufgebaut macht die Stadt einen seltsamen Eindruck – schön ist sie jedenfalls nicht. Unser einziges Ziel ist das Musée Malraux, Heimat der bedeutendsten impressionistischen Sammlung Frankreichs nach Paris. Werke von Boudin, Monet, Renoir, Degas, Sisley, Pissarro, Dufy und anderen gehören zum Bestand des Museums. Leider wird die Ausstellung gerade umgebaut, so dass nicht so viel zu sehen ist, wie wir uns erhofft haben. Für eine Mautgebühr von 5,90 € fahren wir über die 1995 eröffnete Pont de Normandie, die die Mündung der Seine zwischen Le Havre und Honfleur überspannt. Am Quai du Nord in Honfleur sichern wir uns einen Platz auf dem großen Wohnmobilstellplatz und machen uns zu Fuß auf den Weg in die Stadt. Der Ort gilt als die Perle der Côte Fleurie, sein Hafen als schönster der ganzen Normandie. Auch uns nimmt der Charme des Ortes sofort gefangen: Schöne Häuser, enge Gassen, ein Hafenbecken aus dem 17. Jahrhundert und zahlreiche Galerien sorgen für einen sehr schönen Gesamteindruck. Fast drei Stunden bummeln wir durch Honfleur, besuchen einige Galerien und sehen uns die Geschäfte mit lokalen Produkten wir Cidre, Calvados, Wein und Käse an.
   
   
Wir verlassen die Küste und fahren ins Pays d´Auge hinein. Die vielen Äpfel, die in dieser Region geerntet werden, werden zu Cidre, Calvados und Pommeau verarbeitet, außerdem wird Camembert hergestellt. Das Bilderbuchdorf Beuvron-en-Auge zählt zum Kreis der schönsten Dörfer Frankreichs. Am schmucken Hauptplatz von Beuvron-en-Auge reihen sich Fachwerkfassaden aus dem 17. Jahrhundert um die alte Markthalle, die 1975 originalgetreu wieder aufgebaut wurde.
   
Wir befinden uns an den D-Day Beaches, wo am frühen Morgen des 6. Juni 1944 die alliierte Invasion in der Normandie begann, die schließlich zur Niederschlagung des Naziregimes geführt hat. Wir wollen uns ein paar dieser historischen Stätten ansehen. Wir beginnen mit dem Cinéma Circulaire in Arromanches, das anlässlich der Feierlichkeiten zum 50. Jahrestag der Landung der Alliierten eingerichtet wurde. Hier erwartet den Besucher ein auf neun Leinwänden in einem runden Saal präsentierter Film. Ziel dieses Films ist es, den Veteranen die Ehre zu erweisen und für die wesentlichen Standorte der Landung der Alliierten eine Parallele zwischen Vergangenheit und Gegenwart zu ziehen. Mit Hilfe der 360°-Filmvorführung werden die Zuschauer in das Zentrum der Handlung, mitten unter die Soldaten des D-Day versetzt und bekommen die Intensität dieses Augenblicks mit voller Wucht zu spüren. Der Film „Der Preis der Freiheit“ vermischt noch nie zuvor veröffentlichte Archivbilder, die im Juni 1944 von Kriegskorrespondenten aufgenommen wurden, mit aktuellen, an den gleichen Orten zu Friedenszeiten gedrehten Bildern. Der knapp 20minütige Film kommt ohne Kommentar aus – die Botschaft ist eindeutig! Aussichtspunkte vor dem Theater bieten einen schönen Blick auf die Bucht von Arromanches, wo noch immer Reste des Mulberry Harbour zu sehen sind. Nach der Landung am 6. Juni 1944 wurde aus vorgefertigten Teilen ein künstlicher Hafen errichtet, um den Nachschub an Soldaten und Material sicherzustellen. Unsere nächste Station ist die Küstenverteidigungsbatterie von Longues-sur-Mer, die einzige ihrer Art, die unter Denkmalschutz steht. Sie ist ein wesentlicher Bestandteil des Atlantikwalls und beinhaltet einen Feuerstand und vier Bunker, in denen immer noch die originalen 150 mm Artilleriegeschütze stehen.
   
