15 Monate mit dem Wohnmobil durch Nordamerika (Dez 95 - Mär 97)
 

Am 03.12.95 um 8.30 Uhr war es soweit, unser großes Abenteuer Nordamerika begann. Helga, Gerd, Maike und Michael holten uns zuhause ab. Wir verstauten die vier Koffer und drei Taschen in den Autos und fuhren zum ZOB. Maike und Michael hatten zum Abschied noch eine Flasche Sekt mitgebracht, die wir vor der Abfahrt des Kielius um 9.10 Uhr noch köpften. Der Kielius bracht uns dann pünktlich zum Flughafen Fuhlsbüttel, wo wir noch etwas warten mußten, bis die Schalter von British Airways geöffnet wurden. Einen unserer Koffer mußten wir für die Sicherheitskontrolle noch einmal öffnen, weil dem Sicherheitsbeamten die Bleibeutel für die 400er Filme wohl etwas komisch vorkamen. Als wir gerade den Koffer wieder zumachen wollten kamen Antje, Daniel und Björn um sich von uns zu verabschieden. Wir kamen etwas verspätet in Hamburg los, aber pünktlich in London an. Sowohl auf der Kurzstrecke als auch bei dem langen Flug hatten wir absolute Spitzenplätze an den Notausgängen, so daß die Flugzeit einigermaßen zu bewältigen war. "Nine Month" und "Apollo 13" verkürzten die Flugzeit und wir kamen pünktlich um 18.55 Uhr Ortszeit in Los Angeles an. Die Einwanderungsbehörde erteilte uns gleich eine Aufenthaltsgenehmigung für 6 Monate, so daß wir erstmal bis zum 02.06.96 bleiben dürfen. Etwas schwierig gestaltete sich der Transfer zum Hotel, da das Holiday Inn Crowne Plaza jetzt nur noch Crowne Plaza heißt, was aber selbst der Fahrer des einen Shuttle-Busses nicht zu wissen schien. So kamen wir erst mit dem zweiten Shuttle mit und waren uns im Bus noch nicht einmal sicher, ob wir nun beim richtigen Hotel landen werden, was dann aber der Fall war.   

 
 

Nach einem ausgiebigen Frühstücksbuffet riefen wir bei Moturis an, die uns dann zwischen 11.00 und 12.00 Uhr abholen wollen. Nachdem wir dann auch noch die Telefonkarten, die wir von Todts bekommen hatten per Kreditkarte aufgefüllt hatten konnte es so richtig losgehen. Moturis kam um 12.00 Uhr und 20 Minuten später waren wir an der Station. Wir waren die einzigen Kunden an diesem Tag, so daß die Womo-Übernahme in aller Ruhe über die Bühne gehen konnte. Die Unterlagen waren vorbereitet und das Womo in bester Ordnung. Nach der Übernahme stellten wir nur unser Gepäck in den Wagen und fuhren erstmal los. In zwei verschiedenen Supermärkten beschafften wir uns eine Grundausstattung an Geschirr, Besteck, Töpfen, Kopfkissen, Nahrungsmitteln und allerlei Kleinkram. Mitten in der Rushhour fuhren wir über die verstopften Highways von Los Angeles bis nach San Dimas am Puddingstone Lake, wo wir im East Shore RV-Park einen Stellplatz bekamen. Bis 23.00 Uhr waren wir dann damit beschäfftigt unser Gepäck auszupacken und mehr oder weniger ordentlich in dem begrenzten Stauraum des Womos unterzubringen.

Das erste Frühstück im eigenen Wohnmobil schmeckte uns ausgezeichnet. Wir haben es aber immer noch nicht so richtig verarbeitet, daß das Womo uns gehört und nicht bloß gemietet ist und das wir nicht nach 4 Wochen wieder zurück müssen. Als wir bei 27°C in kurzen Hosen und T-Shirt mit den Oldies und Baums telefoniert haben und von saukaltem Schneewetter erfuhren, waren noch glücklicher im sonnigen Kalifornien zu sein. Nach weiteren Aufräumungsarbeiten im und am Wohnmobil, u.a. verstauten wir die leeren Gepäckstücke und Ersatzprothesen im Dachkoffer und brachten die mitgebrachten Schleswig-Holstein und Kiel-Aufkleber an, setzten wir in Pomona unsere Einkäufe fort. So langsam wird unser neues Zuhause immer wohnlicher. Am Abend erkundeten wir den Campingplatz und hielten unser Womo und den Sonnenuntergang am Puddingstone Lake im Bild fest. Unser Tourenplan wurde dann auch zum erstenmal geändert: wir beschlossen Palm Springs und Joshua Tree NP einzuschieben.

Einst eine Palmenoase, in der die Agua-Caliente-Indianer lebten, ist Palm Springs heute das Winterziel der Reichen und Schönen und ein beliebter Altersruhesitz der Hollywood-Stars. Doch es sind nicht mehr nur die Alten, die in dieser Stadt der Luxusklasse gediegenen Luxus und warme Winter genießen. In den edlen Boutiquen und Cafés am Palm Canyon Drive drängen sich die Yuppies aus L.A. und stellen ihre teuren Nobelkarossen zur Schau. Auf die Fahrt mit der Aerial Tramway zum Mt. San Jacinto State Park (2595m) haben wir aufgrund des diesigen Wetters verzichtet. Im sehr gut ausgestatteten (Pool, Spa) Happy Traveller RV Park fanden wir einen Stellplatz mitten in der Stadt und damit einen optimalen Ausgangspunkt zur Erkundung der Agua Caliente Indian Reservation mit den Indian Canyons, die wie uns für den nächsten Tag vorgenommen hatten.

Am Ende des Palm Canyon Drive beginnt die Agua Caliente Indian Reservation. In den Indian Canyons zeugen Felszeichnungen und Mahlsteine von der frühzeitigen indianischen Besiedlung dieses Gebietes durch die Vorfahren der Agua Caliente Cahuilla Indianer. Schon vor Jahrhunderten bildeten sie ausgedehnte und komplexe Gemeinden im Palm, Murray, Andreas, Tahquitz und Chino Canyon. Reichlich Wasser und hunderte von Tieren und Pflanzen, die überall zu finden waren, garantierten stabile Lebensbedingungen. Die heißen Sommer verlebten sie in den palmembeschatteten Canyons, die kalten Winter in der umliegenden Wüstenregion. Im Andreas Canyon kontrastiert das Grün der prächtigen Fächerpalmen mit den rötlich-braunen Felsen der den Andreas Creek umgebenden Felswüste. Hier findet auch noch Mahlsteine, die in der Vorzeit der Zubereitung der Nahrunsmittel dienten. Der über 15 Meilen lange Palm Canyon zählt aufgrund seiner Flora und Fauna zu den landschaftlich reizvollen Plätzen im westlichen Nordamerika, insbesondere wegen der über 3..000 Washintonia-filifera-Palmen, deren Alter auf über 200 Jahre geschätzt wird. Ich mußte hier leider auf die Nase fallen und mir diverse Splitter in beiden Händen zuziehen, deren "operative" Entfernung einige Zeit in Anspruch nahm. Einen Stop lohnt auf jeden Fall The Living Desert Wildlife and Botanical Park in Palm Desert. Dieser nicht profitorientierte Park ist dem Schutz der Pflanzen- und Tierwelt der Wüstenregionen gewidmet. Man lernt auf dem Rundgang durch dieses sehr schön angelegte Gebiet, daß Wüsten nicht einfach Brachland sind, sondern komplizierte und sehr zerbrechliche Ökosysteme mit einer erstaunlichen Vielfalt an tierischem und pflanzlichem Leben. Da die Zeit mittlerweile schon wieder sehr fortgeschritten war und es bereits um 17.00 Uhr stockfinster ist, übernachteten wir im Indian Waters RV Resort in Indio und verschoben den Joshua Tree NP auf morgen.

Zwei Wüsten, zwei große Ökosysteme, die hauptsächlich durch ihre Höhenlage bestimmt sind, kommen im Joshua Tree NP zusammen. Wenige Gegenden zeigen den Kontrast zwischen hoher und niederer Wüste lebendiger. Die Colorado Wüste, unter 910m gelegen, dehnt sich über die östliche Hälfte des Parks aus und ist reich bewachsen mit dem Creosotobusch. Hinzu kommen kleine Bestände des "Spidery Ocotello" und des "Jumping Cholla Cactus". Die höher gelegene, etwas kühlere und feuchtere Mojave Wüste ist das eigentliche Wachstumsgebiet des Joshua Trees, einer Art Riesen-Yuccapalme, die in der westlichen Hälfte des Parks zahlreich vertreten ist. Wie Inseln in einem verlassenen Ozean bilden die Oasen, als drittes ökologisches System, einen dramatischen Kontrast zu ihrer verdorrten Umgebung. Fünf mit Fächerpalmen bewachsene Oasen sind über den Park verstreut und zeigen die wenigen Orte an, wo natürliche Wasservorkommen an oder nahe der Oberfläche zu finden sind. Der Park enthält einige der interessantesten geologischen Landschaften der kalifornischen Wüsten. Schroffe Berge und bloßgelegte Granitmonolithe zeugen von den ungeheuren Erdkräften, die diese Landschaft formten. Täler, Flächen, trockene Flußbetten, Schluchten, Felsstufen, Niederungen, Granite, Quarz und Gneiß bilden ein gigantisches Wüstenmosaik immenser Schönheit und Kompliziertheit. Vor allem in den Morgen- und Abendstunden kann man gut beobachten, was hier kreucht und fleucht: vom Kojoten bis zur Känguruhratte und vom Präriehasen bis zur Tarantel. Wir erreichten den Park über den Highway 10 am südlichen Eingang bei Cottenwood. Von dort aus fuhren wir auf der Parkstraße in Richtung Norden. Etwa auf halber Strecke zwischen Cottonwood und Twentynine Palms liegt der Cholla Cactus Garden, in dem ein Lehrpfad durch eine dichte Ansammlung von Bigelow Kakteen führt. An der Übergangszone zwischen Mojave- und Colorado-Wüste beginnt auch schon das Wonderland of Rocks, das Herzstück des Parks mit seinen Granitmonolithen. Auf den inmitten dieser grandiosen Landschaft liegenden Campingplätzen sind alle Stellplätze liebevoll zwischen Felswände und die karge Wüstenvegetation plaziert. Wir übernachteten auf dem Belle Campground, wo wir einen Cojoten und einen Präriehasen beobachten und die stimmungsvolle Dämmerung genießen konnten.

Wir nutzten die faszinierende Lichtstimmung der aufgehenden Sonne zu einem weiteren Rundgang durch die Joshua Trees und Felsformationen des Belle Campground. Auf unserem Weg zum Parkplatz des Trails zur Fortynine Palms Oasis im Norden des Parks, legten wir am Oasis Visitor Center Headquarter einen Zwischenstop ein. Von einer hier seit einem Jahr arbeitenden deutschen Rangerin bekamen wir Tips und Informationen zu den Trails des Parks, besonders zum Arch Rock Trail vom White Tank Campground aus. Für die insgesamt 5km lange Strecke vom Trailhead bis zur Fortynine Palms Oasis und zurück brauchten wir ca. 2h. Der Weg ist recht anstrengend aber die Fächerpalmenoase inmitten der kargen Wüstenlandschaft lohnt diese Mühen. Von hier aus fuhren wir aufgrund des Tips der Rangerin zurück zum White Tank Campground und nahmen den nur 0,5km kurzen Trail zum Arch Rock in Angriff. Oftmals klettert man mehr durch die bizarren Felsformationen, in die dieser reizvolle Campground integriert ist, als das man wandert. Das Ziel ist ein Felsbogen, der mit etwas Phantasie an einen Elefanten erinnert und gut versteckt in diesem Felslabyrinth liegt. Auf unserer weiteren Fahrt durch den Park bestaunten wir im Queen Valley die zum Teil riesigen Joshua Trees. Vom 1576m hoch gelegenen Keys View Aussichtspunkt hatten wir bei hervorragender Sicht einen grandiosen Blick über die angrenzenden Täler und Berge bis nach Palm Springs und zum Salton Sea. Über den westlichen Eingang verließen wir den Park und fuhren über den kleinen Ort Joshua Tree am Highway 62 zum Black Rock Canyon Campground, der wieder im Gebiet des Nationalparks liegt. Im Campground-Office stand dann noch ein Diavortrag über den Park auf dem Programm. Der Vortragende, ein älterer Volunteer-Ranger, hatte die sehr schönen Tier- und Pflanzenaufnahmen in den letzten 13 Jahren im Parkgebiet aufgenommen. Der Vortrag war sehr informativ und der Raum mit brennendem Kamin liebevoll vorbereitet, alles in allem ein gelungener Abend und ein schöner Tagesabschluß.

Kurz nach Sonnenaufgang unternahmen wir einen kurzen Rundgang über den Black Rock Canyon Campground. Anschließend haben wir in Yucca Valley unsere Ausrüstung vervollständigt und und einen kleinen Backofen, der in unserem Wohnmobil leider fehlte, und einen Grill gekauft. Über den wenig befahrenen Highway 247 ging es dann nach Barstow und von dort auf der Interstate 15 in Richtung Las Vegas. 10 Meilen östlich von Barstow liegt die Calico Ghosttown, eine rekonstruierte Silberminenstadt des 19. Jahrhunderts in malerischer Umgebung. Der Calico Ghost Town Regional Park ist eine Art "Zwitter" zwischen historischem Erhaltungsanliegen à la Nationalpark und kommerzieller Touristenattraktion. Aus den umliegenden Calico Mountains wurden von 1888-1907 Millionenwerte an Silber abgebaut, die aber nur wenige Bergleute reich machten. Die 1951 restaurierte Bergbaustadt mit Schule, Bergwerk, Läden und Kneipe zeugt von dieser Zeit und läßt die Träume der längst vergangenen Schürfer wieder aufleben. Leider brach beim Einsteigen in Trambahn, die vom Parkplatz zur eigentlichen Stadt hinaufführt, bei meiner neuen Prothese der Fuß ab, so daß wir von der Ghosttown nicht viel gesehen haben und Geli mich im geliehenen Rollstuhl zum Womo zurückbrachte. Wir beschlossen es morgen, mit Ersatzprothese, noch einmal zu versuchen. Auf dem KOA-Campground in Calico haben wir den gebrochenen Adapter aus dem Prothesenfuß ausgebaut und werden versuchen in den nächsten Tagen Ersatz zu bekommen. Auch der Zusammenbau des in Yucca Valley gekauften Grills erwies sich mit dem beschränkten Bordwerkzeug als nicht ganz einfach.

Der zweite, ausführlichere Besuch der Calico Ghost Town war dann doch etwas enttäuschend. Die einzelnen Häuser sind zum Teil zwar sehr fotogen, aber uns war das ganze doch zu sehr kommerzialisiert. In jedem Haus ein Souvenir- oder Tingeltangel-Shop war uns dann doch zu viel Touristennepp. Von Calico fuhren wir dann auf dem Highway 15 nach Las Vegas. Auf dem zum Circus Circus Hotel gehörenden Circusland RV Park fanden wir einen Stellplatz in unmittelbarer Nähe des Las Vegas Boulevard, genannt "The Strip". Nach einer ersten Erkundung des Circus Circus mit anschließendem "All you can eat" Dinner Buffet für $ 4.99, fuhren wir mit dem Strip Shuttle (Buslinie 301 oder 302) bis zum Luxor Hotel. Nachdem wir uns das Luxor, das Excalibur und das MGM Grand Hotel angesehen und ein paar Dollar geopfert hatten, fuhren wir zurück zum Campground. Die Fahrt über den von Leuchtreklamen fast taghell erleuchteten Strip, eine Insel des Lichts inmitten der nachtschwarzen Wüste, ist schon ein Erlebnis. Der Boom der neonglitzernden Spielerstadt hält, allen Kritikern zum Trotz, ungebrochen an. Immer neue Shows, Attraktionen und spektakuläre Fantasiehotels sichern den steten Zustrom der Spieler. Die Casinos unternehmen alles, um den Besuchern, den goldenen Kühen Nevadas, den Aufenthalt zu versüßen: preiswerte Luxushotels und fabelhafte Shows mit internationalen Stars, billiges Essen und - falls gewünscht - schnelles Heiraten. Rund 70..000 Ehen werden alljährlich in Las Vegas geschlossen. Entstanden ist die Stadt um eine Oase an einem der Immigration Trails von Osten nach Kalifornien. Las Vegas war bis zum Beginn der 30er-Jahre nur ein kleines Mormonenstädtchen mit Bahnstation an der Strecke Los Angeles- Salt Lake City. Als es 1931 in Nevada zur Aufhebung des sonst landesweit geltenden Glückspielverbotes kam, begannen zufällig auch die Arbeiten für den Bau des Hoover Dam. Scharen von Arbeitskräften strömten in die Las Vegas Region und kamen gerade recht , um an den Segnungen der liberalisierten Gestzgebung zu partizipieren. Kein Wunder, daß dort die Casinos am schnellsten aus dem Wüstensand wuchsen und - einmal vorhanden - mehr Spieler anzogen als jede andere Stadt. Die Fertigstellung der Hoover-Kraftwerke sorgte zuden für preiswerten elektrischen Strom, Voraussetzung für den Betrieb unzähliger Klimaanlagen und die üppige Beleuchtung der Fassaden und Spielsäle. Zwei Bereiche buhlen um die Gunst der Besucher: Downtown Las Vegas um die taghell erleuchtete Fremont Street bietet die größte Dichte von Casinos. Etwas weiter südlich, am Las Vegas Boulevard, dem "Strip", reihen sich die in jüngster Zeit entstandenen Superpaläste, in denen Amusementparks eine zusätzliche Besucherattraktion bilden. Einmal im Inneren der Kasionos wird man feststellen, daß sich die riesigen Spielsäle im Prinzip kaum voneinander unterscheiden, viel interessanter sind die Architektur und Attraktionen der großen und bekannten Casinos. So gibt es kaum einzelne Sehenswürdigkeiten in Las Vegas. Die großen Erlebnisse in dieser verrückten Stadt sind die atemberaubenden Hotelpaläste, die Atmosphäre beim nächtlichen Bummel und ein Besuch einer der großen Shows.

Nachdem wir heute (12.12.95) endlich einmal wieder so richtig ausgeschlafen haben, machten wir uns auf, Fahrräder zu kaufen. Für Geli ist das ja kein Problem, aber bei meiner Größe. Zunächst einmal stellte sich heraus, daß 28" Reifen in USA nicht zu haben sind, maximal 27", was aber wieder bei uns unüblich ist, so daß wir uns für 26" Mountainbikes entschieden, um möglichst wenig Probleme zu bekommen. In einem kleinen Laden irischer Einwanderer, den wir erst auf die Empfehlung eines anderen Fahrradhändlers hin gefunden haben, wurden wir tatsächlich fündig. Ich bekam einen 24" (entspricht 61cm) Rahmen und Geli einen 19,5" (entspricht 49,5cm) der Marke Trek. Alles mögliche Zubehör vom Tacho bist zum Gepäckträger wurde gleich fachmännisch installiert und mit $ 1407,86 waren wir dabei. Wir haben dann noch eine Plane erworben, um die am Womo montierten Räder vor Wind und Wetter zu schützen. An diesem Tag haben wir also von Las Vegas nichts gesehen.

Per Fahrrad fuhren wir den Strip ab, von der Sahara bis zur Tropicana Avenue. Dabei sahen wir uns folgende Casinos etwas näher an: Luxor, Excalibur, MGM Grand, Caesar´s Palace, The Mirage und das Treasure Island. Die erst Ende 1993 fertiggestellte Pyramide von Luxor mit der Sphinx am Eingang ist das bis heute spektakulärste Bauwerk am Strip und ein tolles Fotomotiv. Hinter der verspiegelten Fassade verbergen sich Hotelzimmer, die nur über Arkaden im riesigen Hohlkörper zugänglich sind. Der altägyptische Amusementpark im Zentrum der Pyramide besteht aus einer Reihe von separaten Rides und einem originalgetreu nachgebautem Tut-ench-Amun-Grab. Das burgartige Excalibur kann seine Anleihen bei Disneyland nicht verheimlichen. Das Fantasy Fairyland, ein kleiner Amusementpark und das zweimal täglich stattfindende Ritterspektakel King Arthur´s Tournament erfreuen sich großer Beliebtheit. Auf der Ecke diagonal gegenüber dem Excalibur sitzt der überdimensionale MGM-Goldlöwe vor einem grünen Glaspalast kolossalen Ausmaßes, dem mit über 5..000 Zimmern derzeit größten Hotel der Welt. Nach Durchschreiten des Haupteinganges, zwischen den Klauen des Löwen, öffnen sich Spielsäle enormer Ausdehnung und Deckenhöhe. Hinter dem Gebäude befindet sich mit dem Grand Adventure Theme Park ein eher konventioneller Vergnügungspark im Jahrmarktstil. Obschon in die Jahre gekommen, ragt der römischen Palästen nachempfundene Bau des Caesar´s Palace immer noch weit aus der Masse der Konkurrenten heraus und kann innen wie außen ohne weiteres mit den neuen Attraktionen mithalten. Besonders sehenswert ist die dem antiken Rom nachempfundene Einkaufs- uns Restaurant-Arkade. Das Mirage, die Heimkulisse des berühmten deutschen Magier-Paares Siegfried & Roy und ihrer weißen Tiger. Vor dem Mirage bricht alle 15 Minuten ein Minivulkan aus spektakuläre Art und Weise aus. Sagenhaft ist die Seeschlacht zwischem englischen Linien- und Piratenschiff in der Bucaneer Bay vor Treasure Island, einer Schatzinsel im karibischen Fantasiestil á la Disneyland. Die Breitseiten bis zum spektakulären Ende werden ab 16.00 Uhr im 90minütigen Abstand abgefeuert.

Am Vormittag erkundeten wir den Factory Outlet District von Las Vegas am südlichen Ende des Strip. Drei Meilen hinter dem Hacienda Hotel befindet sich Belz Factory Outlet World mit 75 Outlets, darunter 25 Bekleidungsgeschäfte. Die Waren werden 20 bis 70 Prozent unter dem normalen Ladenpreis angeboten. Außer dem Levis-Store konnte uns das Angebot nicht so recht begeistern. Eine weitere Meile südlich findet man die mit 50 Outlets etwas kleinere Anlage der Factory Outlet Stores of America mit ähnlichem Angebot. Zum Mittagessen fuhren wir zur Las Vegas Chinatown in die Spring Mountain Road. Auf dem Rückweg haben wir uns dann noch einen kleinen Schwarz-Weiß-Ferseher und Adapter zum Anschluß an unsere Dachantenne gekauft. Unsere Absicht die Casinos in der Fremont Street zu besuchen scheiterte an der fehlenden Parkmöglichkeit für Wohnmobile im Bereich der Innenstadt. Wir beschlossen, die Fremont Street später einmal per Bus anzusteuern. Vom Circusland RV Park aus ging es dann, wieder per Bike, zum nächtlichen Bummel über den Strip, wieder von der Sahara bis zur Tropicana Avenue, mit den gleichen Casinos im Visier wie am Tag zuvor.

Nach einem üppigen Frühstücksbuffet im Circus Circus machten wir uns auf zum Bryce Canyon. Auf die Fahrt durch den Zion NP haben wir aufgrund der Restriktionen für Motorhomes (nur Konvoi-Durchfahrten, $ 10 Gebühr) verzichtet und auch die geplante Fahrt auf dem Highway 14 durch das Cedar Breaks NM mußten wir aufgrund der Schneeverhältnisse verzichten. So erreichten wir den Bryce Canyon NP schließlich aus nördlicher Richtung über die Highways 20 und 89. Schon auf dem Highway 20 fuhren wir durch die verschneite Landschaft. Im Bryce erwartete uns eine traumhafte Winterlandschaft mit verschneiten Bäumen und glitzerndem Schnee. Den North Campground, den einzigen ganzjährig geöffneten Campingplatz im Park, hatten wir fast für uns allein. Zu Recht gilt der Bryce Canyon NP neben dem Grand Canyon als der spektakulärste Park des Südwestens. Die Bezeichnung Canyon erzeugt allerdings eine falsche Vorstellung. Es handelt sich keineswegs um eine Schlucht im üblichen Wortsinn. Der Begriff bezieht sich im Fall des Bryce auf die östliche Abbruchkante des Paunsaugunt Plateaus, das sich einige hundert Meter über das östliche Tropic Valley und die sich daran anschließenden Tallandschaften erhebt. Zwischen dem Rand der Hochebene und dem tiefer gelegenen Gelände erstreckt sich auf etwa 40km Länge ein Gebiet bizarr-skurriler Formationen erodierten Sandsteins. Im Laufe vieler Jahrtausende entstanden im rot-gelb-rostbraunen Gestein eigenartige Säulen, Türme und Skulpturen. Diese bizarren Felsformationen, Ergebnisse des Erosionprozeßes, werden "Hoodoos" genannt. Besonders bei tiefstehender Sonne am frühen Morgen und am späten Nachmittag bietet dieser Park ein faszinierendes, mit den Lichtverhältnissen wechselndes Farbspiel. Man kann dann gebannt am Rand des "Amphitheaters", des besonders dicht mit Skulpturen "bevölkerten" Kernstücks des Parks, stehen und dem wunderbaren Spiel der Felsen und Farben zusehen. Hier waltet ein Geist, der nicht nur mit Gesteinen zu tun hat. Die heimischen Paiute-Indianer erklären ihn so: Einst gab es tierähnliche Geschöpfe, die sich zu Menschen machten. Aber sie waren schlecht, und so verwandelte sie Coyote in Felsen von vielerlei Gestalt. Die verzauberten Geschöpfe drängen sich hier noch immer aneinander, und ihre Gesichter sind bemalt wie vor ihrer Versteinerung. Man wartet geradezu darauf, daß diese Märchenwelt zum Leben erwacht. Zum großen Erlebnis wird der Besuch des Bryce Canyon NP erst auf einer Wanderung mitten hinein in die geologische Wunderwelt. Die Ausgangspunkte solcher Trails liegen an den verschiedenen Aussichtspunkten, die sich wie Perlen an einer Kette an die Whiteman Bench Road reihen, die auf 17 Meilen Länge bis zum Rainbow Point, dem Endpunkt der Stichstraße führt. Seinen Namen hat der Bryce Canyon von dem mormonischen Siedler Ebenezer Bryce, der fünf Jahre versuchte diese Traumlandschaft zu besiedeln.

 

Als wir am frühen Morgen den Sonnenaufgang am Bryce Canyon erleben wollten, stellten wir fest, daß die Parkstraße nur bis zum Inspiration Point geöffnet war. Wir bewunderten den Sonnenaufgang also vom Inspiration Point aus und frühstückten danach ersteinmal ausgiebig auf dem Parkplatz. Danach fuhren wir zum Sunset und Sunrise Point, den beiden weiteren offenen View Points im Park. Der Schnee kontrastiert die rötliche Färbung der Felsen und steigert noch die Erhabenheit der ohnehin phantastischen Landschaft des Amphitheaters. Im Visitor Center erfuhren wir dann, daß nicht das Wetter für die Schließung der Straße der verantwortlich ist, sondern das fehlende Geld von der Verwaltung. Aus diesem Grunde war auch das Visitor Center nur sehr eingeschränkt geöffnet. Wir hatten schon in Deutschland von der Finanzkrise gehört, hielten sie aber mittlerweile für beigelegt. Wir machten dann den Fehler im Visitor Center nicht nach unserem nächsten Ziel, dem Great Basin NP, zu fragen. Als wir dort ankamen, war der gesamte Park geschlossen, auch die Lehman Caves, die eigentlich ganzjährig geöffnet sein sollten. Wir wissen jetzt nicht, ob hier nun Wetter oder Finanzen für die Schließung verantwortlich waren. Auch in Ely, dem nächst größeren Ort, in dem wir auf einem KOA-Campground übernachteten, war man erstaunt über die Schließung. Wir hoffen jetzt, daß das Death Valley, unser nächstes Ziel, nicht auch der Finanzkrise der USA zum Opfer fällt.

Als wir uns am morgen aus den Schlafsäcken pellten, waren nicht nur die Scheiben des Womos völlig vereist, auch die gesamte Wasserversorgung war eingefroren. So waren wir also auf die, zum Glück beheizten, Einrichtungen des Campingplatzes angewiesen. Glücklicherweise hat nach dem Auftauen wieder alles funktioniert, so daß die Leitungen wohl keinen Schaden genommen haben. Da wir nach diesem Schock von der Kälte ersteinmal genug hatten fuhren wir durch bis in den Death Valley NP, der bis vor kurzem noch als National Monument geführt wurde. Sein Name stammt aus dem vorigen Jahrhundert, als ungedulgige Glücksritter im fieberhaften Goldrausch 1849 glaubten, ihren Weg nach Kalifornien abkürzen zu können. Statt ortskundigen Führern zu folgen , gerieten sie in diese Wüste, wo sie Hab und Gut, wenn nicht sogar ihr Leben verloren und weitaus später in Kalifornien ankamen als diejenigen, die den Umweg um die Wüste genommen hatten. Urzeitlich war das Death Valley ein Teil Ozeans, geriet dann während der Auffaltungen der Sierra Nevada in den Regenschatten der westlichen Berge, so daß heute dort nahezu kein Regen mehr fällt. Aus dem Teil des Ozeans wurde zunächst ein Salzsee und später ein Verdunstungsbecken, dessen Salzkrusten wie Wasser schimmern. Der 230km lange, von über 3000m hohen Bergen umrahmte Grabenbruch gilt als eine der spektakulärsten Wüstenregionen des Südwestens. Fast 20% des Parkgebietes liegen unterhalb des Meeresspiegels, und im Sommer klettern die Temperaturen regelmäßig auf über 50°C. Eine einsame Welt von Salzseen und Wanderdünen, von vielfarbigen Canyons und unter der sengenden Sonne liegenden Wüstenebenen. Trotz der nur 50mm Niederschlag pro Jahr konnte sich eine einzigartige Wüstenvegetation entwickeln - sogar mit etwa 20 Pflanzen- und Tierarten, die nur hier vorkommen.Wir fuhren von Norden in den Park und kamen so an Scotty´s Castle vorbei. Dieses schloßartige Anwesen im mexikanischen Stil ließ der Scotty genannte Cowboy und Golsucher Walter E. Scott Ende der 20er Jahre mitten in der Wüste errichten. Geldgeber war Albert M. Johnson, ein Finanzmagnat der Ostküste, dem das Wüstenklima behagte und der auch das nötige Geld für kleine Spielereien, wie einen Wasserfall im Wohnzimmer, übrig hatte. Wir begnügten uns mit einem Blick von außen auf die imposante Anlage, es werden aber auch Führungen angeboten. Beim passieren des nördlichen Parkeingangs machte uns ein Schild darauf aufmerksam, daß auch dieser Park, bzw. seine Service-Stellen, bis zur Entscheidung der Verwaltung geschlossen bleiben. Aber wir kamen wenigstens hinein und haben den Weg nicht umsonst gemacht. Die abendlichen Temparaturen von 15°C empfanden wir nach zweitägigem Winterurlaub als äußerst angenehm. Unser Campingplatz auf der Furnace Creek Ranch ist zwar nicht besonders schön, bietet aber als einziger weit und breit die vollen Anschlußmöglichkeiten (Full Hook Up) für Wohnmobile.

Von Furnace Creek aus sind es nur 5 Meilen auf der 190-East zum populärsten Aussichtspunkt des Parks, dem Zabriskie Point in den zerklüfteten Funeral Mountains. Gleich dahinter beginnt der Twenty Mule Team Canyon, ein ca. 5km langer Schotter-Rundkurs, der für Wohnmobile gesperrt ist. So machten wir unsere Mountainbikes startklar und bekamen die prächtigen Sandsteinformationen des gleichnamigen Canyons doch noch zu sehen. Es ist aber wohl wirklich besser diesen Weg nicht für Wohnmobile freizugeben. Wieder nur wenige Meilen weiter gen Osten zweigt eine gut ausgebaute Straße zum Dante´s View ab, die besonders auf dem letzten Stück sehr steil ansteigt. Oben angekommen befindet man sich auf 1669m Höhe und hat einen grandiosen Blick über das gesamte Death Valley und die gegenüberliegende Panamint Mountain Range. Direkt unter einem liegt inmitten eines schneeweiß glitzernden ausgetrockneten Salzsees Badwater, der mit 86m unter dem Meeresspiegel tiefste Punkt der westlichen Hemisphäre.

