Patagonien 2007

 

Bereits ein Blick auf die Weltkarte verrät eine Besonderheit Argentiniens: Es ist mit Chile das Land, dessen Küsten dem Südpol am nächsten kommen. Die Südspitze Feuerlands liegt mehr als 3.000 km südlich des südafrikanischen Kaps der Guten Hoffnung und sogar noch 1.500 km unterhalb von Neuseelands Südgrenze. Auch die enorme Nord-Süd-Ausdehnung teilt man sich mit dem Nachbarland. 3.700 km trennen La Quiaca an der Grenze zu Bolivien von Ushuaia auf Feuerland, sodass die klimatische Bandbreite von den Tropen bis zum Polarmeer reicht. Überträgt man diese Ausdehnung auf Europa, so entspricht sie der Strecke von Kopenhagen bis zu Südgrenze Ägyptens. Patagonien ist größtenteils eine Strauch- und Wüstensteppe im Regenschatten der Anden und nimmt den gesamten Süden des Kontinents ein.

Mittwoch, 19.12.07 : Um 4:30 Uhr beendet der Wecker die Nacht und um kurz vor 7:00 Uhr stehen Helga und Gerd vor der Tür, um uns zum Kielius zu bringen. Pünktlich kommen wir am Hamburger Flughafen an und werden auch sehr schnell unser Gepäck los. Am Gate informiert man uns dann über ein technisches Problem mit dem Flugzeug, so dass unser Flug nach Madrid mit einer Stunde Verspätung los kommt. Hoffentlich schaffen wir es noch rechtzeitig zum Anschlussflug nach Buenos Aires. Im Laufschritt rennen wir durch den Flughafen von Madrid. Da wir keine Bordkarte haben, können wir nicht den Transitzugang benutzen, sondern müssen einmal ganz raus, die Bordkarte besorgen und durch alle Sicherheitskontrollen wieder rein. Schon etwas zu spät erreichen wir schließlich unser Gate und können gleich an Bord gehen. Hier haben wir dann Zeit uns vom Gerenne zu erholen – auch dieser Flug startet mit einstündiger Verspätung. Dank unterhaltsamer Filme und etwas Schlaf überstehen wir den zwölfstündigen Flug relativ gut.

Donnerstag, 20.12.07 : Fast genau 24 Stunden nach dem Wecken landen wir in Buenos Aires. Wir müssen lange auf unser Gepäck warten, dass es tatsächlich auch noch in die Maschine geschafft hat und vollständig ankommt. Mit einem Taxi fahren wir zum Hotel Lafayette und zwei Stunden nach der Landung liegen wir endlich im Bett. Wir haben beide gut und ohne Unterbrechungen geschlafen und das gute Frühstücksbuffet hat uns für den Tag gestärkt. In einem Supermarkt direkt gegenüber von unserem Hotel kaufen wir Wasser und Obst und an der Rezeption buchen wir eine Stadtrundfahrt für den Nachmittag. Den Vormittag nutzen wir für eine erste Erkundung der argentinischen Hauptstadt. Mit fast 13 Millionen Einwohnern leben fast ein Drittel aller Argentinier in Buenos Aires. Wir spazieren durch die Fußgängerzone in der Calle Lavalle bis zur zehnspurigen Prachtstrasse Avenida 9 de Julio, die die Stadt in Nord-Süd-Richtung durchzieht. Hier befindet sich auch das Teatro Colón, das wichtigste Theater Argentiniens. Aufgrund von Renovierungsarbeiten können wir es leider nicht besichtigen. Entlang der Fußgängerzone in der Calle Florida spazieren wir bis zum Plaza San Martín. Im Foodcourt des Einkaufszentrums Galerias Pacifico können wir uns eine kleine Stärkung und ruhen uns dann im Hotel noch etwas aus. Pünktlich um 14:30 Uhr werden wir zur Stadtrundfahrt abgeholt. Wir beginnen mit den nördlichen Stadtteilen Recoleta und Palermo. Einen ersten Stopp machen wir am Plaza de Mayo, dem historischen Zentrum der Stadt. Hier stehen mit dem Casa Rosada, dem Büro des Präsidenten bzw. der Präsidentin, dem Cabildo, dem ehemaligen Rathaus und der Catedral Metropolitana gleich drei der wichtigsten Gebäude der Stadt. Wir können auch noch die Demonstration der „Madres de la Plaza de Mayo“, einer Menschenrechtsgruppe, gegen die Verbrechen während der Militärdiktatur beobachten. Es folgen die südlichen Stadtteile San Telmo und La Boca. Auf den Stopp am Stadion des Clubs Boca Juniors, bei denen einst Diego Armando Maradona spielte, hätten wir auch verzichten können. Viel interessanter ist die Gegend um die Strasse El Caminito, wo viele sehr bunt angemalte Häuser stehen. Entlang der Hafenanlagen geht es über das Nobelviertel Puerto Madero zurück ins Zentrum. Eine Großdemonstration sorgt für ein enormes Verkehrschaos und wir brauchen fast zwei Stunden, ehe wir den Bus an der Avenida 9 de Julio verlassen können. Vom 67,5 m hohen Obelisken gehen wir über die Calle Lavalle zurück im Hotel. Die Steaks im Grillrestaurant La Estancia sind nicht so gut wie erwartet, besonders mein Rumpsteak ist zäh wie Leder. Bevor wir kurz nach 21:00 Uhr wieder das Hotel erreichen, können wir in der Fußgängerzone noch eine Tangovorführung bewundern. Wir haben heute einen Eindruck von den gewaltigen Ausmaßen dieser Stadt bekommen: Buenos Aires zieht sich auf einer Länger von 70 km am Ufer des Río de la Plata entlang und erstreckt sich 30 km landeinwärts. Neben der typischen Hektik einer Großstadt hat Buenos Aires aber auch viel Charme.

Freitag, 21.12.07 : Wir machen uns noch einmal über die Calle Lavalle auf den Weg zur Avenida 9 de Julio, wo wir den 67,5 m hohen Obelisken, das Teatro Colón und die angeblich breiteste Strasse der Welt selbst auf den Chip bannen. In der Calle Florida ist noch einmal das Einkaufszentrum Galerias Pacifico unser Ziel. In dem hier untergebrachten Kulturzentrum Borges sehen wir uns eine Miro Ausstellung an. Auf dem Plaza San Martín gönnen wir uns im Schatten der ausladenden Ombuebäume eine kleine Verschnaufpause. An der Avenida del Libertador besteigen wir einen Bus, der uns zum Museo Nacional de Bellas Artes in den Stadtteil Recoleta bringt. Bevor wir uns die vom Mittelalter bis zur Neuzeit reichende Ausstellung des Kunstmuseums ansehen, statten wir der Floralis Genérica einen Besuch ab. Dabei handelt es sich um eine riesige Blume aus Metall, die sich täglich zum Sonnenaufgang öffnet und am Abend wieder schließt. Nach dem Museumsbesuch nehmen wir wieder einen Bus und fahren bis nach Puerto Madero. Einen der schönen Hafenanlage mit vielen Cafes und Restaurants in den ehemaligen Lagerhäusern gönnen wir uns noch einmal eine Verschnaufpause ehe wir zum Hotel zurückgehen. Etwas fußlahm sind wir nach sechs Stunden wieder auf unserem Zimmer. Nach einer ausgiebigen Erholungspause gehen wir zum Abendessen noch einmal in die Stadt. In der Fußgängerzone war es brechend voll – 13 Millionen Einwohner im Weihnachtsfieber!

Samstag, 22.12.07 : Nach dem Frühstück heißt es Koffer packen. Mit einem Taxi fahren wir zum nationalen Flughafen Aeroparque Jorge Newberry. Die gesamte Schalterhalle ist brechend voll und wir können nicht erkennen an welchem Schalter wir einchecken müssen. Nachdem wir schließlich nach etwa 45 Minuten an einem Schalter angekommen sind, schickt man uns weg, da dieser Schalter nur für Gruppen reserviert sei. Hätte man es doch in irgendeiner Weise kenntlich gemacht. In der zweiten Schlange verbringen wir fast eine Stunde, unsere eigentliche Abflugzeit ist fast erreicht. Das Gepäck staut sich auf den Laufbändern, es herrscht ein heilloses Durcheinander und die Kapazitäten dieses Flughafens sind im Weihnachtsverkehr deutlich überschritten. Wir bitten zwei vor uns stehende Argentinier uns vorzulassen, was diese freundlicherweise auch machen. Endlich, nach fast zwei Stunden werden wir unser Gepäck los und rennen zum Gate. Die Sicherheitskontrolle ist zum Glück für uns relativ lasch, so dass wir zügig durchkommen und gerade noch rechtzeitig unseren Flug erreichen. Ich habe in dem Chaos oder weil kein anderer Platz mehr frei war, einen Platz in der Businessklasse zugewiesen bekommen, Geli muss leider Holzklasse fliegen. Mit einer guten halben Stunde Verspätung geht es los. Wir glauben nicht, dass wir unser Gepäck in Trelew wieder sehen werden. Mit Blick auf die Atlantikküste fliegen wir über schier endlose Anbauflächen, die langsam in eine Steppenvegetation übergehen, Städte sehen wir nur wenig, alles wirkt aus der Luft sehr trocken. Trelew ist das Industrie- und Handelszentrum für die walisischen Siedler aus dem Tal des Río Chubut und hat etwa 90.000 Einwohner. Am Flughafen werden wir von Walli und Jochen herzlich empfangen – was für eine Begrüßung am anderen Ende der Welt. Auch unsere Taschen haben es wie durch ein Wunder geschafft aus dem Chaos in Buenos Aires noch rechtzeitig in das Flugzeug zu kommen. Nach der Begrüßung fahren wir zur Übergabe des Campers. Während wir den Papierkram erledigen wird am Auto noch der Heißwasserboiler repariert. Zusammen mit Walli und Jochen geht es dann zu einem Supermarkt für unseren Großeinkauf. Wir verlassen dann Trelew und machen uns auf den Weg in Richtung Punta Tombo. Eine Kiesgrube am Straßenrand wird unser erster Übernachtungsplatz. Wir packen unsere Sachen aus und Walli bereitet uns ein leckeres Abendbrot. Es ist sehr warm und wir können draußen sitzen und schnacken bis kurz vor Mitternacht.

Sonntag, 23.12.07 : In der Nacht kommt der für Patagonien typische Wind auf und schüttelt unseren Camper, so dass wir nicht so gut schlafen können. Das morgendliche Waschen wird für mich zu einer gymnastischen Übung: Ich kann nicht ausrecht stehen und das Bad ist so eng, dass ich mich kaum bewegen kann. Nachdem wir abgewaschen haben ist die Bordbatterie leer. Eigentlich hatten wir den Kühlschrank auf Gasbetrieb gestellt und erst am Morgen auf 12 V umgeschaltet, aber das hat wohl schon gereicht. Wir fahren zur weltweit größten Kolonie von Magellanpinguinen an der Punta Tombo. Auf dem Weg dorthin sehen wir die ersten Nandus und die Pinguine (bis zu 500.000 Tiere) teilen sich ihr Areal mit zahlreichen Guanakos. Der 4 km lange Weg durch die Kolonie ist ein eindrucksvolles Naturschauspiel und ein echtes Highlight gleich zu Beginn unserer Tour. Die 50-60 cm großen Pinguine sind überhaupt nicht scheu und lassen sich mit ihren Jungen aus nächster Nähe fotografieren. Nach einer kleinen Stärkung am Parkplatz machen wir uns auf den 100 km langen Rückweg nach Trelew. Wir versuchen telefonisch die Vermieter wegen der Batterieprobleme zu erreichen, bekommen aber nur die Mobilbox – niemand ruft zurück. Da wir grillen wollen suchen wir einen windgeschützten Platz und werden erneut in einer Kiesgrube bei Rawson fündig. Nach dem Essen beschließen wir auch für die Nacht hier zu bleiben. Es wird jedoch schnell kühl und wir müssen unsere dicken Jacken anziehen. Im Wohnmobil von Walli und Jochen sehen wir uns noch ein paar Fotos ihrer bisherigen 3 Jahre in Südamerika an. Gegen 23:00 Uhr gehen wir schlafen.

Montag, 24.12.07 : Vor dem Start messen wir noch einmal die Spannung der Batterie, sie schein sich erholt zu haben. Der Kühlschrank schafft allerdings im Gasbetrieb kaum Kühlung. Wir beschließen keinen weiteren Versuch mehr auf Reparatur oder Neukauf einer Batterie zu versuchen, sondern lieber unsere Reise fortzusetzen. In Rawson tanken wir noch einmal voll, füllen in Trelew unseren Wassertank auf und kaufen noch ein paar Teile ein. Auf dem Parkplatz des Supermarktes heißt es dann Abschied nehmen: Während wir jetzt in Richtung Westen, in die Anden wollen, werden Walli und Jochen ihre Fahrt in nördlicher Richtung fortsetzen. Es war toll, dass wir uns nach über 4 Jahren hier wieder getroffen haben und nach unserem letzten Zusammensein in Perth wieder ein paar Tage miteinander verbringen konnten. Auf der Strasse #25 fuhren wir durch das Tal des Río Chubut westwärts. Die ersten 200 km erinnern uns doch sehr an das australische Outback: Wir durchqueren eine schier endlose, langweilige Buschsteppe. Nur die Begegnung mit einigen Nandus, Guanakos, Flamingos, einem Gürteltier (Armadillo) und einem Gaucho sorgen für etwas Abwechslung. Dann hat sich der Río Chubut plötzlich ein tiefes Tal geschaffen und die Landschaft gewinnt deutlich an Reiz. Nach gut 500 km erreichen wir Tecka an der Ruta 40. Hier können wir wieder volltanken und stärken uns mit einem Eis. Noch einmal fast 100 km weiter erreichen wir Esquel, das südliche Zentrum eines ausgedehnten Seengebietes am Fuße der Anden, dass auch die argentinische Schweiz genannt wird. Auf dem La Colina Campingplatz finden wir einen Stellplatz oberhalb der Stadt und genießen nach der langen Fahrt ein leckeres Filetsteak mit Salat als Weihnachtsessen.

