Durch Montenegro und Albanien

 

Eines der Hauptziele unserer Reise ist Griechenland und nach unserem Aufenthalt in Kroatien müssen wir uns entscheiden, wie wir dieses Ziel erreichen wollen. Da eine Fahrt durch den Kosovo aufgrund politischer Unruhen nicht ratsam ist, bleiben der große Bogen über Montenegro, Serbien und Mazedonien oder der direkte Weg durch Montenegro und Albanien, für den wir uns entscheiden. Da es sich um einen reinen Transit handelt, gibt es in diesem Bericht weniger Fotos aber etwas mehr Text, viel Spaß beim Lesen:

   
In unserer letzten Nacht in Dubrovnik kommt es uns teilweise so vor, als würden wir in einer Waschanlage übernachten, so prasselt der Regen auf das Autodach. Wir haben immerhin so viel Glück, dass wir in einer kurzen Regenpause unser Stromkabel verpacken und entsorgen können. Von einem Aussichtspunkt an der Küstenstraße werfen wir trotz des trüben Wetters einen letzten Blick auf die Altstadt von Dubrovnik.
   
Auf unserer Fahrt zur Grenze nach Montenegro werden die Straße und das Wetter immer schlechter. Die Scheibenwischer arbeiten im Schnellgang und die Straße ähnelt stellenweise einem Bach, da so viel Wasser auf der Fahrbahn steht. Bei diesen Bedingungen strengt das Fahren richtig an. Im Vergleich zu dem Tourenradler, den wir hier überholen, geht es uns allerdings immer noch super. An der Grenze werden nicht nur unsere Ausweise sondern erstmals auch unsere grüne Versicherungskarte verlangt. Wir erreichen die Bucht von Kotor, aber leider ist von der herrlichen Landschaft nicht viel zu erkennen. Bei Kamenari machen wir direkt an der Bucht eine Mittagspause und nehmen dann die Fähre nach Lepetane, was die Strecke deutlich verkürzt. Bei besserem Wetter ist es sicherlich schön, die gesamte Bucht von Kotor auszufahren aber heute ist die Fähre eindeutig die bessere Entscheidung. Die Strecke verläuft jetzt eine Zeitlang im Landesinneren und erreicht an der Bucht von Budva wieder die Küste. Wir fahren einen Campingplatz bei Petrovac an, es ist aber niemand da und die ganze Anlage sieht auch noch recht geschlossen aus. So fahren wir weiter und als wir Bar erreichen zeigt sich zum ersten Mal die Sonne. Wir können es nach diesem Weltuntergangswetter kaum fassen: Der Himmel reißt tatsächlich auf und die letzten Kilometer bis nach Utjeha können wir bei blauem Himmel und Sonnenschein zurücklegen.
   
Ausgesucht haben wir uns den Campingplatz Oliva, werden jedoch von den geschäftstüchtigen Betreibern des Camping Utjeha auf ihren benachbarten Platz gelockt. Für 10 € bekommen wir einen Stellplatz mit Strom unter uralten Olivenbäumen und werden mit einem türkischen Kaffee und einem selbstgebrannten Obstler begrüßt. Nach diesem herzlichen Empfang unternehmen wir noch einen kleinen Bummel an die steinige Bucht von Utjeha und nutzen das schöne Wetter, um uns noch ein bisschen in die Sonne zu setzen und zu lesen.
   
   
In Ulcinj, einer ungemütlichen Grenzstadt, kaufen wir noch etwas ein und versuchen vergeblich, unsere Kroatischen Kuna in Euro zu wechseln. Über schmale Nebenstraßen fahren wir zur albanischen Grenze bei Sukobin. Die letzten fünf Kilometer sind eine Baustelle der übelsten Sorte: Schotterpiste und Schlaglöcher – ein elendes Gerumpel. Die Grenzformalitäten sind schnell erledigt, es gibt ein modernes, von der EU gefördertes Abfertigungsgebäude.
   