Die reizvollste Strecke durch das Death Valley ist der Highway 178 von Furnace Creek nach Shoshone. Kurz hinter der Abzweigung von der 190 liegt der Golden Canyon. der wahrscheinlich schönste Wanderweg des Parks führt hinein in die goldgelb gefärbten Felsformationen der Funeral Mountains, wer will kann von hier aus bis zum Zabriskie Point hinauf klettern. Für die 3,2km lange Strecke (eine Richtung) sollte man allerdings eine gute Kondition, festes Schuhwerk und reichlich Trinkwasser mitbringen. Wir begnügten uns damit dem Golden Canyon bis zum Fuße der Red Cathedral genannten Felswand zu folgen und kehrten dann zum Parkplatz zurück. Auf keinen Fall sollte man den Artist´s Drive versäumen, einen 9 Meilen langen asphaltierten Rundkurs durch ein besonders farbenprächtiges Felslabyrinth. Der Devil´s Golf Course, eine salzverkrustete, aufgeworfene Ebene, die die Goldsucher von 1849 mit Ihren Planwagen durchquerten, ist auf einer kurzen Schotterstraße zu erreichen. Die ebenfalls geschotterte Natural Bridge Road führt zu einem Parkplatz von wo aus man die bemerkenswerte Brücke erreicht. Die Straße ist so steil, daß sie im Sommer vollständig für den Verkehr gesperrt wird und wir sie unserem Wohnmobil auch im Winter nicht zumuten mochten. Bei Badwater liegt am Rande eines ausgedehnten Salzsees mit 86m unter dem Meeresspiegel die tiefste Stelle der westlichen Hemisphäre. Von hier aus hat man über den Salzsee hinweg einen schönen Blick auf den Telescope Peak, mit 3368m die höchste Erhebung des Parks. Wir fuhren über Shoshone weiter nach Pahrump, wo wir uns ersteinmal wieder mit Proviant eindeckten und auch einen Campingplatz fanden.

Von Pahrump aus fuhren wir nicht auf dem direkten Weg nach Las Vegas zurück, sondern nahmen den Umweg über den Highway 95, um den Toiyabe National Forest nordwestlich von Las Vegas zu besuchen. Rund um den 3633 m hohen Charleston Peak erstreckt sich ein landschaftlich sehr reizvolles Naherholungsgebiet, in dem es auch sehr gute Wintersportmöglichkeiten gibt. Zurück in Las Vegas, sahen wir uns die "Legends" Show im Imperial Palace Hotel an. In dieser Show treten Imitatoren von Stars aus der Musikszene der letzten dreißig Jahre auf und präsentieren unter anderen Michael Jackson, Madonna, Elvis Presley und Roy Orbison. Nach der Show schlenderten wir durch die Casinos und Shopping Malls im Ceasar´s Palace und Mirage.

Nachdem wir am Nachmittag dem MGM-Grand Hotel einen Besuch abgestattet hatten, fuhren wir abends mit dem Bus in die Innenstadt zur Glitzerschlucht der Fremont Street. Wo seit Jahrzehnten der berühmte Neoncowboy die Besucher begrüßt, entstand ein Phantasieland unter einem 30 m hohen Dach, das die Straße auf 500 m Länge überwölbt. Das gesamte Dach ist eine einzige Leuchtfläche, auf der eine animierte Weihnachts-Illumination gezeigt wurde.

Nach einem ausgiebigen Frühstücksbuffet im OZ-Buffet des MGM-Hotel machten wir uns auf den Weg zum Grand Canyon.Von dem kleinen, vierzig Kilometer südöstlich von Las Vegas an der Grenze zu Arizona gelegenen Städtchen Boulder hat man einen schönen Blick auf den Lake Mead. Der 177 km lange Stausee, der eine Küstenlinie von 885 km hat, ist das größte künstlich angelegte Reservoir in den USA und kann die in einem Zeitraum von nahezu 2 Jahren geführte Wassermenge des Colorado speichern. Weniger Kilometer hinter Boulder erreicht man dann den im engen, 300 m tiefen Black Canyon des Colorado River erbauten Hoover Dam. Über Jahrhunderte hatte der Fluß alljährlich im Frühjahr tieferliegende Landstriche in Südkalifornien überschwemmt; im Herbst herrschte regelmäßig Dürre, und der Fluß führte kaum Wasser. So beschloß die US-Regierung durch einen Damm das Wasser zu regulieren. Die 221,28 m hohe und an der Basis 201,2 m dicke Staumauer wurde von 1931 bis 1935 gebaut und gilt auch heute noch als ein technisches Wunderwerk. Der Fluß wurde durch vier riesige Tunnel umgeleitet, ehe mit dem Bau begonnen werden konnte. Die mittlerweile 17 großen Generatoren leisten fast 2 Millionen Kilowatt und versorgen heute große Teile Nevadas, Arizonas und Südkaliforniens mit Strom. Der Damm erfüllt einen Mehrzwecknutzen: er kontrolliert Überschwemmungen, speichert Wasser für Bewässerungsanlagen, dient zur hydroelektrischen Stromerzeugung und schafft neue Erholungs- und Naturschutzgebiete. Im modernen Visitor Center auf der Westseite des Dammes sind ein Modell des Flußtales und Bilder aus der Bauzeit zu sehen. Wer sich für die technische Seite der Stromgewinnung interessiert, kann eine 35 minütige Führung durch die Generatorhallen am Fuß des Dammes mitmachen (Eintritt $ 5). Mitten durch den Damm verläuft die Grenze zwischen Nevada und Arizona, die gleichzeitig die Zeitgrenze zwischen Pacific- und Mountain-Time darstellt. Auf unserer Weiterfahrt in Richtung Grand Canyon büßten wir also eine Stunde ein und blieben für eine Nacht in Seligman, auf halber Strecke, auf einem Campingplatz.

Fast 4 Millionen Menschen kommen jährlich zum Grand Canyon NP, 90 Prozent schauen sich die gähnende Schlucht des Colorado zuerst vom South Rim an. Man nähert sich dem Grand Canyon von Süden (Highway 64/180) über einsanft ansteigendes Plateau, das nicht ahnen läßt, was einen erwartet: Auf einmal öffnet sich eine ungeheure Schlucht - 1600 m tief und bis zu 29 km breit. Die Dimensionen sind so gewaltig, daß man auch vom günstigsten Aussichtspunkt nur einen Bruchteil der 445 km des Canyons sehen kann. Er ist das Meisterwerk des Colorado Rivers, der sich im Laufe der Jahrmillionen durch die roten, gelben, grauen, braunen, grünen und schwarzen Schiefer-, Granit-, Kalk- und Sandsteinschichten hindurchgearbeitet hat. Am Fuß des Canyons liegen einige der ältesten sichtbaren Gesteine der Erde - 1,7 Milliarden Jahre alt. Je nach Lichteinfall kann sich die Färbung dieser Gesteinsschichten innerhalb von Minuten verändern, so daß sich die Grenzen zwischen Illusion und Wirklichkeit verwischen. Der gesamte südliche Rand des Parks wird vom Rim Drive gesäumt, der sich vom Visitor Center aus gesehen in West und East Rim Drive aufteilt. Viele Aussichtspunkte liegen an dieser Straße, deren westlicher Abschnitt in den Sommermonaten für Privatwagen geschlossen ist. Eis kostenloser Shuttleservice der Parkverwaltung sichert in dieser Zeit den Zugang zu allen wesentlichen Punkten. Von jedem dieser Aussichtspunkte erscheint der Canyon in neuem Licht und gewährt Perspektiven, die an den anderen Punkten nicht zu sehen sind. Wir fuhren den Mather, Yavapai und Trailview Overlook Aussichtspunkt an und erwarteten schließlich am Hopi Point den Sonnenuntergang, der aber aufgrund des wolkenverhangenen Himmels nicht so spektakulär ausfiel, wie wir uns erhofft hatten. Auf unserem Campingplatz auf dem Trailer Village Campground nahe dem Visitor Center richteten wir uns auf eine kalte Nacht ein.

Ohne Frühstück fuhren wir zum Yavapai Point, um den Sonnenaufgang zu erleben. Der Himmel war klar und es war bitterkalt, aber zu sehen, wie die Sonne langsam vom Canyon Besitz ergreift und dabei ständig dessen Farben verändert, war der Mühe wert. Zum Weihnachtsfrühstück fuhren wir zurück auf unseren Campground. Anschließend wollten wir die Aussichtspunkte des East Rim Drive abfahren, mußten aber feststellen, daß fast alle großen Punkte aufgrund der immer noch nicht beigelegten Haushaltskrise der USA geschlossen waren. Von den wenigen offenen Aussichtsmöglichkeiten hatten wir, bedingt durch die klare, kalte Winterluft phantastische Einblicke in den von der Morgensonne erleuchteten Canyon. Eine herausragende Formation ist die imposante Pyramide des 2386 m hohen Vishnu Temple. Einer der wenigen offenen Punkte war der Desert View am östlichen Ende des Rim Drive. Leider konnten wir in den 1932 erbauten, 20 m hohen Watchtower, der diesen Viewpoint beherrscht nicht hinein, da er geschlossen war. Im Inneren des Turms sind Fresken des Indianer-Künstlers Fred Kabotie zu Mythen der Hopi zu bewundern. Wir fuhren dann über die 64 und 89 weiter in Richtung Flagstaff. Die Wegschleife durch das Wupatki und Sunset Crater NM hat sich für uns auch nicht gelohnt, da auch hier alle Aussichtspunkte dem Budgetstreit zum Opfer gefallen waren und für die Besucher geschlossen blieben. Allerdings fuhren wir im Gebiet des Sunset Crater NM durch eine herrliche Winterlandschaft, die uns etwas entschädigt hat. Auf einem festlich geschmückten Campground der KOA-Kette verbrachten wir unser erstes Weihnachten im Wohnmobil mit einem kleinen (künstlichen) Tannenbaum und einer bunter Lichterkette.

Die schnellste Verbindung von Flagstaff nach Phoenix ist die Interstate 17. Interessanter und vor allem landschaftlich reizvoller ist jedoch die Route 89A durch den Oak Creek Canyon, ein in die Künstlerhochburg Sedona führendes Flußtal. In dem dicht bewaldeten Canyon befinden sich einige sehr schöne einfache Campingplätze direkt am Flußufer. Wir fuhren zunächst bis nach Cottenwood, wo sich 3 km außerhalb der Stadt das Tuzigoot NM befindet, in dem eine auf einem Hügel im Tal des Verde River liegende Dorfruine der Sinagua-Indianer zu besichtigen ist. Leider machte uns auch die ausstehende Entscheidung der US-Regierung über den Haushalt einen Strich durch die Rechnung, das National Monument war geschlossen. Zurück in Sedona fuhren wir auf die 179, die zurück auf die I-17 führt. Am Stadtrand von Sedona befindet die Chapel of the Holy Cross, eine sehr schön in die Landschaft eingepaßte Kirche, die statt eines Altars ein riesiges, von einem Kreuz geteiltes Fenster, mit Blick auf die rostroten Felsen des Oak Creek Canyon hat. Die Sandsteinberge und riesigen Monolithen des Oak Creek Canyon, insbesondere der glockenförmige Bell Rock, erinnern ein wenig an das Monument Valley, wobei hier Tal und Hänge bewaldet sind. Die fortschreitende Zersiedlung dieser, nicht unter Schutz stehenden Landschaft trübt den Eindruck allerdings etwas. Auf der I-17 fuhren wir zum Montezuma Castle NM, ahnten aber schon, daß wir auch hier vor verschlossenen Türen stehen würden, was dann auch der Fall war. Wir hoffen nur, daß die Regierung bald eine Entscheidung fällt, damit uns nicht noch mehr der unter staatlicher Verwaltung stehenden Naturschutzgebiete vorenthalten bleiben. In Black Canyon City, ca. 30 Meilen nördlich von Phoenix steuerten wir einen Campingplatz an. Den Winter haben wir jetzt hinter uns gelassen und freuen uns auf den, hoffentlich sonnigen Süden der USA.

Von Black Canyon City fuhren wir mit einem Stop an den Arizona Factory Outlet Stores auf der I-17 bis nach Mesa, einem Ort in dem "Valley of the Sun" genannten Ballungsgebiet rund um Phoenix. Dieses Tal wird durch ein raffiniertes System von Kanälen großflächig bewässert und macht so trotz des Wüstenklimas den Obst- und Gemüseanbau möglich. Die Verbindung derartiger Wasserreserven mit dem trockenen Klima einerseits und die ungemein attraktiven Freizeitmöglichkeiten der Region andererseits machten das Sonnental für viele Jahre zur "Metropolitan Area" mit den höchsten Wachstumsraten Nordamerikas. Bei Tagesdurchscnittstemperaturen um die 20°C und "ewigem" Sonnenschein von November bis März ist ein Teil der Expansion auch zurückzuführen auf die Beliebtheit des Gebietes als Winterresidenz gutbetuchter Rentner aus den kälteren Regionen Nordamerikas, die Snowbirds genannt werden. Der Campground Trailer Village in Mesa, auf dem übernachteten, war jedenfalls fest in der Hand der hier überwinternden Snowbirds. Den Nachmittag haben wir bei einem Wohnmobilhändler zugebracht, wo wir einige Zubehörteile gekauft und uns die riesigen und sehr luxuriös ausgestatteten Fahrzeuge angesehen haben. Ein Bad im palmengesäumten Pool beendete unseren ersten Tag im sonnigen Süden.

Von Hügeln umringt bietet Phoenix Erholungs- und Wandergebiete in Stadtnähe. Wir suchten eines dieser Gebiete, den Squaw Peak Park, auf. Dieser Park liegt im Norden der Stadt und bietet, wenn man den Aufstieg auf einen der Gipfel nicht scheut, einen herrlichen Überblick über die Stadt und das gesamte Valley of the Sun. Unser Ausblick war leider vom Smog über der Stadt getrübt. Unsere Fahrt zurück zum Campground führte uns durch Scottsdale, eine der anspruchvollsten Adressen im Valley of the Sun. Resort-Hotels und Wohnanlagen mit allen Schikanen sind in Scottsdale noch zahlreicher als ohnehin schon und die Einkaufszentren noch aufwendiger. Die kleine Altstadt ist im Western Look gehalten und markiert das Zentrum der Stadt.

Nachdem wie einen Tag mit Arbeiten am Wohnmobil, sonnen am Pool, Shuffleboard und Billard spielen auf dem Trailer Village Campground verbracht hatten, verließen wir am 29.12.95 Mesa auf dem Hwy 60 in Richtung Osten. Kurz vor Apache Junction besuchten wir einen Flohmarkt, was unserer Reisekasse gar nicht so gut tat, aber dafür besitzen wir jetzt jeder einen Cowboyhut, Indianerschmuck und allerlei Krimskrams. Von Apache Junction aus führt die Straße #88 in einer großen Schleife bis nach Globe. Sie folgt dabei einem alten Apache Trail durch eine schroffe Bergwelt oberhalb einer ganzen Kette von Stauseen, bestehend aus: Canyon, Saguaro, Apache und Roosevelt Lake. Etwa 5 Meilen nördlich von Apache Junction liegt der Lost Dutchman State Park mit reizvollen Trails in die Bergwelt der Superstition Mountains. Die Goldfield Ghost Town lockt im perfekten 90er Jahre Look des letzten Jahrhunderts mit dem Besuch einer alten Schachtanlage unter Tage. In der kleinen, 6 Einwohner zählenden Siedlung Tortilla Flat lohnt für hungrige ein Stop für einen, in einer zum Grill umgebauten alten Lokomotive zubereiteten Bullrider Burger von beachtlicher Größe. Wenige Meilen hinter Tortilla Flat endet die asphaltierte Straße und eine Schotterpiste beginnt. Vom Fish Creek Hill aus hat man einen herrlichen Blick auf den vom gleichnamigen Fluß gebildeten Canyon. Bis zur Brücke über den Fish Creek, an der auf jeden Fall ein Stop eingelegt werden sollte, ist die Schotterstraße in einem guten Zustand und für nicht alzu große Wohnmobile durchaus befahrbar (genaue Auskunft bei der Visitor Information in Apache Junction oder Globe). Danach nimmt die Fahrbahn die Gestalt eines Waschbrettes an und unser Wohnmobil wurde ordentlich durchgeschüttelt. Man hat von dieser Straße sehr schöne Blicke auf den Apache und Roosevelt Lake, wie überhaupt die gesamte Strecke landschaftlich sehr reizvoll ist. Aufgrund des Straßenzustandes würde ich diese Strecke für Camperfahrer aber nicht empfehlen, man kann nur sehr langsam fahren und sowohl Fahrzeug als auch die Nerven der Fahrer werden über Gebühr beansprucht.. Alle die sich das nicht zumuten wollen, sollten spätestens an der Brücke über den Fish Creek kehrt machen. Nahe des Rossevelt Lake befindet sich das Tonto NM, eine Felsensiedlung der Salado-Indianer die, anders als das Montezuma Castle, für die Besucher über Stiegen zugänglich ist. Für uns war leider das ganze Gebiet nicht zugänglich, wie in den letzten Tagen schon so oft. Auf dem Apache Trail Campground, 6 Meilen nördlich von Globe, haben wir übernachtet.

Auf unserem Weg zum Organ Pipe Cactus NM fuhren wir bis nach Casa Grande. Beim Casa Grande Ruins NM standen wir wieder einmal vor verschlossenen Türen. Der Sierra Vista R.V. Park am Hwy 84 in Casa Grande liegt mitten in der Wüstenlandschaft.

In Gila Bend verließen wir die I-8 und fuhren auf dem Hwy 85 ca. 56 Meilen gen Süden, nahe an die mexikanische Grenze heran. Hier liegt, im Herzen der Sonorawüste, das Organ Pipe Cactus NM,der beste Kakteenpark überhaupt. Zwar war auch hier eigentlich alles geschlossen, da aber ein Hwy durch das Parkgebiet führt, kamen wir zumindestens hinein. Am Visitor Center befanden sich in einer Box auch Broschüren über den Park und alle Wanderwege waren offen. Der namensgebende Organ Pipe, ein ansonsten in den USA sehr seltener, loser Strauß stacheliger Arme ist jedoch nicht die überwiegende Kaktusart im Parkgebiet. Die Vegetation umfaßt die ganze Vielfalt der Wüstengewächse (allein 26 Kakteenarten), wie sie in anderen, zivilisationsnäheren Parks kaum mehr zu finden ist. Neben den bis zu 7 m hohen Orgelpfeifenkakteen fallen besonders die riesigen Saguaros (Armleuchterkakteen), die Ocotillo und Cholla Kakteen auf. Der Park ist auch die Heimat vieler Vögel. Besonders häufig sieht man die Gambel´s Wachtel, aber auch Gila Specht und Weißschwingentaube sind vom Wegesrand aus zu beobachten. Ein Nature Trail direkt hinter dem Visitor Center informiert über die kaktusspezifische Flora und Fauna des National Monuments. Ebenfalls am Visitor Center beginnt der ca. 4 km lange Rundweg des Palo Verde Trail, der uns mitten in die Wüstenvegetation hinein führte. Auf diesem Weg kamen wir auch an dem, in einem Kakteenfeld eingebetteten Campingplatz vorbei, der aber leider geschlossen war. Ebenso gesperrt waren die beiden großen Autorundfahrten durch die ungewöhnliche Wüstenlandschaft des Parks, der 21 Meilen lange Ajo Mountain Drive und der 53 Meilen lange Puerto Blanco Drive. So fuhren wir die 22 Meilen zurück nach Why, wo wir auf dem Las Palmas RV-Park einen Stellplatz bekamen. Der glutrote Sonnenuntergang über der Wüstenlandschaft verschaffte uns einen schöneren Silvesterabend als das beste Feuerwerk. Wir verbrachten den Abend am Lagerfeuer bei einem, von den Campingplatzverwaltern für alle Gäste veranstalteten gemütlichen Beisammensein.

Auf dem Hwy 86 fuhren wir durch die Einsamkeit der Sonora Wüste und der Papago Indian Reservation in Richtung Tucson. 39 Meilen westlich von Tucson passiert man die Zufahrt zum Kitt Peak Observatorium. Die nationale Sternwarte, auf 2097 m Höhe in den Quinlan Mountains gelegen, stellt die größte Ansammlung optischer Teleskope der Welt dar. Wer die steile Strecke (ca. 20 Meilem retour) nicht scheut, kann die Anlage besichtigen. In Tucson fuhren wir auf den städtischen Gilbert Ray Campground im Tucson Mountain Park mitten in der Sonora Wüste. Er befindet sich zwischen Old Tucson und dem Desert Museum und ist die beste Basis für einen Besuch der Westernstadt Old Tucson, des Desert Museums und des westlichen Teils des Saguaro NM. Nachdem wir uns einen Stellplatz gesichert hatten fuhren wir mit unseren Fahrrädern die 2 Meilen zurück zu den Old Tucson Studios. Diese Westernstadt wurde 1939 von Columbia Pictures für den Film "Arizona" als originalgetreuer Nachbau von Tucson vor der Jahrhundertwende erbaut und später der Stadt Tucson geschenkt. Mehr als 300 Film- und Fernsehproduktionen wurden hier gedreht, darunter Filme wie "El Dorado", "Rio Lobo" und "Rio Bravo", sowie die auch bei uns bekannten Serien "High Chaparral" und "Unsere kleine Farm". Leider wurden am 24.04.95 ungefähr 70% des Geländes durch ein Feuer zerstört und es wird erst Ende 1996 mit der Widereröffnung für Besucher gerechnet. So standen wir einmal mehr vor verschlossenen Türen.

Der Saguaro NP ist ein Schutzgebiet für die bis zu 15 m hohen, 7 t schweren und 200 Jahre alten Saguaro-Kakteen und viele weitere Pflanzen und Tiere der Sonora-Wüste. Der Park besteht aus zwei Teilen, der 22 km westlich von Tucson gelegenen Tucson Mountain Unit und der Rincon Mountain Unit 28 km östlich der Stadt. Die riesigen Saguaros sind in Arizona zwar noch recht häufig anzutreffen, ihre Zahl hat jedoch mit der zunehmenden Erschließung und Urbanisierung einst abgelegener Gebiete rapide abgenommen. Wir besuchten heute den westlichen Teil des Parks, der zwar auch von der allgemeinen Schließung betroffen war, aber der Zugang war zumindestens möglich. Der Bajada Loop Drive, ein 8,4 km langer Schotterrundkurs durch den Park, war für den Autoverkehr gesperrt. So nahmen wir unsere Mountainbikes und fuhren diese Strecke durch die dichten und ungewöhnlich geformten Kakteenbestände des Parks. Im Anschluß an diese Radtour gingen wir noch auf den sehr kurzen, behindertengerecht ausgebauten Desert Discovery Trail und haben so, trotz eigentlicher Schließung einen Eindruck von diesem Park gewinnen können.

Gleich morgens fuhren wir die wenigen Meilen vom Campground zum Arizona-Sonora Desert Museum. Der Begriff Wüsten-Museum trifft nach deutschsprachigen Verständnis nicht ganz, was den Besucher erwartet. Tatsächlich handelt es sich um eine hervorragend gelungene Kombination von Botanischem Garten und Kleintierzoo unter der Thematik "Flora und Fauna der Wüste". Daneben geben Höhlen, Mineralien und Gesteine Einblick in die unterirdische Welt der Wüste. Gezeigt werden mehr als 300 Tier- und 1200 Pflanzenarten mit ihren Beziehungen untereinander und ihrem Lebensraum, der Sonora-Wüste. Dieses Museum sollte man auf keinen Fall versäumen, da man zu diesem Themenbereich nirgendwo etwas besseres finden wird. Von hier aus machten wir uns auf den Weg zur Biosphere 2, ca. 30 Meilen nördlich von Tucson am Hwy 77. Biosphere 2 stellt ein geschlossenes, mit der Umwelt nicht verbundenes ökologisches System dar. Es beherbergt unter Glaskuppeln alle Öko-Systeme dieser Welt, die nötigen klimatischen Bedingungen werden künstlich erzeugt. Mit einer Größe von mehr als drei Fußballfeldern, abgedichtet mit mehr als 6500 Glasscheiben, ist Biosphere 2 eines der ehrgeizigsten wissenschaftlichen Experimente, die jemals in Angriff genommen wurden. Das Projekt ist auf 100 Jahre angesetzt und soll zu einem besseren Verständnis und einer entsprechenden Würdigung der Zusammenhänge führen, die das Leben auf diesem Planeten ermöglichen. Im September 1991 ließen sich 8 Wissenschaftler für zwei Jahre in diesem Ökosystem einschließen und lebten, bis auf eine einmalige Sauerstoffzufuhr, völlig autark. Ein weiteres Team bewohnte Biosphere 2 für zehn Monate bis zum Sommer 1994, dann wurde das Konzept insoweit geändert, daß die Menschen aus dem Versuch ausgekoppelt wurden. Die Wissenschaftler aus aller Welt arbeiten jetzt in kürzeren Abschnitten an der Erforschung der komplexen Wechselwirkungen zwischen der Erde, der Atmosphäre und des Lebens auf unserem Planeten. Auf einer eindrucksvollen Führung erfuhren wir eine Menge über den technischen Aufbau und die praktische Durchführung dieses Projektes. So dienen z.B. zwei kuppelförmige Gebäude als künstliche Lungen des Systems. Sie nehmen tagsüber die sich erwärmende und damit ausdehnende Luft der Biosphäre auf und geben sie während der nächtlichen Abkühlungsphase an das System zurück. Wir erhielten auch einen Einblick in die sieben Ökosysteme (Steppe, tropischer Regenwald, Marschland, Ozean, Wüste, Argrarland und Mini-Stadt) von Biosphere 2. Der von uns ausgesuchte Campinplatz im Catalina State Forrest war leider ausgebucht, so daß wir bis nach Tucson zurückfahren mußten.

Am nächsten Tag standen Arbeiten am Wohnmobil im Vordergrund. Zuerst fuhren wir zu einer Autowaschanlage mit ausreichender Deckenhöhe und unterzogen das Wohnmobil und unsere Fahrräder einer gründlichen Reinigung. Auf den sauberen Wagen klebten wir dann Aufkleber mit den Umrissen aller amerikanischen Bundesstaaten und canadischen Provinzen, die dann entsprechend dem Routenverlauf eingeklebt werden. Mit diesen Arbeiten waren wir fast den ganzen Vormittag beschäfftigt, so daß wir uns danach nur noch die San Xavier del Bac Mission,15 km südlich von Tucson am Hwy 19, ansahen. Diese Mission, deren Anfänge ins Jahr 1692 zurückreichen, ist das bemerkenswerteste Bauwerk in Tucson und Umgebung. Die derzeitigen Gebäude der schneeweißen Kirche mit ihrer Rokokofassade wurden zwischen 1783 und 1797 als Zentrum einer Siedlung der Papago-Indianer angelegt. Dieses Glanzstück des Missionsbaus trägt den Beinamen "White Dove of the Desert" und wird noch heute als Kirche benutzt. Am Parkplatz der Mission bieten die dort heute noch lebenden Papago-Indianer "Fry Bread", fritiertes Brot mit unterschiedlichen Füllungen an, das man unbedingt probieren sollte. Entgegen unserer ursrünglichen Planung blieben wir also noch einen weiteren Tag in Tucson. Geli nutzte den Nachmittag, um einen Roadrunner auf die Fahrerseite unseres Wohnmobils zu malen, denn wir hatten beschlossen unser fahrendes Zuhause "Roadrunner" zu nennen. 

Unsere Absicht auch den Ostteil des Saguaro NP, die Rincon Mountain Unit, zu besuchen scheiterte an der kompletten Schließung dieses Parkteils, die bereits an der Zufahrtsstraße begann. So fuhren wir über I-10 und den Hwy 80 bis nach Tombstone. Als Ed Schieffelin 1877 aufbrach um in der Nähe des heutigen Tombstone nach Silber zu suchen, warnten ihn Freunde, daß alles was er jemals finden würde sein eigener Grabstein (tombstone) sein würde. Aber statt einer Kugel der Apachen fand er wirklich Silber und nannte seinen ersten Claim "Tombstone". Eine Boomtown gleichen Namens enstand und erlangte mit dem berühmtesten Schußwechsel des Wilden Westens 1881 Weltruhm. Im O.K. Corral lieferten sich Wyatt Earp, Sherrif in Tombstone, seine Brüder und Doc Holiday diesen legendären Gun Fight mit dem Clanton Clan. Dieser Bekanntheitsgrad sicherte Tombstone, "the town too tough to die", das Überleben, denn ein kontinuierlicher Besucherstrom sicherte ausreichende Einnahmen, nachdem die Silberader erschöpft war. Im wesentlichen besteht Tombstone, das inzwischen zur National Historic Site erklärt wurde, aus seiner historischen Hauptstraße, der Allen Street, die trotz der starken Kommerzialisierung recht authentisch wirkt.

Um ein paar Meilen einzuspaaren nahmen wir von Tombstone aus die gut befahrbare Gravel Road über die Ghosttown Gleeson und die Dragoon Mountains in Richtung Chiricahua NM. Da sich Bill Clinton und der Kongeß am 05.01.96 auf eine dreiwöchige Übergangslösung geeinigt haben, ist die seit dem 16.12.95 andauernde Finanzkrise zunächst einmal beigelegt und alle Parks, so auch das Chiricahua NM, sind wieder geöffnet.Vor etwa 27 Millionen Jahren kam es ungefähr 15 km südlich des heutigen Parks zu einem gigantischen Vulkanausbruch, der etwa fünf- bis zehnmal stärker war, als der legendäre Ausbruch des Krakatoa 1883. Dieser Vulkan bedeckte die ganze Gegend mit einer 800 m dicken Schicht aus glühend heißer Asche. Diese Asche kühlte ab und und erhärtete zu einer dicken Vulkangesteinschicht, die als Rhyolit bekannt ist. Das Chiricahuagebirge entwickelte sich durch die tektonische Anhebung Anhebung dieses Gesteins. Anschließend meisselten die Meister der Erosion - Wasser, Wind und Eis - die heutigen, die Phantasie anregenden Gebilde aus dem Gestein. Der Park, der auf einer Höhe von 1570 bis 2246 m liegt, ist nach den Chiricahua-Apachen benannt, die bis zur Ankunft der Weißen in diesem Gebiet lebten. Unter der Führung ihrer berühmten Häuptlinge Cochise und Geronimo versuchten sie die unaufhaltsam vordringende Welle der Pioniere zu stoppen. 1886 mußten sie diesen aussichtslosen Kampf aufgeben und wurden in eine abgelegene Reservation verbannt. Das heutige Parkgebiet, das von den Apachen das "Land der Steh-auf-Felsen" und von den ersten Siedlern "Wonderland of Rocks" genannt wurde, besteht aus sich auftürmenden Zinnen, massiven Steinsäulen und riesigen Balancefelsen. Der kurvenreiche, 12 km lange Bonita Canyon Drive führt vom Visitor Center durch Eichen-, Wacholder- und Kiefernwälder zum 450 m höher gelegenen Massai Point. Auf dieser Strecke befinden sich Aussichtspunkte bei besonderen Felsformationen, wie Organ Pipe, Sea Captain und China Boy. Auf der Stichstraße zum Sugarloaf Mountain befindet sich der Ausgangspunkt des Echo Canyon Trails, eines der vielen Wanderwege, die in dieses Wunderland der Formen und Farben hineinführen. Die Wanderung auf dem Echo Canyon Trail kann über den Hailstone Trail zu einem Rundweg von knapp 6 km länge ausgebaut werden und nimmt mindestens zwei Stunden in Anspruch. Wir benötigten inklusiver vieler Foto-, Film- und Begeisterungspausen knapp zweieinhalb Stunden. Aufgrund der phantastischen Felsformationen, besonders im Echo Canyon, sollte dieser Weg das Minimalprogramm eines Besuchs im Chiricahua NM sein. Wer mehr Zeit und Ausdauer mitbringt, kann auf einem Rundwanderweg von ca. 14 km bis ins Heart of Rocks, dem Höhepunkt der Chiricahua-Skulpturen vordringen. Vom Massai Point und dem dort oben angelegten Nature Trail bietet sich ein überweltigender Rundblick über den Park, den in einer Wüstentiefebene gelegenen Harris Mountain, den Sugarloaf Mountain und den, den Kopf des 1874 verstorbenen Häuptlings Cochise darstellenden Berg namens Cochise Head. Wir waren nach diesem Tag im Chiricahua NM von diesem kleinen Park begeistert und fühlten uns oft an den Bryce Canyon NP erinnert. Wer keinen allzuweiten Umweg machen muß, sollte sich dieses Wonderland of Rocks nicht entgehen lassen. Wir verbrachten die Nacht auf dem kleinen Campground des Parks, der sehr hübsch in einem Wäldchen versteckt liegt.

Über Willcox und Lordsburg fuhren wir bis nach Silver City, eine alte Boomtown, die das Versiegen ihrer Silberadern dank großer Kupfervorkommen überlebte. Ansonsten zehrt die Stadt vom zweifelhaften Ruhm, Heimat des berüchtigten Killers Billy the Kid zu sein, der in die Wildwestgeschichte eingegangen ist. Wir benutzten Silver City lediglich als Zwischenstop auf unserem Weg zum Gila Cliff Dwellings NM und fanden auf dem KOA-Campground 5 Meilen östlich der Stadt einen schönen Platz für die Nacht.