Dienstag, 25.12.07 : Nach der langen Fahrt haben wir heute erst einmal ausgeschlafen und konnten auch mal wieder duschen – alle paar Tage ein nicht zu verachtender Luxus. Unser Etappenziel für heute ist der Los Alerces NP, der 60 km westlich von Esquel im Grenzgebiet zu Chile liegt. Da die direkte Zufahrt von Esquel wegen einer eingestürzten Brücke gesperrt ist, müssen wir einen Umweg über Trevelin nehmen. Diese Zufahrt ist eine zum Teil ziemlich derbe Piste. Der Nationalpark umfasst mehr als 2.600 km² und dient dem Schutz der alten Alercen, einer Nadelbaumart, die von den Spaniern fälschlich als Lärche bezeichnet wurde und als Patagonische Zypresse bekannt ist. Im Park haben wahre Methusalems dieser Bäume die Weltenläufe überdauert: Auf mehr als 3.500 Jahre schätzt man ihr Alter. Zu den typischen Bäumen des Parks zählt auch die Araukarie. Mit ihren ausladenden Ästen erinnert sie stark an eine Tanne, allerdings sind die Zweige nicht mit Nadeln besetzt, sondern mit dicken Schuppen. Herzstück des Parks ist der Lago Futalaufquén. Schon die Zufahrt zum Park bietet uns herrliche Ausblicke auf die Anden mit ihren schneebedeckten Gipfeln. Bei dem herrlichen Sommerwetter mit strahlend blauem Himmel ein weiteres Highlight. In Villa Futalaufquén, dem Sitz der Nationalparkverwaltung rufen von einer Telefonzelle bei Helga an und gratulieren zum Geburtstag. Hier sehen wir auch einige Bandurias (Schwarzzügelibise) und halten an einem wunderschönen Lupinenfeld. Die Piste schlängelt sich am Ostufer des Lago Futalaufquén entlang und bietet immer wieder grandiose Blicke über den See und Gipfel der Anden. Wir setzen uns mit unseren Campingstühlen an den See und machen eine kleine Mittagspause. Aufgrund des Feiertages ist es sehr voll und die Musik dröhnt zum Teil mit aller Macht aus den Lautsprechern der Argentinier. An einem Kiosk kaufen wir uns Empanadas, mit Hackfleisch gefüllte Teigtaschen – super lecker. Am Nordende des Sees bietet ein Aussichtspunkt einen schönen Blick auf den River Arrayanes mit dem dahinter liegenden Gipfel des Alto el Petizo und den Torrecillas Gletscher. Auf einer Hängebrücke überqueren wir den River Arrayanes und wandern am River Menéndez durch den Wald zum Lago Menéndez. Leider findet keine Bootstour auf dem See mehr statt aber wir haben noch einmal einen schönen Blick über den See auf den Torrecillas Gletscher. Am Ufer des kleinen Lago Verde finden wir einen Stellplatz für die Nacht und ich erfrische mich mit einem Bad in den kühlen Fluten, Geli ist das Wasser zu kalt. Heute lässt sich der Kühlschrank gar nicht mehr im Gasbetrieb starten – funktionell ist das Auto wirklich nicht so klasse. Außerdem nervt der viele Staub, der beim Fahren auf den Pisten ins Innere eindringt. Alles ist staubig: Wäsche, Schuhe, Geschirr und Lebensmittel. Es ist hier halt nicht alles so perfekt wie bei uns.

Mittwoch, 26.12.07 : Wir auf der gleichen Strecke zurück, auf der wir gestern gekommen sind. Die Ausblicke sind jetzt ganz anders und wir entdecken viel Neues. Im Lago Futalaufquén spiegeln sich die Gipfel der Anden und wir halten an einem kleinen Wasserfall, der uns gestern schon aufgefallen war. In Villa Futalaufquén sehen wir uns die Araukarien noch inmal aus der Nähe an, bevor wir den Nationalpark wieder verlassen. In Trevelin tanken wir voll und sprechen kurz mit einem Plöner, der mit seinem Hymer Excis für fünf Monate in Südamerika unterwegs ist. Auf grober Piste fahren wir in Richtung chilenischer Grenze weiter. Ein kurzer Abstecher bringt und zu den Nant-y-fall Falls, eine Serie von Wasserfällen in schöner Umgebung. Bevor wir zu der kurzen Wanderung aufbrechen gibt es noch eine kleine Stärkung. Wir spazieren am Lauf des Nant-y-fall Flusses entlang und sehen uns die Petisa, Mellizas und Larga Falls an. Vor der Weiterfahrt verstecken wir noch unsere Frischwaren wie Wurst, Käse, Obst und Gemüse da diese Güter nicht nach Chile importiert werden dürfen. Die Landschaft im Grenzgebiet ist einfach grandios und immer wieder halten wir zum Fotografieren und Filmen an. Zunächst erreichen wir den argentinischen Schlagbaum und müssen etwas warten, da noch drei Fahrzeuge vor uns dran sind. Der Zöllner kontrolliert die Fahrzeugpapiere und die Grenzbeamten stempeln unsere Pässe. Auf chilenischer Seite noch einmal das gleiche Spiel: Wir füllen ein Zoll- und ein Einreiseformular aus, die Fahrzeugpapiere und Pässe werden begutachtet und gestempelt und ein Beamter wirft einen oberflächlichen Blick in unseren Kühlschrank und die Küchenschränke. Nach etwa einer Stunde sind wir in Chile. In Futaleufú, einem kleinen Ort kurz hinter der Grenze, versorgen wir uns an einem Geldautomaten mit chilenischen Pesos. Für etwa 140 € bekommen wir 100.000 Pesos. In einem kleinen Supermerkado ergänzen wir unsere Vorräte ehe wir in Richtung Carretera Austral weiter fahren. Ein Schild weist auf den Lago Espolón hin und über eine sehr raue und steile Piste erreichen wir den schön gelegenen See. Hier gibt es sogar einen Campingplatz und wir lassen uns hier für die Nacht nieder. Aus dem geplanten Bad im See wird dann allerdings nichts, das der Boden des Sees so schlammig ist, dass wir bis über die Knöchel versinken, was uns den Spaß am Baden verdirbt. Der Wind bläst kräftig in das Tal des Sees und wir ziehen uns zum Essen in den Windschatten des Autos zurück. Geli wäscht noch etwas Wäsche, denn eine Laundry, wie wir sie von anderen Reisen her kennen ist hier nicht bekannt. Wir sitzen lesen auf unseren Campingstühlen bis es und zu kühl wird und wir ins Bett gehen. Es ist sehr schön, dass es hier erst nach 22:00 Uhr dunkel wird. So können wir die Abende noch richtig genießen, solange uns das herrliche Sommerwetter treu bleibt.

Donnerstag, 27.12.07 : Der Tag beginnt mit einer echten Erfrischung: Die Dusche auf dem Campingplatz spendiert uns nur kaltes Wasser. Ich nutze den herrlichen Morgen noch für ein par Aufnahmen vom Lago Espolón und die ihn umgebenden Berge. Auf unserem Weg zur Carretera Austral bieten der Rio Azul und der Lago Yelcho weitere lohnende Fotostopps. In Villa Santa Lucía erreichen wir dann schließlich eine der Traumstrassen der Welt. Die Carretera Austral verdankt ihre Entstehung rein politischen Erwägungen: General Pinochet fürchtete eine Invasion Argentiniens in die südlichen Regionen Chiles und befahl 1976 den Bau der Strasse. Das erste Stück wurde 1983 freigegeben, weitere Abschnitte folgten fünf Jahre später. Seit dem gab es weitere Erweiterungen und man ist immer noch dabei wichtige Abschnitte zu asphaltieren. Die Strasse hat das Leben vieler Chilenen in dieser Region verändert und ist eine der touristischen Hauptattraktionen des Landes geworden. Von Villa Santa Lucía aus folgt die Carretera Austral den Flussläufen des Río Frío und Río Palena nach La Junta, einem kleinen, verschlafenen Ort in der Mitte von Nirgendwo. Wir nutzen die Gelegenheit zum Auftanken und können sogar unser Frischwasser auffüllen. In einer Panderia kaufen wir uns frische Brötchen, die wir noch im Ort zusammen mit unseren mitgebrachten Würstchen verspeisen. Der Himmel zieht sich langsam zu und wenig später fängt es an zu nieseln. Es wird zwar kein richtiger Regen aber die tief hängenden Wolken verhindern den Ausblick auf die umliegende Bergwelt. Die Landschaft ist einfach nur als grandios zu bezeichnen und die teilweise recht derbe mit Schlaglöchern übersäte Piste gehört landschaftlich sicherlich zu den eindrucksvollsten Strassen, die wir bisher gefahren sind. Durch den undurchdringlichen gemäßigten Regenwald schlängelt sich das schmale Band der Zivilisation und bietet immer wieder herrliche Ausblicke auf Flüsse, Seen, Wasserfälle, Gletscher und die gewaltigen Gipfel der Anden. Besonders angetan haben es uns die riesigen Pangue Blätter, die an überdimensionale Rhabarberstauden erinnern, nur das die Blätter rau wir Schmirgelpapier sind. Puyuhuapi, eine kleine Siedlung die 1935 von 4 sudetendeutschen Familien gegründet wurde, liegt sehr schön am Nordende des gleichnamigen Fjordes. Noch heute tragen viele Schilder deutsche Namen. Die immer rauer werdende Piste führt uns durch den Parque Nacional Queulat. Über enge Serpentinen erklimmen wir eine Passhöhe und mehrere Gletscherzungen und Wasserfälle liegen vor uns. Leider verhindert das trübe Wetter und der Nieselregen eine gute Fotoausbeute. Wir erreichen den Río Cisnes und plötzlich wird die Carretera Austral zu einer gut ausgebauten, zweispurigen Asphaltstrasse. Wir wissen gar nicht wie uns geschieht und irgendwie passt dieser gute Ausbau auch nicht so recht ins Bild. Es gibt entlang dieses Abschnittes leider kaum Campingmöglichkeiten, nicht einmal Waldwege, die wir als Stellplatz nutzen können. So erreichen wir erst sehr spät, immer noch auf Asphalt die Reserva Nacional Lago Las Torres mit einem sehr schön gelegenen, einfachen Campingplatz direkt am See. Hier richten wir uns ein und kommen mit einem holländischen Paar ins Gespräch, die ihren Camper für 5 Monate hierher verschifft haben. Es war ein langer Tag und mit 250 km Piste besonders für Geli natürlich auch sehr anstrengend. Entschädigt wurden wir dafür mit einer Fahrt durch eine einsame und spektakuläre Landschaft.

Freitag, 28.12.07 : Am Morgen ist der Himmel immer noch bedeckt und es weht ein kalter Wind. Mit langen Hosenbeinen und Faserpelzen geschützt können wir trotzdem draußen frühstücken. Im Tal des Río Maňihuales sehen wir unsere ersten Kondore – leider sind sie für ein Foto zu weit weg, aber Geli versucht sich per Video „einzufangen“. Mit dem Fernglas können wir drei dieser Könige der Anden jedoch sehr gut beobachten. Durch das Tal des Río Simpson, wo wir eine Mittagspause einlegen, erreichen wir Coyhaique, das 1929 gegründete administrative und wirtschaftliche Zentrum dieser Region und einzige wirkliche Stadt entlang der Carretera Austral. Wir tanken und spazieren durch das Zentrum des Ortes, das von einem fünfeckigen Platz gebildet wird. Im Café Ricer, in der kleinen Fußgängerzone, stärken wir uns mit einem Espresso und einem Stück Kuchen. Mit einer Mischung aus Englisch und Spanisch unterhalten wir uns mit einem Mann am Nebentisch, der uns nach unserer Herkunft fragt und sich als chilenischer Politiker entpuppt. Letzte Station ist ein Supermarkt. Während Geli einkaufen geht, versuche ich unsere vordere Stoßstange, die sich an den Seiten durch das fahren auf den rauen Pisten gelockert hat, mit einem gefundenen Stück Draht zu fixieren. Das Problem besteht wohl schon länger, denn man hat versucht mit einfachen Schrauben, ohne Muttern, die Kunststoffteile zu befestigen. Wir verlassen Coyhaique und finden knapp 100 km weiter südlich in der Reserva Nacional Cerro Castillo einen schön im Wald gelegenen Campingplatz für die Nacht. Da wir heute schon recht früh auf dem Platz sind, kann ich mir noch meinen Bart stutzen und Geli wäscht noch etwas Wäsche aus, die wir in einer Schutzhütte auf unserem Stellplatz aufhängen. Die heutigen etwa 200 km auf der Carretera Austral, durchgehend asphaltiert, sind landschaftlich zwar reizvoll gewesen, können jedoch mit der grandiosen Kulisse von gestern nicht konkurrieren. Am Abend machen wir ein Lagerfeuer und grillen das frisch eingekaufte Steak. Die Wartezeit bis das Holz durchgeglüht ist – wir haben keine Grillkohle – verkürzen wir mit Rotwein und Käse. Das Grillen klappt hervorragend und es schmeckt uns vorzüglich. Dennoch kann ich irgendetwas nicht vertragen, ich bekomme nach dem Essen stechende Bauchschmerzen. Wir sitzen noch am Lagerfeuer bis es und endgültig zu kalt wird. Die Kühle und das Harzen den Bäume, das uns schon unsere Kleidung etwas verklebt hat, sind die einzigen Nachteile dieses herrlichen Platzes. Wir mummeln uns warm ein und auch ich kann trotz der Bauchschmerzen einigermaßen schlafen.