Wir sind gespannt, was uns in Albanien erwartet. Bis 1990 war das von dem kommunistischen Diktator Enver Hoxha regierte Land völlig von der Außenwelt abgeschnitten. Die Straßen sind zunächst besser als erwartet. Bei Shkodër erreichen wir die Hauptstraße E851 in Richtung Tirana. Teilweise ist dies eine sehr gut ausgebaute Bundesstraße, teilweise Autobahn, die aber unvermittelt in eine Schotterpiste übergehen kann. Immer wieder gibt es große und tiefe Schlaglöcher, sehr tief liegende Gullys und die Übergänge von und zu bzw. auf Brücken lassen sich nur im Schritttempo meistern. Vom Fahrer erfordert das Fahren in Albanien volle Konzentration, zumal es keine Verkehrsregeln zu geben scheint – fahren ist alles. Lediglich Geschwindigkeitsüberschreitungen werden streng kontrolliert, immer wieder sehen wir Polizisten mit Radargeräten am Straßenrand. Zum Glück spielt das Wetter heute mit und das bergige Hinterland Albanien gibt eine schöne Kulisse ab.
   
Bei Durrës erreichen wir die Küste, die vollständig zugebaut ist. Hier wurde in den letzten zwanzig Jahren seit der Öffnung offensichtlich viel investiert. Immer wieder sehen wir allerdings auch Bauruinen, die wohl nie ihre Fertigstellung erleben werden. Am Straßenrand wird an offenen Ständen  Fleisch in Form von halben oder ganzen Schafen und großen Teilen Rindfleisch angeboten. Menschen lassen ihre Kühe an der Leine am Straßenrand grasen, da sie offensichtlich keine eigenen Weideflächen haben. Andererseits sehen wir viele große und neue Auto der Marken Mercedes und BMW. Wir haben den Eindruck, dass hier zwei parallele Welten nebeneinander existieren zwischen denen ein Zeitunterschied von 50 Jahren herrscht – für uns ein sehr eigentümliches Gefühl.
   

Westlich von Kavajë folgen wir den Ausschilderungen zum Camping Pa Emer, einem von zwei Campingplätzen, die in unserem Campingführer erwähnt sind. Aufgrund der wohl auch hier sehr kräftigen Regenfälle in den letzten Tagen ist die Straße zum Teil unter Wasser. Große Schlaglöcher und geschotterter Untergrund verwandeln sie zum Teil in eine Schlammpiste, die für Wohnmobile nicht geeignet ist. Ein entgegenkommender Mercedesfahrer hat es so eilig, das er beim Vorbeidrängeln mit seinem Außenspiegel an unserer Fahrerseite entlang schrammt – super! Wie durch ein Wunder erreichen wir den Campingplatz ohne uns festzufahren, was uns dann allerdings auf dem Platz passiert. Auch unter Einsatz unseres Klappspatens und zweier Jutesäcke kommen wir aus eigener Kraft nicht wieder frei. Der italienische Betreiber des Platzes muss uns freischleppen. Der Campingplatz selbst liegt sehr schön an einer Bucht direkt am Meer und bietet einen schönen Blick entlang der Küste bis nach Durrës.

   