Wir begannen den Tag mit einer Besichtigung des Fort Bayard, ca. 8 Meilen östlich von Silver City. Das Fort wurde 1866 für das 9. Kavalarieregiment erbaut und diente bis 1899 dem Schutz der Siedler gegen Übergriffe der Indianer und der Sicherung der territorialen Ansprüche gegenüber den Mexikanern. Die Unterkünfte der Offiziere sind bis heute erhalten geblieben und werden auch immer noch bewohnt. Die gesamte Anlage ist heute ein staatliches Sanatorium für ältere und behinderte Menschen. Nur 6 Meilen nördlich von Silver City liegt am Highway 15 der kleine Ort Pinos Altos. Im Jahre 1859 entdeckte eine, sich auf dem Heimweg vom 1849 Goldrausch in Kalifornien befindliche Gruppe von Goldsuchern Gold unter den "Hohen Kiefern" von Pinos Altos. Hier befindet sich eine der urigsten Kneipen des ganzen Westens, der Buckhorn Saloon mit stimmungsvollem Steak-Restaurant. Direkt nebenan steht das Opera House aus dem Jahre 1969, dessen sehenswerte Inneneinrichtung zum Teil aus früheren Opernhäusern, zum Teil aber auch aus dem ehemaligen Bordellviertel in Silver City stammt. Das Pinos Altos Museum ist in einer Blockhütte aus dem Jahre 1866 untergebracht, die einmal die erste Privatschule in dieser Gegend war. Die Ausstellung ist ein kunterbuntes Sammelsurium der letzten 130 Jahre. Das Santa Rita del Cobre Fort ist eine Nachbildung eines 1804 zum Schutz der Santa Rita Kupfermine gegen Überfälle der Apachen errichteten Forts, das 1851 den Namen Fort Webster erhielt. Für die 39 Meilen von Pinos Altos bis zum Gila Cliff Dwellings NM benötigt man auf der engen und kurvenreichen aber landschaftlich sehr reizvollen Gebirgsstraße durch den Gila National Forest und die Gila Wilderness Area knapp zwei Stunden. Uns begegnete kurz nachdem wir Pinos Altos verlassen hatten ein Wohnmobil mit der Aufschift "Germany - Alemania" auf der Frontseite. Wir stoppten und gaben uns ebenfalls als Deutsche zu erkennen, daraufhin fuhren wir unsere Autos an den Straßenrand und es entwickelte sich ein fast zweistündiges, sehr interessantes Gespräch. Wir waren auf Linda und Ludwig Brandmüller getroffen, die 1990 alle Zelte in Deutschland abgebrochen haben und seidem auf Reisen sind. Zunächst waren sie mit ihrem 30 Jahre alten, geländegängigen Wohnmobil in Südeuropa und Nordafrika unterwegs. Seit Juli 1995 sind sie in Nordamerika und haben ihren alten Mercedes inzwischen mit einer, nach eigenen Entwürfen gefertigten, neuen Wohnkabine ausgerüstet. Sie wollen jetzt ersteinmal einen Abstecher nach Mittelamerika unternehmen, bevor sie im nächsten Sommer, genau wie wir, nach Alaska wollen. Von Alaska wollen die beiden dann in den nächsten drei bis vier Jahren bis nach Feuerland fahren und sich dann irgendwo in Nordamerika niederlassen. Über eine Kontaktadresse in British Columbia wollen wir versuchen ein Treffen in Alaska zu arrangieren. Aufgrund dieser Begegnung brauchten vier fast vier Stunden, bis wir das Gila (Aussprache: Hila) Cliff Dwellings NM erreichten. Hier liegen in fünf natürlichen Höhlen 42 gut erhaltene Räume der Mogollon-Indianer (Aussprache: Mogoion) in einer Höhe von 55 m über einem malerisch bewachsenen Canyon. Diese Felswohnungen entstanden etwa 1270 und wurden von etwa 40 bis 60 Menschen bewohnt, die hier Getreide anbauten und auf die Jagd gingen. Die meisten Mogollon-Gemeinschaften bauten auf flachen Terrassen in der Nähe ihrer Felder. Es ist bis heute nicht bekannt, warum diese Gruppe in den Höhlen lebte. Vielleicht ahmten sie die im Norden lebenden Anasazi nach, die erfahrenen Felsenbewohner waren und die Mogollon in dieser Zeit auf vielfältige Weise beeinflußten. Vielleicht hatten diese Siedler aber auch nur ein größereb Schutz- und Sicherheitsbedürfnis. Anfang des 14. Jahrhunderts wurde diese Siedlung bereits wieder aufgegeben. Warum die Bewohner wegzogen und wohin sie gingen ist nicht bekannt. Ein hübscher, ca. 1 Meile langer Trail führt durch den Canyon hinauf zu den Cliff Dwellings. Direkt am Eingang zum Trail befindet sich eine kleine Ranger Station, das Visitor Center liegt etwa zwei Meilen entfernt am Ende der Straße. Da die Räume sehr gut erhalten und zum Teil auch restauriert sind, fühlt man sich ein wenig in die damalige Zeit zurückversetzt und bekommt eine Vorstellung davon, wie diese Menschen gelebt haben müssen. Alle, die sich für die Kultur und Lebensweise der Ureinwohner Amerikas interessieren, sollten das Gila Cliff Dwellings NM in ihre Reiseroute einplanen. In Gila Hotsprings nahmen wir uns einen Campinplatz, der über einen mit natürlichem Thermalwasser gespeisten Jacuzzi verfügt und beendeten diesen erlebnisreichen Tag mit einem entspannenden Bad.

Von Gila Hotsprings fuhren auf der 15 und 35 durch den Gila National Forest und das Tal des Mimbres River gen Süden. Kurz hinter der Abzweigung der 35 von der 15 kommt man am Lake Roberts vorbei. Dieser See wurde künstlich angelegt und bietet ein schönes Freizeitgebiet zum Angeln, Wandern, Bootfahren und Campen. Am Hwy 61 südlich von San Lorenzo liegt der bezaubernde City of Rocks SP. Der Park verdankt seine Entstehung einem Vulkanausbruch vor 35 Millionen Jahren. Ein Gemisch aus heißer Asche, Bimsstein und Gas wurde in das heutige Parkgebiet geschleudert und bildete durch Verdichtung und Erkaltung Felsformationen vulkanischen Ursprungs. Die Kräfte der Erosion haben über Jahrmillionen eine Phantasiewelt aus Felsen erschaffen. Für einige ist der Park ein nachgebildetes mittelalterliches Dorf, andere sehen in ihm eine Ansammlung verunstalteter aber freundlicher Riesen, die sich zur Ruhe gelegt haben. Was immer man auch in diesem Felslabyrinth zu erkennen glaubt, zusammen mit dem kleinen botanischen Garten für Wüstenpflanzen und den liebevoll angelegten Stellplätzen des Campingplatzes inmitten der "Felsenstadt" ist dieser State Park auf jeden Fall einen Besuch wert. Da wir die ca. 70 Meilen von Gila Hotsprings in knapp zwei Stunden zurückgelegt hatten, waren wir schon gegen Mittag in der City of Rocks angekommen. Per Fahrrad und zu Fuß erkundeten wir das Gelände mit seinen eigentümlichen Felsgebilden, balancierenden Steinen und Spuren menschlichen Lebens (Malsteine, Felszeichnungen). Von dem zum Park gehörenden Aussichtspunkt hatten wir einen schönen Blick über die Felsen und die weitere Umgebung des Parks.

Rechtzeitig zum Sonnenaufgang waren wir schon wieder in der Felsenstadt unterwegs, um die herrlichen Lichtstimmungen mitzuerleben. Nach dem Frühstück fuhren wir dann wieder einmal auf die I-10, die uns heute bis nach El Paso bringen sollte. Die im offiziellen New Mexico Vacation Guide als historisch angepriesene Altstadt von Mesilla, 3 Meilen südlich von Las Cruces an der I-10, entpuppte sich als recht hübsch restaurierter Marktplatz mit vielen Läden, der einen Stop nicht unbedingt verdient hat. Kurz hinter der texanischen Grenze gibt es, wie immer an den Interstates bei Überquerung einer Staatsgrenze, ein Visitor Center. Dieses verdient eine besondere Würdigung, da die Dame hinter dem Schalter so aufmerksam und zuvorkommend war und uns mit sämtlichen Landkarten, Stadtplänen und Informationsmaterialien für unsere gesamte Route duch Texas versorgt hat. In El Paso suchten wir das Postamt für postlagernde Sendungen auf, wo tatsächlich 4 Briefe von Verwandten und Freunden auf uns warteten. Da wir aber nicht nur wegen unserer Post nach El Paso gekommen waren, mußten wir uns einen möglichst stadtnahen Campingplatz suchen. Der Roadrunner RV Park nahe der I-10 ist zwar nicht schön, bietet aber für die Erkundung von El Paso und des mexikanischen Gegenübers Ciudad Juarez eine ideale Lage.

Nachdem ich mir am Vormittag einen Zahnarzttermin für den nächsten morgen besorgt hatte, damit meine verlorengegangene Plombe ersetzt werden kann, buchten wir am Campground-Office eine Fahrt nach Mexiko, in El Pasos Nachbarstadt Ciudad Juarez. Die gut dreieinhalbstündige Fahrt mit Frank´s Tours (Tel.: (915) 598-7255) und unserem mexikanischen Tourguide hat sich wirklich gelohnt. Es wurden nicht nur Shopping-Center oder andere Touristenfallen angefahren, sondern der Fahrer war bemüht uns einen Eindruck vom Leben und Arbeiten in der brodelnden und pulsierenden mexikanischen Metropole zu verschaffen. Vom Industrieviertel mit sehr vielen amerikanischen und internationalen Firmen (u.a. Siemens), die Mexiko als Billiglohnland nutzen und ihre ganzen Profite außer landes transferieren, schönen Wohnhäusern, ärmlicheren Vierteln, kleinen Läden und dem bunten City Market und lebhaften Straßenszenen in der Innenstadt war alles enthalten. Wer ein ernsthaftes Interesse an Schmuck, Lederwaren, Wolldecken oder den anderen auf den Märkten angebotenen Waren hat, sollte das Handeln nicht vergessen und darf sich von der uns aufdringlich erscheinenden Verkaufsstrategie der Mexikaner nicht abschrecken lassen. Der Unterschied zwischen den USA und Mexiko wird auf dieser Fahrt auf jeden Fall sehr deutlich, die Armut vieler Menschen ist allgegenwertig.

Nachdem ich meinen Zahnarzttermin hinter mich gebracht hatte, fuhren über die Ausfahrt 18A von der I-10 zur Rim Road, einem schönen Scenic Drive im Norden der Stadt. Vom Hang des Comanche Peak überblickt man ganz El Paso, den Rio Grande und den mexikanischen Nachbarn Ciudad Juarez. Auf der Trans Mountain Road durchquerten wir den Franklin Mountains State Park nördlich der Stadt und kamen schließlich wieder auf die I-10. In Las Cruces bogen wir auf den Hwy 70 ab und erreichten 14 Meilen südwestlich von Alamogordo mit dem White Sands NM eine der ungewöhnlichsten und seltsamsten Landschaften Amerikas - die größte Gipswüste der Erde. Der Park umfaßt nur ein Drittel des Gipsgebietes, zwei Drittel werden von der White Sands Missile Range eingenommen, einer für die Öffentlichkeit gesperrten Raketentestzone, in der 1945 auch die erste Atomexplosion der Welt stattfand. Das gesamte Gebiet liegt im wüstenhaften Tularosa Basin und wird von den Bergketten der Sacramento und der San Andres Mountains eingerahmt. Seit Jahrmillionen waschen Niederschläge Gips aus diesen Gebirgen ins Tal, wo es sich an der tiefsten Stelle, dem Lake Lucero ansammelt. Der ständig wehende Südostwind pulverisiert dieses Erosionsmaterial und häuft die Kristalle zu den schneeweißen Dünen des Parks an. Da dieser Prozeß der Dünenbildung auch heute noch anhält, verändert die weiße Wüste mit ihren bis zu 20 m hohen Dünen ständig ihre Gestalt. Die 13 km lange Besucherstraße, The Dunes Drive, wird an windigen Tagen von Schneeflügen freigehalten und führt mitten hinein in das blendende Weiß. Der Playa Trail, der Big Nature Trail und der Interdune Boardwalk bieten erste, kurze Exkursionen in die Dünen. Am Ende erweitert sich die Parkstraße zu einem Loop mit vielen Parkplätzen und Picknickmöglichkeiten. Vom Parkplatz am Beginn des Alkalai Flat Trail aus kann man die Gipsdünenlandschaft am besten erkunden. In der Gewaltigkeit dieser Landschaft kommt man sich sehr schnell klein und einsam vor. Am intensivsten kann man White Sands am frühen Morgen (Einlaß ab 7.00 Uhr) oder am Spätnachmittag bis zum Sonnenuntergang erleben. Da es im Park keine Campingmöglichkeit für Wohnmobile gibt, fuhren wir nach dem Sonnenuntergang weiter bis nach Alamogordo, um am nächsten Morgen noch einmal zurückzukehren.

Das Weiß der Gipsdünen erschien uns im Licht der Morgensonne noch greller und wir kamen uns vor wie in einer riesigen Schneelandschaft. Auf einem Faltblatt, das wir am Campingplatz bekommen hatten, erfuhren wir von der Three Rivers Petroglyph Site ca. 30 Meilen nördlich von Alamogordo und beschlossen, sie in unsere Route einzubauen. In diesem Park befinden sich über 21..000 Felszeichnungen des Jornada-Zweiges der Mogollon-Indianer. Masken, Menschen, Tiere, Sonnensymbole, Handabdrücke und geometrische Formen sind größtenteils noch sehr gut zu erkennen. Die Zeichen sind ähnlich denen der Mimbre-Indianer, die im ganzen Südwesten New Mexicos sehr stark vertreten sind. Sie wurden zwischen 900 und 1300 mit einfachen Werkzeugen in die verwitterte Oberfläche der Basaltsteine geritzt. Warum die Indianer diese Hügel oberhalb des Three River Valley für ihre Felszeichnungen gewählt haben ist bis heute nicht geklärt. Vielleicht war es ein religiöser Ort, eine gute Gegend zum Leben an einem bekannten Reiseweg der damaligen Zeit oder die Hügel boten lediglich einen guten Ausblick auf jagbares Wild und sich nähernde Feinde. Auch wenn man die Bedeutung der Symbole heute nicht mehr eindeutig nachvollziehen kann, so enthalten sie doch einiges an Informationen. Die dargestellten Tiere geben Aufschluß über die Fauna der damaligen Zeit, das Getreide und die Sonnensymbole lassen darauf schließen, daß diese Indianer auch Ackerbau betrieben und die Masken und Gesichter geben einen Einblick in die religiöse Welt der Jornada Mogollon. Die hohe Anzahl von Felszeichnungen auf einem recht kleinen Gebiet machen diesen Park zu einem der wichtigsten und interessantesten Plätze für Felszeichnungen im gesamten Südwesten der USA.

Von Carrizozo fuhren wir auf der 380 ostwärts, eine bis zu Einmündung in den Highway 70 in Hondo, landschaftlich reizvolle Strecke durch den Lincoln National Forest. In dem kleinen Ort Lincoln sind noch viele Häuser aus der Zeit des "Wilden Westens" erhalten geblieben, darunter auch El Torreon, ein von den ersten spanischen Siedlern errichteter Felsenturm. Bedeutung erlangte Lincoln in der Geschichte des Westens im Jahre 1878, als Billy the Kid, einer der berüchtigsten Desperados seiner Zeit, hier wegen mehrer Morde zum Tode verurteilt wurde. Er konnte vor der Vollstreckung des Urteiles fliehen und wurde von Sheriff Pat Garret verfolgt, der ihn am 14.07.1881 in Fort Sumner schließlich zur Strecke brachte. Der weitere Verlauf unserer Fahrt in Richtung Carlsbad Caverns NP war dann recht eintönig und endete 20 Meilen südlich von Carlbad in Whites City. Nach den zahlreichen auffälligen Werbetafeln für Whites City an der Zufahrt zu den Carlsbad Caverns erwartet man zumindestens ein kleines Städtchen. Tatsächlich aber besteht Whites City nur aus ein paar Shops, Restaurants und Kneipen, einem Opera House, zwei Motels und einem Campingplatz. Da es im Nationalpark keine Übernachtungsmöglichkeiten gibt, lebt Whites City, 6 Meilen von den Höhlen entfernt, von Leuten wie uns, die möglichst nah am Park einen Platz zum Schlafen suchen.

Am Nordrand der Chihuahua-Wüste breitet sich unter der Gebirgskette der Guadalupes eine der tiefsten, größten und formenreichsten Höhlen der Welt aus, ein "Grand Canyon untertage", die Carlsbad Caverns. Wasser hat diese Unterwelt geformt. Vor etwa 250 Millionen Jahren lag das Gebiet unter einer Meeresbucht. Nahe der Küste entstand ein Kalkriff. Als sich das Meer zurückzog, ragte das Riff Hunderte Meter auf, um später unter Tausenden Metern Erde begraben zu werden. Dann, vor 20 bis 40 Millionen Jahren, hob sich das Land. Schwach saures Grundwasser drang in die Spalten des Kalksteins ein und erweiterte diese allmählich zu einem Netz von Löchern und Kammern. Weitere Millionen Jahre vergingen, bis die "Innenausstattung" der Höhle vor etwa 500..000 Jahren begann. Kalzithaltige Rinnsale schufen, Tropfen um Tropfen, eine außerordentliche Vielfalt an glitzernden Tropfsteingebilden. Einige von ihnen sind heute sechs Stockwerke hoch, andere blieben hauchzarte Miniaturen. Höhlenwissenschaftler haben bisher über 20 Meilen Durchgänge erforscht, für Touristen sind 3 Meilen davon zugänglich. Alle Höhlenwege sind geteert und angemessen beleuchtet, festes Schuhwerk sollte man allerdings dabeihaben. Eine weitere Attraktion der Carlsbad Caverns, das abendliche Ausschwärmen der Free-Tail Fledermäuse, kann nur von April bis Oktober beobachtet werden, da die Tiere im wärmeneren Mexiko überwintern. Durch das Ausschwärmen der Fledermäuse wurde die Höhle Ende des letzten Jahrhunderts wiederentdeckt, nachdem bereits Indianer vor mehr als 1..000 Jahren diese Höhle kannten. Einige der Entdecker witterten ein gutes Geschäft im Abbau des Fledermaus-Guanos und dessen Vermarktung als natürliches Düngemittel. Einer dieser Männer war Jim White, der von der Höhle fasziniert war und sie mehr und mehr erforschte. Er erkundete weite Teile des heute bekannten Höhlensystems mit nur einer Kerze als Lichtquelle. Als er dann anderen die natürlichen Wunder dieses außergewöhnlichen Platzes zeigen wollte, glaubten nur wenige seinen unwahrscheinlichen Erzählungenvon einer riesigen, unterirdischen Welt voller ungewöhnlicher Höhlengebilde. Erst die Schwarz-Weiß Fotografien, die ein Fotograf 1915 machte, als er White auf einer seiner Touren begleitete, erregten dann das öffentliche Interesse an der Höhle. 1923 wurde das Gebiet zum National Monument und 1930 schließlich zum National Park erklärt. Jim White, der seine Höhlenforschungen für den größten Teil seines Lebens fortsetzte, wurde der erste Chief Ranger der Höhlen. Eine weitere Höhle des Parks, die Slaughter Canyon Cave oder auch New Cave ist seit 1974 ebenfalls für Besucher zugänglich. Diese Höhle ist allerdings nicht erschlossen und kann nur unter Führung eines Rangers mit Laternen bzw. Taschenlampen besichtigt werden. Die anderen, mehr als achtzig Höhlen im Parkgebiet sind für die Öffentlichkeit nicht zugänglich. Zurück zu der Haupthöhle, deren 3 Meilen zugänglicher Durchgänge teilen sich auf drei mögliche Touren auf. Auf der Natural Entrance Route (Blue Tour) folgt man dem Weg der ersten Entdecker und steigt vom historischen Eingang, auf zum Teil steilen Serpentinen 230 m tief ab. Dieser Weg durch den Main Corridor, wo sich die Decke teilweise mehr als 60 m über dem Pfad wölbt, vermittelt einen ersten Eindruck von den gewaltigen Ausmaßen der Höhle. Die ersten Tropfsteinformationen wie Devil´s Spring, Whale´s Mouth, Devil´s Den, Witche´s Finger und Iceberg Rock lassen die Schönheit der Höhle bereits erahnen. Wenn man nach 1 Meile unten ankommt, kann man die Besichtigung mit der ebenfalls 1 Meile langen Big Room Route (Red Tour) fortsetzen. Der Ausgangspunkt dieser Tour ist auch über einen Fahrstuhl vom Besucherzentrum aus zu erreichen. Der Big Room macht seinem Namen alle Ehre, er ist 540 m lang, 330 m breit und bis zu 78 m hoch. Die riesigen Höhlenkammern sind fast vollständig mit vielfältigen, zum Teil gewaltigen Tropsteinformationen bedeckt. Die schlichte und vorbildliche elektrische Beleuchtung verstärkt noch den Eindruck einer märchenhaften Unterwelt. Durch die Hall of Giants mit Giant und Twin Dome, vorbei an Formationen wie Temple of the Sun, Totem Pole, Crystal Spring Dome und Rock of Ages gelangt man wieder zum Ausgangspunkt dieser Tour zurück. Während diese beiden Wege individuell besichtigt werden können, handelt es sich bei der dritten, gleichfalss 1 Meile langen, Kings Palace Tour um eine von einem Ranger geführte, eineinhalbstündige Tour. Mit Kings Palace (253 m unter der Erdoberfläche), Papoose Room, Queens Chambers und Green Lake Room gelangt man auf dieser Tour in die schönsten Räume der Höhle. Im Queens Chamber gibt es zusätzlich zu den formenreichen und filigranen Formationen aus Stalaktiten und Stalagmiten der anderen Räume noch die seltenen Heliktiten, die scheinbar ungeachtet jeglicher Schwerkraft zu wachsen beginnen. Ihre sich windenden Formen sind durch Kristalle, Fremdkörper und Wasserdruck entstanden. Über den Fahrstuhl erreichten wir nach allen drei Touren und fast vier Stunden wieder das Tageslicht. Nachdem wir uns dann noch die Informationtafeln im Visitor Center angesehen hatten, beschlossen wir, heute nicht mehr weiterzufahren, sondern eine weitere Nacht in Whites City zu verbringen. Auf dem Campground konnten wir am Abend noch einige Maultierhirsche beobachten.

In West-Texas, nur etwa 40 Meilen südwestlich von den Carlsbad Caverns, liegt eine Perle von einem Park, von dem nur wenige Menschen außerhalb von Texas je gehört haben. Guadalupe Mountains NP nimmt den südlichsten und höchsten Teil der 50 Meilen langen Kette der Guadalupes ein. Von der Straße aus ähnelt der Gebirgszug einem einzigen Wall quer durch die Wüste, aber wenn man ihn aus der Nähe betrachtet, erkennt man scharf eingeschnittenen Canyons und schattige Niederungen mit einer überraschend vielfältigen Fauna und Flora. Diese äußerst empfindliche Ökologie hat die Parkverwaltung veranlaßt, die Besuchereinrichtungen auf ein Minimum beschränkt zu halten. So gibt es im gebirgigen Teil des Parks keinerlei Straßen und die landschaftlichen Schönheiten des Parks lassen sich dementsprechend vorwiegend wandernd erleben. Die ca. 130 km Wanderwege bieten eine breite Palette von Möglichkeiten die Wüste, die Canyons und das Hochland der Guadalupe Mountains zu erforschen. Die Wege sind in Länge und Schwierigkeitsgrad sehr unterschiedlich und reichen vom kurzen Naturlehrpfad bis hin zu mehrtägigen Gebirgstouren. Ebenso überraschend wie die Vielfalt der Pflanzen- und Tierwelt ist die Entstehungsgeschichte dieser Gebirgskette: Die Guadalupe Mountains sind Teil eines urzeitlichen fossilen Riffs, das vor etwa 250 Millionen Jahren unter der Wasseroberfläche eines Binnenmeeres emporwuchs. Schließlich verdunstete das Meer, das Riff senkte sich und wurde von einer massiven Decke aus Ablagerungen und Mineralsalzen begraben. Für Millionen von Jahre lag es unter dieser Schicht, bis Bewegungen in der Erdkruste einen Teil des fossilen Riffs anhoben und in den Guadalupe Mountains freilegten. Die in den Bergen gefundenen Tonwaren, Körbe und Speerspitzen lassen vermuten, daß die ersten Menschen in den Guadalupes vor etwa 12..000 Jahren auftraten. Später lebten die Mescalero-Apachen an den Quellen am Fuße der Berge und nutzten das Hochland als Jagdrevier bis sie in den 1880er Jahren vollständig von amerikanischen Prospektoren, Siedlern und der Armee verdrängt oder umgebracht wurden. Einem dieser Siedler, Wallace Pratt, der seinen gesamten Landbesitz 1959 dem National Park Service stiftete ist letztlich die Gründung des Guadalupe Mountains NP (1972) zu verdanken. Von der Straße #62/#180, die durch die südlichen Ausläufer des Guadalupe Gebirges führt, gibt es lediglich zwei Zufahrten in diesen kaum berührten Park. Die nördliche Stichstraße endet nach 4 Meilen am McKittrick Canyon Visitor Center, wo verschiedene Wanderungen beginnen. Auf einer Wanderung durch die sich windende Schlucht des von eine Quelle gespeisten McKittrick Creek kann man den Übergang von Wüsten- auf Waldlandschaft beobachten. Am Eingang zum Canyon sind Wüstenpflanzen und -tiere vorherrschend. Wenn man weitergeht, verengt sich der Canyon und seine Wände ragen höher auf. In dieser kühlen, feuchten Umgebung ist eine üppige Vegetation von Laubbäumen, Wildblumen und Farnen vorhanden. Folgt man dem Lauf des Baches weiter hinauf, tauchen die ersten Hochlandkiefern und Fichten auf. Diese Vielfältigkeit in der Pflanzen- und Tierwelt brachte dem McKittrick Canyon den Beinamen "schönster Platz in Texas" ein. Unter den im Canyon anzuteffenden Bäumen ist auch die seltene und malerische texanische Madrona. Man erkennt diesen Baum leicht an seiner glatten, rötlich gefärbten Rinde und den immergrünen Blättern. Die Hauptzufahrt liegt 7 Meilen weiter südwestilch bei Pine Springs. Hier befindet sich das Main Visitor Center, wo man sich ausführlich über den Park informieren kann und der Pine Springs Campground, auf dem wir uns einen Platz gesichert haben. Eine Meile nördlich des Visitor Center liegt die Frijole Ranch, deren Ranchhaus aus dem Jahr 1870 das älteste Gebäude im Parkgebiet ist. Von hier aus führt eine kurze Wanderung zu den Manzanita Springs, einen hochgelegenen Oase mit einem schönen Blick über die Wüstenebene. Auf dem Rückweg zum Parkplatz konnten wir einige Maultierhirsche beobachten. Bevor wir auf den Campingplatz zurückkehrten fuhren wir den Highway einige Meilen weiter in südwestlicher Richtung. Von der zweiten Picnic-Area hinter der Abzweigung zum Visitor Center hat man einen herrlichen Blick auf die in der Abendsonne leuchtenden Guadalupe Mountains, besonders auf den 2464 m hohen El Capitan, den südlichsten Gipfel der Gebirgskette. Einen Blick auf den Guadalupe Peak, den mit 2667 m höchsten Berg von Texas hat man dann auf der Rückfahrt zum Campingplatz. Die in dieser Gegend häufig auftretenden starken Winde, die oft über 100 km/h erreichen, schüttelten unser Wohnmobil ordentlich durch und verschafften uns eine unruhige Nacht.

Auch am nächsten Morgen (17.01.96) hatte der Wind noch nicht nachgelassen, im Gegenteil, er wurde immer stärker. Es war auch der erste Tag seit unserem Start am 03.12.95, daß wir ohne Sonne und blauen Himmel auskommen mußten. Wir machten uns vom Campinplatz aus auf den Devil´s Hall Trail, der dem Pine Springs Canyon aufwärts folgt und in einem Engpass des Canyons, der Devil´s Hall, endet. Kurz vor diesem Engpass erreicht man eine Felsformation, die so aussieht, als hätte jemand ein Treppenhaus im Canyon aufgebaut. Dementsprechend wird diese Stelle des Trails Hiker´s Staircase genannt. Wir benötigten für die 4,2 Meilen lange Strecke (retour) ungefähr drei Stunden und hatten besonders auf dem Rückweg mit dem immer stärker werdenden Wind zu kämpfen. Auf dem Parkplatz wurde unserer Wohnmobil derart geschüttelt, daß wir ernsthaft befürchteten, es könnte umkippen. Aus diesem Grunde fragten wir im Visitor Center nach, ob wir der Straße #62/#180 über den Guadalupe Pass und dann weiter auf der #54 in südlicher Richtung folgen könnten. Die Ranger, die sich durch den mittlerweile orkanstärke erreichenden Sturm schon in Alarmbereitschaft befanden, rieten uns den Guadalupe Pass zu meiden und statt dessen über die #652 und #285 weiterzufahren. Durch diesen Umweg und die sturmbedingten Schwierigkeiten erreichten wir unser eigentliches Tagesziel Fort Davis nicht mehr, sondern machten in Pecos Station. Der vom Sturm aufgewirbelte Sand und Staub verdunkelte die Sonne und wirkte stellenweise wie Nebel. Obwohl die Vorhersagen ein Nachlassen des Sturms für den Abend angekündigt hatten, wurde unser "Roadrunner" auch auf dem Campground in Pecos durchgeschüttelt und der Sturm legte in den Abendstunden eher noch etwas zu. In den Nachrichten erfuhren wir, daß die Windgeschwindigkeiten am Guadalupe Pass fast 200 km/h erreicht haben und wir waren im nachhinein noch froh den Umweg über Pecos in Kauf genommen zu haben. Irgendwann in der Nacht ließ der Sturm dann nach, brachte aber kalte Luft aus dem Norden mit, so daß die Temperaturen um fast 20°C fielen.

Bei schönem, aber kaltem Wetter konnten wir dann am nächsten Tag unsere Fahrt nach Fort Davis fortsetzen. Neben dem kleinen, idyllischen Dorf Fort Davis, der höchstgelegenen Siedlung in Texas, gibt es die Fort Davis NHS, einen teilweise restaurierten Militärposten. Bedingt durch die Goldfunde in Kalifornien setzte Mitte des 19. Jahrhunderts ein gewaltiger Zug von Goldsuchern und Siedlern in Richtung Westen ein. Zum Schutz dieser Emigranten vor Übergriffen der Apachen und Kommanchen wurde 1854 Fort Davis, als Teil einer ganzen Kette von Forts auf dem Weg von San Antonio nach El Paso, gegründet. Während des Bürgerkrieges von 1861-1865 wurde Fort Davis aufgegeben und sollte erst 1867 wieder mit Truppen besetzt werden. Die Apachen hatten jedoch die Abwesenheit der Soldaten genutzt und das alte Fort weitestgehend zerstört. Bis 1880 wurde ein neues Fort Davis aufgebaut, daß dann in den Apachenkriegen, die 1886 mit der Kapitulation Geronimos endeten, ein wichtiger Militärposten wurde. Als das "Indianerproblem" gelöst war und die Eisenbahn zunehmend die Postkutsche ersetzte, wurde Fort Davis 1891 endgültig aufgegeben. Die über 60 Gebäude des Forts wurden sich selbst überlassen und verfielen bis sich 1961 der National Park Service der Ruinen annahm, sie restaurierte und die Fort Davis NHS ins Leben rief.. Von Fort Davis fuhren wir noch weiter bis nach Marfa, einem hübschen Städtchen inmitten großer Ranches, deren Handels- und Versorgungszentrum es ist. Per Fahrrad fuhren wir vom Campground in den Ort, um ein paar Lebensmittel einzukaufen. Auf dem Parkplatz des Supermarktes entdeckten wir ein Wohnmobil mit deutschem Kennzeichen. Die beiden Bewohner dieses Gefährtes waren bereits seit Dezember 1994 in Nordamerika unterwegs und befinden sich jetzt auf dem Weg nach Savannah in Georgia, um per Schiff die Rückreise nach Deutschland anzutreten. Wir erhielten von ihnen noch die Adresse einer Reederei, falls wir uns wirklich entschließen, unser Wohnmobil mit zurückzunehmen.

Der Mountain Trail (#67) führt über die Cuesta del Burro Mountains und die Silberminen-Ghosttown Shafter nach Presidio, einem von den Spaniern gegründeten Ort am Ufer des Rio Grande, der die Grenze zu Mexiko darstellt. Ab Presidio folgt der Hwy 170, auch Camino del Rio genannt, auf 80 km Länge dem Flußlauf des Rio Grande bis nach Lajitas. Diese, wie eine Achterbahn an den Hängen des Rio Grande entlang geführte Strecke bietet sehr schöne Blicke in das Flußtal und sollte bei einem Besuch des Big Bend auf jeden Fall eingeplant werden. In Lajitas verläßt die Straße den Fluß und trifft in der Doppelsiedlung Terlingua/Study Butte, der einzigen Ortschaft in Parknähe, auf die #118, die in den Park hineinführt. Die Siedlung hatte ihre besten Zeiten Anfang diesen Jahrhunderts, als in den Minen noch Quecksilber abgebaut wurde, heute sind diese alten Anlagen als Ghosttown zu besichtigen. Zu dem reizvollsten Campground der Siedlung, dem Big Bend Travel Park, gehört das originell in Form einer Kiva (unterirdischer Zeremonienraum der Pueblo-Indianer) gebaute Lokal "La Kiva". Das "La Kiva" ist Steak-House und Kneipe zugleich und lohnt schon allein aufgrund der eigenwilligen Inneneinrichtung (auch die Restrooms sind sehenswert) einen Besuch.