Samstag, 29.12.07 : In der Nacht fängt es an zu regnen und auch am Morgen sieht es noch sehr trübe aus. So frühstücken wir im Camper. Für mich gibt es nur eine Banane, da sich mein Magen immer noch nicht beruhigt hat. Unsere Wäsche ist auch immer noch feucht, so dass wir sie im Camper auslegen. Die Katze, die uns gestern schon durch ihr Miauen aufgefallen war, sitzt immer noch an der gleichen Stelle im Baum, sie traut sich wohl nicht mehr herunter. Wir sagen dem Parkranger Bescheid und er klettert geschickt wie ein Affe in den Baum und befreit die Katze aus ihrer misslichen Lage. Die Carretera Austral bleibt zunächst asphaltiert und bietet uns tolle Ausblicke auf das Tal des Río Ibáñez und den 2.675 m hohen Cerro Castillo. Leider geben die tief hängenden Wolken nicht den vollständigen Blick auf die burgähnlichen Türme und Zinnen des Berges frei, die ihm seinen Namen gegeben haben. Am Ortsausgang von Villa Cerro Castillo folgen wir dem Hinweis auf das Monumento Nacional Manos de Cerro Castillo. Eine schmale Piste, die dann in eine Art Feldweg übergeht, wird am Ende so steil, dass der Ford Ranger, der ja kein Allrad hat, es nicht mehr packt. Geli bleibt nichts anderes übrig als ein paar hundert Meter rückwärts zurückzufahren, bis sich eine Wendemöglichkeit bietet. So gehen wir also den Rest des Weges zu Fuß. Für 1.000 Pesos (ca. 1,4 €) pro Person kommen wir in das Monument hinein. An einer Felswand befinden sich eine aufgemalte bzw. umsprühte Darstellungen von Händen, deren Alter auf 10.000 Jahre geschätzt wird. Ab Villa Cerro Castillo ist die Carretera Austral wieder ein Schotterpiste, die uns heute zeigt, was sie zu bieten hat: Grobes Waschbrett, riesige Schlaglöcher und zum Teil aber auch völlig ebene Piste. Dazu das patagonische Wetter mit einem Gemisch aus Sturm und Regenschauern. Die Landschaft wird wieder atemberaubend schön, trotz des nicht optimalen Wetters. Ich schlage dem regen ein Schnäppchen und fotografiere aus dem Auto heraus. Der asphaltierte Abschnitt der Strasse ist unserer Meinung nach der landschaftlich nicht ganz so reizvolle. Die schmale Schotterpiste passt auch einfach besser zur grandiosen Landschaft um uns herum. Wir fahren auch wieder durch den gemäßigten Regenwald und sehen wieder schneebedeckte Gipfel und zahlreiche Wasserfälle. Bei Puerto Murta erreichen wir schließlich den Lago General Carrera, der auf argentinischer Seite Lago Buenos Aires heißt. Nach dem Titicaca See ist er der zweitgrößte See Südamerikas und mit einer maximalen Tiefe von 590 m der tiefste. Eingerahmt wird der riesige See von einer grandiosen Gebirgskulisse und die Fahrt an seinem Westufer zählt zu den schönsten Abschnitten der Carretera Austral. In Río Tranquilo wollen wir die Catedral de Mámol, eine Marmorhöhle besichtigen, die wir auf einer Postkarte entdeckt hatten. Aufgrund des Sturmes fahren die Boote jedoch nicht. Da wir für die 150 km Piste wesentlich länger gebraucht haben als wir gedacht haben, bleiben wir auf einem schönen kleinen Campingplatz direkt am See, der heute so viel Brandung hat, dass wir glauben am Meer zu stehen. Vom Platz aus haben wir einen schönen Blick über den See auf die Berge am Nordufer. Der Campingplatz trägt den Namen Pudu nach der in der Andenregion endemischen kleinsten Hirschart der Welt. Kaum haben wir uns eingerichtet, da fängt es auch schon an zu regnen. So bleibt uns nichts weiter übrig, als den ganzen Abend im Camper zu verbringen. Da sich mein Magen immer noch nicht vollständig beruhigt hat, begnüge ich mich zum Abendbrot mit ein paar Nudeln mit Ketchup.

Sonntag, 30.12.07 : Der Regen hat zwar aufgehört aber der Sturm ist geblieben. So versuchen wir erst gar nicht mehr eine Bootstour zu den Marmorhöhlen zu bekommen, sondern setzen unser Fahrt fort. Unsere letzte Etappe auf der Carretera Austral führt uns auf etwa 50 km Länge am Westufer des Lago General Carrera entlang. Gelbe Lupinen säumen die Ränder der Piste und bieten einen schönen Kontrast zum blauen See. Bei einem Fotostopp kommen wir mit einem holländischen Radler ins Gespräch, der seit zweieinhalb Wochen unterwegs und die Carretera Austral auf ganzer Länge befahren will – eine bewunderns- aber aus unserer Sicht nicht beneidenswerte Leistung. Es bieten sich uns immer wieder herrliche Ausblicke auf den See und Gipfel der Anden am gegenüberliegenden Ufer. Bei Cruce El Maitén heißt es für uns nach etwa 650 km Abschied nehmen: Wir verlassen die Traumstrasse Carretera Austral, die uns tief beeindruckt hat. Hier gibt es bei mehr Zeit bzw. einer gezielten Tour noch viel zu entdecken. Viele Seitenstrassen lassen Spielraum für weitere Exkursionen. Landschaftlich ist diese Strecke sicherlich eine der schönsten Strassen der Welt. Wir fahren auf der Piste 265 am Südufer des Lago General Carrera entlang. In Puerto Guadal kaufen wir in einer Pasteleria Brötchen und Kuchen, letzterer landet sofort in unseren Bäuchen. Die Piste ist so rau, dass mehrmals während der Fahrt der Gang raus springt – wir werden ordentlich durchgeschüttelt. In Mallin Grande machen wir noch eine kleine Pause ehe es auf dem Paso de las Llaves weitergeht. Auf 30 km Länge wurde die Piste aus dem Fels gesprengt und wir fahren teilweise direkt am Steilhang über dem See. Wie eine Berg- und Talbahn schmiegt sich die Strasse ans Ufer und belohnt uns mit tollen Ausblicken auf Berge und Eisfelder am anderen Ufer. Der Wind ist so stark, dass wir beim Aussteigen Mühe haben uns auf den Beinen zu halten. Ans Filmen ist teilweise nicht zu denken und auch Fotografieren geht nur unter erschwerten Bedingungen. Hier können uns auch unsere Stative nicht mehr weiterhelfen. Die Laguna Verde ist eine kommerzielle Salzgewinnungsanlage. Das Rohsalz wird dann per LKW über die Carretera Austral nach Puerto Chacabuco gebracht und von dort auf Frachtern zu den Raffinerien nach Japan verschifft. Die türkise Färbung dieser Lagune bietet ein schönes Motiv. Vom Cerro de las Banderas haben wir einen schönen Blick auf Chile Chico, die Grenzstadt zu Argentinien. Es waren argentinische Siedler, die 1909 das Land in Besitz nahmen und die Stadt gründeten. Es entstand eine jahrelanger Konflikt mit chilenischen Farmern, die hier von der Regierung Siedlungsrechte bekommen hatten. Die argentinischen Siedler setzten sich schließlich durch, aber es dauerte bis 1931 bis die chilenische Regierung die Stadt anerkannte. Wir tanken den Wagen auf und essen in der Cafetería Loly y Elizabeth leckeren Lachs und Empanadas. Jetzt ist die Strasse wieder asphaltiert und wir erreichen nach wenigen Kilometern die argentinische Grenze. Diesmal gehen die Formalitäten etwas schneller und auch die Mitnahme von Lebensmitteln aller Art ist in diese Richtung kein Problem. Nach 5 Tagen in Chile sind wir jetzt wieder in Argentinien. Wir bummeln ein wenig durch Los Antiguos, die Grenzstadt auf argentinischer Seite und fahren immer noch am Südufer des gleichen Sees, der jetzt Lago Buenos Aires heißt, weiter. Eine pinkfarbene Kapelle am Straßenrand lässt uns noch einmal stoppen, ehe wir den kleinen Ort Perito Moreno erreichen. Hier finden wir auf dem städtischen Campingplatz einen Platz für die Nacht, sogar mit Stromanschluss. Die Sonne scheint und es ist etwas windgeschützt, so dass wir noch etwas draußen sitzen können. Abendbrot fällt heute aufgrund des üppigen Mahls in Chile Chico aus.

Montag, 31.12.07 : Beim Aufstehen ahnen wir noch nicht, dass heute so Einiges schief gehen wird. Es fängt schon beim Duschen an: Bei den Männern haben die meisten Duschen keine oder nur unvollständige Armaturen und/oder es kommt kein Wasser. Die einzige Dusche, bei zumindest Wasser kommt, hat keinen Duschkopf und ich stelle mich unter den eiskalten Wasserstrahl, denn warmes Wasser gibt es nicht. Geli hat da mehr Glück, sie kann wenigstens warm duschen. Zunächst halten wir noch einmal in der Hauptstrasse von Perito Moreno und ergänzen unsere Vorräte. Unser erstes Ziel ist die seit 1999 als Weltkulturerbe von der UNESCO unter Schutz gestellte Cueva de las Manos. Die Grotten mit den Felsmalereien liegen etwas 50 km nördlich von Bajo Caracoles. Ich weiß aus dem Reiseführer, dass es auch möglich ist über das Gelände der Estancia Los Toldos aus nördlicher Richtung an die Cueva de las Manos heranzukommen. Wir kaufen auf der Farm die Tickets für die Höhle und machen uns über eine einspurige Farmpiste auf den Weg. Das Farmland ist schon fast wie ein Tierpark: Wir sehen die Pferde der Estancia, zahlreiche Guanakos und Nandus, Magellangänse und Flamingos an einem kleinen See, sowie mehrere Gürteltiere (Armadillo). Besonders interessant wird es, als ein Nandu mit Kücken von einem Adler attackiert wird, der es auf eines der Kücken abgesehen hat. Es gelingt dem Altvogel jedoch erfolgreich den Angreifer in die Flucht zu schlagen. Die Piste endet abrupt am Rand der Schlucht, die der Río Pinturas in den Fels gegraben hat. Uns ist schlagartig klar, dass wir nicht wie gedacht unsere Fahrt in südlicher Richtung fortsetzen können, um bei Bajo Caracoles wieder auf die Ruta 40 zu treffen. Nicht nur dass, wir sehen die Cueva de las Manos zwar am gegenüberliegenden Rand der Schlucht, kommen aber nur hin, wenn wir in die 270 m hohe und etwa 500 m breite Schlucht hinab, auf der anderen Seite wieder hinauf und für den Rück weg ein weiteres Mal durchschreiten. Wir überlegen kurz, ob wir umkehren und doch die südliche Zufahrt nehmen sollen, verwerfen diesen Plan jedoch wieder, da es noch länger dauern würde als der Weg über die Schlucht. Der Abstieg ist schwierig, da wir auf dem sandigen Boden mit lockerem Gestein immer wieder wegrutschen. Wir stürzen beide, zum Glück jedoch ohne uns zu verletzen. Auf einer wackeligen Hängebrücke gehen wir über den Río Pinturas und sind nach einer knappen Stunde am Parkeingang. Hier erfahren wir dann auch noch, dass in Argentinien die Uhren am Samstag auf Sommerzeit umgestellt wurden, d.h. wir verlieren eine Stunde des heutigen Tages. Nach einer kurzen Verschnaufpause beginnt unsere einstündige Führung zu den Felsmalereien des Toldense Volkes, deren Alter zwischen 3.000 und 9.300 Jahren datiert wird. Es gibt über 800 Darstellungen von Händen (davon nur 31 linke Hände), aber auch Guanakos, Nandus, Gürteltiere und geometrische Figuren. Die Farbpigmente stammen von den Felsen der Schlucht, sowie den Beeren des Calafate-Strauches. Die Bilder wurden dann mit einem Gemisch aus Guanakofett und Urin fixiert. Wir füllen unsere Wasserflasche auf und machen uns ein zweites Mal auf den beschwerlichen Weg durch die Schlucht. Nach drei Stunden sind wir ziemlich erschöpft wieder am Camper. Mit der einstündigen Zeitverschiebung durch die Sommerzeit hat uns der als kurzer Abstecher im „Vorbeifahren“ geplante Besuch also 4 Stunden gekostet. Jetzt müssen wir auch noch über die Farmpiste die 25 km bis zur Ruta 40 zurück. Ein liegengebliebenes Auto auf der Piste zwingt uns dann auch noch zu einer nicht ganz einfachen Querfeldeinfahrt. Zurück auf der sogenannten Hauptstrasse, die auch nicht mehr ist als eine holprige Schotterpiste, sehen wir weitere Guanakos, Nandus und Gürteltiere. Eine Estancia am Río Ecker hat leider geschlossen, so dass wir auch hier keine Bleibe für die Nacht finden können. Der Ort Bajo Caracoles ist ein wirklich gottverlassenes Nest. Wir bekommen keinen Diesel und die beiden „Campingplätze“ sind die reine Zumutung: schmuddelige Hinterhöfe ohne Alles. Wir fahren weiter und finden noch in der Nähe des Ortes auf einer Kieshalde, die für den Neubau der Ruta 40 angelegt wurde, einen halbwegs windgeschützten Platz für die Nacht. Allemal besser als die sonderbaren Campingplätze im Ort. Nach dem Abendessen stoßen wir mit Cider auf das neue Jahr an und gehen erschöpft lange vor Mitternacht ins Bett.