   
Die für uns wohl beeindruckendste und auch beklemmenste Station sind der Normandy American Cemetery und das dazugehörige Visitor Center. Letzteres zeigt den historischen Hintergrund der Operation Overlord auf und erweist den Werten der alliierten Soldaten des Zweiten Weltkriegs, Kompetenz, Mut und Opferbereitschaft, die Ehre. Schaukästen, Beschreibungen und verschiedene Filme, zum Teil aus persönlicher Sicht einzelner Soldaten, sorgen für eine intimere Betrachtungsweise. Der Film „Letters“ erzählt von Briefen, die die Soldaten aus dem Einsatz heraus an ihre Familien geschrieben haben, teilweise nur wenige Tage bevor sie auf den Schlachtfeldern den Tod fanden. Auf dem Friedhof finden 10.944 Amerikaner, die im Kampf um die Freiheit ihr Leben ließen, ihre letzte Ruhe. Vom Ehrenmal blickt die sieben Meter hohe Statue „Der Geist der amerikanischen Jugend steigt aus den Wellen“ auf die Grabsteine. Es ist auch heute, fast 70 Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg gut, dass es Orte wie diese entlang der D-Day Beaches gibt. Sie rufen den zahlreichen Besuchern aus aller Welt ins Gedächtnis, dass so etwas nie wieder geschehen darf.
   
   
Zum Abschluss besuchen wir La Pointe du Hoc, eine von steilen Klippen umgebene Landzunge, die ein strategisch wichtiger Stützpunkt der deutschen Festungswerke an der normannischen Küste war. Nach starkem Bombardement durch die Luftwaffe erstürmte eine amerikanische Eliteeinheit die Steilküste. Der durch das Kampfgeschehen zutiefst veränderte Standort lässt die extremen Bedingungen erahnen, denen die Soldaten hier ausgesetzt waren. Viele Bombenkrater und die Überreste der deutschen Heeresküstenbatterie geben noch heute ein eindrucksvolles Zeugnis davon ab.
   
Wir verlassen die D-Day Beaches und fahren über Schnellstraßen und Autobahnen über Saint-Lô und Villedieu-les-Poêles an die Westküste der Normandie nach Granville. Die eng verschachtelte Altstadt Haute Ville drängt sich auf einem ins Meer ragenden Fels. Noch heute betritt man die Altstadt über eine Ziehbrücke, die Grand´Porte.
   
Die lange Geschichte des Mont-Saint-Michel soll im Jahre 708 begonnen haben, als Aubert, der Bischof von Avranches, auf dem Mont-Tombe ein Heiligtum zu Ehren des Erzengels Michael errichten ließ. Der Berg wurde rasch eine bedeutende Wallfahrtsstätte. Im 10. Jahrhundert ließen sich Benediktiner in der Abtei nieder, während sich darunter ein Dorf entwickelte. Im 14. Jahrhundert erstreckte es sich bis an den Fuß des Felsens. Als uneinnehmbare Verteidigungsanlage im Hundertjährigen Krieg ist der Mont-Saint-Michel auch ein Beispiel militärischer Architektur. Seine Wälle und Befestigungen trotzten jedem englischen Ansturm und verliehen dem Berg Symbolwert für die nationale Identität. Nach der Auflösung der Klostergemeinschaft im Zuge der Revolution diente die Abtei bis 1863 als Gefängnis. 1874 wurde sie zum Baudenkmal erhoben und stark restauriert. Seither wurden die Renovierungsarbeiten auf der gesamten Anlage nie mehr unterbrochen. Sie ermöglichen den Besuchern, den einstigen Glanz der Abtei wiederzufinden, die für die Menschen des Mittelalters die Darstellung des Himmlischen Jerusalem auf Erden verkörperte, ein Bild des Paradieses. Seit 1979 steht der Mont-Saint-Michel auf der Liste des Weltkulturerbes der UNESCO. Zu den schönsten Teilen der Klosteranlage zählen das Refektorium und der elegante gotische Kreuzgang. Gut zwei Stunden sind wir mit der Besichtigung beschäftigt und kommen aufgrund der vielen Treppen etwas fußlahm wieder am Auto an. Wir genießen den Blick auf Mont-Saint-Michel und machen im Licht der untergehenden Sonne und nach Einbruch der Dunkelheit noch weitere Fotos. Der Anblick des angestrahlten Klosterberges ist etwas ganz besonderes.
   