Der Big Bend NP umfaßt ein sehr trockenens Gebiet von 3244 km² innerhalb eines großen Bogens (big bend), den der Rio Grande auf seinem Weg nach Süden als Grenze zwischen Texas und Mexiko beschreibt. Bedingt durch seine Lage abseits der gängigen Touristen-Routen und der Hitze in den Sommermonaten, gehört der Big Bend NP zu den relativ wenig besuchten Parks. Einsamkeit und unberührte Landschaft, sowie seine vielfältige Tier- und Pflanzenwelt machen ihn jedoch zu einem besonders attraktiven Ziel. Er beeindruckt vor allen durch seinen Kontrastreichtum: Zwischen 564 und 2388 m Höhe reicht die Landschaft von den Canyons des Rio Grande und dschungelähnlichen Flußniederungen über die Chihuahua-Wüste, die den größten Teil des Parkgebietes einnimmt, zu den vielfach bewaldeten Höhen der Chisos Mountains. Einer Legende der Indianer zufolge sind die Chisos Mountains entstanden, weil der große Manitou nach der Erschaffung der Erde noch Felsen übrig hatte, die er schließlich an dieser Stelle aufhäufte. Die Vegetation des Parks ist so unterschiedlich wie seine drei Ökosysteme Fluß, Wüste und Berge. Die Chihuahua-Wüste ist bedeckt mit Büschelgräsern, Kreosotbusch, verschiedenen Kakteenarten und Yuccas. Der Rio Grande hingegen ist mit deinen üppigen Talauen und seinen steilen, engen Canyons fast ein Park für sich. Das gilt auch für die Chisos Mountains: Bei bis zu 11 Grad kühleren Temperaturen als unten in der Wüste gedeihen hier Kiefern, Wacholder und Eichen. Insgesamt gibt es etwa tausend Pflanzenarten, von denen einige nur hier und sonst nigendwo aud der Welt vorkommen. Genauso vielfältig ist auch die Tierwelt des Parks: Pumas, Schwarzbären und Golden Eagle leben in den höheren Regionen, während in der Wüste und den Flußniederungen Kojoten, Jackrabbits, Känguruh-Ratten, Roadrunner und weitere 380 zum Teil exotische Vogelarten heimisch sind. Auch die Geologie von Big Bend ist komplex. Das Gebiet war vor vielen Millionen Jahren nacheinander von zwei Meeren bedeckt; als diese abflossen, hinterließen sie dicke Schichten Kalkstein und Schiefer. Das heutige Bergland - ausgenommen die Chisos - wurde zusammen mit den Rocky Mountains vor 75 Millionen Jahren angehoben. Im Inneren spien Vulkane immer neue Schichten von Asche in die Luft, drang geschmolzenes Gestein durch die Erdkruste nach oben, so daß vor 35 Millionen Jahren die Chisos Mountains entstanden. Von der durch den Park führenden Straße #118 gibt es drei asphaltierte Stichstraßen in das Hinterland, an deren Ende sich auch jeweils ein Campground befindet. Da wir aus westlicher Richtung in den Park hineinkamen, fuhren wir ab Santa Elena Junction auf der ersten Stichstraße, dem Ross Maxwell Scenic Drive, bis zum 48 km entfernt gelegenen Santa Elena Canyon. Diese Strecke ist wohl die reizvollste des Parks, da sie viele seiner Natursehenwürdigkeiten berührt. Im ersten Abschnitt durchquert man die nach den hier einmal lebenden Wildeseln benannte Ebene, die Burro Mesa. Auf der linken Seite liegen die Chicos, wo eine Window genannte Felsspalte den Blick auf den Casa Grande (2233 m), einen der höchsten Berge des Parks, freigibt. Bei den Überresten der Sam Nail Ranch kann man im Schatten der von den Nails hier gepflanzten Pecanobäume und Weiden Vögel beobachten. Etwas weiter südlich fallen steinerne Wälle auf, die die Landschaft durchziehen. Diese "dikes" entstanden vor etwa 17 Millionen Jahren, als flüssiges Magma in unterirdische Spalten eindrang und dort erstarrte. Durch die Erosion dieser weicheren Deckschichten kamen die Wälle dann zum Vorschein. Eine weitere, allerdings besser erhaltene Ranch ist die Blue Creek Ranch, auf die man von einem Aussichtspunkt herunterblicken kann. Die Farmer haben sich durch die intensive Viehwirtschaft die eigene Lebensgrundlage entzogen. Die vielen Tiere zerstörten die Grasdecke und Bodererosion war die Folge. Kreosot, Mesquite und andere Dornensträucher breiteten sich aus, allmählich kehren die Gräser aber in den Park zurück. Der Sotol Vista Overlook bietet einen schönen Blick über die Bergwelt des Parks, der Mule Ears Viewpoint dient einzig dem Blick auf die 1193 m hohen Mule Ears Peaks, die ihrem Namen alle Ehre machen. Im Tuff Canyon hat sich der Blue Creek durch das leicht graue, aus verhärteter Vulkanasche bestende weiche Tuff-Gestein gegraben und das darunter liegende harte Lava-Gestein freigelegt. Von den Aussichtspunkten oberhalb des Tuff Canyon blickt man auf den 1004 m hohen Cerro Castellan, der sich gut 300 m über sein Umland erhebt. Nach 35 km erreicht man schließlich Castolon, eine alte Garnison, die Siedler während des Grenzstreits mit Mexiko 1914-1918 vor Banditen schützen sollte. Hinter Castolon folgt die Straße dem Lauf des Rio Grande und führt an Lehmhäusern aus der Jahrhundertwende vorbei, deren Bewohner auf dem fruchtbaren Talboden einst Nahrungsmittel und Baumwolle anbauten. Am Santa Elena Canyon Overlook vorbei endet die Straße nach 13 km auf einem Parkplatz, dem Beginn des Santa Elena Canyon Trail. Der mäßig schwierige, knapp 3 km lange Weg (hin und zurück) belohnt den Wanderer mit überwältigenden Ansichten des 450 m tiefen Canyons. Wir ließen den wunderschön am Ufer des Rio Grande gelegenen Cottonwood Campground bei Castolon aus und fuhren den Ross Maxwell Scenic Drive zurück zur #118. Ab Basin Junction führt eine 10 km lange Stichstraße mitten hinein in die Chisos Mountains. Mit Lost Mine Peak (2301 m), Casa Grande (2233 m) und Emory Peak (2388 m) liegen hier die höchsten Berge des Parks. Bei der steilen und kurvenreichen Fahrt durch den Green Gulch Canyon, der für Wohnmobile über 24 ft gesperrt ist, bemerkt man, wie die Vegatation erst von Wüstengestrüpp zu Sotol-Wiesen, dann zu Pinyon-, Wacholder- und Eichenwald übergeht. Nach etwa 8 km erreicht man Panther Pass, den mit 1759 m höchsten Punkt der Straße. Nach Panther Pass fällt die Straße in Haarnadelkurven zum "The Basin" hin ab, eine fast 5 km breite Senke, die Wind und Wasser aus den Bergen herausgeschliffen haben. Hier gibt es neben dem sehr schön gelegenen Campingplatz auch noch eine Rangerstation, einen Laden und mit der Chisos Mountain Lodge die einzige Unterkunft im Park. Westlich der Ranger Station nehmen einige der schönsten Wanderungen ihren Ausgang. Wir begnügten uns nach unserem erlebnisreichen Tag mit dem 500 m kurzen Windows View Trail. Durch die 1500 m hohe V-förmige Öffnung in den Bergen fließ das Regen- und Schmelswasser des Beckens ab und sie ermöglicht einen, bei Sonnenuntergang besonders schönen Blick auf die dahinter legende Burro Mesa. Auf dem Campinplatz sahen wir dann noch einige Javelinas, jene kakteenfressenden Wildschweine. 

Auf unserem Weg zurück zur Parkstraße #118 genossen wir von den verschiedenen Aussichtspunkten die grandiose Bergwelt der Chisos Mountains. Im Visitor Center in Panther Junction deckten wir uns mit Informationmaterial ein und fuhren dann auf der dritten Stichstraße des Parks bis nach Rio Grande Village. Nach etwa 10 km der 32 km langen Strecke zweigt links eine unbefestigte Straße nach Dugout Wells ab, wo einst ein Ranch- und Schulhaus standen, konnten wir verschiedene Vogelarten und ein Javelina beobachten. Je weiter man in südöstlicher Richtung fährt, desto deutlicher werden in der Ferne die Umrisse der Sierra del Carmen in Mexiko. Sie besteht aus denselben Kalk- und Schiefergesteinen wie die Wände des Santa Elena Canyon. Eine weitere unbefestigte, für Wohnmobile nicht befahrbare Straße zweigt kurz vor Rio Grande Village rechts ab zu den Hot Springs. Diese, von Indianern jahrhundertelang als Heilquellen genutzten Hot Springs wurden erst 1909 von einem gewissen J.O. Langford entdeckt. Der nächste Stop, Rio Grande Overlook, bietet einen Ausblick auf das Flußtal und die Sierra del Carmen. Eine 6 km lange Stichstraße führt zum Ausgangspunkt des Boquillas Canyon Trail, wobei der Boquillas Canyon Overlook einen Stop lohnt. Per Fähre kann man hier auch den Rio Grande überqueren und das mexikanische Dorf Boquillas auf der anderen Seite besuchen. Der Boquillas Canyon Trail (ca. 2 km retour) führt durch das Uferschilf des Rio Grande ein Stück weit in den Canyon hinein, wo grandiose Felswände den Fluß überragen. Auch wer nicht in Rio Grande Village übernachten will, sollte den Campground ansteuern und den gegenüber Site 18 beginnenden, gut 1 km langen, Naturpfad begehen. Er führt zunächst über Stege durch eine üppige Auenvegetation, um dann einen Kamm zu erklimmen, der phantastische Blicke auf den Fluß und die Sierra del Carmen bietet. Wir fuhren zurück nach Panther Junction und von dort zum nördlichen Parkausgang bei Persimmon Gab. Dieses Teilstück hat, außer dem Fossil Bone Exhibit, einer Austellung fossiler Knochen, die man im Park gefunden hat und dem im Frühjahr, während der Blüte der Riesen-Palmlilien sehenswerten Dagger Flat Auto Trail, nicht viel zu bieten. Wir verließen den Park über den Highway 385 und bogen nach 5 km auf die Ranch Road 2627 ein. Nach 8 km auf dieser Straße erreichten wir die Stillwell Ranch, auf deren RV-Park wir übernachteten.

Nach einer ca. 250 km langen Fahrt durch fast menschenleeres und zum Teil recht trostloses Gebiet erreichten wir Langtry, einen kleinen Ort, der 1881 im Zuge des Eisenbahnbaus gegründet wurde. Über den Ursprung des Ortsnamens gibt es zwei unterschiedliche Geschichten: Die nüchterne besagt, daß Langtry der Name eines der Eisenbahningenieure war, der die Arbeiten vor Ort leitete, die romantische geht auf den berühmten Richter Roy Bean zurück, der behauptet hat, der Ort sei von ihm nach seinem Idol, der englischen Schauspielerin Lillie Langtry, die "Jersey Lily" genannt wurde, benannt worden. Dieser Roy Bean wurde 1882 zum ersten Richter in Pecos County ernannt und sorgte mit seiner eigenwilligen Rechtsprechung, deren Grundlage neben dem Gesetzbuch der Colt und eine gehörige Portion Humor war, zwei Jahrzehnte lang für das Gesetz westlich des Pecos. Das alte Holzgebäude, das Roy Bean "The Jersey Lily" genannt hatte und das gleichzeitig Saloon, Billardzimmer und Gerichtsstube war, kann heute besichtigt werden. Das Visitor Center hält die üblichen Informationen bereit und informiert in 6 Dioramen über das Leben und Wirken des Judge Roy Bean. Der angeschlossene Kakteengarten gibt einen Einblick in die Vegetation dieser noch immer einsamen Gegend. Ein Scenic Overlook bietet 18 mi westlich von Langtry einen phantastischen Blick auf das Tal des Pecos River, seine Einmündung in den Rio Grande und die höchste Highway-Brücke in Texas, die den Hwy 90 über den Pecos führt. Nur zwei Meilen weiter liegt der Seminole Canyon SP, wo man auf geführten Touren (Mi-So jeweils 10 und 15 Uhr), die mit 4..000 Jahren ältesten prähistorischen Felsmalereien Nordamerikas besichtigen kann. Da wir montags hier ankamen und nicht zwei Tage warten wollten, fuhren wir weiter in Richtung Del Rio. Zwölf Meilen nordwestlich des Ortes erreicht man die Amistad NRA, die 1969 durch die Aufstauung des Rio Grande und seiner Nebenflüsse Devils und Pecos entstanden ist. Der Amistad Damm, ein Gemeinschaftswerk der USA und Mexikos führte zur Bildung des International Amistad Reservoir, durch dessen Mitte die Grenze verläuft und das auf beiden Seiten der Grenze schöne Naherholungsgebiete hervorgebracht hat. Wir übernachteten auf einem der vier kostenlosen Campingplätze der Amistad NRA in unmittelbarer Nähe des Sees.

Der Tag in Del Rio war damit ausgefüllt unsere zur Neige gegangenen Vorräte zu ergänzen und ein paar Kleinteile für das Wohnmobil zu beschaffen. Vom Einkaufsstress erledigt, fuhren wir nur noch 32 mi bis nach Brackettville, wo wir auf dem Fort Clark Springs RV Park, inmitten der alten Fort-Anlage, übernachteten.

Die Hauptsehenswürdigkeit von Brackettville ist das Alamo Village. Eine Filmstadt, die 1959 für den John Wayne Film "The Alamo" auf dem Gelände der Shahan HV Ranch 7 mi nördlich von Brackettville am Hwy 674 aufgebaut wurde. Alamo Village ist die perfekte Nachbildung San Antonios des frühen 19. Jahrhunderts, zu dem auch eine originalgetreue Kopie des Alamo von San Antonio gehört. Dieser Alamo ist nach spanisch-mexikanischer Art aus luftgetrockneten Ziegeln (Adobe) von mexikanischen Handwerkern gebaut worden. Die so entstandene Filmkulisse verschlang die damals astronomische Summe von 12 Millionen Dollar und machte "The Alamo" zur bis dahin teuersten Filmproduktion. Der Alamo von San Antonio wurde zum Heiligtum der texanischen Geschichte als sich 1836 texanische Freiheitskämpfer in der zur Festung ausgebauten Mission The Alamo verschanzten und den weit überlegenen mexikanischen Streitkräften bis zum letzten Mann Widerstand leisteten. Die durch diesen Kampf zermürbten Mexikaner wurden wenig später von amerikanischen Truppen unter General Sam Houston besiegt und der Alamo gilt seit dem als die Wiege der texanischen Freiheit. Nachdem diese Geschichte von und mit John Wayne in Szene gesetzt worden war, wurde diese erste Kulissenstadt in Texas von vielen weiteren Film-, Fernseh- und Werbeproduktionen genutzt und Alamo Village weiter ausgebaut und um einen mexikanischen Teil ergänzt. Bedingt durch die einsame Lage abseits der Zivilisation inmitten des Ranchlandes wirkt Alamo Village viel authentischer als andere Western Towns. Von Brackettville fuhren wir bis nach Laredo, wo wir im Lake Casa Blanca SP östlich der Stadt einen schönen Campingplatz am Seeufer fanden. 

Von Laredo aus führt der Tropical Trail, über die Highways 83, 281 und 48 bis an den Golf von Mexiko. Die Gegend um McAllen ist geprägt von Zitrusfruchtplantagen, deren Erzeugnisse am Straßenrand angeboten werden. Der kleine Ort Mission nennt sich "Home of the Grapefruit", und zwar speziell der Sorte "Texas Ruby Red", die wirklich sehr köstlich schmeckt. Aber auch die hier angebotenen Orangen sind zuckersüß. Südöstlich von McAllen liegt die Santa Ana NWR direkt am Rio Grande. In diesem Schutzgebiet ist die ursprüngliche Vegetation des Rio Grande Valley, wie sie vor der landwirtschaftlichen Nutzung aussah, erhalten geblieben. Die Vegetation ist so dicht, daß vom 7 mi langen Wildlife-Drive fast nichts von der Tierwelt des Parks zu sehen ist. Man nutzt die Zeit besser auf dem 12 mi umfassenden Trailsystem, das direkt hinter dem Visitor Center beginnt und einen viel besseren Einblick in die reichhaltige Flora und Fauna dieses National Wildlife Refuges bietet. An den drei Seen kann man Vögel beobachten und die hier wachsenden Pflanzen gibt es zum Teil nirgendwo sonst in den USA. Über Brownsville erreichten wir dann schließlich Port Isabel und damit den Golf von Mexiko. Port Isabel ist ein kleiner, hübscher Ort an der Laguna Madre, dem Meeresarm zwischen dem texanischen Festland und Padre Island. Direkt vor der Brücke, die nach South Pare Island führt, steht linker Hand der historische Leuchtturm von Port Isabel. Er wurde 1853 erbaut und war bis 1905 in Betrieb. Über 74, zum Teil sehr enge Stufen, kann man bis in die Spitze des Leuchtturm klettern, von wo aus man den gesamten Küstenstreifen, die Laguna Madre und South Padre Island überblicken kann. Padre Island ist 180 km lang und in zwei Inseln geteilt, zwischen denen es keinerlei Verbindung gibt. Der gesamte nördliche Teil und weite Teile der südlichen Insel (110 km der Gesamtlänge) stehen unter Naturschutz und bilden die Padre Island National Seashore. Auf den Inseln lebten einst -als die Spanier diese Küste erkundeten - die kannibalischen Karankawa-Indianer. Heute sind die Bewohner freundlicher und besonders der südlichste Zipfel der Insel hat sich zu dem Touristenzentrum South Padre Island entwickelt. Das subtropische Klima zieht viele Snowbirds, d. h. die im Süden des Landes überwinternden Amerikaner aus nördlichen Bundesstaaten hierher, so daß wir einen der letzten Stellplätze des Isla Blanca Parks bekamen.Mit unseren Fahrrädern machten wir uns auf an den Golf von Mexiko. Bei unserer Rundfahrt über den Südzipfel der Insel testeten wir auch die Wassertemperartur des Golfs und beschlossen, in den nächsten Tagen unsere Badesaison 1996 zu eröffnen. Die Strände sind hier sehr schön, der Ort South Padre Island allerdings mit vielen Hotels, Restaurants und Souvenir-Shops für unseren Geschmack schon zu touristisch. Morgen werden wir uns den nördlichen, zum Schutzgebiet gehörenden Teil der Insel ansehen, der wohl eher unseren Vorstellungen entsprechen wird.

Ein Sturm brachte in der Nacht etwas Abkühlung, so daß wir unser Bad im Golf verschieben mußten. Nach dem Frühstück machten wir vom Campingplatz aus einen ausgiebigen Strandspaziergang am sturmgepeitschten Golf. Am nördlichen Ortsausgang von South Padre Island befindet sich am Convention Center ein maritimes Wandgemälde des Umweltkünstlers Wyland. Dieses Wal-Bild ist das 53 von geplanten 100, mit denen er auf die Wichtigkeit der Erhaltung der Weltmeere aufmerksam machen will. Direkt am Convention Center beginnt auch der kurze Laguna Madre Nature Walk, der auf zwei Holzstegen über ein künstlich angelegtes Feuchtgebiet an der Laguna Madre führt. Viele Wasservögel leben in diesem Gebiet und lassen sich von den Stegen aus beobachten. Wir fuhren dann den Padre Boulevard nach Norden, bis er mitten in den Sanddünen endet. Hier im Schutzgebiet der Padre Island National Seashore sind die Hotelburgen von South Padre vergessen und wir konnten die unberührte Natur der Golfküste genießen. Wir verließen South Padre Island und bezogen Quartier auf einem Campingplatz in Port Isabel.

Die Laguna Atascosa NWR liegt am südlichen Ende der "Central Flyway" genannten Route der Zugvögel, die alljährlich tausende von Wasservögeln aus den kälteren Regionen Nordamerikas hierher führt. Neben den Zugvögeln gibt es viele ständig hier lebende Seevögel und andere Tiere, wie Kojote, Luchs, Javelina und Rotwild. Das Schutzgebiet liegt an der Laguna Madre und umfaßt sowohl Salz- als auch Süßwasserareale und weite Marschlandgebiete. Der Lakeside Drive ist eine 2,4 km lange Stichstraße, die am Ufer der Laguna Atascosa endet und von der aus zwei Trails in das Schutzgebiet hineinführen. Der Bayside Drive führt in einer 24 km langen Schleife um den Pelican Lake herum und an die Küste der Laguna Madre. Mehrere Haltebuchten und zwei weitere Trails erlauben eine nähere Erkundung des Gebietes. Von der Parkstraße aus lassen sich verschiedene Wasservögel, vor allem Pelikane und Reiher, beobachten. Nur 18 mi westlich der Wildlife Refuge liegt Harlingen, wo wir auf einem riesigen Campground voller Snowbirds übernachtet haben. Schon beim Einchecken wurden wir auf das am Abend stattfindende "Ice Cream Social" aufmerksam gemacht. In der großen Recreation Hall des Campingplatzes kamen alle zusammen und nach einem Bericht über die Aktivitäten des letzten Monats gab es für 75 Cent eine große Portion köstlicher Eiskrem. Da wir unter all den vor dem Winter geflohenen Rentnern natürlich auffielen, wurden wir mehrfach darauf angesprochen, was uns denn hierher führen würde. Wir fanden es sehr interessant einen kleinen Einblick in das kulturelle und soziale Leben der Snowbirds erhalten zu haben.

Über den Hwy 77, die Fortsetzung des Tropical Trail, fuhren wir bis nach Corpus Christi. Mit ihrem natürlichen Hafen ist diese Stadt am Golf von Mexico ist ein wesentlicher Güterumschlagplatz, so daß Industrieanlagen und Werften Stadtbild dominieren. Die Stadt selbst ist arm an Sehenswürdigkeiten, der Bayfront Arts and Science Park, das Texas State Aquarium und das USS Lexington Museum sind die interessantesten Plätze, die alle am Fuße der Harbor Bridge zu finden sind. Der Bayfront Park ist wohl vor allem während der wärmeren Jahreszeit von Interesse, das 1990 eröffnete Texas State Aquarium führt den Besucher an die Golfküste ober- und unterhalb des Wassers. Die Pflanzen- und Tierwelt in den Marschen und am Korallenriff wie auch am Off-Shore Bohrturm wird in den Becken dargestellt. Wer bereits Seaworld oder einen ähnlichen Park gesehen hat oder einen Besuch dort plant, kann meiner Meinung nach auf einen Besuch dieser recht kleinen Anlage verzichten. Der 1943 fertiggestellte Flugzeugträger USS Lexington CV-16 liegt in der Bucht von Corpus Christi und kann besichtigt werden. Die "Lady Lex" wurde während des Zweiten Weltkrieges gegen Japan eingesetzt und lief 1945 als erster amerikanischer Flugzeugträger in die Bucht von Tokio ein. Die große Attraktion von Corpus Christi aber liegt außerhalb der Stadt: Padre Island, die 180 km lange Insel, die nur an wenigen Stellen mehr als 5 km breit ist und sich Port Isabel erstreckt. Nur die nördlichste Spitze der Insel, die mit der Stadt über den John F. Kennedy Causeway verbunden ist, ist bebaut. Das 130 km lange Mittelstück, bis kurz vor South Padre Island, bildet als Padre Island National Seashore ein Schutzgebiet, in dem die Insel in ihren Urzustand erhalten geblieben ist. Die Straße endet kurz hinter dem Visitor Center, Allradfahrzeuge können am Strand entlang die gesamte Küstenlinie abfahren. Die Sandstrände und Dünen laden zum Schwimmen, Sonnenbaden und Muschelsammeln ein. Wir übernachteten auf dem kostenlosen South Beach Campground direkt am Strand.

Der Nebel, der sich in der Nacht gebildet hatte, löste sich den ganzen Tag nicht richtig auf. So starteten wir, direkt von unserem Stellplatz zu einem ausgiebigen Strandspaziergang im Nebel. Mit Muscheln, Korallenteilen und Sanddollars beladen kamen wir zum Wohnmobil zurück und fuhren, nach einem Stop an der Dump-Station, über Padre und Mustang Island gen Norden. Am nördlichen Ende dieser Doppelinsel liegt Port Aransas, das durch eine kostenlose Autofähre und einen Straßendamm mit dem Festland verbunden ist. Auf dem Hwy 35 erreichten wir dann Rockport, einen beliebten Urlaubsort, der sehr schön auf einer Halbinsel zwischen Copano und Aransas Bay liegt. Nördlich der Stadt liegen mit dem Goose Island SP und der Aransas NWR zwei wichtige Stationen der nordamerikanischen Zugvögel an der texanischen Lagunenküste. Über 300 Vogelarten sind dort festgestellt worden, darunter auch der vom Aussterben bedrohte Whooping Crane (Schreikranich). Wir bekamen auf dem sehr schön gelegenen Campingplatz des Goose Island SP noch einen Stellplatz direkt am Ufer der Aransas Bay. Direkt vom Campingplatz und von der ca. 500 m langen Fishing Pier konnten wir Pelikane und Reiher beobachten. Neben der Beobachtung der Wasservögel zählt der Big Tree, eine riesige Eiche, deren Alter auf über 1..000 Jahre geschätzt wird, zu den Sehenswürdigkeiten dieses Parks.

Ein in der Nacht aufgekommener Sturm brachte uns die Kälte zurück, die wir geglaubt hatten, hinter uns gelassen zu haben. Während wir gestern bei 25° in kurzen Hosen und T-Shirt unterwegs waren, mußten wir heute bei 4° bis 7° und eiskaltem Wind die dicken Wintersachen aus dem Schrank holen. Trotz der ungünstigen Witterungsbedindungen hat sich der Besuch der Aransas NWR auf jeden Fall gelohnt. Von allen Wildlife Refuges, die wir bisher besucht haben, haben wir hier die meisten Tiere beobachten können. Die allgegenwärtigen Wasservögel (Reiher, Schneegänse), verschiedene Raubvögel, Truthahngeier und Schwarze Geier, Weißwedelhirsche, Armadillo (Gürteltier) und die seltenen Schreikraniche konnten wir beobachten. Die Schreikraniche, deren Bestand 1938 auf 14 Tiere weltweit abgesunken war, haben sich inzwischen wieder auf 376 Exemplare vermehrt. Sie brüten im Wood Buffalo NP in West-Kanada und überwintern hier in der Aransas NWR. Von einem Aussichtspunkt konnten zwei dieser Tiere beobachten. Im Park sind aber noch weit mehr Tiere beheimatet: Berglöwen, Luchse, Wildschweine, Javelinas, Waschbären, Opossums, Skunks, Alligatoren, Eidechsen, Schildkröten, Schlangen und diverse Kleintier- und Vogelarten können hier angetroffen werden. Der gut 25 km lange Tour Loop Drive bietet die Möglichkeit meherer kurzer Trails, verschiedener Aussichtspunkte und fast immer einen guten Überblick über das Gelände, so daß sich auch vom Auto aus Tiere entdecken lassen. Wer an der Fauna Nordamerikas interessiert ist, sollte sich dieses Gebiet nicht entgehen lassen und mindestens einen dafür Tag erübrigen können. Man erreicht das Schutzgebiet 35 mi nordöstlich von Rockport (Hwy 35) über die Straßen #774 und #2040 oder von der Wasserseite per Ausflugsboot von Rockport. Wir fuhren auf der #35 noch bis Port Lavaca, der nächsten Campingmöglichkeit in nördlicher Richtung.

Heute gesellte sich zu dem ohnehin schon trüben und kalten Wetter auch noch Regen, der erste seit gut 8 Wochen. Der Hwy 35 führt vobei an teilweise ärmlichen und verlassenen Siedlungen bis er in der Brazosport Area, einer Vereinigung von neun Städten, eine Industrieregion erreicht. Raffinerien und chemische Industrie bestimmen hier das Bild und verstärken mit ihrem düsteren Erscheinungsbild und den Abgasen die trübe Stimmung noch weiter. Über eine gebührenpflichtige Brücke erreichten wir schließlich den südwestlichsten Zipfel von Galveston Island. Die Insel liegt zwischen der Galveston Bay / West Bay und dem Golf von Mexiko und besitzt an der Golfküste einen über 50 km langen Sandstrand. Die Stadt Galveston nimmt die Nordspitze der Insel ein. Sie wurde 1817 von dem Piraten Jean Laffite gegründet und war u.a. ein Zentrum des Sklavenhandels. 1821 verjagte die US-Marine Jean Laffite, und 1836 war Galveston für kurze Zeit die Hauptstadt des befreiten Texas. Wir nahmen uns südlich der Stadt einen Campingplatz und begnügten uns mit einem kurzen Spaziergang am Strand. Da die Wettervorhersagen für die nächsten Tage keine Besserung der Wetterlage in Aussicht stellen, werden wir u.U. unsere geplante Route ändern und versuchen dem schlechten Wetter zu entfliehen.

Aufgrund des schlechten Wetters haben wir am nächsten Morgen (Freitag, den 02.02.96) erst einmal ausgeschlafen. Die Wettermeldungen im Radio waren dann alles andere als ermutigend: Nördlich von Houston hat Eisregen zu katastrophalen Straßenverhältnissen und Sperrungen verschiedener Highways geführt, in Houston setzte Schneefall ein und die Schlechtwetterfront sollte weiter nach Süden vorrrücken. Es wurde nicht empfohlen in nördlicher Richtung zu fahren und die Hausbesitzer sollten sich für das Wochenende ausreichende Wasserreserven anlegen und dann ihre Wasserversorgung abstellen, um die Leitungen vor Frostschäden zu bewahren. Süd-Texas erwartete die kältesten Tage seit 7 Jahren. Wir hatten also die Wahl das schlechte Wetter in Galveston abzuwarten, d.h. mindestens bis Montag hier festzusitzen und dann wie geplant über Houston weiter gen Osten zu fahren oder aber sofort aufzubrechen, bevor der Eisregen Galveston erreicht. Wir beschlossen, auf Houston und das Space Center der NASA zu verzichten und vor dem schlechten Wetter die Flucht zu ergreifen. Eine kostenlose Fähre brachte uns von Galveston nach Port Bolivar, von wo aus wir über die #87 und #124 die I-10 bei Winnie erreichten. Auf der Interstate fuhren wir dann bei stürmischem, aber zum Glück trockenen Wetter bis nach Scott, einen kleinen Ort 5 mi östlich von Lafayette, wo wir auf einem KOA-Campground übernachteten. Der Kälte waren wir allerdings auch in Louisiana noch nicht entkommen, auch hier wurde in den Nachrichten von der "Arctic Freeze" gesprochen, es soll auch in den nächsten Tagen noch Minusgrade geben, d.h. ist 25°-30° kälter als normalerweise zu dieser Zeit. Auf dem Campingplatz sahen wir uns einen 20-minütigen Videofilm an, der auf die Sehenswürdigkeiten Süd-Louisianas, auch Cajun-Country genannt, hinwies. Typisch für diese Landschaft sind die Bayous, kurze, die Sümpfe am Golf von Mexiko entwässernden Flüsse. Eng verbunden mit den Bayous sind die Cajuns, wie man früher die Bewohner der Sumpfregion nannte. Heute bezieht sich der Begriff ganz generell auf die Bürger des südlichen Louisiana mit kreolischer Abstammung, d.h. mit spanisch/französischen Vorfahren. Der Begriff "Cajun" ist im Laufe der Zeit aus der Bezeichnung "Acadians" hervorgegangen, wie die französischstämmigen Siedler der kanadischen Kolonie Acadia genannt wurden. Diese französische Kolonie gelangte im Zuge der Kolonialauseinandersetzungen der Engländer und Franzosen 1755 unter britische Kontrolle. Die Acadians wurden von der Briten vertrieben, weil sie sich weigerten ihren katholischen Glauben aufzugeben und der anglikanischen Kirche beizutreten und fanden schließlich in Louisiana eine neue Heimat. Die Cajuns haben sich bis heute ihre eigene Kultur erhalten, wobei neben der Cajun-Musik vor allem die Cajun-Küche mit ihren Fisch- und Krabbenspezialitäten erwähnenswert und über die Landesgrenzen hinaus berühmt ist.

Nach einer frostigen Nacht stiegen auch die Tagestemperaturen kaum über den Gefrierpunkt, aber wir hatten wenigstens wieder Sonne und blauen Himmel. Nachdem wir am Vormittag in Lafayette eingekauft hatten fuhren wir zum Acadian Village, einem kleinen Acadianer-Dorf im Stil des 19. Jahrhunderts. Aus verschiedenen Dörfern sind rund ein Dutzend originaler Cajun-Häuser hier zu einem Museumsdorf zusammengefaßt worden. An einem gewundenen Bach gruppiert und typisch eingerichtet geben sie einen Eindruck vom Dorfleben der Acadians. Die kleine Siedlung macht einen so malerischen Eindruck, daß sie in einigen Filmen als nostalgische Kulisse diente. Auf dem Hwy 90 fuhren wir kurz hinter Broussard auf einen Campingplatz. Da diese Nacht noch kälter werden sollte, beschlossen wir die Heizung die Nacht über durchlaufen zu lassen, damit nicht die gesamte Wasserversorgung einfriert.