Dienstag, 01.01.08 : Der Wind hat noch zugelegt und wir werden schon beim Frühstück im Camper ordentlich durchgeschüttelt. Da wir auch auf der weiteren Fahrt in Richtung Süden kein Diesel mehr bekommen, müssen wir unseren ursprünglichen Plan ändern: Die Fahrt in den Parque Nacional Perito Moreno mit seinen unberührten Seen und Berggipfeln würde für uns eine Fahrt von mindestens 200 km bedeuten und wir wären dann immer noch gut 120 km von der nächsten Zapfsäule entfernt. Wir sind uns nicht sicher, dass wir das, auch unter Einbeziehung unseres Reservekanisters schaffen können. So verzichten wir auf den Besuch des Nationalparks und fahren stattdessen die gut 120 km nach Gobernador Gregores. Hier können wir volltanken und finden sogar ein geöffnetes Internetcafe. Wir lesen unsere e-Mails und schicken Neujahrsgrüße in die Heimat. Über eine kleine Nebenpiste kommen wir zurück zur Ruta 40. Diese Strasse ist auch nicht schlechter als die anderen und erspart uns fast 80 km. Der Sturm ist jetzt so stark, dass wir beim Aussteigen kaum die Autotüren aufbekommen bzw. festhalten können. Einmal draußen, haben wir Mühe uns auf den Beinen zu halten. Wir werden vom Wind dermaßen geschüttelt, dass wir wie Betrunkene umherwanken. Neben zahlreichen Guanakos und Nandus, die immer sofort in höchster Panik die Flucht ergreifen, sehen wir auch noch ein Gürteltier, das sogar auf unser Auto zukommt als wir anhalten. Es marschiert direkt unter uns über die Strasse. Wir steigen aus und können das Tier aus nächster Nähe fotografieren und filmen, sofern es uns gelinkt die Kameras halbwegs ruhig zu halten. Wir haben zwar über den starken Wind in Patagonien gelesen, aber was wir jetzt live erleben ist einfach unglaublich. Bei uns zuhause gäbe es Orkanwarnungen und Hinweise sich möglichst in den Häusern aufzuhalten. Hier ist es völlig normaler Alltag, dass es stürmt was das Zeug hält. Am türkis schimmernden Lago Cardiel erreichen wir wieder die Hauptpiste. Wir wollen auf der Estancia La Siberia am Ostufer des Sees übernachten. Der Platz liegt jedoch am Hang und es ist uns nicht möglich einen ebenen Stellplatz zu finden. So fahren wir weiter. Wir erreichen Tres Lagos am Río Chalia. Der Ort erinnert uns an eine Geisterstadt aus dem Westen der USA. Viele Häuser sind verlassen, einige schon baufällig. Das ganze macht einen sehr trostlosen Eindruck. An der Ruta 40 gibt es immerhin eine Tankstelle mit Diesel und wir fragen, ob wir im Windschutz einer Mauer übernachten dürfen, was man uns auch ohne Probleme gestattet. So haben wir nach einem langen Fahrtag, fast 400 km Piste liegen hinter uns, wenigstens ein windgeschütztes Plätzchen und können auch noch die Toiletten der Tankstelle benutzen.

Mittwoch, 02.01.08 : In der Nacht gibt es einen wolkenbruchartigen Regenschauer und das Getrommel nur wenige Zentimeter über unseren Köpfen weckt uns auf. Relativ schnell lässt der Regen wieder nach und der Morgen begrüßt uns mit Sonne und blauem Himmel. Wir können an der Tankstelle auch noch unseren Frischwassertank auffüllen und machen uns rundum versorgt auf den Weg. Die Ruta 40 ist jetzt asphaltiert und wir kommen zügig voran. Nach den vielen Pisten ist es jetzt schon fast komisch auf glattem Asphalt dahinzugleiten. Nach nur 34 km erreichen wir den Abzweiger in den nördlichen Teil des Parque Nacional Los Glacieres. Der 6.000 km² große Park erstreckt sich auf über 170 km entlang der chilenischen Grenze. Fast die Hälfte seines Gebietes ist von Eisfeldern bedeckt. Das patagonische Inlandeis ist abgesehen von den beiden Polregionen die größte zusammenhängende Eismasse der Erde. Im Nationalpark mündet das Eis in 13 Gletscher in zwei große Seen, den Lago Argentino im Süden und den Lago Viedma im Norden. Herzstück der nördlichen Parkregion ist jedoch das Fitz Roy Massiv mit seinem 3.405 m hohen Monte Fitz Roy. Benannt ist das Gebirge nach Robert Fitzroy, dem Kapitän des Forschungsschiffes „Beagle“ von Charles Darwin. Als wir am nördlichen Ufer des Lago Viedma entlang fahren sehen wir schon von Weitem, dass die Gipfel von einer dichten Wolkenschicht umhüllt sind, lediglich die unteren Abschnitte der Berge lassen ihre Gewaltigkeit erahnen. Auf den kleineren Bergen im Vorland des Massivs erkennen wir, das hier der nächtliche Regen als Neuschnee niedergegangen ist. Über dem frischen Weiß drehen 4 Kondore ihre Kreise. Mit ihrer gewaltigen Spannweite von bis zu 3,5 m sind sie sofort als die Könige der Lüfte auszumachen. In einem kleinen See neben der Strasse sehen zwei Flamingos, die dem eisigen Wind trotzen. In El Chaltén, das sich seit seiner Gründung 1985 zu einem Mekka der Wanderer und Bergsteiger entwickelt hat machen wir eine Pause. In einem kleinen Supermarkt kaufen wir ein paar Lebensmittel, Ansichtskarten, für Geli einen Gürtel und für mich eine Mütze. Einem Tipp unseres Reiseführers folgend essen wir in der gemütlichen Gaststube des „Patagonicus“ eine Pizza – super lecker. So gestärkt fahren wir auf einer holperigen Piste in das Tal des Río de las Vueltas hinein. Der anfängliche Regen geht in Schnee über und es zieht sich immer mehr zu. Unsere Hoffnungen auf eine Aufklarung sind damit dahin. Wir fahren bis zur Laguna Condor, wo sich Flamingos aufhalten sollen. Den Vögeln ist es wohl zu kalt geworden – kein Flamingo weit und breit. Wir kehren um und spazieren 3 km vor El Chaltén zu den imposanten Wasserfällen Chorrillo del Salto. Trotz des stärker werdenden Regens machen wir ein paar Aufnahmen. Zurück am Camper gibt es zum Aufwärmen eine Tasse Kaffee und die zuvor im Ort gekauften Kekse. In El Chaltén sehen wir uns nach einer Campingmöglichkeit um. Die Plätze sind jedoch fast ausschließlich auf Zelter ausgelegt und zum teil auch schon stark belegt. Die sanitären Einrichtungen bestehen größtenteils nur aus Dixie-Klos. Wir fahren nach Bahía Tunél an den Lago Viedma in der Hoffnung auf einen schönen freien Stellplatz. Es ist jedoch alles eingezäunt und es gibt keine Möglichkeit für uns. Schließlich landen wir in einer ehemaligen Kiesgrube kurz vor dem Ortseingang. Der Platz liegt sehr schön direkt am Río de las Vueltas, man kann ihn nicht einsehen und wir sind hier völlig allein. Wir gehen noch ein Stück am Fluss spazieren, ehe der einsetzende Regen uns zum Camper zurücktreibt. Zum Abendbrot gibt es nur ein frisches Bannock und Oliven und Tomaten – schließlich haben wir immer noch die Pizza in unseren Bäuchen.

Donnerstag, 03.01.08 : Als wir nach dem Aufwachen feststellen, dass es über Nacht aufgeklart ist und die Berge frei sind, legen wir einen Schnellstart hin. Wir ziehen uns nur schnell etwas über und fahren los. Das Panorama des Fitz Roy Massivs ist einfach überwältigend. Noch auf der Zufahrt zu unserem Stellplatz schießen wir die ersten Fotos. Wir fahren auch noch ein Stück in das Tal des Río de las Vueltas hinein, hier ergeben sich jedoch keine besseren Perspektiven auf die Gipfel, so dass wir bald wieder umkehren. Wir fahren auf der Hauptstrasse an unserem Stellplatz vorbei und haben wieder einen herrlichen Blick auf den wolkenfreien 3.405 m hohen Monte Fitz Roy, der laut Reiseführer zu den beeindruckendsten Gipfeln der Erde gehört. Neben ihm ragen die Berge Saint Exupery (2.558 m), Poincenot (3.002 m), Mermoz (2.732 m) und Guillaumet (2.574 m) in den fast wolkenlosen Himmel. Wen das nicht begeistert, der hat das Staunen verlernt. Gerade nach einem trüben Tag wie gestern ist dieser Anblick ein absolutes Highlight für uns. Wir fahren zurück zu unserem Stellplatz, waschen uns und frühstücken. Wir verlassen den Nationalpark und werfen immer wieder einen Blick zurück auf die Gipfel des Fitz Roy Massivs. An einem überfahrenen Hasen haben sich 11 Kondore versammelt, die wir einige Zeit beobachten können. Heute können wir auch das Panorama am Lago Viedma in seiner ganzen Pracht bewundern. Unser Blick geht über den riesigen See zu den dahinter liegenden Gipfeln der Anden. Wir können von der Strasse sogar den Glaciar Viedma erkennen. Auf dem See treiben die vom Gletscher abgespaltenen Eisbrocken. An der Ruta 40 gibt es am Ostufer des Lago Viedma noch einen Aussichtspunkt, der einen Blick über den gesamten See bis zum Monte Fitz Roy bietet. Die Ruta 40 ist teilweise asphaltiert, teilweise noch eine Schotterpiste; es wird wohl an der weiteren Asphaltierung gearbeitet, wie an den Straßenbaumaßnahmen erkennbar ist. Bei La Leona kehren wir in einem kleinen Restaurant ein und stärken uns mit Espresso, Empanadas und Brownies. Im Tal des Río La Leona können wir eine kleine Herde Guanakos beobachten. Die durch den starken Wind geformten Wolken nehmen immer wieder bizarre Formen an und reizen zum Fotografieren. Ein Aussichtspunkt am Lago Argentino bietet einen Blick über den riesigen Gletschersee auf die Gipfel des Los Glaciares NP. Nach 230 km haben wir El Calafate, das touristische Zentrum des Nationalparks Los Glaciares erreicht. Wir können volltanken und finden eine Wäscherei, in der wir unsere Kleidung abgeben und um 21:00 Uhr frisch gewaschen und gebügelt wieder abholen können (5 €). In der Heladería Aquarela essen wir ein köstliches Eis, das es allerdings auch preislich in sicht hat. Verglichen mit den ansonsten eher geringen Lebenshaltungskosten ist die Kugel Eis mit 1 € doch recht teuer. Nachdem wir in einem Supermarkt unsere Vorräte ergänzt haben, suchen wir vergeblich nach einer Möglichkeit, unsere Gasflasche auffüllen zu lassen. Wir beziehen auf dem städtischen Campingplatz von El Calafate Quartier und stürzen uns nach dem Abendessen noch einmal in das touristische Getümmel auf der Avenida del Libertador, der Hauptstrasse des Ortes. Auch unsere saubere Wäsche können wir, wie vereinbart wieder abholen. Nach den Tagen in der einsamen Pampa ist El Calafate schon ein kleiner Kulturschock.

Freitag, 04.01.08 : Trotz des recht vollen Campingplatzes ist es sehr ruhig und wir können gut schlafen. Den Tag mit einer heißen Dusche zu beginnen, was zu hause eine Selbstverständlichkeit ist, empfinden wir heute als echten Luxus. Heute ist der Wind wieder deutlich stärker als gestern und zudem pustet er heute lausig kalte Luft heran. Wir füllen unser Wasser auf und finden dank der Hinweise aus dem Büro des Campingplatzes auch den Gashändler. Leider ist ein Auffüllen unserer angebrochenen Flasche nicht möglich, wir müssen tauschen. Wir vergleichen das Gewicht der vollen Flasche mit unserer und stellen fest, dass unsere wohl doch schon recht leer ist. Da wir weiter im Süden wohl auch noch häufiger als bisher die Heizung nutzen werden, nehmen wir die volle Flasche. So gerüstet fahren wir am Südufer des Lago Argentino in den südlichen Teil des Parque Nacional Los Glaciares hinein. Unser erstes Ziel ist Punta Bandera, ein kleiner Hafen von dem aus die Ausflugsboote zum 600 km² großen Upsala-Gletscher ablegen. Wir erfahren, dass man die Tickets für diese Tour nur in El Calafate kaufen kann, das Boot um 9:00 Uhr losfährt und acht Stunden unterwegs ist. Wir sind uns beide nicht sicher, ob wir acht Stunden bei dem stürmischen Wetter auf einem Boot verbringen wollen. Wir waren von einer Halbtagestour ausgegangen. Vom Endpunkt der Strasse aus werfen wir einen Blick auf den Lago Argentino und Gipfel der südlichen Anden. In einem kleinen See neben der Strasse entdecken wir einige Schwarzhalsschwäne. Wir fahren weiter zum zweiten Hauptziel des Parks, dem Perito-Moreno-Gletscher. Während nahezu alle anderen Gletscher weltweit langsam abtauen und deshalb nach und nach zurückgehen, wächst der Perito-Moreno-Gletscher immer noch weiter. Seine ungeheure Eismasse, die in einer 55 m hohen, fast 5 km breiten und 14 km langen Gletscherzunge in den See hineinreicht, bewegt sich langsam vorwärts – schneller als sie unter abtauen kann. In der Vergangenheit hat sich der Gletscher immer wieder soweit vorgeschoben, dass die Eismassen einen Teil des Lago Argentino, den Brazo Rico, vom Hauptsee abschnürten. Der Wasserstand im Brazo Rico stieg dann um bis zu 18 m an, bis der Eisdamm dem gewaltigen Wasserdruck nicht mehr standhalten konnte und schließlich wie durch eine natürliche Explosion weggesprengt wurde. Bis zum Jahr 1988 geschah dies alle vier bis fünf Jahre, seit diesem Zeitpunkt hat sich das Wachstum des Gletschers dramatisch verlangsamt. Erst im März 2004, also noch 16 Jahren gab es wieder einen solchen Dammbruch. Die Auswirkungen der globalen Erderwärmung sind also auch hier deutlich spürbar. Aufgrund des hohen Verkehrsaufkommens, hier sind die Auswirkungen des Massentourismus in ihrer geballten Form spürbar, dürfen wir nicht bis zum Parkplatz oberhalb des Gletschers durchfahren, sondern werden von einem Parkranger auf einen anderen Parkplatz umgeleitet. Von hier aus kommen wir mit einem kostenlosen Shuttlebus zum Gletscher. Der obere Parkplatz steht voller Busse und es gibt kaum ein Durchkommen. Wir machen uns zusammen mit allen anderen auf den Plankenweg, der terrassenförmig an den Hang gegenüber dem Gletscher angelegt ist. Es gibt mehrere Aussichtspunkte auf die bläulich schimmernde Front des Perito Moreno. Wir sehen zweimal gewaltige Stücke mit viel Getöse von der Front des Gletschers abbrechen. Viele Besucher haben Lunchpakete dabei und zahlreiche kleinere Vögel sowie ein Greifvogel (Chimango) hoffen darauf, etwas abzubekommen. Über zwei Stunden bewundern wir die beeindruckende Eismasse, trotz des trüben, regnerischen Wetters und der Wolken, die den Blick auf die umgebende Bergwelt einschränken, ist der Gletscher ein tolles Erlebnis. Wir fahren mit dem Shuttle zurück zu unserem Auto und stärken uns in einem Café mit Espresso und Kuchen. Die noch in unserem Reiseführer erwähnten Campingplätze innerhalb des Parks schein es nicht mehr zu geben. Sie sind auch in der Karte des Nationalparks nicht verzeichnet. Stattdessen gibt es nur noch Nobelherbergen mit Übernachtungspreisen von über 150 US $. Wir finden eine kleine Seitenstrasse, die nach etwa 200 m endet und einen von der Strasse nicht einsehbaren Stellplatz für die Nacht bietet. Inzwischen zeigt sich auch die Sonne und wir können in unseren Campingstühlen vor dem Auto sitzen, ein Glas Wein trinken und Lesen. Was für eine Oase der Ruhe inmitten des Trubels. Wie schön ist es doch mit einem Camper unterwegs zu sein, der einem solche Möglichkeiten offen lässt. Mit einem normalen Mietwagen müssten wir die über 80 km zurück nach El Calafate fahren oder in einer der teuren Lodges übernachten.