   
   
Bevor die Sonne wieder hinter einer Wolkenschicht verschwindet, taucht sie den Mont-Saint-Michel in ihr schönes Morgenlicht. Leider verpassen wir den Moment für ein Foto – immerhin haben wir es gesehen. Auf dem Weg zurück zur Hauptstraße halten wir an der Mühle Moulin de Moidrey, machen ein paar Fotos und werfen noch einen letzten Blick zurück auf Mont-Saint-Michel.
   
Unser nächstes Ziel ist die Côte d´Emeraude – die Smaragdküste, die ihren Namen dem grünlich schimmernden Wasser verdankt. Die Sonne hat mittlerweile ihren Weg durch die Wolken gefunden bzw. diese aufgelöst und wir erleben den bislang schönsten Tag in Frankreich. An der Bucht von St-Lunaire machen wir eine Mittagspause und erreichen mit dem Cap Fréhel den landschaftlichen Höhepunkt der Smaragdküste. Auf dem 70 m über dem Meer aufragenden Kap aus rötlichem Gestein thronen gleich drei Leuchttürme. Wir nutzen das herrliche Wetter zu einem kleinen Rundgang über das Kap.
   
   
In Beauport sehen wir uns die Abteiruine an, die den Ausgangspunkt des Jakobsweges auf französischem Boden markiert. Von hier aus sind es 1.800 km bis nach Santiago de Compostella in Spanien. Neben der alten Abtei faszinieren uns die vielen Blumen, die hier noch blühen.
   
   
Bei Perros-Guirec erreichen wir die Côte de Granit Rose – die Rosa Granitküste. Magma mit beigemischtem rosa Felsspat erstarrte hier zu bizarren Steinformationen, die von den Kräften der Erosion weiter modelliert wurden. Zwischen den felsigen Klippen gibt es immer wieder herrliche Sandstrände.
   
   
Wir erreichen den Parc Naturel Régional d´Armorique, der ein kleines Gebiet um die Gipfel des Roc Trévezel und des Roc Tuchenn-ar-Gador schützt. Wir erklimmen den 364 m hohen Roc Trévezel und genießen die Aussicht auf die uns umgebende Landschaft.
   
Den nächstenTag beginnen wir mit einem Bummel durch die schöne Altstadt von Concarneau, Frankreichs größten Hafen für die Anlandung von frischem Fisch und Tunfisch aus afrikanischen Gewässern und dem Indischen Ozean. Die befestigte Altstadt – Ville Close – liegt auf einer Insel im Hafenbecken und ist vollständig von einer Mauer aus dem 14. Jahrhundert umgeben. Auf dem Wehrgang können wir die Altstadt etwa zur Hälfte umrunden und haben von dort schöne Ausblicke auf die Stadt und den Hafen. Durch die mittelalterlichen Gassen geht es dann zurück.
   
   
   
Auf der N165 gelangen wir schnell zu unserem nächsten Ziel, dem Gebiet um den kleinen Ort Carnac. Hier befindet sich die weltgrößte Megalithstätte: Auf einer Länge von über vier Kilometern entlang der D196 reihen sich über 4.000 Menhire aneinander, die zwischen 5000 und 2000 v. Chr. errichtet worden sind. Die Forscher vermuten in dieser monumentalen architektonischen Anlage den „Grundriss“ der ältesten erhaltenen Tempelanlage der Menschheitsgeschichte.
   
   
Nur weniger Kilometer entfernt befinden sich bei Locmariaquer weitere Zeugnisse der neolithischen Zivilisation. Der Große Menhir – ein umgestürzter und in Stücke gebrochener gewaltiger Granitblock von ehemals 20,60 m Höhe und 280 Tonnen Gewicht – ist die größte in Europa bekannte Stele. Der Tumulus von Er-Grah und der Dolmen „Table des Merchands“ zeugen auf eindrucksvolle Weise von  den Begräbnisritualen, die 4.500 Jahre v. Chr. in der Bretagne praktiziert wurden.
   