Wir hatten so zwar keine Probleme mit unserem Frischwasser, konnten aber unsere Abwässer nicht ablassen, da die außenliegenden Tanks zugefroren waren. Auch ein Auffüllen unseres Frischwassertanks war nicht möglich, denn die Wasserleitungen des Campingplatzes waren ebenfalls gefroren. Wir fuhren auf dem Hwy 90 weiter in Richtung New Orleans und erreichten bei New Iberia die Abzweigung nach Avery Island. Es handelt sich dabei nicht um eine "richtige" Insel, sondern um die Spitze eines unterirdischen Salzdomes, dessen bewaldete Kuppe aus den umliegenden Sümpfen und Marschen herausragt. Der Salzdom ist fast 13 km tief und hat an seiner Spitze einen Durchmesser von gut 3 km. Die Förderung von Steinsalz begann schon Anfang des 19. Jahrhunderts, wurde aber erst gegen Ende des Jahrhunderts professionell betrieben, als ein gewisser Edward Avery McIlhenny das Areal kaufte. Er baute auf dem fruchtbaren Boden Pfefferschoten an und mischte beide Produkte zu der weltbekannten Tabascosoße. Noch heute kommt diese Spezialität fast ausschließlich aus der kleinen Fabrik in Avery Island, die besichtigt werden kann. Die eigentliche Sehenswürdigkeit aber sind die Jungle Gardens, eine phantastische Gartenanlage, die von E.A. McIlhenny mit vielen einheimischen und importierten Pflanzen aus aller Welt ausgestattet wurde. Ein Autoweg führt durch immergrüne Eichen und Zypressen, von denen spanisches Moos fahnenartig herunterhängt. Azaleen, Kamelien und Iris sorgen fast das ganze Jahr über für ein üppige Blütenpracht. In den Sümpfen tummeln sich Bisamratten und Alligatoren und das in den Garten integrierte Schutzgebiet für Wasservögel (Bird City) bietet vor allem Reihern einen sicheren Brutplatz. Zurück auf dem Hwy 90 fuhren wir über viele Brücken durch die schöne Bayou-Landschaft Süd-Louisianas bis nach Houma. Auf dem Campingplatz konnten wir dann endlich dumpen und unseren Frischwassertank auffüllen. Ab morgen soll es wieder etwas wärmer werden, so daß wir das schlimmste jetzt wohl überstanden haben. 

Auf dem Hwy 90 erreichten wir bei Raceland den Bayou Lafourche, an dem entlang ein 200 km langer Abstecher (retour) an die Golfküste führt. An dieser schmalen Wasserstraße reihen sich die Ortschaften z.T. so dicht aneinander, daß ein "ländlicher Ballungsraum" entsteht. Am Bayou kann man nicht nur Fischerboote und Luxusjachten sehen, sondern auch sehr viele Wasservögel beobachten. Sind es zu Beginn nur verschiedene Reiherarten, so gesellen sich gegen Ende der Straße bei Grand Isle auch Pelikane und Kormorane dazu. Der Grand Isle SP liegt auf erst in den letzten 150 Jahren angeschwemmten Land an der Golfküste. Von der Fishing Pier des Parks sieht man die gewaltigen Bohrplattformen im Golf. Wir konnten hier sogar eine Gruppe von Delphinen beobachten. Leider hatte ich von dieser sehr reizvollen Tour nicht allzuviel, da die letzten kalten Tage mir eine kräftige Erkältung eingebracht hatten. Wir checkten uns in New Orleans auf einem Campingplatz ein, von dem es eine gute Busverbindung zum French Quarter gibt und wollen die Wiege des Jazz morgen erkunden, wenn meine Erkältung es zuläßt.

Mit einem Bus fuhren wir vom Campingplatz in die Innenstadt von New Orleans, der einzigen US-amerikanischen Stadt mit einer erhaltenen Altstadt französischen Ursprungs. Die Stadt liegt eingezwängt zwischen einer Ausbuchtung des Mississippi River und dem Lake Pontchartrain. Die Gründung der Stadt im Jahre 1718 erfolgte durch die Franzosen, die sie zu Ehren ihres Königs, des Herzogs von Orleans, Nouvelle Orleans nannten. Ab 1769 geriet New Orleans für 31 Jahre lang an die Spanier, fiel aber im Jahre 1800 an Frankreich zurück, das 1803 alle seine nordamerikanischen Besitzungen im Louisiana Purchase für 15 Millionen Dollar an die USA veräußerte. Nach dem Bürgerkrieg entwickelte sich New Orleans dank seiner Lage vor dem Mündungsdelta des Mississippi zu einem der wichtigsten Häfen des Landes. Dennoch gehört es mit nur etwas über einer Million Einwohnern zu den noch überschaubaren Städten der USA. Das Vieux Carré, wie das "alte Viertel" in Französisch heißt, liegt zwischen Canal Street und Esplanade sowie dem Mississippi River und der Rampart Street. Obwohl das French Quarter, wie das Viertel offiziell heißt, heute extrem vermarktet wird und einige Gebäude renovierungsbedürftig sind, haben sich die Straßenzüge mit den New Orleans eigenen kreolischen Fassaden und schmiedeeisern verzierten Arkaden und Balkonen ihren besonderen Charme erhalten können. Eine derartige Ballung von Souvenirshops, Boutiquen, Hotels, Restaurants, Striptease-Schuppen und vor allem Kneipen findet man in den USA nicht noch einmal. Wir begannen unsere Tour durch das French Quarter in der Bourbon und Royal Street, wo sich einige sehenswerte Häuser des kreolischen Stils befinden. Über die St. Peter Street gelangten wir schließlich zum Jackson Square, der den Kern des French Quarter bildet. Rund um den Platz kann man Artisten, Zauberern und Schnellzeichnern bei der Arbeit zusehen. An der Nordseite des Platzes liegt die 1794 erbaute dreitürmige St. Louis Cathedral, die älteste katholische Kathedrale der USA und bereits die zweite an dieser Stelle. Die erste, 1724 erbaute Kirche fiel 1788 einem Brand zum Opfer. Der French Market an der Ecke Decatur Street und Jackson Square blickt auf eine über 200jährige Vergangenheit zurück. Wo heute die 1975 errichteten Arkaden mit Läden und Restaurants stehen, befand sich ein indianischer Handelsplatz, der später auch von den Franzosen und Spaniern benutzt wurde. Das Café du Monde ist eine lokale Institution, die seit etwa 130 Jahren rund um die Uhr geöffnet hat. Es gibt Café au lait, Beignets (Schmalzgebäck) und Konzerte von Straßenmusikanten. Direkt neben dem French Market befindet sich mit dem Old Farmer´s Market der älteste Markt der USA, auf dem die Farmer des Umlandes ihre Waren anbieten. Ein angrenzender Flohmarkt nutzt die touristisch interessante Lage. Jenseits der Gleise der Riverfront-Straßenbahn ist der Damm des Mississippi River unter dem Namen Moon Walk zur Flaniermeile geworden. Wir flanierten am Woldenberg Riverfront Park vorbei zum Liegeplatz der Mississippidampfer vor dem Aquarium. Die "Natchez" legte gerade zu einer Fahrt ab und bildete so ein sehr schönes Fotomotiv. Wir fuhren dann vom Terminal der Canal Street Ferry mit der, für Fußgänger kostenlosen, Autofähre über den Mississippi zum Stadtteil Algiers. Von der Fähre aus hat man den schönsten Blick auf die Skyline von New Orleans. Vor dem World Trade Center liegt die Spanish Plaza, ein Geschenk Spaniens zur 200-Jahr-Feier der USA 1976, mit ihrem sehenswerten Springbrunnen. Von diesem Platz führt der Weg zum Riverwalk Marketplace, einem restaurierten Lagerhauskomplex mit über 200 Geschäften und Restaurants. Vom French Quater aus fuhren wir dann nach 11 km Fußmarsch durch die Straßen von New Orleans mit dem Bus zurück zum Campingplatz.

Unserer heutiger Tag stand ganz im Zeichen des Mississippi River, Vater aller Flüsse oder auch "Ol´ Man River", wie dieser fast 3800 m lange Fluß auch genannt wird. Von rund 250 Zuflüssen gespeist, nimmt er Kurs auf den Golf von Mexiko, dessen Küste er mit seinen Riesenmengen von Schlick im Laufe der Zeit stark verändert hat. Jedes Jahrhundert verschiebt sich das Flußdelta 10 km weiter nach Südosten. Dieser gewaltige Strom beginnt als bescheidener Fluß am Lake Itasca in Minnesota. Bei St. Louis mündet der mächtige Missouri und weiter südlich bei Cairo der Ohio River in den Mississippi. Mit seinen Nebenflüssen durchfließt der Mississippi das gesamte zentrale Nordamerika und war bis zum Bau der Eisenbahn der wichtigste Transportweg des Landes. Bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts bildete er die Zivilisationsgrenze zwischen dem Osten und Westen der USA, mittlerweile ist er längst zum Mythos geworden. Wir hatten vor, dem Mississippi bis zu seiner Mündung, bzw. bis zu Ortschaft Venice zu folgen. Auf der Landkarte hat es den Anschein, daß der Hwy 23 immer am Fluß entlang führt und wir versprachen uns von dieser Strecke schöne Blicke auf den Fluß. Da der Fluß aber seit 1963 auf seinem letzten Abschnitt kanalisiert ist, bietet diese Strecke nicht den geringsten Ausblick auf den Mississippi. Da uns diese Strecke dann zu langweilig war, machten wir in Myrtle Grove kehrt und fuhren zurück nach New Orleans. Von dort aus folgten wir der Great River Road, die aus einer West- (#18, #1) und einer Ostroute (#48, #44, #942) besteht, dem Flußlauf des Mississippi folgt und zu einigen sehenswerten "Plantations" führt. Diese alten Herrenhäuser der Baumwollpflanzer, die es vor dem amerikanischen Bürgerkrieg dank der Sklavenarbeit zu Wohlstand gebracht hatten, werden auch "Antebellum Houses" genannt. Auf der Strecke von New Orleans nach Baton Rouge stehen sechs dieser Anwesen gegen Eintritt zur Besichtigung offen oder bieten sogar Übernachtungsmöglichkeiten. Wir sollten bei der San Francisco Plantation am Hwy 44 in der Nähe von Reserve den vollen Eintrittspreis von 7 Dollar bezahlen, obwohl wir gar nicht in das Haus hinein wollten. So fuhren wir weiter zur Oak Alley Plantation bei Vacherie am Hwy 18, wo aber die gleichen Bestimmungen galten. Dieses Anwesen, mit seiner wundervollen von 28 Eichen gebildeten Allee, war ein Schauplatz des Filmes "Fackeln im Sturm" und vieler anderer Produktionen. Die ehemalige Zuckerrohrplantage verfiel nach dem Bürgerkrieg und wurde schließlich von einer Stiftung übernommen und restauriert. Da wir es nicht einsahen für ein paar Fotos des Gebäudes den vollen Eintritt zu bezahlen, machten wir hier unsere Fotos von der Straße aus und fuhren dann wieder auf die I-10 Richtung New Orleans zurück. Die Plantagen an der Great River Road sind ohne Zweifel sehenswert, wer aber wie wir nicht bereit ist für jeden Blick aud die Gebäude Eintritt zu zahlen, sollte sich aus der beim Visitor Center in New Orleans erhältlichen Broschüre bestimmte Plantagen heraussuchen und diese gezielt anfahren. Zurück in New Orleans nutzten wir die mit fast 40 km längste Brückentrasse der Welt (Pontchartrain Causeway) über den Lake Pontchartrain, um im Fontainebleau SP am Nordufer des Sees zu übernachten. Bei einem abendlichen Spaziergang über den Campingplatz und zum See konnten wir nicht nur den gewaltigen Schaden begutachten, den der Southern Pine Beetle an dem Kiefernbestand des Parks angerichtet hat, sondern auch Eichhörnchen, Fledermäuse und einen Waschbären beobachten.

Nachdem wir am Morgen noch einmal den Blick über den riesigen Lake Pontchartrain und die Brückentrasse geworfen hatten, fuhren wir auf dem Hwy 190 bis zur I-10. Kurz hinter der Grenze zu Mississippi suchten wir das Visitor Center auf, um uns mit Karten und Campingplatz-Informationen einzudecken. Der Hwy 90 brachte uns in Pass Christian an den Golf von Mexiko. Wir sahen uns den kleinen Hafen des Ortes und die aufgeschütteten Strände an. Die hier ursrünglich vorhandenen versumpften Uferbereiche wurden trockengelegt und der breite Sandstrand zwischen Bay Saint Louis und Biloxi aufgeschüttet. Der Hwy verläuft immer an der Küste entlang und bietet noch einen weiteren Reiz, da wunderschöne alte Südstaatenvillen an der Straße liegen. Um Biloxi herum konzentrieren sich die jüngsten Attraktionen am Golf, die Spielkasinos. Wir sahen uns das Treasure Bay Casino in Form eines Schiffes an. Kurz hinter Biloxi erreichten wir den Davis Bayou der Gulf Islands NSS, einem mit Visitor Center, verschiedenen Trails und Campingplatz ausgestatteten, aber ansonsten naturbelassenen Mangrovensumpf, der vor der Trockenlegung bewahrt wurde. Die eigentlichen Attraktionen des Parks, die vorgelagerten Inseln, lassen sich z.T. per Ausflugsboot ab Gulfport und Biloxi oder auch nur mit Charterbooten erreichen. Im Visitor Center kamen wir mit einer Volunteer Rangerin ins Gespräch, so daß wir dann gar keine Zeit mehr hatten uns den Davis Bayou anzusehen, sondern uns einen Stellplatz auf dem Campingplatz (first come first serve) sichern mußten. Auch auf diesem Platz sind wieder Hörnchen und Waschbären unsere Nachbarn.

In der eigentümlichen Stimmung des Morgennebels sahen wir uns die Landschaft am Davis Bayou etwas genauer an. Der Nature Trail beginnt an einem kleinen Teich, in dem wir Schildkröten sahen und an dessen Ufer die vom Nebel befeuchteten Spinnweben glitzerten. Der Davis Bayou selbst war fast vollständig vom Nebel verschluckt. Kurz hinter Pascagoula trifft die #90 wieder auf die I-10, auf der wir dann Alabama erreichten. Auch hier gab es, wie auf den Interstates allgemein üblich, gleich hinter der Grenze ein Visitor Center. Mit Landkarte und Informationsmaterial bewaffnet bogen wir kurz vor Mobile von der I-10 ab und erreichten auf der #59, südlich von Theodore die sehr schönen Bellingrath Gardens. Ob es nun, wie ein Prospekt verspricht, einer der schönsten Gärten der Welt ist, sei dahingestellt, es handelt sich aber zweifelslos um eine sehr schöne und gepflegte Anlage. Leider war der Zeitpunkt unseres Besuches etwas unglücklich, da die wenigen Winterblüher in der zurückliegenden Frostperiode sehr gelitten hatten. So konnten wir nur im 1935 errichteten Tropenhaus einige Blüten bewundern, aber auch ohne Blütenpracht ist der Park sehenswert. Die reiche Industriellen-Familie Bellingrath hat diesen exquisiten Park in den 20er Jahren aus einem subtropischen Dschungel geschaffen. Vor dem Hintergrund mächtiger Bäume herrscht vom Frühling bis zum Spätsommer eine verschwenderische Blütenpracht. Der gestaffelte Eintrittspreis erlaubt den alleinigen Besuch der Gartenanlage, die zusätzliche Besichtung der Bellingrath Villa und die Teilnahme an einer Fahrt auf dem Fowl River. Wer in der Blütezeit in der Nähe ist, sollte sich diesen wunderschönen Park auf keinen Fall entgehen lassen. Über den Hwy 193 kamen wir nach Dauphin Island, wo wir in Fort Gaines auf dem Campingplatz übernachteten.

Der Morgen begann mit einer Panne. Wir wollten mit unseren Fahrrädern eine Tour über Dauphin Island unternehmen, mußten aber feststellen, daß mein Fahrrad einen Platten hatte. So packten wir die Fahrräder wieder weg und machten uns auf den Weg zur Mobile Bay Ferry, die alle anderthalb Stunden Fort Gaines und Fort Morgan miteinander verbindet. Die Fähre war trotz des starken Nebels über der Mobile Bay sehr pünktlich und wir setzten unsere Fahrt auf dem Dixie Graves Parkway (#180, #182) fort. Auch hier war die Küstenlinie in dichten Nebel gehüllt, was die Strandhäuser in eine fast unheimliche Atmosphäre rückte. In Orange Beach erreichten wir dann die Grenze nach Florida. Dieses südlichste Anhängsel an den nordamerikanischen Kontinent, heute ein Mekka für Touristen, war nicht immer so begehrt. Kaum 100 m aus dem Meer herausragend und durchsetzt von unzähligen Flüssen und Seen , war dieses tropisch-subtropische Land berühmter für seine tropischen Krankheiten als für seine Strände. Die Natur hat Florida für ein Urlaubsparadies bestens ausgestattet: Die Palette reicht von den tropischen Inseln der Keys im Süden bis zu den Wäldern Nordfloridas. Dazwischen liegen die faszinierenden Sümpfe der Everglades und die Seenplatte Zentralfloridas - und natürlich Hunderte von Kilometern herrlicher Strände. Die Blüte Floridas begann Ende des vorigen Jahrhunderts mit der Verlegung der Eisenbahn in den Staat. Gleichzeitig gebaute Hotels zogen die Touristen nach Süden, das Urlaubsland Florida war entdeckt. Heute trägt die moderne Vergnügungsindustrie das ihre dazu bei Florida abwechslungsreich zu gestalten. An die einhundert, zum Teil unglaublich aufwendig gestaltete "Theme Parks" und Attraktionen sorgen für die Unterhaltung der Touristen. Dieser Aufschwung der Tourismus-Industrie, dem wichtigsten Wirtschaftszweig des Staates, ist an der Natur jedoch nicht spurlos vorübergegangen. Viele Sümpfe wurden trockengelegt und Ökologen befürchten, daß die Everglades einen dauerhaften Schaden davongetragen haben. Wir fuhren auf dem Hwy 98 über Pensacola, Fort Walton Beach bis nach Panama City Beach. Die Strände auf diesem gut 160 km langen Abschnitt des Florida Panhandle werden von vielen als die schönsten in ganz Florida bezeichnet. Während die Strände im Süden aus körnigem Muschelsand bestehen, säumt die Küsten im Nordwesten feiner schneeweißer Quarzsand, den der Mississippi nach der Eiszeit aus dem Hinterland an die Küste schaffte. Besonders reizvoll ist der Abschnitt auf dem Hwy ALT 98, der die meiste Zeit direkt am Strand entlang führt. Wir mieteten uns in Panama City Beach gleich für zwei Nächte einen Campingplatz, da wir uns für den nächsten Tag einiges vorgenommen hatten: Auffüllen der Vorräte, Grundreinigung des Wohnmobils, Reparatur der im Sturm beschädigten Fernsehantenne und das Flicken meines Fahrrades stehen auf dem Programm.

Nach unserem gestrigen "Arbeitstag" konnte heute der Urlaub weitergehen. Panama City Beach ist durch und durch touristisch, gut 4..000 Einwohnern steht die zehnfache Menge an Touristen-Quartieren gegenüber. Am Miracle Strip, der parallel zum Strand verlaufenden Hauptstraße reihen sich Restaurants, Cafés, Bars, Diskotheken, Minigolfplätze und Amusementparks aneinander. Diesem Rummel kann man in der St. Andrews SRA südöstlich des Ortes entgehen. Hier kann man die herrliche weiße Dünenlandschaft und das kristallklare Wasser des Golfs von Mexiko in Ruhe genießen. Der Park liegt an der Spitze einer Landzunge zwischen der Grand Lagoon und dem Golf von Mexiko. Zwei Campingplätze bieten Übernachtungsmöglichkeiten in schöner Umgebung und in den Sommermonaten fahren Boote zu der unbewohnten, zum Park gehörenden Shell Island hinüber. Am Buttonwood Marsh Overlook konnten wir blaue Reiher beobachten und der Pine Flatwood Trail führte uns von der Grand Lagoon über Marschlandschaften bis zu einem Kiefernwald. Nach einem weiteren kurzenTrail am Ufer des Gator Lake beendeten wir unseren Besuch dieses Parks mit einem ausgiebigen Strandspaziergang an der Golfküste. Auf dem Hwy 98 fuhren wir weiter in östlicher Richtung, wo die Straße nach der Durchquerung der Tyndall Air Force Base auf einem wunderschönen Abschnitt zwischen Mexico Beach und Port St. Joe direkt an der Golfküste entlang führt. Über eine Country Road erreichten wir dann den St. Joseph Peninsula SP, der wie der Name schon sagt auf der St. Joseph Halbinsel zwischen Golf und St. Joseph Bay liegt. Von der in den Park hineinführenden Stichstraße gibt es Zugänge sowohl zum Golf von Mexiko als auch zu St. Joseph Bay. Vom palmenumstandenen, strandnahen Campingplatz aus gingen wir durch die Dünen an den herrlichen weißen Strand. Dank des klaren Himmels gab es einen phantastischen Sonnenuntergang, bei dem die Sonne wie ein roter Feuerball im Meer versank.

Die Folgen des Hurrican vom letzten Oktober haben uns heute unsere Pläne durcheinander gebracht. Nachdem wir die St. Joseph Peninsula verlassen hatten, erreichten wir mit dem kleinen Ort Apalachicola eine Hochburg der Austernzucht. Rund 70% der Gesamtproduktion an Austern in Florida stammt von den Austernfischern rund um Apalachicola. Auf über 5..000 ha Fläche liegt hier eine Austernzucht neben der anderen gut geschützt von den vorgelagerten Inseln. Eine dieser Inseln, die St. George Island kann man von Eastpoint aus über eine Brücke erreichen. Im St. George Island SP an der Nordspitze der Insel wollten wie heute campieren, aber der State hatte aufgrund der Hurrican-Schäden geschlossen. Auf unser weiteren Fahrt auf dem Hwy 98 immer entlang der Golfküste sahen wir auch in den vielen kleinen Austernfischerorten noch die Spuren dieses Hurrican. Entlang einsamer Strände erreichten wir den Abzweiger auf die #370, auf der wir nach Alligator Point fuhren, wo wir auf dem gleichnamigen Campground übernachteten. Der Ort liegt sehr schön auf einer Halbinsel zwischen Alligator Habor und Golf von Mexiko.

Über die Straßen #98, #319 und #276 erreichten wir die in den Wäldern des Edward Ball Walkulla Springs SP versteckten Walkulla Springs, die Quelle mit dem angeblich tiefsten Quelltopf der Welt (56 m). Aus ihm sprudeln pro Sekunde bis zu 54.000 Liter Wasser in ein kristallklares Becken. Die Wassertemperatur bleibt das ganze Jahr über relativ konstant bei 21° C. Mit Glasboden ausgestattete Boote fahren über das, inmitten eines Zypressenwaldes liegende Quellbecken und erlauben einen Einblick in die Unterwasserflora und -fauna. Eine weitere, 45minütige Bootstour auf dem Walkulla River führt durch unberührten Dschungel, ein Paradies für exotische Vögel, Fische, Schildkröten und Alligatoren. Aufgrund des Tierreichtums des Parks ist diese Tour jedem Tierliebhaber zu empfehlen. In diesem Gebiet wurden neben einigen anderen Produktionen auch die alten Tarzan-Filme mit Johnny Weißmüller in der Hauptrolle gedreht. Ein kleiner Badestrand lädt überdies zu einem alligatorsicheren Bad in dem glasklaren Quellwasser. Zurück auf dem Hwy 98 fuhren wir weiter in südlicher Richtung bis wir bei Chiefland die Abzweigung (#320) zum Manatee Springs SP erreichten. Die namensgebenden Manatee Springs speisen den Suwannee River mit über 5.000 Liter Wasser pro Sekunde. Auf dem sehr schön im Wald gelegenen Campingplatz hatten wir es uns gerade am Lagerfeuer gemütlich gemacht, als von einer der anderen Campsites der Klang einer Trompete zu uns herüber drang, was will man mehr? Ein andere Camper machte uns dann noch auf das heute abend stattfindende gemütliche Beisammensein mit Lagerfeuer, "Songs and Stories" aufmerksam. So saßen wir dann mit den anderen Gästen am Lagerfeuer und die "Wirtin" des Campingplatz las Geschichten vor, spielte Gitarre und animierte uns zum Mitsingen Ihrer Lieder. So ging ein sehr schöner Abend viel zu schnell vorüber. Auf dem "Sing Along" erfuhren wir dann noch, daß morgen früh eine gefuhrte Kanutour auf dem Suwannee River stattfindet und wir beschlossen, einen weiteren Tag in diesem schönen Park zu bleiben und an dieser Fahrt teilzunehmen.

Gleich nach dem Frühstück gingen wir zu den Manatee Springs. Das Quellbecken bietet das ganze Jahr über Bademöglichkeiten in dem konstant 22° C warmen Wasser. Ein Steg folgt dem Quellfluß bis zur Einmündung in den Suwannee River. Hier konnten wir Anchingas, Schildkröten, Fische, Geier und Raubvögel beobachten. Die Manatees (Seekühe), die der Quelle ihren Namen gegeben haben, waren aufgrund des unruhigen Wassers aber nicht zu erkennen. Während der Wintermonate wandern die Manatees vom kälter werdenden Golf von Mexiko die Flüsse zu den warmen Quellen hinauf. Im Mündungsbereich des Quellflusses mit dem Suwannee River halten sich fast täglich einige dieser seltenen Tiere auf und können vom Ende des Steges aus beobachtet werden. Auch auf der anschließenden gut einstündigen Kanutour auf dem Suwannee River sahen wir keine Manatees, dafür aber viele Schildkröten und Wasservögel aus nächster Nähe. Wir beschlossen dann eine weitere Nacht im Park zu bleiben und erkundeten am Nachmittag einen großen Teil des Trailsystems des Parks mit unseren Mountainbikes.

Über Nacht ereilte uns eine weitere Kälteperiode, die zwar nur einen Temperatursturz von 10° C brachte, aber wir müssen in den kommenden Nächten auch wieder mit Nachtfrösten rechnen. Wir haben schon etwas Pech, daß wir ausgerechnet in einem amerikanischen Rekordwinter unterwegs sein müssen. Bevor den Park verließen, machten wir uns noch einmal auf den Weg zum Suwannee River und hatten diesmal tatsächlich Glück: In der Einmündung des Quellflusses konnten wir ein Manatee beobachten. Wir sollten heute aber noch mehr dieser schwerfälligen, mit den Elefanten verwandten Säugetiere zu Gesicht bekommen. Im Homosassa Springs State Wildlife Park gibt es rund um die artesische, weitestgehend naturbelassene Quelle ein sehr schönes Wildschutzgebiet. Vom Hwy 19/98 aus erreichten wir den Wildpark über eine halbstündige Bootsfahrt durch die tropische Umgebung der Quelle, wo wir einige der farbenprächtigen Wood Ducks beobachten konnten. In einer tierparkähnlichen Anlage sind unter anderem ein Flußpferd, Alligatoren, Otter und Wasservögel zu sehen. Die meisten Greifvögel des Parks sind nur vorübergehend hier, es handelt sich um verletzt aufgefundene Tiere, die hier, wenn möglich, wieder gesund gepflegt und in die Freiheit entlassen werden. Im kristallklaren Wasser der Quelle kann man von einem schwimmenden Unterwasserobservatorium aus die zahllosen Fische und auch Manatees, die gutmütigen, dickhäutigen Seekühe beobachten. Bei den Manatees handelt es sich um von Motorbooten verletzte oder verwaiste Tiere, die in der natürlichen Umgebung der Quelle auf ein Leben in freier Natur vorbereitet werden. Wir fuhren in Holiday auf die ALT 19 und übernachteten auf einem Campingplatz südlich von Tarpon Springs.

Zunächst fuhren wir zurück nach Tarpon Springs, daß 1876 von A.P.K. Safford, einem früheren Gouverneur Arizonas gegründet wurde. Griechische Schwammtaucher fanden hier um die Jahrhundertwende ein neues Heim und begründeten eine blühende Industrie. Kunstschwämme haben heute das Schwammtauchen zu einem weniger gefragten Gerwerbe gemacht, das aber für die Menschen in Tarpon Springs immer noch sehr wichtig ist. Wie schon vor fünf Jahren, fanden wir es auch heute wieder sehr interessant durch die Schwamm-Docks zu schlendern und die griechische Atmosphäre dieses Städtchens zu genießen. Auch wenn der Bereich um die Sponge Docks sehr touristisch ist, lohnt sich ein Besuch von Tarpon Springs. Im Zentrum der Stadt besuchten wir noch die sehr schöne griechisch-orthodoxe Kirche St. Nicholas bevor wir uns auf den Weg nach Süden machten. In Clearwater erreichten wir das nach Miami/Fort Lauderdale/West Palm Beach zweitgrößte Ballungsgebiet Floridas mit den Städten Clearwater, St. Petersburg und Tampa. Dieses Gebiet wird geprägt durch seine Lage am Golf von Mexiko und rund um den Clearwater Harbor, die Tampa und Boca Ciega Bay. Wir fuhren in Clearwater Beach auf die rund 40 km lange, dem Festland vorgelagerte Inselkette. Am Gulf Boulevard, der die Inseln miteinander verbindet, reihen sich in ununterbrochener Folge Hotels, Motels und Restaurants aneinander. Die kleinen Strandorte gehen nahtlos ineinander über, auf der Ostseite gesäumt von Jachthäfen und von Kanälen durchzogenen Wohnvierteln an der Boca Ciega Bay und auf der Westseite von den herrlichen Sandstränden des Golfs von Mexiko. Wir fuhren hinunter bis zum Mullet Key, dem südlichen Ende der Inselkette, wo wir im Fort De Soto Park übernachten wollten. Da der Campground ausgebucht war, mußten wir uns eine andere Übernachtungsmöglichkeit suchen, haben uns aber einen Stellplatz für die nächsten beiden Nächte reservieren lassen. Wir fanden einen Capingplatz in St. Petersburg, ganz in der Nähe unserer morgigen Ziele, einem Flohmarkt und dem Salvador Dali Museum.

Der Wagonwheel Flea Market, 7801 Park Boulevard (Hwy 694) bietet auf 2.000 Ständen alles was man sich vorstellen kann. Jedes Wochenende öffnet dieser riesige Flohmarkt seine Tore, ein Muß für alle Flohmarkt-Fans. Im Zentrum von St. Petersburg liegt mit dem Salvador Dali Museum die größte kulturelle Attraktion des Ballungsgebietes. Die Sammlung umfaßt 94 Ölgemälde, über 100 Aquarelle und Zeichnungen, fast 1300 Grafiken, außerdem Skulpturen, Kunstobjekte, Fotografien, Dokumente und eine umfangreiche archivarische Bibliothek. Sie ist die größte Dali-Sammlung der Welt und beinhaltet alle Schaffensperioden des Malers. Zu verdanken hat St. Petersburg diese einmalige Sammlung dem Ehepaar Morse, die seit 1942 persönliche Freunde und Mäzene von Dali und Sammler seiner Werke sind. Sie stifteten ihre umfangreiche Sammlung 1980 der Bevölkerung Floridas und 1982 wurde das Dali Museum eröffnet. Die Galerie führt die Besucher von den frühen Werken im impressionistischen Stil über die surrealistische und klassische Periode bis zu den Meisterwerken des unverkennbaren Dali-Stils. Die berühmten zerfließenden Uhren, Doppelbilder und monumentalen Gemälde sind die Highlights des Museums. Neben den Kunstwerken steht auch das exzentrische Leben Dalis, eines der größten Künstler des 20. Jahrhunderts im Mittelpunkt der Ausstellung. Vom Dali Museum fuhren wir zum Fort De Soto Park und bezogen unseren reservierten Stellplatz, umgeben von Palmen und dichter Vegetation. Wir beobachteten drei Waschbären, die auf unserem Platz irgendetwas eßbares gefunden hatten. Unsere Vorgänger auf diesem Platz hatten Salzgebäck für die Tiere deponiert, was wir erst einmal eingesammelt haben. Wir zogen uns damit zwar den Unmut der Waschbären zu, konnten aber nicht einfach zusehen, wie die Tiere dieses schädliche Zeug fressen.