Samstag, 05.01.08 : In der Nacht entwickelt sich der Wind wieder einmal zu einem Sturm und schüttelt unseren Camper ordentlich durch. Wir schlafen beide nicht so richtig gut, sind aber schlagartig hellwach, als wir aus dem Fenster sehen: Das trübe Wetter von gestern ist vorbei, blauer Himmel und Sonnenschein begrüßen uns. Wir machen uns startklar und fahren ohne Frühstück noch einmal zum Gletscher. Wir können bis zum Endparkplatz durchfahren und der Platz ist fast leer. Wieder stehen wir staunend vor der blau-weißen Eiswand des Perito Moreno, die heute von der noch tief stehenden Morgensonne in ein geradezu magisches Licht getaucht wird. Auch heute sind wir wieder zwei Stunden am Gletscher und sehen erneut große Teile von der Front abbrechen. Teilweise haben wir den Perito Moreno ganz für uns allein, der Massentourismus hat noch nicht eingesetzt. So ist es schon kurz vor 11:00 Uhr als wir endlich frühstücken. Als wir dann aufbrechen ist der Parkplatz schon wieder gerammelt voll und es kommen immer mehr Tourbusse angefahren. Wir verlassen die Halbinsel Magallanes und umrunden den Seitenarm Brazo Rico des Lago Argentino. Ganz in der Ferne sehen wir drei Gauchos eine Rinderherde zusammentreiben. Wir halten an sehen etwas zu. Die Gauchos, unterstützt von mehreren Hunden, treiben die Herde direkt auf zu. So kommen wir zufällig noch dazu die Gauchos bei ihrer Arbeit aus der Nähe beobachten zu können. Unser nächstes Ziel ist der Lago Roca, ein kleiner See umrahmt von den schneebedeckten Gipfeln des Los Glaciares NP. Hier machen wir mit Blick auf den See eine kleine Pause und fahren anschließend nach El Calafate zurück. In einem Supermarkt ergänzen wir noch einmal unsere Vorräte. Die Reserva Laguna Nimez, ein städtisches Vogelschutzgebiet am Ufer des Lago Argentino, ist unser letztes Ziel für heute. Auf dem 2,5 km langen Rundweg sehen wir einen Flamingo, Schwarzzügelibise, Magellangänse, Schwarzhalsschwäne, Enten, Blesshühner und zahlreiche andere Vögel. Den im Schilf nistenden Falken kommen wir wohl zu nahe an ihr Nest, so dass sie anfangen uns zu attackieren. Wir beeilen uns aus ihrem Territorium heraus zu kommen. Da es heute schon zu spät ist, um noch weiter zu fahren, beziehen wir noch einmal auf dem städtischen Campingplatz von El Calafate Quartier. Wir beenden den Tag mit einem Bummel über die belebte Hauptstrasse von El Calafate.

Sonntag, 06.01.08 : In der Nacht regnet es etwas und auch am Morgen ist der Himmel bedeckt und es fallen ab und zu ein paar Regentropfen. Dafür ist es heute zum ersten Mal nahezu windstill. Wir füllen unseren Frischwassertank auf und tanken noch einmal voll, bevor wir El Calafate verlassen. Auf der Ruta 40 geht es südwärts. Bis El Cerrito ist die Strasse gut ausgebaut und asphaltiert. Wir sehen einige Nandus und Guanakos, beide haben jetzt Jungtiere dabei, sind aber leider sehr scheu. Ab El Cerrito, was eigentlich nichts weiter ist als die Straßenkreuzung, wird die Strasse zur teilweise rauen Schotterpiste. Wir haben das Glück zwei Graufüchse bei der Hasenjagd beobachten zu können. Ein Fuchs hat auch Erfolg und schleppt seine Beute in die Büsche. Die Tiere sind zum Glück nicht sehr scheu und lassen uns recht nahe an sich heran. So gelingen formatfüllende Aufnahmen des Fuchses. Kurz vor der chilenischen Grenze bei Cerro Castillo machen wir eine kurze Pause und verstecken anschließend unsere frischen Lebensmittel, die wir nicht nach Chile importieren dürfen. Da wir jetzt schon in den EDV-Systemen beider Grenzbehörden gespeichert sind, gehen die Formalitäten jetzt deutlich zügiger über die Bühne. Wir treffen einen Itzehoer, der seinen ausgebauten Toyota Landcruiser hierher verschifft hat und in die Gegenrichtung fährt. Außerdem kommen wir mit Amerikanern ins Gespräch, die eine dreiwöchige organisierte Tour machen. In Cerro Castillo tauschen wir US-$-Travellercheques in chilenische Pesos um. Kurz hinter der Grenze kommen wir an einem See vorbei, auf dem sich Schwäne und Flamingos versammelt haben. Leider kommen wir für gute Fotos nicht nahe genug heran. Wenig später versperrt eine große Rinderherde die Piste: Einige Gauchos und ihre Hunde treiben die Tiere vorwärts. Für uns noch einmal die Gelegenheit die chilenischen Cowboys bei ihrer Arbeit zu beobachten. In Chile fahren wir nordwärts zu unserem heutigen Etappenziel, dem Parque Nacional Torres del Paine. Noch vor der Parkgrenze sehen wir eine Guanakoherde mit Jungtieren, die nicht so scheu sind, so dass wir nahe genug zum Fotografieren und Filmen heran kommen. Wir zahlen unseren Eintritt in den Park, für uns beide werden 30.000 Pesos (ca. 42 €) fällig, und erfahren etwas über die Campingmöglichkeiten im Nationalpark. Der Torres del Paine NP, ein 2.000 km² großes Gebiet in den südchilenischen Anden, schützt eine atemberaubende Landschaft: Die windzerzauste patagonische Ebene trifft hier unvermittelt auf die Gipfel der Südkordillere, steil aufragende Berge, die sich wie eine uneinnehmbare Felsenburg aus Granit empor türmen. Der höchste Gipfel ist der 3.050 m hohe Cerro Torre Grande. Seinen Namen hat der Park von den Tehuelche Indianern, in deren Sprache „Paine“ für die Farbe „Blau“ steht. Die „blauen Berge“ stehen als Biosphärenreservat unter dem Schutz der UNESCO. Die schmale Parkstrasse verläuft durch eine traumhaft schöne Landschaft: grüne Hügel, türkisblau oder grünlich schimmernde Seen und die Kulisse des Torres-Massivs. Immer wieder halten wir an und können uns gar nicht satt sehen. Über dem Lago Pehoé kreisen dann auch noch ein paar Kondore – was will man mehr? Wir hatten sicherlich hohe Erwartungen an diesen Park aber die Realität stellt alles in den Schatten – wir sind total begeistert. Hinzu kommt, dass die wolkenverhangenen Torres immer mehr frei werden. Wir beziehen auf dem Campingplatz am Lago Pehoé Quartier. Die Sonne scheint und es ist so warm, dass wir draußen zu Abend essen können – mit Blick auf die Gipfel des Torres del Paine. Ein Schweizer kommt bei uns vorbei und wir kommen ins Gespräch: Er hat auch einen Patagonia Camper gemietet und ist für 4 Monate in Argentinien und Chile unterwegs. Wir gehen zum Abschluss des Tages ans Ufer des Lago Pehoé und genießen den Ausblick auf das gewaltige Bergmassiv. Eine Magellangans mit ihren 10 Kücken lässt sich durch uns nicht stören und wir können die Kleinen gut fotografieren.

Montag, 07.01.08 : In der Nacht fängt es an zu regnen und auch am Morgen ist der Himmel noch bedeckt und es fallen immer wieder ein paar Tropfen. So lassen wir es heute langsam angehen. Wir wollen den Stellplatz für eine weitere Nacht buchen, doch das Office hat noch geschlossen. Als wir schließlich jemanden fragen stellen wir fest, dass wir wieder vergessen haben unsere Uhren auf die chilenische Zeit umzustellen. So bekommen wir eine Stunde geschenkt und plötzlich unerwartet früh dran. Wir fahren am Lago Pehoé entlang und sehen uns an seinem nordöstlichen Ende den Wasserfall Salto Grande an. Der Wind bläst uns den Sprühnebel der Fälle ins Gesicht und macht das Fotografieren schwierig, da die Linse sofort vollen Wassertropfen ist. Wie auf einer Berg- und Talbahn fahren wir durch die wunderschöne grüne Hügellandschaft bis zum Mirador del Nordenskjold. Vor uns liegt der Lago Nordenskjold mit den Gipfeln des Torre del Paine im Hintergrund – was für ein Panorama. Als wir wieder am Campingplatz vorbei kommen reservieren wir „unseren“ Stellplatz für eine weitere Nacht. Auf einem gut ausgebauten Bohlenweg gehen wir zum Wasserfall Salto Chico. Leider wird dieser kleine Wasserfall wohl für die Stromerzeugung für das nahe gelegene Hotel genutzt und das Generatorhäuschen steht mitten im Bild. Fotografisch lohnt dieser Abstecher also nicht. Im Restaurant der Posada Serrano essen wir eine Kleinigkeit zu Mittag. Die weitere Strecke zum Lago Grey verläuft durch das breite Tal des Río Grey und ist landschaftlich längst nicht so schön wie die anderen Abschnitte des Parks. Wir versuchen Tickets für die Bootstour auf dem See zu bekommen, die bis an den Gletscher Glaciar Grey heranführen soll. Die Fahrt ist jedoch ausgebucht und auch auf Stand-by kommen wir nicht mehr mit. Dieses Missgeschick entpuppt sich jedoch im Nachhinein als Glück: Wir wandern stattdessen am Südufer des Lago Grey entlang zu einigen Eisbergen, die durch das Kalben des Glaciar Grey entstanden sind und vom Wind quer über den See getrieben wurden. Wir haben sogar einen Blick über den ganzen See bis zum Gletscher. Der Wind ist so stark, dass wir richtig dagegen ankämpfen müssen. Auf dem Rückweg zieht es zudem immer mehr zu und fängt heftig an zu regnen. Bei diesem Wetter mit Sturm und Regen wäre die Bootstour sicherlich nicht das reine Vergnügen gewesen. Der Spaziergang zu den Eisbergen hat jedoch auch noch unter diesen Bedingungen sehr viel Spaß gemacht und wir sind froh, nicht für drei Stunden auf dem Boot zu sein. Auf dem Parkplatz kommen wir mit einem Motorradfahrer ins Gespräch, der sein Bike hierher verschifft hat. Es stellt sich heraus, dass ein Ehepaar, das wir in Australien getroffen hatten, ebenfalls wieder unterwegs ist und ihr Wohnmobil auf dem gleichen Schiff wie der Motorradfahrer nach Buenos Aires verschifft hat. Die Welt ist doch wirklich ein Dorf! Wir fahren zum Campingplatz zurück und stellen als erstes unsere Bank in die zu jedem Platz gehörende Schutzhütte. So können wir trotz Regen noch draußen, mit Blick auf die wolkenverhangenen Gipfel, zu Abend essen. Es ist jedoch deutlich kühler als gestern und so ziehen wir uns bald in den Camper zurück.