In der völligen Abgeschiedenheit des Campingplatzes können wir ungestört und gut schlafen. Bevor wir uns wieder auf den Weg machen, fragen wir Martina und Günther, die sich hier niedergelassen haben und im Sommer Geländewagentouren ins Bergland anbieten wollen, nach dem besten Weg. Sie empfehlen die Route entlang der Küste, die auf den Karten zwar als kleinere Straße verzeichnet ist aber neu ausgebaut wurde. Die Hauptroute im Landesinneren hat nach ihren Erfahrungen lange Abschnitte mit einem sehr schlechten Straßenzustand, ist dafür aber etwas kürzer. Der Abschnitt bis Fier ist so, wie wir es von gestern schon gewohnt sind. Die Ortsdurchfahrt durch Fier ist dann für deutsche Verhältnisse schier unvorstellbar: Eine mit riesigen Schlaglöchern übersäte Piste fungiert als Hauptstraße und wird ergänzt durch den albanischen Verkehrsdarwinismus. Die Straße nach Vlorë ist dann tatsächlich ganz neu und in einem sehr guten Zustand. Die Durchfahrt durch Vlorë ist vom Zustand der Straße her wesentlich besser, das Verhalten der Albaner bleibt allerdings unverändert. Die Albaner sind ein sehr freundliches Volk, oft wird uns vom Straßenrand zugewinkt, sobald man uns als Ausländer erkennt. Sobald sie sich jedoch in ein Auto setzen mutieren sie zu rücksichtslosen und vollständig vernunftbefreiten Fahrern. Spannend wird es am Ortsrand von Vlorë: Ein Tunnel ist gesperrt oder noch nicht fertig und wir müssen einen steilen Berg auf einer schmalen Schlaglochpiste mit Gegenverkehr überstehen, ehe es auf der gut ausgebauten Küstenstraße weiter gehen kann. Die Landschaft ist wild und sehr schön, wenn wir auch durch das trübe Wetter nicht so viel davon erkennen können. Zwischen Dukati und Dherme erklimmt die Straße den 1.027 m hohen Llogarasë-Pass. Wir fahren in die Wolken hinein und haben schließlich nur noch wenige Meter Sicht. Leitplanken oder Straßenmarkierungen gibt es nicht. Im Schritttempo tasten wir uns vorwärts, schalten Nebelschlussleuchte und Warnblinkanlage ein. Wir folgen einem „vernünftig“ vor uns herfahrenden Albaner und fahren endlich wieder aus den Wolken heraus. Die weitere Strecke gleicht einer Berg- und Talbahn, immer wieder geht es von der Küste hinauf in die bis fast ans Meer heranreichenden Berge. Wir sehen einige alte Festungsanlagen und unzählige der sogenannten Ein-Mann-Bunker aus den Zeiten des Kommunismus. Auch heute säumen wieder viele Neubauten und auch Bauruinen die Strecke. Viele Investoren haben sich wohl übernommen oder sind aus dem geplanten Geschäft ausgestiegen. Kurz vor Sarandë wollen wir tanken und fragen den Tankwart zweimal, ob wir mit Visakarte bezahlen können, was er bestätigt. Nach dem Tanken will er dann Albanische Lek, die wir nicht haben. Nach einigem hin und her einigen wir uns auf einen Eurobetrag, den wir ihm in bar geben. In Sarandë folgen wir der Ausschilderung nach Butrint, einer UNESCO-Welterbestätte mit Ausgrabungen und Ruinen aus griechischer und römischer Zeit. Die Straße wird wohl gerade erneuert und besteht in Teilen nur aus einer Schotterpiste mit Schlaglöchern, was uns den Rest gibt. Da es für einen Besuch von Butrint heute ohnehin schon zu spät ist und wir nach acht Stunden albanischem Straßenverkehr für eine Strecke von etwa 250 km auch erschöpft sind, suchen wir uns einen Platz für die Nacht. Den finden wir auf einem Sandplatz neben der Straße mit schönem Blick auf die griechische Insel Korfu. Nach dem Abendessen unternehmen wir noch einen kleinen Spaziergang hinunter zum Meer, wo in einer kleinen Bucht Aquakultur betrieben wird. Die Durchquerung Albaniens in zwei Tagen haben wir nicht ganz geschafft, es sind wohl noch knapp 30 km bis zur griechischen Grenze. Für uns ist Albanien kein Land zum Wohlfühlen und einen Urlaub kann man hier wohl nur mit einem uralten Geländewagen machen, den man anschließend am besten gleich hierlässt. Dennoch ist es interessant, dieses durch seine Geschichte benachteiligte Land am Rande Europas einmal kennengelernt zu haben. Um 21:40 Uhr bekommen wir Besuch von der Polizei. Die Verständigung gestaltet sich schwierig, da wir kein Albanisch und die Polizisten kein Englisch sprechen. Wir machen deutlich, dass wir an dieser Stelle übernachten möchten, was man uns nach der Feststellung, dass wir Deutsche sind, auch gestattet. Die Nacht verläuft sehr unruhig. Da ist zunächst unsere eigene Unruhe, ob man uns hier in Frieden lassen wird. Später kommen Regen und ein mächtiger Sturm dazu, der uns ordentlich durchschüttelt. An Schlafen ist da kaum zu denken. Am frühen Morgen steht dann auch noch ein Gewitter direkt über uns. Da wir an exponierter Stelle auf einer Klippe stehen, bekommen wir beide ein mulmiges Gefühl und fahren im Schlafanzug die wenigen Kilometer bis zum Parkplatz an der Ruinenstadt Butrint. Hier legen wir uns wieder hin und können tatsächlich noch fast 3 Stunden schlafen. Diese Nacht ist trotzdem irgendwie gebraucht und wir sind nicht wirklich erholt, als wir um 09:30 Uhr aufstehen. Dafür sind wir erstaunt, dass uns der Tag nach dieser grausigen Nacht mit blauem Himmel und Sonnenschein begrüßt.