Da wir für die zweite Nacht auf einen anderen Stellplatz wechseln mußten, fuhren wir nach dem Frühstück auf einen der vielen Parkplätze im Park und machten unsere Fahrräder startklar. Auf dem Recreational Trail, einem von der Straße getrennten Wegesystem für Fußgänger, Radfahrer und Skater, fuhren wir durch den gesamten Park. Am North und East Beach, sowie an den beiden Piers in die Tampa Bay und den Golf von Mexiko machten wir Pausen und genossen das herrliche Wetter. Vom East Beach aus hat man einen schönen Blick auf die Sunshine Skyway Bridge, die die Tampa Bay überspannt und St. Petersburg und Bradenton miteinander verbindet. Die Brücke ist über 20 km lang und die Fahrbahn befindet sich an der höchsten Stelle 19 Stockwerke über der Wasseroberfläche. Unsere Freude über das Wetter wurde noch größer, als wir in einem Telefonat mit Freunden erfuhren, daß Norddeutschland im Schnee versinkt. Unser letzter Stop führte uns zu dem 1898 erbauten Fort De Soto auf der Spitze des Mullet Key, das dem Park seinen Namen gegeben hat. Das Fort wurde zum Schutz der Tampa Bay während des spanisch-amerikanischen Krieges erbaut, die Kanonen wurden jedoch nie abgefeuert. Zurück auf dem Campingplatz saßen wir auf unserem sehr schön am Wasser gelegenen Stellplatz vor unserem Wohnmobil, als sich ein Hörnchen an unsere Erdnußtüte heranschlich. Später erkundete dann auch noch ein Waschbär, ob es etwas Eßbares zu erbeuten (erbetteln) gibt. Direkt von unserem Platz aus erlebten wir dann noch einen phantastischen Sonnenuntergang.

Wir verließen den Park bei leichtem Regen und fuhren über die Sunshine Skyway Bridge weiter in Richtung Süden. Von Bradenton aus nutzten wir wieder die Nebenstraßen auf den vorgelagerten Inseln Anna Maria Island und Longboat Key. Dem sehr touristischen Sarasota schenkten wir keine Beachtung und gelangten über Siesta Key, wo wir an dem herrlichen weißen Strand spazierengingen und die kleine Ortschaft Osprey in den Oscar Scherer SP. Der sehr schön angelegte Campingplatz war leider ausgebucht und wir mußten mit einem Platz in der "Overflow-Area" innerhalb eines Picknickbereiches Vorlieb nehmen.

Wir begannen den nächsten Tag mit einer 90minütigen, rangergeführten Kanutour auf dem South Creek, der durch den gesamten Park hindurch fließt. Der Ranger erklärte die Flora und Fauna des Parks im und am sehr flachen und ziemlich schlammigen Fluß. Nach anfänglichem Nebel siegte schließlich die Sonne und wir hatten perfektes Kanu-Wetter. Uns ging es in der Gruppe allerdings etwas zu langsam voran, so daß wir beschlossen, das nächste Mal auf die Rangerinformationen zu verzichten und uns allein auf den Weg zu machen. Auf dem Hwy 41, dem Tamiami Trail (Tampa-Miami Trail) fuhren wir dann weiter in südlicher Richtung. Über Port Charlotte und Fort Myers erreichten wir die Koreshan SHS, wo wir übernachten wollten. Da die vergleichsweise günstigen Campingplätze der State Parks aber auch bei den Snowbirds sehr beliebt sind, war auch hier alles ausgebucht. So mußten wir auf einen mit $ 29 recht teuren privaten Campingplatz ausweichen, um für den Besuch der beiden Inseln Sanibel und Captiva, wo es keine Campingmöglichkeiten gibt, einen guten Ausgangspunkt zu haben. Wir hoffen, daß die Snowbirds nicht zu einem Problem für uns werden und wir nicht häufiger auf ausgebuchte Plätze treffen. Am Abend nutzten wir den einzigen Vorteil der privaten Plätze und machten es uns im platzeigenen Pool und Spa gemütlich.

Die beiden vorgelagerten Inseln Sanibel und Captiva Island, die über eine Brücke mit dem Festland verbunden sind, gehören zu den schönsten der ganzen Westküste. Vorbei an luxuriösen Anwesen und durch üppige subtropische Vegetation, die ein wenig an die Südsee erinnert, führt eine Durchgangsstraße über die ganze Länge der Insel bis Captiva Island. Berühmt sind die beiden langgestreckten Inseln vor allem wegen der zahllosen Muscheln, die mit jeder Flut an den flachen Stränden angeschwemmt werden. Hier verdient sich die Region ihren Spitznamen "Shell Coast" zu Recht. Rund 400 Muschelarten kommen vor und machen Sanibel und Captiva zu einem Mekka der Muschelsammler. Auf Sanibel wirkt alles sehr dezent, sogar die sonst allgegenwärtige Infrastruktur aus tankstellen, Fast Food Restaurants und Shopping Zentren. Für den "einfachen" Besucher ist es allerdings etwas schade, daß die Küstenlinie größtenteils in privatem Besitz ist und die wenigen Public Beaches nur sehr wenig Parkraum bieten. Auf Captiva ist der öffentliche Strandzugang noch weiter eingeschränkt und auch die Parkplatzsituation ist die gleiche wie auf Sanibel. Die von Mangroven überwucherte Landseite von Sanibel Island ist fast vollständig im J.N. "Ding" Darling NWR unter Schutz gestellt. Auf mehr als 2.000 ha Fläche dehnt sich dort eine unberührte Urlandschaft aus mit kleinen Lagunen und Wasserläufen, in denen Alligatoren zu finden sind. Auf dem 8 km langen Wildlife Drive lassen sich zahlreiche Wasservögel beobachten, darunter die seltenen Rosa Löffler, Reiher, Pelikane und rund 200 weitere Vogelarten. Der Park verdankt seinen Namen einem politischen Karikaturisten und Pionier der Naturparkbewegung namens Jay Norwood Darling, der seine Karikaturen mit "Ding" signierte. Wir begannen unseren Besuch der beiden Inseln mit diesem Naturpark und konnten viele Wasservögel und auch Alligatoren beobachten. Danach fuhren wir auf der Durchgangsstraße bis nach Captiva, fanden aber auf keinem der wenigen Parkplätze eine Möglichkeit unser Wohnmobil abzustellen. So fuhren wir zum Parkplatz am Besucherzentrum des Parks zurück und nutzten mit unseren Fahrrädern das gut ausgebaute Netz von Radwegen auf Sanibel Island. So kamen wir dann doch noch an den Strand, der allerdings, wie schon die Wildlife Refuge und die gesamte Insel, sehr voll war. Da die Snowbirds alle nach Weihnachten aufbrechen empfiehlt sich ein Besuch Südfloridas ohne überfüllte Parkplätze und Strände vor dieser Zeit. Wir verließen die Inseln und fuhren über Fort Myers Beach bis nach Bonita Springs, wo wir uns vorsichtshalber einen Campingplatz reserviert hatten.

Das Corkscrew Swamp Sanctuary ist ein 43 km² großes Naturschutzgebiet unter der Verwaltung der Audubon Society und liegt ungefähr 25 km westlich von Immokalee. Die Zypressen in diesem Park, dem größten Zypressenwald der USA, sind zum Teil über 700 Jahre alt und damit die ältesten Bäume im östlichen Nordamerika. Ein ca. 3 km langer Boardwalk führt durch dieses Schutzgebiet, in dem neben den riesigen kahlen Zypressen, Farnen und Schlingpflanzen auch zahlreiche Tiere zu beobachten sind. Wir konnten Wasserschlangen, Alligatoren, Schildkröten, Eidechsen, Raubvögel, Ibisse und nistende Waldstörche (Wood Stork) auf unserem Weg entdecken. Mit $ 6,5 ist der Eintritt in dieses Schutzgebiet zwar nicht gerade billig, aber es lohnt sich auf jeden Fall diesen schönen Park zu besuchen. Auf unserem Weg zurück zum Tamiami Trail kamen wir duch die Big Cypress National Preserve, eines der letzten Rückzugsgebiete des vom Aussterben bedrohten Florida-Panthers. Sowohl auf dem Hwy 29, als auch auf der 41 konnten wir von der Straße aus Wasservögel, Schildkröten und Alligatoren beobachten. In Ochopee sahen wir uns das kleinste Post-Office der USA an, das direkt am Hwy 41 liegt. Wir begingen dann den Fehler auf die als Scenic Route beschriebene Loop Road (Hwy 94) abzubiegen. Diese unbefestigte Straße ist zwar zu Beginn noch in recht gutem Zustand, wird dann aber so schlecht, daß ich sie nicht einmal für PKW-Fahrer empfehlen kann. Mit dem Wohnmobil war es eine Katastrophe und wir benötigten für die knapp 40 km mehrere Stunden. Da wir dann auch noch die öffentlichen Campinglätze, die an dieser Straße liegen sollten verfehlten, mußten wir auf der #41 ein Stück zurückfahren, um zu einem anderen Platz zu kommen. Die Campingplätze in den Recreation Areas von Florida sind kostenlos, bieten aber auch keinerlei Anschlußmöglichkeiten für Wohnmobile.

Auf dem Tamiami Trail fuhren wir wieder in östlicher Richtung und bewunderten die vom Morgennebel befeuchteten Spinnweben, die in der Sonne glitzerten. Geli wäre dabei fast auf einen sich an der Straße sonnenden kleinen Alligator getreten und hat sich mächtig erschrocken. Die Straße führt am Nordrand des Everglades NP entlang und bietet beim Shark Valley Information Center die Möglichkeit in diese subtropische Wildnis einzudringen. Hier beginnt eine 24 km lange Ringstraße, die nur für die von der Parkverwaltung eingesetzten Tram-Bahnen, Radfahrer und Fußgänger zugänglich ist. Da wir bei unserem letzten Floridaaufenthalt an der Tram-Tour teilgenommen hatten, nahmen wir diesmal unsere Fahrräder. Die ebene und durchgehend asphaltierte Strecke durch die Sumpflandschaft der Everglades eignet sich perfekt für eine Radtour. Die Reise führt zu einem 20 m hohen Observation Tower mit einer Aussicht auf das, was dem Park seinen Namen gegeben hat: sumpfige Wiesen (glades), die sich ewig (ever) fortsetzen. Am Turm sahen wir ein nistendes Päarchen des Red-shouldered Hawk, Alligatoren, Anchingas, Schildkröten und Fische. Auf der gesamten Strecke durch dieses Strömungsgebiet zwischen dem Lake Okeechobee und dem Meer sahen wir neben zahlreichen Watvögeln nicht weniger als 69 Alligatoren am und zumTeil auch auf dem Weg. Dieser Tierreichtum und das herrliche Wetter machten diese Tour zu einem wunderschönen Erlebnis. Von Shark Valley aus fuhren wir dann bis nach Florida City südlich von Homestead am Hauptzugang zum Everglades NP. Seit unserem letzten Aufenthalt hat sich Homestead sehr verändert, da der Hurrican Andrew im August 1992 große Teile der Stadt zerstört hat. Wir füllten unsere Vorräte auf und nutzten den Rest des Nachmittages für fällige "Hausarbeiten".

Die gewaltigen Sumpfgebiete der Everglades sind die letzte große Wildnisregion im Ostteil der Amerikas und die größte subtropische Wildnis der USA, die fast die gesamte südliche Spitze Floridas einnimmt. Der Park umschließt eine Fläche von 5667 km² an der Südspitze der Everglades. Die Indianer nannten die Sümpfe Pa-hay-okee, was "fließendes Gras" bedeutet. Tatsächlich sind die Everglades eigentlich ein gewaltiger Fluß, 80 km breit, 160 km lang aber nur wenige Zentimeter tief, der mit nur ganz wenig Gefälle vom Lake Okeechobee nach Süden in die Florida Bay fließt. Diese Naturlandschaft aus Sumpfwiesen mit dschungelartigen Bauminseln (Hammocks) und Mangrovensümpfen ist ein Refugium für 700 Pflanzen-, 300 Vogel- und zahlreiche Tierarten. Doch dieses Naturparadies ist in Gefahr: Einst floß das Wasser, lebenspendendes Element dieses Ökosystems, vom Lake Okeechobee ungehindert südwärts. Doch mit der Erschließung und Besiedlung Südfloridas wurde Wasser zunehmend in Siedlungen und große Farmen abgeleitet, die Feuchtlebensräume im Park gehen zurück, weil nicht genügend Wasser in die Everglades gelangt. Seit der Gründung des Nationalparks 1947 und besonders in den letzten Jahren wurde einiges zur Erhaltung der Everglades getan. Ob diese Maßnahmen Erfolg haben werden und das einzigartige Ökosystem zu retten ist, werden aber erst die nächsten Jahrzehnte zeigen. Die Main Park Road (Hwy 9336) verbindet den Haupteingang südwestlich von Florida City mit Flamingo an der Florida Bay. Von dieser Straße aus führen mehrere Lehrpfade in die Sümpfe, so daß man die verschiedenen Vegetationszonen des Parks gut erkunden kann. Besonders interessant sind der Anchinga und der Gumbo Limbo Trail, die beide beim Royal Palm Visitor Center beginnen. Der 800 m lange Anchinga Trail führt als Boardwalk über einen Süßwasserkanal in dem Alligatoren, Schildkröten, Fische, Stelzvögel und die namengebenden Schlangenhalsvögel (Anchingas) heimisch sind. Die langgezogenen Knochenhechte können sogar Trockenzeiten in einem Schlammloch überstehen, weil sie eine einfache Lunge besitzen. Der ebenfalls 800 m lange Gumbo Limbo Trail führt zu einem Hammock mit tropischen Laubbäumen, darunter Gumbo Limbos und Würgefeigen. Der Gumbo Limbo wird wegen seiner rot abschuppenden Haut auch "Touristenbaum" genannt. Mit unseren Mountainbikes machten wir uns auf den Long Pine Key Nature Trail. Dieser Weg führt durch Kiefernwälder, die einst die ganz Südflorida bedeckten. Inklusive des Rückwegs über die Straße waren wir 22 km auf zum Teil recht holprigen Wegen unterwegs. Der Mahogany Hammock Trail (800m) führt in ein üppiges Hartholz-Laubwaldgebiet. Der größte lebende Mahagonibaum in Nordamerika ragt hier zwischen seltenen Paurotispalmen, Würgefeigen und Waldhyazinthen empor. Von hier aus fuhren wir duch bis Flamingo, wo wir uns auf dem Campground einen Platz sicherten und die Nachmittagssonne genossen.

Nachdem wir in Flamingo einen kurzen Spaziergang an der Florida Bay unternommen hatten, machten wir uns auf den Rückweg nach Homestead. Am Mrazek Pond, einem bei Ornithologen und Fotografen sehr beliebten Teich nördlich von Flamingo konnten wir Reihern, Ibissen, Kormoranen, Anchingas und den seltenen Waldstörchen und Rosa Löfflern beim Fischen zusehen. In Homestead wollten wir uns noch einmal den Orchid Jungle, eine der größten Orchideensammlungen der Welt ansehen, die uns bei unserem Besuch vor fünf Jahren sehr gut gefallen hatte. Wir mußten leider feststellen, daß diese schöne Anlage 1992 dem Hurrican Andrew zum Opfer gefallen war. Der Sturm hatte damals eine 30 km breite Schneise der Verwüstung hinterlassen und 60 Menschenleben gefordert. Auf dem Hwy 1 fuhren wir dann noch bis nach Key Largo, wo wir uns einen Campingplatz reserviert hatten. Die Preise der Campingplätze auf den Keys beginnen bei 25 Dollar für eine Nacht und erreichen teilweise astronomische Werte. Dennoch sind viele Plätze ausgebucht, da hier in den Wintermonaten absolute Hochsaison ist. Wir konnten für Key West bisher keine Reservierung bekommen, werden morgen aber auf jeden Fall bis dort fahren, da Key West eine unserer Adressen für postlagernde Sendungen ist. Wir beendeten den Tag mit einem entspannenden Bad im Pool und Spa des Campingplatzes.

Die Florida Keys haben ihren Namen nicht von dem englischen Wort "key" für Schlüssel sondern es ist eine Ableitung des spanischen Wortes "cayo". Damit sind kleine Inseln gemeint, meist Riffe aus Sand oder Korallen, die nahe an der Oberfläche in Küstennähe im Meer liegen. Die Florida Keys haben ihre Form in Tausenden von Jahren erhalten, in denen der Wasserspiegel sich mal gehoben, mal gesenkt hat. Seit der letzten Eiszeit ist der Meeresspiegel stark gefallen und hat die Keys freigelegt. Die Inselkette ragt etwa 240 km in den Golf von Mexiko. Der Overseas Highway (US 1) verbindet die Inseln durch 42 Brücken, deren längste über 11 km lang ist. Dieser Highway wurde großenteils auf den Fundamenten von Henry Flagler´s Eisenbahnlinie errichtet. Flagler hatte sie unter großem Aufwand gebaut und 1912 in Betrieb genommen. Nur vier Monate nach der Vollendung seines Lebenswerkes starb der Eisenbahnkönig. Seine Eisenbahn fuhr jedoch bis 1935 weiter als ein schwerer Hurrican sie teilweise zerstörte und der Betrieb eingestellt wurde. Auf den Brücken und Dämmen der Bahnlinie wurde 1938 der Overseas Highway eröffnet und Flagler´s Traum vom Weg über das Wasser hat damit bis heute Bestand. Auf dem ersten Abschnitt der Straße über die größeren Keys merkt man noch nicht sehr viel davon, daß man sich auf einer Inselkette befindet. Erst nach dem Matecumbe Key werden die Inseln immer kleiner und die Brücken immer länger. Nach dem Ort Marathon kommt man über die längste Brücke der Strecke, die Seven Mile Bridge. Hier führt die alte Eisenbahnbrücke, die heute als Angelpier genutzt wird, parallel zu dem 1982 errichteten Highway. Ab der Seven Mile Bridge wird die Fahrt auf dem Overseas Highway über die immer kleiner werdenden Inseln zu einer Reise zwischen Himmel und Wasser. Unser Versuch im Bahia Honda SP auf dem gleichnamigen Key mit den schönsten Stränden der gesamten Florida Keys eine Campingplatzreservierung für die Rückreise zu bekommen scheiterte an der allgegenwärtigen Überfüllung. In Key West erreicht man den südlichsten Punkt der kontinentalen USA, nur knapp 150 km von Kuba entfernt. Key West liegt geographisch auf der Höhe von Assuan (Ägypten), Karachi (Pakistan) und Taiwan. Als Erstes holten wir vom Post Office unsere Post ab, leider sind nicht alle Briefe, die uns telefonisch angekündigt worden waren, angekommen. Danach bezogen wir unseren Stellplatz auf Jabour´s Trailer Court, den wir heute telefonisch reserviert hatten. Dieser Campingplatz ist zwar nicht besonders schön und extrem teuer, bietet aber die einmalige Lage mitten in Key West. Vom Campingplatz aus machten wir uns mit unseren Fahrrädern auf den Weg. Fahrräder, die sich auch vielerorts mieten lassen, sind das beste Verkehrsmittel um überfüllten Straßen und Parkplätzen aus dem Weg zu gehen. In dieser Stadt, 1822 als Flottenstützpunkt gegen Piraten gegründet, glaubt man nicht in den USA zu sein. Architektur und Menschen bieten eine eigentümliche Mischung von kubanischer, karibischer und amerikanischer Atmosphäre. Viele Hippies und Homosexuelle prägen das liberale, lebensfrohe Flair dieser bekanntesten Kleinstadt Floridas. Wir radelten am Friedhof der Stadt vorbei, wo aufgrund des hohen Grundwasserspiegels die Toten überirdisch in kleinen Mausoleen beigesetzt werden. Von der White Street Fishing Pier beobachteten wir von Motorbooten gezogene Paraglider und einen Osprey (Raubvogel) beim Verzehr seiner Beute. Am Southernmost Point, dem südlichsten Punkt der kontinentalen USA, drängten sich die Touristen um die große bunte Boje, die diese Stelle markiert und von der aus nur noch 90 Meilen bis Kuba sind. Wir sahen uns dann einige der schönen alten Häuser in der South und Duval Street an und machten einen Stop am Lighthouse Museum und am Ernest Hemingway House. Über die Caroline Street mit ebenfalls sehenswerten alten Häusern erreichten wir dann wieder unseren Campingplatz. Seit unserem letzten Besuch 1991 wurde in Key West so mancher Dollar für Restaurierungsarbeiten ausgegeben, besonders die nördliche Duval Street und das Gebiet um den Mallory Square erstrahlt in frischem Glanz. Zum Sonnenuntergang machten wir uns zu Fuß auf zum Mallory Pier, wo allabendlich die berühmten Sonnenuntergänge mit Gauklern und Trödlern als "Sunset Celebration" gefeiert werden. Wie in den letzten Tagen überall, war es auch hier wieder völlig überfüllt, so daß wir vom Sonnenuntergang nich sehr viel gesehen haben und uns langsam wieder nach einsameren Gegenden sehnen.

Bevor wir Key West wieder verließen, schlenderten wir noch einmal vom Campingplatz aus über die nördliche Duval Street und den Mallory Square. Auf dem Sugarloaf Key fuhren wir zu einem kleinen Flugplatz, vom dem aus Rundflüge über die Keys angeboten werden. Für $ 50 pro Person buchten wir einen Flug über die südlichen Keys bis hinunter zu dem westlich von Key West gelegenen Boca Grande Key. Der 45minütige Flug über diese phantastische Inselwelt war sehr beeindruckend und in dem glasklaren Wasser konnten wir Meeresschildkröten, Rochen und Haie entdecken. Da ich zwar die herrliche Aussicht liebe, daß Fliegen aber nicht so gut vertrage, mußte ich mich nach der Landung erst einmal ein wenig erholen. Nach einigen kleineren Stops, unter anderem an der Seven Mile Bridge, bezogen wir wieder den Campingplatz in Key Largo, auf dem wir zwei Tage zuvor übernachtet hatten. Nach einem kleinen Einkauf aßen wir im "The Fish House" in Key Largo am Mile Marker 102,4 zu Abend. In diesem, auch von vielen Einheimischen geschätzten Fischrestaurant werden einige Gerichte aus der reichhaltigen Auswahl nach Art der Cajuns, sehr scharf zubereitet. An der Restaurantdecke hängen Fischernetze, durchwirkt mit elektrischen Kerzen in Form von Fischen, Muscheln und Krabben. Auf dem Campingplatz bildeten Pool und Spa einmal mehr die letzten Stationen des Tages.

Gleich nach dem Frühstück versuchte ich mit der Moturis-Niederlassung in Miami/Fort Lauderdale einen Termin für eine Inspektion unseres Wohnmobiles zu vereinbaren, da wir mittlerweile fast 15.000 km gefahren sind. Die Beschäftigten dort zeigten sich jedoch wenig kooperativ und lehnten die Arbeiten ganz ab, als sie erfuhren, daß das Wohnmobil von uns gekauft und nicht gemietet worden ist. Wir fuhren dann von Key Largo zurück nach Homestead, wo wir zwei Wohnmobilfirmen aufsuchten, weil wir annahmen, daß diese Firmen auch Inspektionen durchführen. Sie beschränken sich aber auf Arbeiten an der Wohnkabine, konnten uns jedoch eine Werkstatt am Ort empfehlen. Die Firma Jesse Young Automotive hat dann auch eine große Inspektion für knapp $ 180 durchgeführt und wir fühlten uns bei dieser Werkstatt in guten Händen. Während der 3stündigen Inspektionsdauer fuhren wir mit unseren Fahrrädern zu einigen Geschäften: Bei Radio Shack, einer USA-weit vertretenen Elektrogeräte-Kette informierten wir uns über CB-Funkgeräte für einen Einbau in unseren "Roadrunner". Bei verschiedenen Autohändlern sahen wir uns nach einem Wagen um, den wir mit zurücknehmen können, falls wir uns entschließen das Wohnmobil nicht mitzunehmen. Wir haben dabei speziell an Dieselfahrzeuge gedacht, um die hohen Benzinkosten in Deutschland zu umgehen, mußten aber erfahren, daß in den USA nur Pickups mit Dieselmaschinen ausgerüstet werden und PKW fast ausschließlich mit großvolumigen und dementsprechend durstigen Benzinmotoren zu haben sind. Weitere Überraschungen erlebten wir bei zwei lokalen Banken, die unseren $ 500 Travellerscheck nicht wechseln wollten. Wir fanden dann aber noch eine Filiale einer größeren Bank, die den Scheck ohne Probleme und Gebühren in Bargeld umtauschte. Nachdem wir unseren Wagen wieder abgeholt hatten, steuerten wir zum zweitenmal den preiswerten öffentlichen Campground in Florida City an.

Unser erstes Ziel war heute der Biscayne NP östlich von Florida City. Für eine Kanutour an der mit Mangroven bewachsenen Atlantikküste war es uns zu windig und die dreistündige Bootstour, die Geli aufgrund ihrer Neigung zur Seekrankheit nicht mitmachen wollte, war mir allein dann auch zu lang. So begnügten wir uns mit einem Blick über die Biscayne Bay und fuhren dann wieder zurück. In Homestead kauften wir uns dann ein CB-Funkgerät, daß auch lokale Wettersender empfangen kann. Im Süden von Miami bogen vom Hwy 1 auf den Rickenbacher Causeway ab, der über Virginia Key nach Key Biscayne führt, dem nördlichsten der Florida Keys. Am Südende von Key Biscayne liegt die Bill Baggs Cape Florida SRA, die wir von unserem letzten Besuch in bester Erinnerung hatten. Das Naturschutzgebiet wurde jedoch im August 1992 von Hurrican Andrew stark verwüstet und wir haben es kaum noch wiedererkannt. Die Strände sind zwar nach wie vor fabelhaft aber die Vegetation braucht sicher noch einige Zeit bis sie sich erholt hat. Von Virginia Key aus warfen wir noch einen Blick auf die Skyline von Miami und fuhren in Richtung Norden bis in die Nähe von Fort Lauderdale. Auf dem Campingplatz stand dann Wäsche waschen, Brot backen und der Einbau des Funkgerätes auf dem Terminplan. In Fort Lauderdale, dem "Venedig Amerikas", daß von unzähligen Kanälen mit einer Gesamtlänge von fast 270 km durchzogen wird fuhren wir auf den Hwy A1A. Diese Straße führt fast durchgehend direkt an der Küste oder auf dem der Küste vorgelagerten Inselstreifen entlang. Wir folgten dieser Strecke bis nach West Palm Beach und bogen dann auf den Hwy 98 zum Lake Okeechobee ab. Dieser riesige, relativ flache Süßwassersee, mehr als dreimal so groß wie der Bodensee, ist das Herzstück Südfloridas und die Heimat zahlloser Vögel. Wir übernachteten in Pahokee auf einem Campingplatz direkt am Ufer des Sees, der weitestgehend eingedämmt ist und deshalb wenig Aussichtsmöglichkeiten bietet. Heute hat es seit Wochen wieder einmal geregnet und die Temperatur fiel von 27° auf 15° Grad.

Vom Lake Okeechobee fuhren wir wieder zurück an die Küste und ab Fort Pierce auf den vorgelagerten Inseln. Die Küste ist hier nicht ganz so zugebaut wie weiter südlich und bietet viele öffentliche Strandzugänge. Wir unternahmen einen kurzen Strandspaziergang am aufgewühlten Atlantik. In Merrit Island, vor den Toren des John F. Kennedy Space Center fanden wir einen Campingplatz.

Spaceport USA wird das große Besucherzentrum des John F. Kennedy Space Center mit Raketenpark und Weltraummuseum genannt. Von hier aus starten die Tourbusse zur Erkundung des NASA-Geländes mitten in der Merrit Island NWR. Da wir vor fünf Jahren an einer Tour teilgenommen hatten beschränkten wir uns heute auf die im Besucherzentrum angebotenen Attraktionen: Space Gallery, ein Weltraummuseum zur Geschichte der amerikanischen Raumfahrt, NASA Art Gallery mit Bildern zum Thema Raumfahrt, Shuttle Plaza mit einem originalgetreuen Nachbau eines Space Shuttle, Spaceport Theater mit einem Film zur Apollo 13 Mission und einem Film im überdimensionalen IMAX-Format. Der Weltraumwerbefilm "The Dream is alive" gibt dem Besucher einen Einblick in das Space Shuttle Programm und durch den riesigen Bildschirm und das hervorragende Tonsystem ist man mitten im Geschehen. Zweifel am Sinn der bemannten Raumfahrt kommen einem hier nur beim Betrachten des Astronauts Memorial, einer Gedenktafel für alle bei Weltraumflügen ums Leben gekommenen Astronauten. Vom Space Center aus fuhren wir auf dem gebührenpflichtigen Beeline Expressway in Richtung Orlando. Am Hwy 17/92 liegt nördlich von Kissimmee die Hauptverwaltung von Tupperware mit einer kleinen Ausstellung und Geschenken für die Besucher. Südlich der Stadt fanden wir einen Campingplatz etwas abseits des Touristentrubels rund um Orlando. Als wir am Abend in dem Tupperware-Katalog blätterten und die für deutsche Verhältnisse extrem günstigen Preise sahen (ca. 40-50% des deutschen Preises), beschlossen wir unser Wohnmobil zu "vertuppern".

Ein Anruf bei der örtlichen Tupperware Managerin und die Lieferung auf unseren Campingplatz für heute Abend war perfekt. Doch zunächst fuhren wir nach Orlando, um uns Sea World anzusehen. Bei unserem Besuch von Sea World in San Diego 1990 waren wir total begeistert und hatten für den heutigen Tag eine entsprechend hohe Erwartungshaltung. Die Parkgebühr für unser Wohnmobil betrug $ 7, der Eintritt für zwei Personen schlug mit knapp $ 80 zu Buche. Falls wirklich ein Teil dieses Geldes in Schutzprogramme für bedrohte Meerestiere investiert wird, kann man ja diese hohen Preise vielleicht noch akzeptieren. Doch was wir dann dafür geboten bekamen, hat uns doch etwas enttäuscht. Sea World hat den Ruf die größten und interessantesten Ozeanarien der Welt zu unterhalten und bei unserem Besuch in San Diego hatten wir auch noch den Eindruck, daß dieses Bestreben im Vordergrund steht. Hier wurden jedoch viele Bereiche unnötigerweise verkitscht und showmäßig aufgezogen, so daß die Tiere schon fast in den Hintergrund traten. So wird der Besuch der Eisbär-, Belugawal- und Walroßbecken zu einem simulierten Flug zu einer Arktisstation, die dann nahtlos in einen Souvenir-Shop übergeht. Überhaupt sind die Souvenir-Shops, Snack-Bars und Amusement-Bereiche wesentlich zahlreicher als die eigentlichen Ausstellungsbereiche. Wir hatten den Eindruck, daß sich Sea World in den vergangenen sechs Jahren von einem Ozeanarium mit vereinzelten Showbestandteilen zu einem Disney World mit Tierbestandteilen entwickelt hat. Die saisonbedingte Überfüllung des Parks hat den nicht so positiven Eindruck sicherlich noch zusätzlich verstärkt. Nichts desto trotz sind die einzelnen Ausstellungsbereiche sehenswert, insbesondere dann, wenn sie nicht in zu sehr aufgebauscht sind. Besonders gut hat uns der Bereich der Manatees gefallen, in dem auch auf die Bedrohung dieser Tiere hingewiesen wird. Sehr schön ist auch die Pinguin-Abteilung und das Haibecken. In der "Wild Artic" mit Eisbär-, Belugawal- und Walroßbecken schienen uns die Lebensräume der Tiere doch etwas zu klein, von der bereits erwähnten "Anreise" ganz zu schweigen. Da das Wal- und Delphinstadium wegen Renovierungsarbeiten geschlossen war, blieb als große Show nur die Präsentation der Killerwale. Diese Show hat uns zwar auch nicht so gut gefallen wie die in San Diego, aber man hatte hier das Gefühl, daß die Tiere nicht überfordert werden und die Darbietungen mehr Spiel als Dressur sind. Die an sich recht gute Wasserski-Show wurde als "Baywatch at Seaworld" auch ein bißchen zu sehr aufgebauscht. Wir verließen nach ca. 6 Stunden den Park und waren mit dem Gegenwert, den wir für unsere insgesamt fast $ 90 erhalten hatten, nicht sehr zufrieden. Den während des Tages aufgekommenen Hunger bekämpften wir dann mit einem "All you can eat Buffet" bei Sizzler, ehe wir auf den Campinplatz zurückfuhren. Hier hatten wir dann noch unsere private Tupperparty und Geli hat inzwischen unseren gesamten Vorratsschrank auf Tupperware umgestellt.

Nachdem wir in Kissimmee einige Besorgungen gemacht hatten, fuhren wir auf die I-4, die aus dem dichtbesiedelten Ballungsraum um Orlando nach Norden zur Atlantikküste führt. Die Interstate endet in der Motorsportmetropole Daytona Beach, wo wir uns eigentlich den 37 km langen befahrbaren Strand ansehen wollten. Wir kamen allerdings mitten die Daytona Bike Week hinein, die alljährlich in der ersten Märzwoche stattfindet und mehr als 500 .000 Motorradfahrer anlockt. Wir hatten noch nie so viele Motorräder auf und an den Straßen gesehen und waren froh, als wir diesem Gewühl auf der A1A unbeschadet entkommen waren. Südlich von St. Augustine fanden wir in der Anastasia SRA einen sehr schön gelegenen Campingplatz.