Dienstag, 08.01.08 : In der Nacht gibt es immer wieder stürmische Böen, die unseren Camper ordentlich durchschütteln. Begleitet wird der starke Wind von zum Teil wolkenbruchartigen Regenschauern. Als wir aufwachen sieht es schon etwas besser aus: Die Berge sind zwar von Wolken verhüllt, aber immerhin scheint die Sonne. Wir begeben uns auf die kurze Wanderung zum Mirador Cóndor, die gegenüber vom Campingplatz beginnt. Heftiger Regen lässt uns jedoch umkehren, bevor wir unser Ziel erreichen. Die Aussicht wäre ohnehin eingeschränkt gewesen, da die Wolken die Berge noch nicht freigegeben haben. Wir füllen unser Frischwasser auf und fahren am Río Paine entlang. Es ist so stürmisch, dass ich mich beim Fotografieren kaum auf den Beinen halten kann. Bevor wir den Park über die Brücke am Río Serrano verlassen, sehen wir noch einen wunderschönen Regenbogen und einen Kondor. Der Torres del Paine NP ist ein echter Höhepunkt unserer Reise, auch wenn das Wetter noch etwas besser hätte sein können. Die Strasse in Richtung Puerto Natales folgt zunächst dem westlichen Ufer des riesigen Lago Toro und wir haben immer wieder schöne Ausblicke auf den See. Leider verfolgt uns das schlechte Wetter aus dem Park und Sturm und Regen sind unsere Begleiter. Die Fahrt führt durch eine Waldlandschaft, die uns an den Westen Kanadas erinnert. Wir halten an der Cueva del Milodón, einer Höhle, in der man die Überreste eines riesigen, urzeitlichen Faultiers gefunden hat, das vor ca. 10.000 ausgestorben ist. Die gefundenen Knochen und Fellreste befinden sich im Besitz des Britischen Museum in London. Da Geli sich eine Erkältung eingefangen hat, bleibt sie im Auto und legt sich etwas hin, während ich mir die Höhle ansehe. Man verpasst nichts, wenn man hier nicht anhält. Es ist eine große Grotte zu sehen, an deren Eingang man eine Nachbildung des Milodón, des Riesenfaultiers gestellt hat. Auch ich besuche die Höhle nur, weil ich gerade in dem Buch „Patagonien“ von Bruce Chatwin über diese Höhle gelesen habe. Als ich wieder am Auto bin, essen wir eine Kleinigkeit und fahren dann weiter nach Puerto Natales. Der kleine Ort liegt sehr schön am G. Almirante Montt, einem Teil der weitverzweigten Fjordlandschaft des südlichen Patagoniens. Wir tanken voll und fragen nach einem Supermarkt, den wir dann, nach nochmaligem nachfragen auch finden. Bis auf frisches Obst und Gemüse ist der Laden gut sortiert und wir können unsere Vorräte ergänzen. Puerto Natales selbst macht einen etwas heruntergekommenen Eindruck und lädt nicht zum bleiben ein. Es gibt auch keinen Campingplatz und zu wenig zu sehen, als das wir den ganzen Nachmittag hier verbringen möchten. Wir beschließen noch weiter in Richtung Punta Arenas zu fahren und hoffen auf einen schönen freien Stellplatz auf der Strecke. An einem See sehen wir einige Flamingos und vier Kondore machen sich über ein verendetes Schaf her. Leider sind beide so weit weg, dass wir sie mit dem Fernglas zwar gut beobachten können, zum Fotografieren jedoch außer Reichweite. Die Stellplatzsuche ist auch schwierig: Alles ist eingezäunt, es gibt keine Möglichkeit sich seitlich der Strasse in die kaum vorhandenen Büsche zu schlagen. Geli macht ihre Erkältung zu schaffen und hinter dem Ort Villa Tehuelches biegen wir schließlich auf eine schmale Piste ab, die zur Laguna Blanca führt. Auch hier gibt es keinen Schutz vor dem Sturm aber wir bleiben schließlich notgedrungen einfach am Rand der Piste stehen. Dies ist der schlechteste Stellplatz der bisherigen Reise, aber Geli braucht dringend etwas Ruhe. Gleich nach dem Abendessen geht sie ins Bett. Ich setze mich an den PC und gehe dann noch ein kleines Stück entlang der Piste spazieren.

Mittwoch, 09.01.08 : Die Nacht ist kalt. Geli hat sich zusätzlich zum Schlafsack noch eine Decke genommen und ich ziehe über den Schlafanzug noch meinen Jogginganzug an. So müssen wir trotz der niedrigen Temperaturen nicht frieren. Am Morgen sorgt unsere Heizung, wenn auch ohne Gebläse, für die nötige Wärme, so dass wir uns ohne Gänsehaut waschen können. Der Sturm hat über Nacht nachgelassen und ist zu einem normalen patagonischen Wind geworden. Wir fahren in Richtung Punta Arenas weiter und biegen dann auf eine Schotterpiste zum Seno Otway, einer riesigen Bucht an der zerfurchten Westküste, ab. Unterwegs sehen wir einige Greifvögel, die sich an einem überfahrenen Hasen zu schaffen machen – vermutlich Falken. Unser eigentliches Ziel ist jedoch die Kolonie der Magellanpinguine, die sich am Ostufer des Seno Otway befindet. Bis zu 10.000 Pinguine verbringen hier auf einer Wiesenlandschaft den Sommer. Sobald die Jungtiere ihr endgültiges Federkleid bekommen haben ziehen die Pinguine wieder nordwärts an die brasilianische Küste, wo sie sich den Rest des Jahres aufhalten. Auf einem gut angelegten Bohlenweg spazieren wir durch das Gelände, zum Teil direkt an den Erdhöhlen der Pinguine vorbei. Die Jungtiere werden so gut versorgt, dass sie kräftiger sind als die Altvögel. Die Jungen befinden sich gerade in der Mauser und sehen dadurch sehr lustig aus: Zum Teil haben sie noch ihren flauschigen Flaum, zum teil schon das glatte Federkleid der Erwachsenen. Gut zwei Stunden spazieren wir durch das Gelände und schauen diesen possierlichen Tieren zu. Eine Schutzhütte direkt am Strand ermöglicht es uns die Pinguine auch beim „Baden“ zu beobachten. Am gegenüberliegenden Ufer des Seno Otway bestimmen schneebedeckte Gipfel die Szenerie. Ohne weiteren Stopp fahren wir weiter bis nach Punta Arenas, das als die schönste Stadt Patagoniens gilt. Am vermeintlichen Ende der Welt verblüfft sie mit einer reizvollen Plaza, einem gepflegten Stadtzentrum, schmucken alten Gebäuden und einem Friedhof, der lediglich in Buenos Aires seinesgleichen findet. Bis zum Bau des Panamakanals (Eröffnung 1914) nahm der Schiffsverkehr die Route durch die hiesige Ost-West-Passage, die Ferdinand Magellan 1520 entdeckte und die noch heute seinen Namen trägt. Punta Arenas entwickelte sich deshalb zum Versorgungszentrum der Region. Am Fähranleger wollen wir unsere Fährpassage nach Feuerland reservieren. Er herrscht gerade Hochbetrieb, da eine Fähre gerade beladen wird und viele Passagiere noch Tickets für die Überfahrt kaufen. Als wir schließlich an der Reihe sind, erklärt man uns, dass wir hier nur Tickets für die aktuelle Überfahrt bekommen aber keine Reservierung vornehmen können. Man verweist uns auf das Büro der Fährgesellschaft ganz in der Nähe. Aufgrund unser sehr geringen Spanischkenntnisse verstehen wir jedoch nicht, wo genau sich das Büro befinden soll. Nach zweimaligen Nachfragen beim Wachpersonal verschiedener Firmen finden wir schließlich das Büro und können eine Passage für morgen Nachmittag buchen. Bezahlen müssen wir dann wieder vor Ort und zwar in bar. Wir fahren ins Zentrum von Punta Arenas und spazieren die Hauptstrasse entlang. An einem Geldautomaten versorgen wir uns mit dem nötigen Geld für die Fähre, trinken in einem Café einen Espresso und sehen uns die schönen Häuser am zentralen Platz Muñoz Gamero an, die von den großen Schaffarmern des 19. Jahrhunderts erbaut wurden. Darunter auch der Palacio Sara Braun, der zwischen 1894 und 1905 mit ausschließlich aus Europa importierten Materialien erbaut wurde und heute ein Luxushotel beherbergt. Auf der Strasse #9 fahren wir immer weiter südwärts an der Magellanstrasse entlang. Interessanterweise trägt die Halbinsel, auf die wir hinaus fahren, den Namen Peninsula Brunswick. Immer wieder haben wir schöne Ausblicke auf diese Wasserstrasse, die wegen der stark zerklüfteten Küste für die frühen Seefahrer nur sehr schwer zu finden war. In Puerto Hambre finden wir neben den Ruinen einer von spanischen Siedlern 1584 erbauten Kirche einen herrlichen Stellplatz direkt am Wasser. Den Siedlern erging es nicht so gut wie uns: Nachdem ihr einziges Schiff abgetrieben wurde, waren sie von der Außenwelt abgeschnitten und gingen hier zu Grunde.

Donnerstag, 10.01.08 : Der Tag begrüßt uns mit trübem und sehr kaltem Wetter. Trotz Heizung wird es im Camper nicht so richtig warm. Wir fahren noch ein paar Kilometer weiter und sehen uns das Fuerte Bulnes an. Dabei handelt es sich um den originalgetreuen Nachbau eines Palisadenforts, das 1843 von der Besatzung des chilenischen Schiffes „Ancud“ errichtet worden ist. Es war ursprünglich als Museum geplant, die Exponate verschwanden jedoch in Museen nach Punta Arenas und Santiago, so dass nur die Gebäude übrig blieben. Die Lage auf einer Halbinsel in der Magellanstrasse ist sehr gut gewählt und wir können uns gut vorstellen, wie die Soldaten hier einst zur Sicherung des bedeutenden Wasserweges eingesetzt waren. Nach knapp 60 km haben wir wieder Punta Arenas erreicht. Wir tanken den wagen noch einmal voll, das der Sprit auf Feuerland sicherlich teurer sein wird. Freundlicherweise gestattet man uns an der Tankstelle auch unseren Frischwassertank aufzufüllen. Anschließend sehen wir uns den Friedhof der Stadt an, der zum Nationaldenkmal erklärt worden ist. Mit seinen vielen Mausoleen und überirdischen Grabkammern ist er für schon etwas Besonderes. Auch noch im Tod ist der Unterschied zwischen arm und reich deutlich erkennbar. Streng wirkt der schwarze Marmor der Familien Menéndez-Braun, verspielter das Grabmal mit lieblichen Engelsfiguren für José Menéndez. Auch die nationale Vielfalt der Bevölkerung wird hier deutlich: neben den überwiegend spanischen Namen finden auch viele englische und deutsche Inschriften. In der Freihandelszone hoffen wir auf einen Supermarkt mit frischem Obst und Gemüse, da wir jetzt schon seit ein paar Tagen auf Entzug sind: Es gibt einfach nichts zu kaufen! Auch hier werden wir nicht fündig und fahren weiter zum Fähranleger. Wir essen ganz lecker gebratenen Lachs mit Nudeln und sind rechtzeitig am Schalter, um unser Ticket zu bezahlen. Der Preis ist dann fast um die Hälfte günstiger, als man es uns gestern im Büro der Fährlinie gesagt hat. Wir zahlen 31.300 Pesos (etwa 43 €) für die Überfahrt. Das Beladen der Fähre ist ein einziges Chaos: Jeder will der erste sein und da es keine Reihen gibt, wie bei uns, fahren alle gleichzeitig los. Als es schon fast zu spät ist, versuchen Bedienstete der Fähre doch noch etwas Ordnung zu schaffen und alle müssen rückwärts auf die Fähre fahren. Schließlich haben wir es geschafft und sind an Bord. Es vergeht fast eine Stunde bis die 12 Autos, einige Motorräder und Fußgänger auf der Fähre sind. Würden unsere Fähren so unorganisiert abgefertigt, gäbe es die Verbindung Kiel-Oslo wohl nur zweimal in der Woche. Wir beobachten noch das Ablegen und kommen dann in die völlig überfüllten Innenräume der Fähre. Fast alle Plastikstühle sind besetzt und auch auf den schmalen Außengängen gibt es kaum ein Durchkommen. Durch die vielen Fahrgäste, die zu Fuß unterwegs sind, ist die zulässige Personenzahl wohl deutlich überschritten. Da die Wassertemperatur sich hier in Gefrierpunktnähe bewegt, ist es aber auch nicht ganz so entscheidend, ob es für jeden Passagier eine Schwimmweste gibt. Die Fahrt beginnt relativ ruhig, wird aber zunehmend rauer: Die Gischt der Brecher wird über den Bug auf das Autodeck gespült. Geli wird kurz vor Ende der Fahrt noch übel und sie muss eine Reisetablette nehmen, ich überstehe das dreistündige Geschaukel auf der Magellanstrasse unbeschadet. Wir erreichen Feuerland an dem kleinen Hafenort Porvenir. Auf der Suche nach einem Supermarkt fahren wir durch den Ort, können aber auch hier nichts entdecken. Etwas außerhalb finden wir eine durch zwei Erdwälle geschützte und von der Strasse getrennte Stelle zum Übernachten. Wir machen die Heizung an, da wir etwas durchgefroren sind und essen noch etwas Brot zum verspäteten Abendessen.