   
Butrint war von der Antike bis ins Mittelalter von unterschiedlichen Völkern besiedelt. So präsentiert die Ruinenstadt Butrint heute eindrucksvolle Denkmäler und Ruinen der einzelnen Kulturkreise. Die auf einer Halbinsel im Süden Albaniens gelegene Stadt wurde Vergil zufolge von Flüchtlingen aus Troja gegründet. Wahrscheinlich ist es allerdings, dass die ersten Siedler Kolonisten aus Korfu waren. Zurzeit von Christi Geburt wurde der Ort römisch. Als er schließlich unter byzantinische Verwaltung geriet, erlebte das inzwischen zum Bistum erhobene Butrint seine eigentliche Blütezeit. Seit dem 15. Jh., nach der Besetzung durch die Venezianer, begann sich dann allmählich der Niedergang der Stadt abzuzeichnen.
   
   
Bei Ausgrabungen in und um Butrint wurden Denkmäler freigelegt, die interessante Einblicke in jede einzelne Periode der wechselhaften Stadtgeschichte vom 4. Jh. vor Christus bis zum 19. Jh. gewähren. Neben den Überresten mehrerer mittelalterlicher Gebäude entdeckte man auch die Ruinen der antiken Siedlung.  Am Hang und im heutigen Uferbereich stieß man auf zwei Mauerringe, die auf das 6. Jahrhundert zurückgehen. Ferner wurden ein griechisches Theater, römische Thermen und ein Baptisterium aus dieser Zeit ausgegraben. Seit 1992 gehört Butrint zum UNESCO Weltkulturerbe. Etwa zwei Stunden sind wir in der weitläufigen Anlage unterwegs und lassen uns anschließend mit der kleinen Fähre auf die andere Seite der Bucht übersetzen.
   
   
   
   
   
Auf einer schmalen Straße, teilweise nur geschottert geht es weiter in Richtung Griechenland. Erst als wir die Hauptstraße von Sarandë zur Grenze erreichen haben wir es wieder mit einer „richtigen“ Straße zu tun. Die Grenzformalitäten sind schnell erledigt, einer der Grenzbeamten „gönnt“ sich eine Besichtigung unseres Campers und einen Blick in unsere Schränke. Bei den Griechen geht es noch schneller und so haben wir eines unser Hauptziel erreicht. Durch die Zeitumstellung auf die osteuropäische Zeit verlieren wir eine Stunde.
   

In Igoumenítsa, einem großen Fährhafen in Richtung Italien, kaufen wir frisches Brot und Kuchen. Auf dem Campingplatz Elena´s Beach in der Nähe von Platariá werden wir freundlich empfangen und buchen uns gleich für zwei Nächte ein. Hier wollen wir erst einmal ein wenig zur Ruhe kommen und die weitere Route durch Griechenland planen. Wir haben den Platz für uns alleine und suchen uns einen Stellplatz direkt am Wasser mit schönem Blick auf die Bucht. Wir nutzen das herrliche Wetter und trinken draußen unseren Kaffee und Lesen. Wir bekommen Gesellschaft von drei Katzen, die wohl etwas abstauben möchten aber von uns enttäuscht werden. Als es unter den Eukalyptusbäumen zu schattig wird, ziehen wir uns in unser rollendes Heim zurück.

   

Unser Wunsch nach Sommer, Sonne, Strand und Meer hat sich in Griechenland erfüllt!

Es gefällt uns hier sehr gut und die Griechen sind alle sehr freundlich.

Wir grüßen alle treuen Bericht-Leser ganz herzlich und hoffen, dass es Euch allen gut geht!

 

Eure Geli & Gunter