Da es uns hier sehr gut gefiel, beschlossen wir eine weitere Nacht in der Anastasia SRA zu bleiben. Nachdem wir uns einen Stellplatz für die zweite Nacht gesichert hatten, füllten wir unsere Vorräte auf und fuhren anschließend zum Campingplatz zurück. Mit unseren Fahrrädern erkundeten wir dann St. Augustine, die älteste kontinuierlich bewohnte Ansiedlung der USA. Beim heutigen St. Augustine betrat im Jahre 1513 Ponce de León als erster Weißer den Boden Floridas. Gut 50 Jahre später versuchten französische Hugenotten etwas weiter nördlich eine Kolonie zu gründen und forderten damit den Zorn der spanischen Krone heraus. Noch im Herbst desselben Jahres, 1565, ging der spanische Konquistador Pedro Menéndez de Avilés mit 1500 Soldaten an Land, vernichtete die französische Kolonie und gründete eine spanische Siedlung: St. Augustine. Die Stadt blieb seither dauerhaft besiedelt - und ständig umkämpft: Indianer, Piraten und britische Truppen belagerten und brandschatzten sie. St. Augustine wechselte im Laufe der Jahrhunderte ständig die Besitzer. Erst zu Anfang des 19. Jahrhunderts, als Florida zu den USA kam, kehrte Ruhe ein. Doch dann begann der Eisenbahnmagnat Henry Flagler 1885 mit dem Bau seiner Eisenbahnlinie. St. Augustine wurde zum Winterkurort schwerreicher Industrieller, die hierher vor dem kalten Winter flohen. Der Aufschwung der Stadt währte allerdings nich lange: Als die Bahnlinie weiter nach Süden geführt wurde, zogen auch die reichen Urlauber weiter. Als älteste Stadt der USA und schönste Stadt Nordfloridas erlebt St. Augustine jetzt einen neuen Besucherboom. Schon bei der Fahrt über die Bridge of Lions fällt das Castillo de San Marcos NM, eine massive sternförmige Festung am Hafeneingang ins Auge. Das Castillo, das zwischen 1672 und 1695 von den Spaniern zum Schutz gegen die Engländer errichtet wurde, kann besichtigt werden. Da gerade einige Busladungen von Touristen angekommen waren, beschlossen wir auf eine Besichtigung der Festung zu verzichten. Etwas weiter nördlich der Festung befindet sich das Visitor Center der Stadt und ein altes Stadttor markiert den Beginn der malerischen St. George Street, der Hauptachse der Stadt. Die St. George Street und viele weitere Gassen der hübschen Altstadt sind für den Autoverkehr gesperrt und man ist zu Fuß oder mit einer der wartenden Pferdekutschen bestens gerüstet. Viele der Häuser in der nörlichen St. George Street sind originalgetreu im spanischen Stil restauriert, so auch das älteste hölzerne Schulgebäude. In der Cathedral of St. Augustine gibt es die älteste katholische Pfarrei Amerikas. Es lohnt sich sich auf jeden Fall der St. George Street auch über den Fußgängerbereich hinaus zu folgen, denn auch außerhalb dieses doch recht touristischen Bereiches gibt es sehr schöne alte Häuser zu sehen. In einer kleinen Seitenstraße befindet sich mit dem Gonzales.Alvarez House das älteste Haus Amerikas. Aber nicht alles in St. Augustine stammt aus spanischer Zeit: Im Südteil der Stadt stehen rings um eine hübsche Plaza die prunkvollen Hotels, die Henry Flagler Ende des 19. Jahrhunderts für seine betuchte Klientel erbauen ließ. Das maurisch angehauchte Poce de León Hotel ist heute das Flagler College und das in spanischem Neobarock gestylte Alcazar Hotel dient als Ausstellungsgebäude des Lightner Museum, das eine große Sammlung von Kunst des !9. Jahrhunderts birgt. In der Nähe dieser Gebäude befindet sich auch die Flagler Memorial Prebyterian Church, die von Flagler in Erinnerung an seine Tochter erbaut wurde. Auf dem Rückweg zum Campingplatz machten wir an einem Minigolfplatz Station. Die Plätz in den USA locken die Besucher im Gegensatz zu unseren Minigolfplätzen nicht durch die Raffinesse der Bahnen, sondern durch Gestaltung der gesamten Anlage an. In direkter Nachbarschaft zur Anastasia SRA liegt das St. Augustine Lighthouse, ein gut 50 m hoher Leuchtturm. Schon die Spanier hatten an dieser Stelle einen hölzernen Beobachtungsturm errichtet, der 1824 zu Floridas erstem Leuchtturm wurde. Nachdem dieser Turm 1870 in sich zusammenfiel, wurde er 1875 durch den heutigen Turm ersetzt. Über 219 Stufen erklommen wir den Turm und genossen den herrlichen Blick über St. Augustine und die Strände des Atlantik. Kaum hatten wir wieder unser Wohnmobil erreicht, grollte der erste Donner des für heute angekündigten Gewitters zu uns herüber. Der Regen setzte jedoch erst später ein, so daß wir in aller Ruhe unsere Fahrräder verstauen konnten. Das Gewitter soll wieder einen drastischen Temperatursturz zur Folge haben: Von 25-30° C in den vergangenen Tagen, soll das Quecksilber in den nächsten Tagen nur noch 10-15° C anzeigen und es muß mit Nachtfrösten gerechnet werden.

Bei ca. 7° C begannen wir den nächsten Tag mit einem Strandspaziergang in der Anastasia SRA und sahen uns anschließend das Castilo de San Marcos NM an. Man kann die Unterkünfte, Lagerräume und eine Kapelle besichtigen und den herrlichen Blick vom Dach der Festung auf die Bucht und die Stadt genießen. Auf dem Hwy 1 fuhren wir in nördlicher Richtung und erreichten kurz vor der Grenze zu Georgia die größte Stadt Floridas: Jacksonville. Die Stadt hat über 600 .000 Einwohner und ist flächenmäßig die größte Stadt der USA, sie ist fast so groß wie das Saarland. Da die Industriestadt Jacksonville touristisch nicht sehr viel zu bieten hat, schenkten wir ihr weiter keine Beachtung und erreichten schließlich die Grenze zu Georgia. Nach fast vier Wochen Florida, mit überwiegend hervorragendem Wetter aber auch viel zu vielen Touristen waren wir froh wieder in weniger überfüllte Regionen zu kommen. Ungefähr 13 km südlich von Waycross erreichten wir die Abfahrt zum Laura S. Walker SP, wo wir auf einen wunderschön an einem See gelegenen Campingplatz übernachteten.

In der Nacht gab es dann tatsächlich Frost und auch über Tag gingen die Temperaturen kaum über den Gefrierpunkt hinaus. Wir erreichten bei eisiger Kälte den Okefenokee Swamp Park. Der Okefenokee Swamp gehört mit 60 km Länge und 40 km Breite zu den größten und am besten erhaltenen Sümpfen der USA. Die Indianer, die dort schon vor fast 5.000 Jahren lebten, nannten ihre Heimat das "Land der zitternden Erde", denn was dort wie fester Boden aussieht, ist oft zwar meterdick und vegetationsbestanden, aber in Wirklichkeut eine schwimmende, instabile Torfinsel. In diesem riesigen zypressenbestandenen Schutzgebiet leben Schwarzbären, Luchse, Ottern, Biber, Opossums, Schildkröten, Schlangen, Alligatoren und unzählige Wasservögel. Im Park werden einige dieser Tiere in Freigehegen gehalten, ein Film informiert die Besucher über die Flora und Fauna des Gebietes und eine besondere Präsentation ist den Reptilien gewidmet. Eine ungefähr 20minütige Bootsfahrt durch die Sümpfe ist im Eintrittspreis enthalten und man kann über Holzstege einen ca. 30 m hohen Aussichtsturm erreichen, der einen schönen Rundumblick bietet. Auf dem Parkplatz entdeckten wir dann, daß unser Auto eine ölige Flüssigkeit verliert, die wir als das Öl der Servolenkung identifizieren konnten. Wir füllten etwas von dieser Flüssigkeit nach und versuchten im nahegelegenen Waycross eine Werkstatt zu finden, die den Schaden beheben kann. Am Samstag Nachmittag war das natürlich ein aussichtsloses Unterfangen. So kauften wir bei einem Walmart noch etwas von diesem Öl und fuhren weiter in Richtung Atlantikküste. Kurz bevor wir die Hafenstadt Brunswick erreichten bogen wir nach Jekyll Island ab und bekamen auf dem einzigen Campingplatz der Insel noch einen Stellplatz. Wir werden jetzt mehrmals täglich unser Auto überprüfen und am Montag hoffentlich eine Werkstatt finden, die das Leck abdichten kann.

Wir begannen den nächsten Tag mit einem Spaziergang zur Fishing Pier von Jekyll Island, die in den St. Simons Sound hineinreicht. Der kräftige Wind ließ uns die ohnehin niedrigen Temperaturen noch kälter empfinden, so daß wir es auf der Pier nicht sehr lange aushielten. Auf dem Weg zurück zum Campingplatz fing es auch noch an zu regnen, so daß wir richtiges Norddeutsches Schmuddelwetter hatten. Jekyll Island bildet zusammen mit St. Simons Island und Sea Island die Georgia´s Golden Isles, die schon vor 4.000 Jahren von Indianern bewohnt waren. Auf Jekyll Island errichteten sich Ende des 19. Jahrhunderts viele amerikanische Millionärsfamilien eine Winterresidenz. Diese Villen im Historic District von Jekyll Island, Jekyll Club Village genannt, können teilweise besichtigt werden. Aufgrund des schlechten Wetters begnügten wir uns mit einem Blick aus dem Auto auf einige dieser wunderschönen Häuser. Auch die über 30 km langen Radwege und der herrliche Strand wurden ein Opfer der Witterung und wir fuhren im strömenden Regen bis nach Savannah. Auf dem Campingplatz standen dann wieder einmal Hausarbeiten auf dem Programm. Mehrmalige Ölkontrollen ergaben heute keine weiteren Hinweise auf eine undichte Stelle, falls auch morgen früh noch kein Öl fehlt, können wir wohl auf einen Werkstattbesuch verzichten. Wir haben jetzt schon vermutet, daß es sich nur um bei der Inspektion zu reichlich eingefüllte Mengen eines der Öle handelte.

Bei unserer morgentlichen Ölkontrolle konnten wir feststellen, daß das Öl aus zwei Schlauchverbindungen tropft. Wir konnten die Schlauchschellen etwas fester anziehen und so das Leck beseitigen. Wir fuhren dann zum Visitor Center von Savannah, wo wir in den Shuttle Bus umstiegen, der Stops an 32 Punkten der historischen Altstadt erlaubt. Die Stadt genießt ihren Ruf als unumstrittene Königin unter den Städten Georgias um so mehr, als sie zum Austragungsort der olympischen Segelwettbewerbe 1996 ausgewählt wurde. Savannah wurde 1733 vom englischen General Oglethorpe gegründet, der an der Mündung des Savannah River mit einer Gruppe von Siedlern an Land ging, um für die englische Krone eine neue Kolonie zu schaffen. Nach seinen Plänen entstand ein Grundriß, der 24 öffentliche Plätze vorsah, von denen heute noch 21 vorhanden sind. Um diese Plätze liegen im größten historischen Distrikt der USA liebevoll restaurierte Bauten und grandiose Eichenalleen. Zu den schönsten Seiten der Stadt gehört die Riverfront am Ufer des Savannah River, wo aus den Baumwollagern des vorigen Jahrhunderts Restaurants, Hotels und Geschäfte geworden sind. Die Renovierung dieser Flaniermeile ließ zum Glück eine Reihe alter Hausfassaden und holpriges Kopfsteinpflaster übrig, das dem Hafenviertel eine altertümliche Atmosphäre verleiht. An der City Hall beginnt eine der schönsten Straßen der Stadt, die Bull Street. Wir folgten dieser Straße bis zur Jones Street, in der sich ebenfalls viele schöne restaurierte Häuser befinden. Von hier aus fuhren wir mit dem Shuttle zurück zum Visitor Center. Da die Besichtigung der Stadt länger gedauert hatte als geplant, beschlossen wir eine weitere Nacht in Savannah zu bleiben. Da wir die Verschiffung des Wohnmobils oder eines Autos nach Beendigung unserer Reise von Savannah aus planen, informierten wir uns auf dem Rückweg zum Campingplatz bei einigen Autohändlern über einige Wagen, die uns interessieren.

Über die I-95 verließen wir Savannah und erreichten nach wenigen Kilometern die Grenze zu South Carolina. Nachdem wir uns im Welcome Center mit dem nötigen Informationsmaterial versorgt hatten, verließen wir die Interstate in Richtung Beaufort. In seiner fast dreihundertjährigen Geschichte hat Beaufort Indianer, Franzosen, Engländer und den Bürgerkrieg überdauert und ist heute eine touristisch reizvolle Stadt mit viktorianischem Flair. Der historische Ortskern läßt erkennen, daß die Einwohner von dem im 18. und 19. Jahrhundert florierenden Hafen, der mit seinem Warenumschlag in South Carolina an dritter Stelle stand, nicht schlecht profitierten. Anhand des Stadtplans, den wir im Visitor Center erhielten, konnten wir die sehenswerten Antebellum-Gebäude, daß heißt die vor dem Bürgerkrieg errichtete Häuser und Kirchen, in einer guten Stunde bequem zu Fuß erreichen. Viele dieser Villen sind von schönen Gärten umgeben und der geringe Straßenverkehr in den engen mit Eichen bestandenen Straßen macht einen Spaziergang zu einem erholsamen Erlebnis. Von Beaufort aus fuhren wir zu einem Campingplatz kurz vor Charleston, dessen Besichtigung für morgen auf dem Programm steht.

Das auf einer Halbinsel zwischen den in den Atlantik mündenden Flüssen Cooper und Ashley River liegende Charleston hat, was vielen Orten vergleichbarer Größe fehlt: einen eigenen Charakter. Im Kern der 1670 von einem englischen Kolonialisten namens Charles Towne gegründeten Hafenstadt besitzen vor allem die über 1500 historischen Gebäude eine außerordentliche Anziehungskraft. Luxusvillen verstecken sich in parkähnlichen Gärten, und nur ein paar Schritte weiter führen holprige Pflastergassen durch bescheidenere Wohnviertel mit wildwuchernden Vorgärten und liebevoll restaurierten Fassaden. "Old Charleston" wurde mit seinen stattlichen Häusern und schönen Kirchen als eine der ersten amerikanischen Altstädte unter Denkmalschutz gestellt. Die Stadt war in der Sommersaison ein Magnet gesellschaftlichen Lebens, weil die Plantagenbesitzer dann aus dem heißen Hinterland an die kühlere Küste kamen und ihre Stadthäuser bezogen. Um einen Überblick über Old Charleston zu erhalten machten wir eine einstündige Rundfahrt mit einer Pferdekutsche, ein sehr informatives aber mit $ 15 pro Person nicht ganz billiges Vergnügen. Die Kutschfahrten beginnen alle am City Market, einem ehemaligen Frischwarenmarkt, der heute von Souvenirläden genutzt wird. Diesen Platz kann man vom Visitor Center (Meeting Street Ecke Ann Street) bequem zu Fuß erreichen. Direkt am Visitor Center beginnen auch verschiedene Stadtrundfahrten und es steht reichlich Parkraum (gebührenpflichtig) auch für Wohnmobile zur Verfügung. Wir fuhren im Anschluß an unsere Kutschfahrt mit dem Wohnmobil an die Südspitze der Halbinsel, wo es rund um die White Point Gardens und die Kanonen der "Battery" ebenfalls Parkmöglichkeiten für PKW und kleinere Wohnmobile gibt. Hier befinden sich an der South Battery und dem südlichen Ende der Meeting Street einige der schönsten und elegantesten Residenzen der Altstadt. Von der Promenade am Zusammenfluß von Asley und Cooper River hat man einen schönen Blick über die Bucht, den Flugzeugträger U.S.S. Yorktown, Fort Moultrie und das auf einer vorgelagerten Insel liegende Fort Sumter, wo der Bürgerkrieg begann. Wir verabschiedeten uns hier mit einem Blick über die Bucht auch vom Atlantik, da wir von Charleston aus unseren Weg zurück nach Kalifornien, an die Küste des Pazifik antreten werden. Auf dem Hwy 61 verließen wir Charleston in nordwestlicher Richtung und erreichten, nachdem wir einige alte Plantagen passiert hatten, den Colleton SP, wo wir übernachteten.

Da wir uns Ende April mit Freunden in Los Angeles verabredet haben und bis dahin noch ein weiter Weg vor uns liegt, beschlossen wir heute etwas "Strecke zu machen". Der direkt am State Park vorbeiführende Hwy 15 brachte uns zur I-26, auf der wir heute South Carolina durchquerten. Vorbei an Columbia, der Hauptstadt des Staates und Spartanburg fuhren wir bis zu Kreuzung mit dem Hwy 11, der als Cherokee Foothills Scenic Highway parallel zur Staatsgrenze mit North Carolina am Fuße der Appalachen entlang führt. An diesem schönen, einem alten Pfad der Cherokee-Indianer folgenden Highway liegen verschiedene Naturschutzgebiete und State Parks. In einem der ältesten und populärsten State Parks South Carolinas, dem Table Rock State Park hatten wir den schön im Wald gelegenen Campingplatz fast für uns alleine. Der Park liegt am Fuße der 952 m hohen abgerundeten Kuppel des Table Rock Mountain und bietet neben Ausblicken auf den Berg auch Wassersportmöglichkeiten auf dem zum Park gehörenden Pinnacle Lake und zahlreiche Wanderwege.

Wir folgten dem Cherokee Foothills Scenic Highway weiter in westlicher Richtung und bogen nach der Überquerung eines Seitenarms des Lake Keowee auf den Hwy 130 nach Norden ab. Nach knapp 20 km erreichten wir die Whitewater Falls, die aus zwei Wasserfällen bestehen. Von dem kurzen Weg zu den Fällen hat man einen schönen Blick auf den in der Ferne liegenden Lake Keowee. Beide Fälle stürzen jeweils über 120 m über felsiges Gelände in die Tiefe und im Bereich der mittleren Kaskaden verläuft die Grenze zwischen den beiden Carolinas. In North Carolina fuhren wir auf dem landschaftlich sehr reizvollen Hwy 64 weiter in westlicher Richtung. Kurz hinter der Ortschaft Highlands führt die Straße an den Bridal Veil Falls und Dry Falls vorbei, die wir uns leider nicht ansehen konnten, da wir uns mitten in einem Gewitter mit strömendem Regen und Hagelschauern befanden. Die Straße wird im weiteren Verlauf in Richtung Franklin immer enger und dürfte für größere Wohnmobile problematisch werden, wenn der Gegenverkehr kein weites Ausholen in den engen Kurven erlaubt. In Franklin flüchteten wir vor dem Wetter in einen Walmart und hatten als wir den Laden nach einer knappen Stunde wieder verließen strahlend blauen Himmel. Nördlich des touristisch überfrachteten Cherokee, dem Zentralort des gleichnamigen Reservates, erreichten wir den Great Smoky Mountains NP, in dem wir übernachten wollten. Im Visitor Center erfuhren wir dann, daß in diesem Jahr erstmals alle Campingplätze des Parks über Winter geschlossen bleiben und erst am 29.03. wieder öffnen. Der Grund für die vollständige Schließung seien die 25 prozentigen Haushaltskürzungen, erklärte uns der Ranger. So mußten wir wieder zurück nach Cherokee, wo wir auf einem eigentlich noch geschlossenen Campingplatz einen Platz für eine Nacht bekamen.

Auf der Grenze von North Carolina und Tennessee liegt der 2100 km² große Great Smoky Mountains NP am südlichen Ende der Appalachen. Der Park besitzt einige der schönsten Laubwälder der Welt sowie eine unvergleichliche Vielfalt an Pflanzen und Tieren. Die Tierwelt des Parks reicht von wilden Truthähnen bis zu Schwarzbären. Wegen seines Reichtums an ursprünglicher, östlicher Waldvegetation ist der Park in den Rang eines "International Biosphere Reserve" erhoben worden. Die Smoky Mountains gehören zu den ältesten Gebirgen der Erde. Die Gletscher der Eiszeit drangen bei ihren Südwärtsbewegungen bis an diese Berge vor, die so zu einer Nahtstelle zwischen südlicher und nördlicher Flora wurden. Man zählt allein über 130 Arten von Bäumen und Rhododendren, Azaleen, Bergmagnolien und Orchideen gedeihen hier. Zwischen Waldland und schroffen Felsen wachsen über 1500 Arten blütentragender Pflanzen - und zwar einige von ihnen nur hier. An anderen Stellen herrscht Buschwerk vor; es bedeckt baumlose Flächen und bildet Lorbeerdickichte aus, durch die schwer durchzukommen ist. Wald und Unterholz zusammen bringen eine dicke Schicht atmender Blätter hervor. Die Feuchtigkeit und der Kohlenwasserstoff, die die Blätter abgeben, bilden den dünnen Dunstschleier, der den Bergen ihren Namen gibt. Die Cherokee-Indianer nannten die Berge aufgrund ihres bläulichen Dunstes "Shaconage", was "Platz des blauen Rauches" bedeutet. Durch die Luftverschmutzung der letzten Jahre sind dem Dunst mikroskopisch kleine Sulfatpartikel beigefügt worden, wodurch sich die Sicht seit 1950 um 30 % verschlechtert hat. Die Verschmutzung hat auch die Fichtenbestände geschädigt, die größten in den südlichen Appalachen. An mehreren Stellen im Park findet man Überreste der spärlichen Besiedlung des Parkgebietes durch Bergbauern im 19. Jahrhundert. Der Park hat keine spektakulären Landschaften zu bieten, er lockt die Besucher mit fast 1500 km Wanderwegen und entwickelt seine größte Anziehungskraft im Herbst, wenn die Laubverfärbung beginnt. Für viele Bewohner der umliegenden Großstädte dient der Park als Naherholungsgebiet, was ihm zu einem der meistbesuchten National Parks der USA macht. Die Hauptverkehrsader des Parks ist der Hwy 441, der den Park durchquert und im Parkgebiet Newfound Gap Road genannt wird. Von zahlreichen Aussichtspunkten aus können die scheinbar endlosen, parallel verlaufenden niederen Gebirgszüge der Appalachen überblickt werden. Die Newfound Gap Road, die auf etwa 600 m Meereshöhe beginnt und bis auf über 1500 m ansteigt, verbindet die beiden großen Visitor Centers des Parks, Sugarlands und Oconaluftee. Die Straße, die von den Laubwäldern der tieferen zu den Fichten- und Tannenwäldern der höheren Lagen emporsteigt, führt in der Vertikalen vor, was ökologisch einer Reise von Georgia nach Kanada entspricht. Mit Regen ist in diesem Gebiet immer zu rechnen, und wenn es im Tiefland klar ist, kann in der Höhe Dunst oder Nebel herrschen. Wir begannen unseren Besuch mit dem Pioneer Farmstead am Oconaluftee Visitor Center. Ein kurzer Weg führt zu einer Gruppe von Farmgebäuden des späten 18. und frühen 19. Jahrhunderts, die die Nationalparkgesellschaft aus historischen Farmgebäuden des Parkgebietes zusammengestellt hat. Die Mingus Mill, eine alte mit Wasserkraft betriebene Getreidemühle war leider geschlossen, ebenso die Clingmans Dome Road, die zu einem Aussichtsturm auf dem Clingmans Dome führt, dem mit 2025 m höchsten Berg des Parks. Wir erreichten dann die Paßhöhe des Newfound Gap (1539 m), auf der die Grenze zwischen North Carolina und Tennessee verläuft. Bei Chimneys beginnt in einem hübschen Picknickplatz der ca. 1,5 km lange Hardwood Nature Trail, der in die ursrüngliche Vegetation des Parks hineinführt. Als wir das Sugarland Visitor Center erreichten fing es an zu regnen, so daß wir beschlossen unseren Parkbesuch für heute zu beenden und uns im nahegelegenen Gatlinburg einen Campingplatz zu suchen. Dieser Ort ist touristisch dermaßen überfrachtet, daß wir beschlossen auf dem Weg zurück in den Park die Gatlinburg-Umgehung zu nutzen. Wir fanden nach einigem Suchen einen Platz der geöffnet hatte und nutzten unsere relativ frühe Ankunft zum Waschen unserer Wäsche.

Durch den Gatlinburg Bypass konnten wir den Touristennepp dieses Ortes umfahren und bogen beim Sugarland Visitor Center in Richtung Cades Cove ab. Der erste Abschnitt dieser Strecke, die Little River Road, überquert den Sugarland Mountain bei Fighting Fish Gap und führt dann zur Schlucht des Little River hinunter. Kurz vor dem Erreichen des Flußtales beginnt der gut ausgebaute, 4 km lange Wanderweg zu den Laurel Falls. Nach der einstündigen Wanderung kamen wir zum landschaftlich schönsten Abschnitt der Little River Road, die immer am gleichnamigen Fluß entlang bis nach Townsend führt. Einige Haltepunkte bieten Blicke in das Tal und auf den glasklaren Fluß. Hinter dem Abzweiger nach Townsend beginnt die Laurel Creek Road, die durch Kiefer- und Eichenwälder führt, die sich aufgrund von Waldbränden in verschiedenen Wachstumsphasen befinden. Diese Straße endet in Cades Cove, das historisch in das Jahr 1819 zurückführt, als die Cherokee-Indianer Siedlern per Vertrag erlaubten, das weite Hochtal zu roden. Gegen 1850 lebten hier über 680 Menschen. Sie hinterließen Gebäude, die sich zu einem Freilichtmuseum entwickelt haben, dessen Objekte entlang der 18 km langen, einbahnig zu befahrenden Cades Cove Loop Road aufgereiht sind. Benannt ist dieses fruchtbare Tal angeblich nach der Frau des Cherokeehäuptlings Abram, wobei sich aus dem ursprünglichen Kates Cove dann Cades Cove entwickelt hat. Ein Faltblatt, das am Anfang der Straße erhältlich ist, gibt einen Einblick in die Geschichte dieser Siedlung und beschreibt die gut gekennzeichneten Haltepunkte. Unseren ersten Stopp machten wir beim John Oliver Place, einer aus handbehauenen Baumstämmen errichteten Blockhütte aus dem Jahre 1826. Von der Terrasse blickt man auf das langgestreckte, grüne Tal hinunter. Die Methodist Church hat einen Eingang für Männer und einen anderen für Frauen und Kinder. Auch beim Gottesdienst trennte eine Barriere die Geschlechter. Die einfache Kirche wacht über einen Friedhof , von dessen Steinen man die Vergangenheit ablesen kann. Viele Haltebuchten der Straße bieten einen Überblick über das offene Wiesenland in der weiten Talmulde von Cades Cove. Rund um die Cable Mill, eine alte mit Wasserkraft betriebene Getreidemühle, sind weitere Häuser aufgestellt worden, die zum Teil möbliert sind. Wir fuhren dann über die Laurel Creek Road zurück und folgten der Little River Road nach Townsend. Direkt hinter der Nationalparkgrenze gibt es mehrere Campingplätze, die sich als Ausgangsbasis für eine Parkerkundung eignen, wenn wie in unserem Falle die Plätze des Parks geschlossen sind. Über Maryville erreichten wir schließlich Knoxville, eine weitere unserer Adressen für postlagernde Sendungen. Im Süden der Stadt bezogen wir einen Campingplatz und werden morgen das Post Office aufsuchen.

Nachdem wir das für postlagernde Sendungen zuständige Postamt gefunden hatten, wurden wir mit reichlich Post belohnt, da alle Freunde und Verwandten die teilweise zurückgekommene Post noch einmal losgeschickt hatten. Noch auf dem Parkplatz des Postamtes verschafften wir uns einen Überblick über die erhaltenen Sendungen. Auf der Weiterfahrt machte sich dann unser Funkgerät nützlich, weil wir dank einer Funkdurchsage einen Stau auf der I-40 in Knoxville umfahren konnten. Am Hwy 25E bietet der Veterans´ Overlook einen herrlichen Blick in das Tal des zum Cherokee Lake aufgestauten Holston River. Im Drei-Staaten-Eck von Kentucky, Tennessee und Virginia liegt der Cumberland Gap NHP     an einem natürlichen Durchbruch in den Cumberland Mountains. Auf ihren Streifzügen überwanden indianische Jäger die Cumberland Mountains, lange bevor westwärts drängende Pioniere den 518 m hohen Paß Mitte des !8. Jahrhunderts entdeckten. Nachdem der legendäre Daniel Boone und seine Holzfäller 1775 einen 208 Meilen langen Wilderness Trail durch diese bewaldete Wildnis erschlossen hatten, strömten Siedler nach Westen. Vom Visitor Center führt eine schmale Straße, die eigentlich für Fahrzeuge über 20 Fuß Länge gesperrt ist, aber von unserem 21 Fuß langen Roadrunner ohne Probleme zu meistern war, zum auf 744 m Höhe gelegenen Pinnacle Overlook. Von hier überblickt man die auf Kentucky, Tennessee und Viginia aufgeteilten Cumberland Mountains. Den Campingplatz des Parks, schön im Wald gelegene 160 Stellplätze hatten wir ganz für uns allein.

Die Nacht brachte uns nicht nur heftigen Regen, der geradezu auf unser Wohnmobil trommelte, sondern auch einen weiteren Temperatursturz. Hatten wir gestern noch ca. 17° C, mußten wir uns heute mit Temperaturen knapp über dem Gefrierpunkt begnügen. Auf unserem Weg zur Mammoth Cave erwischte uns dann auf dem Cumberland Parkway ein kräftiger Schneesturm, der innerhalb kurzer Zeit 15-20 cm Schnee brachte. Als abzusehen war, daß wir den Campingplatz an der Mammoth Cave nicht mehr erreichen können, suchten wir uns den nächstgelegenen Campingplatz als Zufluchtsort. So Sitzen wir voerst auf dem Green River Lake Campground der KOA-Kette zwischen Columbia uns Campbellsville fest. Die Campingplatzbetreiber sind sehr nett und haben uns ihre Hilfe und Unterstützung angeboten, falls das Wetter noch schlechter wird. In den Nachrichten haben wir gerade gehört, daß in weiten Teilen Kentuckys Tausende ohne Strom und damit auch ohne Heizung sind. Auch die Stromversorgung auf dem Campingplatz war schon zusammengebrochen, funktioniert aber zur Zeit zum Glück wieder. Die meisten Schulen bleiben morgen geschlossen und die Wetternachrichten sprechen von einem "schweren Wintersturm", der auch schon zu zahlreichen Unfällen auf den Highways geführt hat. Die ganze Zeit über haben wir mit ein wenig Schadenfreude auf unsere Verwandten und Freunde geschaut, die unter dem harten Winter in Deutschland zu leiden hatten und jetzt haben wir unsere eigene Schneekatastrophe. Allerdings sind wir durch diesen Wintereinbruch auch noch zu einem unerwarteten Vergnügen gekommen, wir haben auf dem Campingplatz einen Schneemann gebaut, der genauso groß war wie Geli. Danach vertrieben wir uns die Zeit beim Poolbillard im Aufenthaltsraum des Campingplatzes, ehe wir es uns in unserem verschneiten Wohnmobil gemütlich machten. Wenn die Stromversorgung hier nicht wieder zusammenbricht, werden wir diesen Wintereinbruch wohl auf diesem Platz "aussitzen".

Unsere Zwangspause nutzten wir für einen ausgiebigen Spaziergang durch den verschneiten Wald bis zu einer alten Blockhütte am Fluß. Wir stapften durch den hohen Schnee und genossen die traumhaft schöne Winterlandschaft. Zusammen mit den Kindern der Campingplatzeigentümer bauten wir einen weiteren, ca. 2,5 m hohen Schneemann, was nicht nur den Kindern riesig Spaß gemacht hat. Nach einer Aufwärmpause im Motorhome spielten wir noch einige Partien Pollbillard und unterhielten uns mit unseren Gastgebern. Selbst dieser unfreiwillige Ruhetag verging wie im Flug und wir haben ihn nicht wie eine aufgezwungene Unterbrechung empfunden. In den Nachrichten erfuhren wir dann, daß immer noch weite Teile Kentuckys ohne elektrische Energie auskommen müssen, mehr als 60.000 Menschen sind davon betroffen. Besitzer geländegängiger Fahrzeuge werden aufgerufen sich für Notfalleinsätze zur Verfügung zu stellen. Da es heute den ganzen Tag über weiter geschneit hat und auch in der Nacht noch mehr Schnee geben soll, müssen wir vielleicht noch einen weiteren Tag auf besseres Wetter warten.