Freitag, 11.01.08 : Nun haben wir also Feuerland, die letzte Station unserer Reise erreicht. Die ersten Europäer hielten Feuerland für einen Teil der riesigen Landmasse, die sich in ihrer Vorstellung bis zum Südpol erstreckte. Die Pioniere der Weltumsegler suchten lediglich eine Durchfahrt zum Pazifik, und erst knappe 100 Jahre nach Magellans Durchsegelung der Meerenge 1520 erkannten 1616 zwei niederländische Kapitäne, dass Feuerland eine Inselgruppe ist. Der Name Tierra del Fuego, Feuerland, bezeichnet zweierlei: einmal den gesamten Archipel, der aus vielen kleinen Eilanden und einer großen Insel besteht, und zum anderen die Hauptinsel Isla Grande de Tierra del Fuego. Diese ist etwa 47.000 km² groß, der Archipel, der meistens auch zu Patagonien gezählt wird, umfasst 73.500 km². Rund 80.000 Menschen leben hier. Wir fahren am nördlichen Ufer der Bahía Inútil, einer großen Bucht an der Magellanstrasse entlang. Die Landschaft ist recht eintönig, es ist die Fortsetzung der Pampa des südlichen Patagoniens. Etwas Abwechslung bringen vier Graufüchse, von denen sich zwei sogar fotografieren lassen und ein kleiner Teich auf dem Gelände einer Estanzia, der voller Flamingos ist. Bei San Sebastián erreichen wir die Grenze und die Grenzstation bildet auch schon fast den gesamten Ort. Auch der Namensvetter auf argentinischer Seite hat nicht viel mehr zu bieten. Die Grenzformalitäten bei unserem letzten Grenzübertritt klappen wieder ohne Probleme. Der erste nennenswerte Ort, den wir erreichen ist Río Grande an der Mündung des gleichnamigen Flusses in den Atlantik. Der Ort hat touristisch nichts zu bieten, ist durch Erdölförderung schnell gewachsen und mit dem Rückgang der Fördermengen von Arbeitslosigkeit und Abwanderung gezeichnet. Aber hier finden wir einen Supermarkt, in dem wir endlich wieder einmal frisches Obst und Gemüse bekommen. Auch die leckeren argentinischen Filetsteaks gibt es wieder einmal. Für zwei ordentliche Scheiben besten Fleisches zahlen wir umgerechnet etwa 2 € - da kann man es sich schmecken lassen. Nach dem Volltanken und Auffüllen unseres Wassertanks suchen wir eine Bank zum Eintauschen unseres chilenischen Geldes. Dafür ist es jetzt aber schon zu spät, denn wir mussten unsere Uhren ja beim Grenzübertritt wieder um eine Stunde vorstellen. Stattdessen finden wir ein Internetcafé. Die Geschwindigkeit ist zwar schläfrig, aber wir können mal wieder einen Blick in unsere E-Mails und auf unseren Flugplan werfen. Gut eine Stunde benötigen wir zum Lesen und Beantworten der Nachrichten. Die angekündigte Mail der Wohnmobilvermieterin zu den Einzelheiten der Abgabe des Wagens in Ushuaia ist erwartungsgemäß nicht eingegangen. Mit Nachfragen finden wir den einzigen Campingplatz des Ortes, der sich auf dem Gelände des Wassersportvereins direkt an der Mündung des Río Grande befindet. Während Geli das Essen vorbereitet, wasche ich noch etwas Wäsche aus. Wir können von unserem Stellplatz aus die auflaufende Flut beobachten. Leider fängt es an zu regnen, was den Trocknungsprozess unserer Wäsche nicht gerade beschleunigen wird.

Samstag, 12.01.08 : Schon beim ersten Blick aus dem „Schlafzimmerfenster“ stellt Geli fest, das unsere Wäsche verschwunden ist. Zuerst glauben wir noch, dass der Wind sie von der Leine geweht hat, da aber auch die Klammern fehlen, kommen wir zu dem Schluss, dass wohl jemand unsere Unterwäsche gebrauchen konnte. Ich hatte in der Nacht noch mehrere Autos über den Platz fahren hören, dachte jedoch nicht, dass es jemand auf die Wäsche abgesehen haben könnte. Auf dem Weg zu den Duschen sehen wir noch einmal genau nach und finden ein Teil, das offensichtlich beim Abnehmen runtergefallen ist. Beim Losfahren finden wir ein weiteres Teil außerhalb des Campingbereiches mit den nicht benötigten Wäscheklammern. Die Gegend rund um den Campingplatz lässt dann auch den Schluss zu, dass unsere Unterwäsche für die Bewohner durchaus von Wert sein könnte. Wir fahren noch einmal zu dem Supermarkt, wo wir schon gestern eingekauft hatten und ersetzen unsere gestohlene Unterwäsche. Die Weiterfahrt gen Süden verläuft zunächst landschaftlich weiterhin recht eintönig und wir sind von Feuerland schon etwas enttäuscht, haben wir doch ein südliches Pendant zu Alaska bzw. Nordkanada erwartet. In dem kleinen Ort Tolhuin, am Ostzipfel des riesigen Sees Lago Fagnano, kaufen wir in der in unserem Reiseführer angepriesenen Bäckerei La Union leckere Empanadas (herzhafte Teigtaschen) und Facturas (Obstkuchen). Wir fahren zum Ufer des Lago Fagnano und verspeisen das köstliche Gebäck. Die Landschaft wird jetzt abwechslungsreicher und erklimmt die ersten Gebirgszüge. Immer wieder haben wir einen Blick auf den Lago Fagnano und fahren schließlich direkt am Ufer des Lago Escondido, einem fjordähnlichen See, der von Bergen eingerahmt wird. Die Strasse steigt nun steil an und wir erreichen das erste Hochtal, das herrliche Blicke auf die zum Teil noch mit Schnee bedeckten Gipfel der Südkordillere. Jetzt kommt Feuerland unseren Erwartungen so langsam näher. Wir fahren durch dichte Wälder und in den Hochtälern wird Torf gestochen. Eigentlich haben wir vor zur Estancia Harberton, der ältesten Estancia Feuerlands (gebaut 1886) abzubiegen, verpassen aber den Abzweiger. So landen wir früher als erwartet in Ushuaia, der südlichsten Stadt der Welt. Mit ihren etwa 50.000 Einwohnern ist Ushuaia die einzige Stadt Feuerlands, die diesen Namen verdient. Sie liegt sehr schön an einer windgeschützten Bucht am nördlichen Ufer des Beagle-Kanals und wird eingerahmt von den schneebedeckten Gipfeln der südlichsten Ausläufer der Anden, der Cerro Martial. Wir haben beschlossen uns für die letzten beiden Nächte in Ushuaia ein Appartement zu mieten und werden mit Hilfe der Tourist-Info auch fündig. Wir buchen im Bahía Serena eine Ferienwohnung. So können wir in aller Ruhe packen und den Camper sauber machen und entfliehen für die letzten Nächte zudem der Enge des doch recht kleinen Wohnmobils. Wir spazieren an den Hafen, wo das Wrack des Dampfers „Saint Christopher“ vor sich hingammelt. Als Gegensatz dazu läuft gerade der Luxusliner „Norwegian Dream“ in den Hafen ein. Wir fahren noch etwa 20 km weiter: Hier im Parque Nacional Tierra del Fuego endet dann auch die Strasse #3, wir haben den Endpunkt der berühmten Panamericana, die in Alaska beginnt und sich auf 17.848 km über beide Kontinente Amerikas erstreckt, erreicht. An der Bahía Lapataia, so heißt der Endpunkt der Strasse, blicken wir über diese große Bucht im Beagle Kanal. Der Nationalpark Feuerland ist 630 km² groß, erstreckt sich entlang der chilenischen Grenze und ist nur in seinem südlichen Teil erschlossen. Wir suchen uns auf dem sehr nett am Lago Roca gelegenen Campingplatz einen Stellplatz und können sogar noch etwas draußen sitzen. Über den Platz laufen Heerscharen von Kaninchen und unzählige Greifvögel (Chimangos) ziehen auf der Suche nach etwas Essbarem von einem Stellplatz zum anderen.

Sonntag, 13.01.08 : Der Gang zu den Duschen wird eine Pleite: Die Duschen sind abgeschlossen, Duschzeit ist nur von 18:00 bis 20:30 Uhr. Als dann auch zahlreiche Tourbusse über den Platz brettern, um am Lago Roca einen kurzen Stopp einzulegen und die Massen auf die ohnehin nicht so ganz vorbildlichen Sanitären Anlagen des Campingplatzes zu schicken, reicht es uns. Wir gehen nach dem Frühstück noch kurz an den See und machen uns dann auf den Weg. Leider haben sich die zahlreichen Greifvögel (Chimangos) über Nacht verzogen – ich hätte doch noch gestern Abend auf Fotopirsch gehen sollen. Auch auf der schmalen Parkstrasse begegnet uns ein Tourbus nach dem anderen. Zum Glück sind wir noch gestern Abend zur Bahía Lapataia gefahren, heute Morgen muss es dort schrecklich überfüllt sein. Dem Park droht auf diese Weise wohl in nicht allzu ferner Zukunft der Verkehrsinfarkt. In Ushuaia tanken wir noch einmal voll und füllen den Wassertank ein letztes Mal auf. Wir machen uns auf den Weg gen Osten. An einem Stand mit Holzschnitzereien kaufen wir einen Pinguin und einen Kondor. Durch das Valle Tierra Mayor, mit herrlichen Blicken auf die umgebenden Berge, erreichen wir die Kreuzung zur Estancia Haberton. Durch dichten Wald mit sehr vielen abgestorbenen Bäumen, wo wir eine kurze Pause einlegen, erreichen wir schließlich den Beagle-Kanal. Hier liegt auf einer schmalen Landzunge die älteste Estancia Feuerlands, die der Missionar Thomas Bridges 1886 gegründet hat. Er bekam das Land vom argentinischen Präsidenten aufgrund seiner Verdienste um die Indianer Feuerlands zugesprochen. Noch heute kann man auf der Farm sein Wörterbuch erstehen, das die Sprache der Yámana Indianer ins Englische übersetzt. Thomas Bridges benannte die Farm nach dem Geburtsort seiner Frau Mary in der Grafschaft Devonshire. Das Haupthaus der Estancia wurde von Marys Vater in England entworfen und gebaut, zerlegt und hier wieder zusammengesetzt. Es steht heute als argentinisches Nationaldenkmal unter Denkmalschutz. Heute wird die Farm von seinem Urenkel Thomas Goodall und seiner Frau Rae Natalie Prosser Goodall geleitet. Natalie, eine gebürtige Amerikanerin und studierte Meeresbiologin, hat in jahrelanger Forschungsarbeit das sehr sehenswerte Museo Acatushun geschaffen. Es enthält eine beeindruckende Sammlung von Skeletten der hiesigen Meeresfauna: Delphine, Tümmler, Wale und Robben. Eine kolumbianische Biologiestudentin führt uns durch die Ausstellung und erklärt uns die verschiedenen Exponate. Nachdem wir uns in der Cafeteria mit Kaffee und Kuchen gestärkt haben, machen wir zusammen mit drei Texanerinnen eine Führung über das Farmgelände. Man zeigt uns einen ursprünglichen Wald, einige Farmgebäude und schließlich den Garten des Haupthauses. Diese Führung ist längst nicht so interessant wie der Besuch des Museo Acatushun. Wir verlassen die Farm und fahren auf der Piste noch ein Stück weiter am Beagle-Kanal ostwärts. Hier finden wir ein ruhiges Plätzchen ganz für uns alleine und spazieren noch einmal an die Wasserstrasse, an deren östlichem Eingang wir uns befinden. Wir blicken über den Beagle-Kanal auf die zu Chile gehörende Insel Isla Navarino, die das südliche Ufer der Meerenge bildet. Dieser einsame Stellplatz ist ein schöner Abschluss unseres Campingurlaubs am Ende der Welt – morgen werden wir ein Appartement in Ushuaia beziehen.

Montag, 14.01.08 : Unser letzter Camping-Morgen begrüßt uns mit trübem Wetter und leichtem Regen. Auf der Fahrt zurück nach Ushuaia wird es sogar noch schlimmer. In einem Supermarkt kaufen wir noch ein paar sachen ein, darunter noch einmal leckeres Filetsteak. Wir versuchen im Büro von Aerolinas Argentinas unsere Rückflüge zu bestätigen. Dort ist jedoch so viel Betrieb, dass wir uns gar nicht erst anstellen, sondern stattdessen eine Telefonzelle suchen. Wir finden einen Laden mit „Zellen“ und schließlich kann ich unsere Flüge bestätigen. Nach einem kleinen Rundgang durch den Ort beziehen wir unser Appartement im Bahía Serena. Eine Stunde brauchen wir zum Ausladen des Campers, etwa noch einmal so lange, bis wir uns eingerichtet haben. Wir machen eine Pause und probieren alles aus: Durchlauferhitzer, Kochplatte, Radio und Fernseher. Nachdem wir uns mit der neuen Umgebung vertraut gemacht haben ziehen wir noch einmal los. Das schlechte Wetter hat sich mittlerweile verzogen, dafür hat der Wind wieder zugenommen. Unser Ziel ist das Museo del Fin del Mundo, das „Museum am Ende der Welt“. Bereits 1905 entstand die Idee, ein Museum zur Bewahrung der naturräumlichen und der historischen Besonderheiten Feuerlands zu gründen. Der Politik gelang es jedoch nicht diese Idee zu verwirklichen und es dauerte bis 1979, bis es einem Verein gelang das Museum in die Tat umzusetzen. Es ist in dem alten Bankgebäude aus dem Jahr 1902 untergebracht und erzählt die Geschichte der Stadt anhand von alten Fotografien, Überresten von gestrandeten Schiffen, Geschichten von Strafgefangenen, Pionieren und Missionaren und stellt die verschiedenen Gruppen der Ureinwohner mit ihren Besonderheiten vor. Wir sehen den Tresorraum der alten Bank und den Kaufladen von Ramos Generales, einst das wichtigste Geschäft in der Stadt. Eine weitere Abteilung ist der Vogelwelt Feuerlands gewidmet: Über 180 ausgestopfte Vögel bilden die gegenwärtig vollständigste Sammlung ihrer Art. Am Kreuzfahrtterminal vorbei gehen wir zurück zu unserem Appartement. Während Geli das Abendessen zubereitet lege ich mich etwas hin, denn jetzt hat mich eine Erkältung voll erwischt. Das Steak schmeckt trotz Schnupfnase hervorragend und nach dem Abwasch sehen wir etwas fern. Es gibt ein paar englischsprachige Programme mit spanischen Untertiteln. Beim Zappen schnappen wir in einer Nachrichtensendung etwas von einem „argentinischen Flugchaos“ auf und sind gespannt, ob wir davon betroffen sein werden.