   
Jetzt beginnt für uns endgültig die Heimreise. Über die N165 erreichen wir bei Nantes die Autobahn 11 in Richtung Paris. Wir verlassen die Autobahn bei Ancenis und fahren in das Tal der Loire. Bei der Kirche von Champtoceaux finden wir auf dem kleinen Stellplatz einen schönen Platz für die Nacht und haben zudem von einem Aussichtspunkt noch einen herrlichen Blick auf das Tal der Loire.
   
Zum ersten Mal seit langer Zeit beendet der Wecker unsere Nacht. Mit einsetzender Dämmerung machen wir uns schon auf den Weg. Über der Landschaft liegt Morgennebel, der sich recht lange hält und im Licht der aufgehenden Sonne zu schönen Stimmungen führt. Wir fahren auf der Autobahn A11 in Richtung Paris und kommen an Angers und Le Mans vorbei nach Chartres. Als wir die Autobahn verlassen, müssen wir für die zurückgelegte Strecke 38,80 € an Autobahngebühr bezahlen – ganz schön happig. In Chartres  ist die gotische Kathedrale unser Ziel, in der die ältesten Buntglasfenster Frankreichs zu finden sind. Die Kathedrale Notre Dame de Chartres aus dem 13. Jahrhundert gilt als die besterhaltene mittelalterliche Basilika Frankreichs. Neben den überwiegend bläulich schimmernden Fenstern, die auch als Bibel in Bildern bezeichnet werden, bildet der sogenannte „Schleier der Jungfrau Maria“ einen weiteren Schatz dieses Doms.
   
   
Der kleine Ort Giverny verdankt seine Berühmtheit der Tatsache, dass Claude Monet hier von 1883 bis zu seinem Tod 1926 gelebt, gearbeitet und einen wunderschönen Garten angelegt hat. Wir besichtigen das Haus des impressionistischen Malers und den  berühmten Garten mit Seerosenteich und japanischer Brücke. Erstaunlich wie viel hier zu dieser Jahreszeit noch blüht, eine wirklich sehr schöne Anlage. Knapp zwei Stunden verbringen wir im Maison et Jardins de Claude Monet.
   
   
   
Im Musée des Impressionnismes Giverny sehen wir uns die Sonderausstellung „The Clark Collection in Giverny, from Manet to Renoir“ an. Das amerikanische Sterling and Francine Clark Art Institute organisiert eine Ausstellung von fast 70 Bildern von Claude Monet, Camille Pissarro, Alfred Sisley, Bertha Morisot und Édouard Manet mit einem Schwerpunkt auf Auguste Renoir, der mit mehr als 20 Bildern repräsentiert ist. Nach eineinhalb Stunden im Museum bummeln wir durch Giverny zurück zum Auto als es anfängt zu regnen. Der Regen bleibt auch auf der Fahrt nach Paris unser Begleiter. Wir finden auf dem Camping de Paris, am Ufer der Seine, etwa 4 km nordwestlich vom Stadtzentrum, einen Platz für die Nacht. Nach einer Pause machen wir uns mit Bus und Metro auf den Weg in die Stadt. Unser erstes Ziel ist das Musée du Luxembourg, wo für die Ausstellung „Cézanne et Paris“ Bilder von Paul Cézanne von Museen aus aller Welt zusammengetragen wurden . Danach geht es weiter zum Eiffelturm. Leider wird der Regen wieder schlimmer, aber wir nutzen trotzdem die Gelegenheit, auf den Eiffelturm hinaufzufahren. Wir lassen unseren Blick über Paris schweifen und gehen dann zum Trocadéro. Nach einem letzten Blick auf den Eiffelturm geht es mit Metro und Bus zurück zum Campingplatz, wo wir nach fünf Stunden völlig durchnässt wieder ankommen.
   
Unsere erste Stippvisite in Frankreich hat uns sehr gut gefallen. Die Franzosen sind uns sehr freundlich begegnet und alle vorhandenen Sprachprobleme wurden mit einem Lächeln und beiderseitigem Bemühen problemlos gemeistert. Die Landschaften sind sehr vielfältig und die Orte interessant. Wir waren bestimmt nicht zum letzten Mal hier.
   

Liebe Freunde, jetzt habt Ihr das Ende des vorerst letzten Berichts erreicht.

Für uns geht es jetzt mit ein paar Stopps bei Verwandten und Freunden zurück nach Kiel.

Bis bald!

 

Eure Geli & Gunter