Dienstag, 15.01.08 : Die erste Nacht wieder in einem richtigen Bett haben wir sehr gut und lange geschlafen. Nach dem Frühstück machen wir noch eine Runde durch die Stadt. Es ist zwar schön, aber es weht ein eiskalter Wind. Wir sehen uns nach einem Restaurant um, im dem wir heute Abend essen gehen könnten, werden jedoch nicht fündig. Entweder es gibt keine Speisekarten im Aushang oder es sagt uns aus anderen Gründen nicht zu. Da unsere Wohnung gerade gesäubert wird als wir zurückkommen, nutzen wir die Zeit für eine „Endreinigung“ des Campers. Im Appartement gibt es einen kleinen Imbiss und wir sehen uns die erste Kassette von Gelis Videofilm an. Leider kann der Fernseher das Signal nur in Schwarz-Weiß darstellen. Anschließend machen wir uns noch einmal mit dem Auto auf den Weg. Wir fahren auf die Halbinsel, auf der sowohl der Luftsportverein als auch der Flughafen liegen und genießen den Blick auf die Stadt und die dahinter liegenden Montes Martial. Diese Berge sind dann auch unser nächstes Ziel. Wir fahren tief in das Tal zu Füßen des Cerro Martial hinein und nutzen am Ende der Strasse den Sessellift. Auf einer Länge von 1.180 m überwindet die wohl südlichste Bergbahn der Welt 200 Höhenmeter. Die Bergstation befindet sich unterhalb des Gletschers Glaciar Martial und man kann von hier aus in etwa 1½ Stunden bis an der Gletscherrand aufsteigen. Wir begnügen uns mit einem Blick auf den Gletscher aus der Ferne und genießen die Aussicht über den Beagle-Kanal. Zurück in der Stadt kaufen wir noch etwas für das Abendessen ein und tanken den Wagen ein letztes Mal voll. Den Abend verbringen wir dann gemütlich in unserer Wohnung. Das Wohnzimmerfenster gestattet den Blick auf den Beagle-Kanal und das Kreuzfahrtterminal, so dass wir auch noch etwas die Landschaft am Ende der Welt genießen können.

Mittwoch, 16.01.08 : Heute ist ein besonderer Tag: Nicht nur unser letzter Tag in Patagonien und der Beginn unser dreitägigen Rückreise, wir haben heute auch einen ganz besonderen Jahrestag – wir sind jetzt 25 Jahre zusammen. Nachdem wir unsere Sachen gepackt haben, machen wir noch einmal einen Spaziergang durch Ushuaia. Es ist heute sehr trübe und als wir noch eine kurze Pause in unserem Appartement machen fängt es an zu regnen. Wir beladen den Wagen, zahlen das Quartier und fahren zu dem sehr übersichtlichen Flughafen von Ushuaia. Nach genau 5.106 km stellen wir den Wagen ab, meine reparierte Stoßstange hat bis zuletzt durchgehalten. Knapp 3.000 Fotos haben das erste Aussortieren überstanden und drei Stunden Film sind im Kasten. Wir haben eine tolle Reise hinter uns: Phantastische Landschaften, wunderschöne Tierbegegnungen und viel Glück mit dem Wetter stehen auf der Habenseite. Es gibt aber auch ein paar Schattenseiten: Die Infrastruktur ist doch sehr eingeschränkt, die Versorgung mit Benzin und frischen Lebensmitteln ist oft schwierig oder gar unmöglich, es gibt kaum Campingplätze und es ist meistens so kühl oder gar kalt, dass wir nur sehr selten draußen sitzen können. Dafür ist der Camper dann letztlich aber doch ein wenig zu klein und zu ungemütlich. Mit dem Basisfahrzeug Ford Ranger sind wir hoch zufrieden, er hat alles mitgemacht und uns auch ohne Allrad sicher über die abenteuerlichsten Pisten gebracht. Der Aufbau lässt an Qualität hingegen einiges zu wünschen übrig: Schlechte Verarbeitung, zu kleine Batterie, Kühlbox, die nicht auf Gas funktionierte und der offene Aufbau, der den Staub der Pisten geradezu aufsaugt sind hier die Hauptkritikpunkte. Unter dem Strich bleibt der Eindruck einer einmaligen Landschaft mit viel „Nichts“ dazwischen, eine gewisse Bewunderung für die Menschen, die in dieser harschen Umgebung leben, in der der Sommer unserem Herbst oder gar Winter näher ist als dem Sommer und die Erkenntnis, dass wir hier nicht für eine längere Zeit unterwegs sein möchten. Dazu tragen sicherlich auch die Sprachschwierigkeiten bei, denn eine richtige Unterhaltung war uns aufgrund unserer geringen Spanischkenntnisse nicht möglich. Gerade das ist es aber, was wir auf unseren Reisen so sehr schätzen. Nur so können wir etwas von den Menschen und ihren Lebensbedingungen erfahren. Da müssten wir vor einer weiteren Reise noch etwas nachbessern. Auf dem Parkplatz des Flughafens warten wir auf den Mitarbeiter von Gaibu, der auch kurz vor der vereinbarten Zeit eintrifft. Er meckert, dass wir das Auto nicht gewaschen haben, wovon aber nichts im Vertrag steht, geht außen alles ganz genau ab und verschwindet dann im Inneren. Wir wissen nicht, ob er das Besteck, die Töpfe, die Handtücher oder alles nachzählt. Als er wieder zum Vorschein kommt, ist er zufrieden, wir bekommen den Abzug der Kreditkarte ausgehändigt und verabschieden uns. Unser Gepäck sind wir recht schnell los uns setzen uns im Flughafen auf den Boden, da alle Sitzplätze schon vergeben sind. Als für unseren Flug die erste Verspätung angekündigt wird, beschließen wir in dem kleinen Restaurant des Flughafens noch etwas zu essen. Als wir uns gerade einen Tisch gesucht haben, wird unser Flug ausgerufen und wir gehen zum Gate. Die Sicherheitskontrollen sind extrem lasch und wir finden in der Abflughalle sogar einen richtigen Sitzplatz. Alle Fluggäste der drei anstehenden Flüge werden hier zusammengebracht – es fehlen nur noch die Flugzeuge. Schließlich landen kurz hintereinander zwei Maschinen und wir kommen mit etwa zwei Stunden Verspätung los. In Buenos Aires, gut 3.000 km weiter nördlich, haben wir plötzlich wieder Sommer: In Ushuaia waren weniger als 10 Grad und jetzt erwarten und fast 30 Grad. Wir wenden uns, wie vereinbart, an den Informationsstand in der Ankunftshalle und wenig später werden wir abgeholt. Das Hotel Posada de las Aguilas liegt ganz in der Nähe des Flughafens. Unser Zimmer ist zwar sehr klein aber auch sehr ordentlich. Wir essen im Restaurant des Hotels ein dem Anlass des Tages angemessenes Menü mit Vorspeise und Nachtisch. Anschließend sehen wir uns noch etwas die Gegend um das Hotel an und finden einen kleinen Laden, in dem wir eine Flasche Wasser kaufen können.

Donnerstag, 17.01.08 : Unser zweiter Reisetag beginnt sehr entspannt: Wir können ausschlafen, das Frühstück im Hotel ist dann leider etwas sparsam aber wir haben danach noch Zeit für einen kleinen Spaziergang und sitzen etwas im Garten des Hotels, wobei wir sogar noch einen Kolibri beobachten können. Auch am Flughafen klappt alles prima. Hier ist ersichtlich wo wir uns anstellen müssen, unser Gepäck wird gleich bis Hamburg durchgecheckt und wir lesen noch etwas vor dem Abflug. Fast pünktlich kommen wir los, ich habe auch wieder einen Platz mit viel Beinfreiheit bekommen, leider können wir aber nicht zusammen sitzen. Service und Verpflegung sind bei Air Comet sehr gut, dafür klappt es mit dem Bordprogramm nicht so richtig. Jeder hat einen individuellen Schirm, aber die Sprachauswahl funktioniert nicht, so dass die meisten Filme nur auf Spanisch zu sehen sind. Ich kann sogar noch ein wenig schlafen, Geli hat da weniger Glück.

Freitag, 18.01.08 : Um 4:45 Uhr setzt die Maschine in Madrid auf – genau 10 Stunden vor unserem geplanten Weiterflug. Wir lassen uns viel Zeit und nehmen in einer Cafeteria noch ein kleines Frühstück bestehend aus einem Becher Milch und einer Orange zu uns. Die böse Überraschung trifft uns völlig unerwartet: Beim Einchecken am Lufthansa-Schalter sagt man uns, dass man uns mit unserem Ticket nicht mitnimmt. Das Ticket ist von Aerolinas Argentinas und die haben mit Lufthansa kein Abkommen. Auch am Lufthansa-Stand bekommen wir die gleiche Auskunft – man verweist uns auf Aerolinas Argentinas. Doch auch dort fühlt man sich nicht zuständig, denn es gibt ja kein Abkommen. Man schiebt die Schuld auf das Reisebüro, das bei der Buchung einen Fehler gemacht hat. Das hilft uns jetzt natürlich nicht weiter. Zurück bei Lufthansa bietet man uns Last-Minute-Tickets für 381 € pro Kopf als Lösung an. Die Kosten könnten wir dann ja beim Reisebüro einklagen. Wir geben noch nicht auf! Der Flug läuft auch unter einer Flugnummer von Spanair, wird allerdings von Lufthansa durchgeführt. Das gleiche Konstrukt hatten wir auf dem Hinflug auch schon, nur das es in Hamburg niemandem aufgefallen war, sonst wären wir gar nicht erst los gekommen. Am Spanair-Check-In verweist man uns auf Lufthansa, da die ja den Flug durchführen. Der letzte Versuch ist dann der Stand von Spanair. Auch hier schildern wir noch einmal unser Problem. Auch hier erfahren wir, dass das Reisebüro bei der Buchung etwas falsch gemacht hat. Die nette Dame von Spanair ist dann allerdings als einzige bereit uns zu helfen. Sie stellt uns kurzerhand ein elektronisches Ticket von Spanair aus. Da es zwischen Spanair und Lufthansa ein Abkommen gibt, sind wir so gerettet. Wir bedanken uns herzlich für die Hilfsbereitschaft und Kundenfreundlichkeit. Lufthansa und Aerolinas Argentinas haben sich heute beide nicht mit Ruhm bekleckert, von einem kundenfreundlichen Verhalten kann bei beiden keine Rede sein. Mit den neuen Tickets bewaffnet gehen wir zurück zum Lufthansa-Check-In und jetzt ist man auf einmal bereit uns auch mitzunehmen. Eigentlich hat sich bis auf das neue Stückchen Papier nichts an unserem Status geändert, aber wir müssen ja vielleicht auch nicht alles verstehen. Wir schnappen uns die Bordkarten und gehen sofort durch die Sicherheitskontrolle. Im Abflugbereich suchen wir uns eine ruhige Ecke und legen uns wie die Penner erst einmal quer über die Bänke, um noch etwas Schlaf nachzuholen. Das klappt mehr schlecht als recht und nach etwa einer Stunde „Ruhezeit“ gehen wir noch einmal frühstücken. Mit 16,10 € ist Preis das üppigste an diesem Mahl. Danach ziehen wir uns wieder in unsere Ecke zurück, gehen uns einmal abwechselnd die Geschäfte ansehen und versuchen noch einmal etwas zu schlafen. Mit Lesen und Spielen bekommen wir auch die restlichen Stunden noch rum. Doch Lufthansa setzt noch eins drauf: Durch eine Ansage erfahren wir, dass etwas mit dem Flug nach Hamburg nicht in Ordnung ist. Am angegebenen Schalter ist niemand, aber wir treffen zufällig eine Mitarbeiterin, die uns zu ihrem Chef führt. Dieser erklärt uns, dass es der Flieger aus Hamburg, mit dem wir zurück fliegen sollten, es aus technischen Gründen nur bis Köln geschafft hat. Die bereitgestellte Ersatzmaschine wird erst zwei Stunden später hier eintreffen und damit unser Flug auch mit mindestens zweistündiger Verspätung abgehen. Alternativ wäre eine Umbuchung über München möglich, wodurch wir aber voraussichtlich noch später in Hamburg ankommen würden. Als Entschädigung bekommen wir einen Gutschein für das Flughafenrestaurant. Das Essen ist auch ganz ordentlich und satt warten wir auf die weiteren Überraschungen, die uns heute noch bevorstehen. Es geht dann tatsächlich mit zwei Stunden Verspätung los, so dass wir den Flughafen von Madrid nach genau 12 Stunden Aufenthalt wieder verlassen können. Ein bisschen haben wir uns schon gefühlt wie Tom Hanks in dem Film „Terminal“, in dem er auf dem Flughafen von New York festsitzt. Im Flugzeug erzählt man uns, das bei der anderen Maschine ein Cockpitfenster gesprungen war und deshalb die Zwischenlandung in Köln erforderlich wurde. Ohne weitere Probleme erreichen wir Hamburg, haben schon nach wenigen Minuten unser Gepäck und können direkt in den bereit stehenden Flughafenbus einsteigen. Wenigstens das klappt heute wie am Schnürchen. So findet auch unser dritter Reisetag zumindest noch ein versöhnliches Ende. Auch im Bus können wir noch ein wenig schlafen. Der Busfahrer ruft uns ein Taxi und kurz vor 22:00 Uhr sind wir dann endlich wieder zuhause. Wir sind so erledigt, dass wir nur noch schlafen wollen.

 
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