Am nächsten Morgen sah die Welt dann aber schon wieder viel freundlicher aus, es hatte aufgehört zu schneien und teilweise blitzte sogar die Sonne zwischen den Wolken hervor. So machten wir uns auf den Weg zum ungefähr 80 km entfernten Mammoth Cave NP. Die Mammoth Cave besitzt einen ganz anderen Charakter als die in vielen Regionen anzutreffenden Tropfsteinhöhlen: Hohlräume, die sich während Jahrmillionen im relativ weichen Kalkstein durch die Einwirkung leicht sauren Regenwassers gebildet hatten und unterirdische Wasserläufe wurden durch eine Faltung der Erdkruste angehoben und quasi "trockengelegt". Über 560 km des fünfstöckigen Höhlensystems sind kartiert und laufend werden neue Höhlen entdeckt. Zwei Gesteinsschichten dehnen sich unter den bewaldeten Hügeln des Mammoth Cave NP aus : Eine Decke aus Sandstein, bis zu 15 m dick, liegt wie ein Schirm über einem Sockel aus Kalkstein; wo der Schirm undicht ist, dringt Oberflächenwasser in die Tiefe und löst den Kalk. Die Mammoth Cave ist das längste bekannte Höhlensystem der Welt; sie ist eine "Stätte des Welterbes" der UNESCO und eine Intenational Biosphere Reserve. Die Höhle war den prähistorischen Indianern der Gegend schon vor über 4500 Jahren bekannt, was zahlreiche Funde von Fackeln, Sandalen, Seilen, Töpferwaren und anderen Kunsterzeugnissen sowie 7 auf natürliche Weise mumifizierte menschliche Körper in den Höhlengängen bezeugen. Weiße Siedler entdeckten die Höhle 1798 und sie ist immer noch so "gewaltig , düster und fremd" wie es Stephen Bishop, ein junger Sklave und der erste Führer, beschrieben hat. Nur mit einer flackernden Schmalzöllamoe ausgerüstet, entdeckte und kartierte er viele Gänge dieser riesigen Höhle. Auch heute noch wird in der Mammoth Cave darauf verzichtet die Unterwelt in grelles Licht zu tauchen, so daß man nie das Gefühl verliert, daß man sich tief unter der Erde befindet. Wenn der Ranger dann nach vorheriger Ankündigung das Licht ausschaltet, erfährt man was totale Dunkelheit ist und wieviel Licht ein einziges Streichholz zu spenden vermag. Die Besucher werden auf unterschiedlichen Touren über einen Teil der auf knapp 20 km erschlossenen Höhlengänge in über 100 m Tiefe geführt. Wir nahmen an der Historic Tour teil, die den historischen, 1798 entdeckten Eingang benutzt und in etwa 2 Stunden einen rund 3 km langen Rundgang durch das Höhlensystem bietet. Unweit des Eingangs, bei der Rotunda in 40 m Tiefe, finden sich Spuren der Nutzung der Höhle als Salpetergrube im frühen 19. Jahrhundert. Sklaven schleppten Baumstämme herein, bauten Laugenfässer und füllten sie mit Erdreich aus der Höhle. Das Wasser, das man in die Fässer schüttete, sickerte als Salzlauge heraus. Durch ausgehöhlte Baumstämme führte man die Lauge ab und das Wasser zu. Aus den Nitraten, die man gewann, stellte man dann Schießpulver her. Der Broadway, die Hauptstraße im Untergrund, führt zur Methodist Church, wo um 1800 Gottesdienste stattgefunden haben sollen. Ein Stück weiter erinnert Booth´s Amphitheater an den Auftritt des Schauspielers Edwin Booth, der hier den Hamlet-Monolog vorgetragen hat; auf einen Knopfdruck des Rangers hallen Hamlets Worte wider. Die Bottemless Pit erschien früheren Besuchern in der Tat als bodenlos: Das Loch ist 32 m tief, und wenn man hochschaut, dann wölbt sich noch eine Kuppel 12 m hoch darüber. Auf dem Rückweg kommt man durch Fat Man´s Misery, einem engen Durchlaß, dessen Wände Generationen von "Höhlenforschern" glattpoliert haben. Schließlich kommt man zur Great Relief Hall, einer großen Kammer, die in früheren Zeiten als Ballsaal genutzt wurde. Dann geht es weiter zu den letzten Höhepunkten der Tour: Mammoth Dome, 59 m vom Boden bis zur Decke und Ruins of Karnak, ein beeindruckendes Ensemble funkelnder Säulen, den wenigen Tropfsteinformationen in diesem Teil der Höhle. Über 130 Stufen führt ein steiler Turm wieder zum Eingangsbereich zurück. In Cave City bezogen wir einen der wenigen geöffneten Campingplätze.

Nach ungefähr 150 km auf der I-65 erreichten wir Nashville, nicht nur die Hauptstadt von Tennessee, sondern auch die unumstrittene Hochburg der amerikanischen Country Music. Wir suchten uns einen Campingplatz in der Nähe des Opryland USA, einem Vergnügungspark, der ganz im Zeichen der Country Music steht und seit 1974 Heimat des Grand Ole Opry House ist. Das Opryland Hotel bietet nicht nur ein Ticket-Office für die Veranstaltungen in der Grand Ole Opry, sondern ist auch aufgrund der gelungenen architektonischen Gestaltung einen Besuch wert. Wir bekamen im Hotel dann auch noch Karten für die abendliche Show in dieser "Mother Church of Country Music", aus der seit 1925 an jedem Wochenende zwei Radioshows übertragen werden. Begonnen hatte alles in einem kleinen Rundfunkstudio des Nashville Radiosenders WSM. Da immer mehr Leute diese Shows auch sehen wollten, wurde der Veranstaltungsort mehrfach verlegt: Von 1943 bis 1974 fand die Grand Ole Opry im 3.000 Plätze bietenden Ryman Auditorium in der Innenstadt von Nashville statt, wo die Karriere vieler Country-Sänger begann. Seit 1974 bildet das Grand Ole Opry House das Herzstück des Opryland USA und die Konzerthalle mit 4400 Plätzen ist das größte Sendestudio der Welt. Heute gehören 72 Country-Sänger zum Ensemble der Grand Ole Opry und sorgen jeden Freitag- und Samstagabend für abwechslungsreiche Shows. Dabei ist von den lebenden Legenden über die heutigen Superstars bis hin zu jungen Talenten alles vertreten was in der Country Music einen Namen hat. Etwas verwirrend für uns als europäische Konzertbesucher waren die regelmäßigen Werbepausen in dieser live ausgestrahlten Radioshow, wobei die Werbeblöcke vom Moderator der Show auf der Bühne verlesen wurden. Für uns war Grandpa Jones der absolute Star der dreieinhalbstündigen Show. Der mittlerweise fast 83jährige Louis Marshall Jones ist seit nunmehr über 60 Jahren als Grandpa Jones eine Größe der Country Music. Zu Beginn seiner Karriere bedurfte es noch maskenbildnerischer Fähigkeiten, dem aus einem Gag heraus entstandenen Image als Grandpa gerecht zu werden, heute hat die Zeit das Image eingeholt. Grandpa Jones betritt zwar als "alter Mann" die Bühne, doch sobald er mit Gitarre oder Banjo in der Hand am Mikrofon steht, fallen die Jahre von ihm ab und er bietet mit kräftiger Stimme und lebhaftem Temperament mitreißende Country-Music. Auch für uns, die wir keine eingefleischten Country-Fans sind, war diese Show ein interessantes Erlebnis und sehr gute Unterhaltung.

Am nächsten Vormittag stand dann die Innenstadt von Nashville auf unseren Programm. Wir verließen die I-65 am Exit 85, um uns bei der Tourist Information das nötige Material zu beschaffen. Wir folgten dann dem durch türkisfarbene Linien auf den Bürgersteigen markierten, ca. 3 km langen City Walk. Der schönste Teil dieses Weges ist im Umfeld des State Capitols, einem Gebäude im neugriechischen Stil aus der Mitte des vorigen Jahrhunderts, daß statt von der üblichen Kuppel von einem hohen Turm beherrscht wird. Da neben dem Capitol noch etliche weitere Gebäude im Stil der griechischen Antike errichtet wurden, hat Nashville auch den Beinamen "Athens of the South". Vom Fuße des auf einem Hügel gelegenen Capitols hat man einen schönen Überblick über die Stadt. Am Rayman Auditorium, dem ehemaligen Standort der Grand Ole Opry, vorbei kamen wir zu unserem Wagen zurück. Einen kurzen Stop in der Music Row Area, einem Bereich um die 16. und 17. Straße, in dem alles rund um die Country Music und ihre Stars vermarktet wird, nutzten wir nur für einen Blick auf die Skyline von Nashville. Auf der I-40 machten wir uns dann auf den Weg nach Memphis, unserem nächsten Ziel. Auf einem kleinen Campingplatz in der Nähe des Highways fanden wir einen Platz für die Nacht, da wir Memphis heute nicht mehr erreichen konnten.

Wir umfuhren die Innenstadt von Memphis und erreichten bei 3764 Elvis Presley Blvd unser heutiges Ziel: Graceland, das einstige Wohnhaus von Elvis Presley, dem "King of Rock ´n Roll". Gegenüber der Villa befindet sich Graceland Plaza, ein Besucherzentrum mit einem Museum für 22 Autos und Motorräder von Elvis, einer Ausstellung mit persönlichen Dingen und seinen beiden Privatjets, die ebenfalls zu besichtigen sind. Ein 22minütiger Film mit dem Titel "Walk A Mile In My Shoes" gibt einen Überblick über die einmalige Karriere von Elvis. Das eigentliche Graceland ist von einer Natursteinmauer umgeben, an der sich zigtausende von Anhängern mit Botschaften ins Jenseits, mit späten Liebesschwüren und Danksagungen verewigt haben. Die Villa ist wie zu seinen Lebzeiten eingerichtet und neben dem eigentlichen Wohnhaus können das Büro zur Beantwortung seiner Fanpost, seine Squaschhalle und das Trophäengebäude mit den vielen Gold- und Platinplatten besichtigt werden. Die letzte Station der Besichtigung ist der Meditation Garden, in dem Elvis und Angehörige seiner Familie beigesetzt sind. Nach dreieinhalb Stunden auf den Spuren von Elvis verließen wir Memphis und fuhren auf der I-55 in nördlicher Richtung, durchquerten Arkansas und erreichten Missouri, wo wir auf einem Campingplatz in der Nähe des Highways übernachteten. 

Nachdem wir in St. Genevieve  unsere Vorräte ergänzt hatten, erreichten wir am frühen Nachmittag St. Louis.  Im Jahre 1804 wurde St. Louis der Ausgangspunkt für die Entdeckungsreisen von Lewis und Clark, deren neuentdeckte Route wenige Jahre später einen Siedlerstrom nach Westen auslöste. Der stählerne, 192 m hohe Gateway Arch am Mississippiufer symbolisiert die geschichtliche Funktion der Satdt als "Tor zum Westen". Nach jahrelanger Planung, der Architektuwettbewerb, den der Finne Eero Saarinen mit seinem Bogen aus rostfreiem Stahl gewann, fand bereits 1947 statt, wurde der Gateway Arch nach einer Bauzeit von 30 Monaten im Oktober 1965 fertiggestellt. Das Wahrzeichen von St. Louis befindet sich im Mittelpunkt des Jefferson National Expansion Memorial inmitten einer Parkanlage. Auch aus der Nähe betrachtet scheint die Geometrie des Bogens mit dem Dreiecksprofil allen physikalischen Gesetzmäßigkeiten zu widersprechen. Wie eine Stabilität erreicht wurde, die nicht nur Starkwinden ohne weiteres trotzt, sondern auch noch den Betrieb einen sogenannten Tramway im sich nach oben verengenden Inneren des Profils erlaubt, erläutert ein aussagekräftiges Faltblatt des National Park Service und der mitreißende Film "Monument To The Dream", der den Bau des Monumentes dokumentiert. Im Tiefgeschoß unter der Arch befindet sich das Besucherzentrum mit dem Museum of Westward Expansion, das der Erschließung des Westens durch die Expedition von Lewis und Clark gewidmet ist. Präsident Thomas Jefferson, der durch die Entsendung der beiden Abenteuerer die vollständige Eroberung Amerikas ermöglichte, gab dem Park seinen Namen und wird durch eine Bronzestatue geehrt. Hier starten auch die Bahnen, eine in jedem Bein, die die Besucher zur Kuppe des Bogens transportieren. Jeder Wagen hat 8 Kapseln , in die je 5 Personen passen. Nach einer vierminütigen Fahrt, während der Elektromotoren die Kapseln im Gleichgewicht halten, erreicht man den Observation Room, der einen phantastischen Überblick über die Stadt bietet. Besonders ins Auge fallen dabei das Old Courthouse, ein Gerichtsgebäude aus der Mitte des vorigen Jahrhunderts, die Old Cathedral am Fuße der Arch und die riesige Schüssel des Busch Stadium. Wir verließen dieses faszinierende Bauwerk, überquerten den Mississippi und bezogen in Fairmont City  einen Campingplatz.

Ganz in der Nähe des Campingplatzes befindet sich die Cahokia Mounds SHS, wo sich die Überreste der größten prähistorischen indianischen Stadt nördlich von Mexiko befinden. Die pyramidenähnlichen Erdhügel, die sogenannten "Mounds", sind hier besser erhalten als an anderen ähnlichen Stätten in Nordamerika. Aufgrund verschiedener Sonnensymbole, die bei den Ausgrabungen gefunden wurden, wird Cahokia auch "City of the Sun" genannt. Die weltweit wichtige Bedeutung der Cahokia Mounds zur prähistorischen Geschichte Nordamerikas wurde auch von der UNESCO anerkannt, die das Gebiet 1982 zur World Heritage Site erklärte. Die 880 ha große Fläche wird von der Illinois Historic Preservation Agency verwaltet, die ein hervorragendes Interpretive Center geschaffen hat. Man sollte mit dem Besuch der ungemein plastischen Ausstellung und der hervorragend gemachten Orientation Show "City of the Sun" beginnen, da dadurch das Verständnis für die Indianerkultur und für die tonbandgeführten Exkursionen zu den Mounds gesteigert wird. Die erste Besiedlung der Cahokia Mounds durch die prähistorischen Indianer der späten Waldkultur fand im Jahre 700 statt. Um 850 bis 900 entwickelte sich die Kultur der Mississippi-Indianer. Übrigens wurde die Bezeichnung Wald- und Mississippi-Indianer von Archäologen gegeben, es handelt sich hierbei also nicht um Stammesnamen. Diese Menschen entwickelten ein anderes Kultursystem, in dem sie hauptsächlich Mais und Kürbis anbauten. Diese feste Nahrungsgrundlage in Verbindung mit der Jagd, dem Fischfang und dem Sammeln wilder Früchte ermöglichte es ihnen eine sehr komplizierte Gemeinschaft mit einer hochspezialisierten sozialen, politischen und religiösen Struktur zu entwickeln. Der heute als Cahokia bekannte Ort wurde das regional Zentrum für die Mississippikultur mit vielen umliegenden Dörfern und weit entfernten Satellitenstädten. Die Stadt Cahokia umfaßte nahezu 15,6 km² und hatte eine Bevölkerung von bis zu 20..000 in ausgedehnten Ortsteilen. Die Häuser waren in Reihen angeordnet, gruppiert um offene Plätze. Die Hauptackerflächen befanden sich außerhalb der Stadt, kleinere Gartenflächen konnte man aber auch innerhalb der Wohngebiete antreffen. Ursprünglich gab es 120 Hügel, jedoch konnte man nur 109 lokalisieren. Viele wurden durch moderne Landwirtschaft oder die städtische Bebauung verändert oder zerstört. 68 von ihnen blieben innerhalb der Grenzen der Historic Site erhalten. Die Hügel wurden ausschließlich aus Erde errichtet. Die Menschen transportierten den Boden, der mit Werkzeugen aus Stein, Holz oder Muscheln ausgehoben wurde, auf ihrem Rücken in Körben auf die Hügel. Man schätzt, daß 13,5 Millionen Kubikmeter Erde nur für die Hügel durch die Indianer bewegt wurden. In erster Linie dienten die Hügel den zeremoniellen Zwecken, nur wenige wurden für Beisetzungen benutzt. Die meisten Menschen werden wohl auf Friedhöfen innerhalb und außerhalb der Stadt beerdigt worden sein. Der häufigste Hügeltyp in Cahokia ist der Plattformhügel, er ist quadratisch oder rechteckig mit schräge abfallenden Seiten. Die flache Oberfläche diente als Grundfläche für die Gebäude. Der größte Mound des Parks, der Monks Mound hat eine Grundfläche von 74.000 m² und ist über 30 m hoch. Die genaue Funktion der kegelförmigen und firstartigen Hügel ist nicht bekannt. Jedoch könnten beide Formen für die Bestattung wichtiger Personen oder zur Markierung herausragender Plätze gedient haben. Der Grund, warum Cahokia ausstarb, ist nicht bekannt. Vermutlich trieben den Cahokianer Raubbau an vielen Bodenschätzen in ihrem Gebiet, was einen Materialmangel zur Folge hatte. Eine klimatische Veränderung im 13. Jahrhundert mag sich ungünstig auf die Versorgung mit Nahrungsmitteln ausgewirkt haben. Der allmähliche Rückgang in der Population begann 1300 und 1500 war der Ort verlassen. Wohin die Menschen gingen oder welchen Stamm sie sich zuordneten, ist unbekannt. Der Name Cahokia ist auf den Cahokia-Nebenstamm der Illini-Indianer zurückzuführen, welche die späteren Einwanderer in diesem Gebiet waren und kurz vor den Franzosen gegen Ende des 16 Jahrhundert eintrafen. Bevor wir St. Louis in südwestlicher Richtung verließen fuhren wir an das östliche Ufer des Mississippi, um einen letzten Blick auf die Gateway Arch und die Skyline zu werfen. Auf der I-44 fuhren wir in Richtung Springfield und übernachteten in der Nähe des Highways.

In Springfield verließen wir die Interstate und erreichten nach wenigen Meilen auf dem Hwy 65 den kleinen Ort Branson, inmitten der Ozark Mountains. Erstmals haben wir von Branson gehört, als wir von El Paso aus einen Ausflug nach Mexiko unternommen haben. Die anderen Teilnehmer dieser Fahrt berichteten von den Shows in Branson, Missouri, besonders von der Show eines japanischen Geigers namens Sushi Tobacco oder so ähnlich. In der Tat bietet Branson ein Stück Nashville gemischt mit einem Tick Las Vegas. Der nicht einmal 4.000 Einwohner zählende Ort verfügt über knapp 40 Theater mit ungefähr 50.000 Plätzen und lockt pro Jahr fast 8 Millionen Besucher an. Der Aufstieg Bransons vom verschlafenen Erholungsort zur Boomtown begann in den späten 50er Jahren mit dem Bau des Table Rock Dam, der den White River zum Table Rock Lake aufstaut. In dieses neu geschaffene Erholungsgebiet kamen immer mehr Besucher, zu deren abendlicher Unterhaltung 1960 die ersten Musikshows entstanden. Das Showgeschäft war geboren und erweiterte sich stetig. In den letzten 10-15 Jahren setzte dann ein gewaltiger Boom ein, der Branson über die Grenzen Missouris hinaus bekannt gemacht hat. Auch wir wurden auf unserer Fahrt durch Missouri immer wieder auf Branson hingewiesen und auf unsere Frage nach der besten Show wurde uns stets die des Japaners, dessen Namen sich aber keiner merken konnte, empfohlen. Wir fuhren also das Visitor Center an und reservierten uns zwei Plätze für die Show des Shoji Tabuchi, wie der Künstler richtig heißt. Nachdem wir die Tickets für die Abendvorstellung abgeholt hatten, bezogen wir einen Campingplatz in der Nähe des Theaters, so daß wir zu Fuß zur Show gehen konnten. Das in Violettönen gehaltene Theater entpuppte sich als im Las Vegas Stil aufgemachtes Fantasyland. Besonders interessant ist die Gestaltung der Toiletten: Während im Vorraum der Männerwelt ein großer Billardtisch denjenigen, die es nicht so eilig haben, etwas Unterhaltung bringt, werden die Damen mit frischen Orchideen auf den Waschtischen, Blumengestecken und mit einer Kosmmetikartikel verteilenden Mitarbeiterin verwöhnt. Die Show, an der ca. 80 Musiker, Tänzer und Mitarbeiter hinter der Bühne beteiligt sind, beginnt mit einer Lasershow. Als dann Mr. Tabuchi mit seiner Violine die Bühne betritt, wird sofort klar, daß er ein Meister seines Faches ist. Virtuos spielt er sich durch die Musikgeschichte von Klassik, Musical, Gospel, Jazz, Rock und Country und stellt die Highlights verschiedene Epochen in Medleys zusammen. Seine Gesangseinlagen gehören aufgrund seines starken Akzents zu den weniger begeisterden Teilen der ansonsten sehr guten Show, die immer dann brillant wird, wenn Shoji Tabuchi und seine Violine das Geschehen dominieren. Nach zweieinhalb Stunden sehr guter Unterhaltung gingen wir zum Campingplatz zurück.

Wir verließen Branson nach einem kurzen Abstecher zum Table Rock Lake auf dem Hwy 65 in südlicher Richtung. Schon kurz hinter Branson erreichten wir die Grenze zu Arkansas und bogen dann in Harrison auf den "Arkansas Scenic 7 Byway" ab, der zu den schönsten Nebenstraßen der USA gehört und über ca. 270 km Harrison mit Hot Springs verbindet. Die Straße schlängelt sich durch die abgeflachten Berge der Ozark Mountains, die zwischen 450 und 750 m hoch sind. Wind und Wasser formten sie über Jahrtausende aus dem Ozark-Plateau, einer gewaltigen Hochebene. Leider waren die Aussichtspunkte aufgrund des trüben, regnerischen Wetters wolkenverhangen, so daß ein Blick in die Täler nicht möglich war. In Lurton hielten wir bei Nellie´s Gift Shop, wo Nellie die Arbeiten fingerfertiger Hobbykünstler der Umgebung, vor allem Quilts, jene aufwendigen Patchworkarbeiten, ausstellt und verkauft. Wir erreichten schließlich Russellville und fanden südlich der Stadt im Lake Dardanelle SP einen schönen Campingplatz am Ufer des Sees.

Wieder zurück auf dem Scenic Highway 7 erreichten wir einige Meilen südlich von Russellville den Nimrod Dam, der den Fourche River zum Nimrod Lake aufstaut. Ohne weitere Unterbrechung fuhren wir bis nach Hot Springs, in dessen Zentrum sich der Hot Springs NP befindet. Die meisten Nationalparks sind Tausende von Hektar groß, liegen fernab von den Städten und behüten ihre Naturdenkmäler vor kommerzieller Ausbeutung. Nicht so Hot Springs. Dieser kleinste NP der USA liegt mitten in einer Stadt, die ihr Geschäft damit macht, das wichtigste Gut des Parks zu gewinnen und zu vertreiben: mineralhaltiges Wasser aus heißen Quellen. Diese Quellen machten Hot Springs attraktiv seit die ersten Menschen vor ungefähr 10..000 Jahren die Gegend besiedelten. Bearbeitete Steine zeugen davon, daß die Indianer die Quellen kannten und sie auch nutzten. Für sie war die Gegend ein neutrales Gebiet, in dem die verschiedenen Stämme jagten, handelten und badeten. Aus Überlieferungen geht hervor, daß die Indianer dem Wasser heilende Wirkung zuerkannten. Diese therapeutische Wirkung verdankt das Wasser seinen Mineralien und seiner Temperatur von 62° C. Das Thermalwasser ist nicht nur völlig geruchs- und geschmacksfrei, es ist auch natürlich steril. Es handelt sich um Regen- und Schmelzwasser, daß durch feine Poren und Risse in das Schiefergestein eindringt aus dem die meisten Berge um Hot Springs herum bestehen. Während das Wasser immer tiefer hinabsickert, heizen es die zunehmend wärmeren Felsschichten auf und filtern alle Verunreinigungen heraus. Dabei werden Mineralien aus dem Gestein gelöst. Schließlich trifft das Wasser auf die Verwerfungen und Fugen des Hot Spring Sandsteins, welche es zur Westseite des Hot Spring Mountains führen, wo es an die Oberfläche tritt. Aus den insgesamt 47 Quellen des Parks strömen täglich etwa 3,2 Millionen Liter Wasser, das für seine Reise durch die Gesteinsschichten nach wissenschaftlichen Untersuchungen bis zu 4.000 Jahre benötigt. Der kommerzielle Badebetrieb begann praktisch gleichzeitig mit der Besiedlung des Gebietes Anfang des 19. Jahrhunderts. Bereits 1832 stellte die Regierung Teile des Gebietes unter ihren Schutz und schuf damit das erste Naturschutzgebiet der USA, Nationalpark ist Hot Springs aber erst seit 1921. Das Herzstück des Parks ist auch heute noch die Bathhouse Row in der Central Avenue, der Hauptstraße von Hot Springs. In diese Badehäuser wurde das Wasser geleitet und für die Therapien auf angenehme Temperaturen abgekühlt. Auch heute fließt das Wasser in ein komplexes Röhren- und Speichersystem, woraus dann kommerzielle Bäder und parkeigene Brunnen gespeist werden an denen sich jeder kostenlos Wasser abfüllen kann. Von den 8 Badehäusern der Bathhouse Row ist das Buckstaff das einzige, das Bäder noch in herkömmlicher Form anbietet. Alle anderen Häuser fielen dem Niedergang des Badebetriebes nach dem 2. Weltkrieg zum Opfer und waren dem Verfall preisgegeben. In den 80er Jahren begannen dank privater Spenden unter der Aufsicht des National Park Service umfangreiche Renovierungsarbeiten zur Erhaltung dieser historischen Bausubstanz. Im Fordyce Bad befindet seit Abschluß der Widerherstellungsarbeiten im Mai 1989 das Visitor Center des Nationalparks. Auch der gesamte Innenausbau dieses Bades mit Mobiliar und Therapieeinrichtungen ist im alten Stil restauriert worden und dient heute als Museum. Hinter dem Maurice Bad kann man zwei heiße Quellen besichtigen, die nicht an das Rohrleitungssystem angeschlossen wurden. Dieser ungewöhnliche NP umfaßt aber nicht nur die Badehäuser, sondern auch die umliegenden Berge, die durch Wanderwege und Parkstraßen erschlossen sind. Wir hatten uns die Erkundung des Hot Springs Mountain mit seinem 66 m hohen Aussichtsturm für den nächsten Tag vorgenommen, so daß wir Hot Springs verließen, um im Lake Ouachita SP nordwestlich der Stadt zu übernachten. Dieser Park verfügt über einen sehr schönen, im bewaldeten Uferbereich des Lake Ouachita gelegenen Campingplatz.

Als wir dann am nächsten Morgen auf dem Hot Springs Mountain Drive unterwegs waren, war das Wetter so schlecht, daß wir von den verschiedenen Aussichtspunkten nicht ins Tal hinabsehen konnten. Auch die Spitze des Aussichtsturms war in den tiefhängenden Wolken verschwunden, so daß wir ohne Turmbesichtigung in Richtung Little Rock weiterfuhren. Während sich Hot Springs noch damit gerühmt hatte die Heimatstadt von Bill Clinton zu sein, war Little Rock schon auf den in die Stadt führenden Highways mit dem Slogan: "The first capitol Bill Clinton called home". Der kleine Felsen, nach dem die Stadt benannt ist, hat den Entdeckern des Arkansas River als Merkmal gedient. Heute ist Little Rock Hauptstadt und wirtschaftliches Zentrum des Staates Arkansas. Das aus Arkansas-Kalkstein gebaute State Capitol ist, wie viele andere auch, eine verkleinerte Version des Capitols in Washington. Obwohl heute Samstag war stand das Capitol zur Besichtigung offen und eine kleines Faltblatt informierte uns über die einzelnen Räume. Besonders eindrucksvoll sind die Kronleuchter und Buntglasfenster in der großen Rotunde, sowie im Senat und Repräsentantenhaus. Der ehemalige Tagungsraum des Obersten Gerichtshofs und der Konferenzraum des Gouverneurs mit Porträts aller Gouverneure von 1900 an waren weitere Sationen auf unserem Weg durch das Capitol. Von Little Rock fuhren wir auf der I-40 in westlicher Richtung und übernachteten im Lake Fort Smith SP nahe der Grenze zu Oklahoma.

Wir setzten unsere Fahrt auf der I-40 fort und erhielten im Oklahoma Welcome Center sehr ausführliches Informationsmaterial. Kurz bevor wir Oklahoma City erreichten, verließen wir die Interstate und fanden im Little River SP südöstlich der Stadt einen schönen Platz zum Übernachten.

Über Nebenstraßen erreichten wir Anadarko, "The Indian Capitol of the Nation", von wo aus im vorigen Jahrhundert die Indianer verwaltet wurden, die aus anderen Staaten vertrieben und in die Prärie Oklahomas umgesiedelt worden waren. Diese unmenschliche Deportation, auch bekannt unter dem Namen "Trail of Tears", kostete Tausenden das Leben. Während die Indianer auf ihrem Marsch ins unbekannte Exil ums Überleben kämpften, wurde ihr Land im Rahmen einer Lotterie meisbietend versteigert. Die Überlebenden gründeten moderne Staatsgebilde mit Regierungen, Schulen, Farmen und Geschäften. Als dann in den 80er Jahren des vorigen Jahrhunderts Oklahoma zur Besiedlung freigegeben wurde, erfüllte sich der Wunsch der Indianer nach einem eigenen Staat nicht, sie mußten sich das 1907 gegründete Oklahoma mit den Neusiedlern teilen. Südlich von Anadarko liegt Indian City USA, ein Freilichtmuseum, in dem die Dörfer von sieben verschiedenen Indianerstämmen unter der Aufsicht der Universität von Oklahoma originalgetreu restauriert wurden. Auf einer 45minütigen Tour erklärte uns der indianische Führer anhand der Dörfer das Leben und die Sozialstruktur der Pawnee, Wichita, Caddo, Kiowa, Navajo, Pueblo und Apache. In ihrer Verschiedenheit geben sie Einblick in die traditionelle Lebensweise der sieben Stämme. Manche betrieben Ackerbau und waren ortsgebunden, andere zogen auf der Jagd nach Büffeln und anderem Wild nomadisierend umher. Viele Dinge des täglichen Lebens, die in den Wohnräumen zu besichtigen sind, vermitteln ein sehr lebendiges Bild vom Alltag dieser Menschen. Auf unserem Weg zurück zur I-40 kamen wir südlich von Hinton zum Red Rock Canyon SP mit einem sehr schönen in dem versteckten Tal gelegenen Campingplatz. Da ich mit einer Erkältung zu kämpfen hatte, nutzte Geli die Zeit und malte einen zweiten, kleineren Roadrunner auf das Heck unseres Wohnmobils. Jetzt fehlt nur noch der Schriftzug "Roadrunner" auf der Frontseite, die Buchstaben dafür haben wir auch schon.

Die I-40, die auf diesem Abschnitt teilweise mit der "Historic Route 66" identisch ist, führte uns in den Panhandle von Texas, jene nordwestliche, nach Oklahoma hineinreichende Ausbuchtung des Staates. Der gesamte Panhandle wird von den High Plains, einer 1000-1150 m hohen Hochebene eingenommen. Südöstlich von Amarillo hat der Prairie Dog Town Fork des Red River den zum Teil über 300 m tiefen Palo Duro Canyon in den roten Sandstein dieser Hochebene gegraben. Der Palo Duro Canyon SP, der größte texanische State Park, ist eine bizarre, bunte Felsenwelt, die durch eine etwa 25 km lange Parkstraße erschlossen wird. Viele Reit- und Wanderwege ermöglichen ein tieferes Eindringen in diesen landschaftlich sehr reizvollen Park, der mit seinen verschiedenfarbigen Gesteinsschichten und Felsformationen ein wenig an den Grand Canyon erinnert. Unter der Führung eines Parkrangers werden Fahrten mit einer Miniatureisenbahn angeboten und in den Sommermonaten wird im Amphitheater des Parks das historische Musical "Texas" aufgeführt. Die sieben Campingbereiche des Parks mit insgesamt 146 Stellplätzen liegen entlang der Parkstraße und sind sehr schön in die Landschaft integriert. Alle Wanderwege des Parks sind auch für Mountainbiker freigegeben und es gibt drei gesonderte Mountainbike-Wege mit unterschiedlichem Schwierigkeitsgrad. Nachdem wir uns auf der Parkstraße einen Überblick verschafft hatten, bezogen wir unseren Stellplatz und gingen ein Stück auf dem Givens, Spivey & Lowry Running Trail. Da es heute mit 25-30 ° C nicht nur sommerlich warm war, sondern wir auch strahlend blauen Himmel hatten, ergaben sich auf dieser Wanderung phantastische Einblicke in den Palo Duro Canyon.

Am nächsten Morgen machten wir unsere Fahrräder startklar und nahmen den Lighthouse Trail in Angriff. Dieser Weg führt zu den drei herausragenden Felsformationen des Parks: Capitol Peak, Castle Peak und Lighthouse Peak. Dieser sehr schöne, zum Teil für Fahrradfahrer aber auch sehr schwere Weg durch den Canyon war für mein Hinterrad wohl zuviel, ich hatte einen Platten. Aufpumpen half leider nicht weiter, da die Luft sofort wieder entwich. Uns blieb also nur die Wahl an Ort und Stelle einen anderen Schlauch einzubauen oder zu schieben. Ich entschloß mich die letzten 2 km zu schieben und Geli fuhr zurück zum Campingplatz und brachte den Wagen zum Parkplatz des Trails, wo wir dann gleichzeitig ankamen. Nachdem wir die Räder wieder aufgeladen hatten, verließen wir den State Park und fuhren nach Amarillo zurück. Auf der I-40 kamen wir dann am westlichen Ortsausgang an der Cadillac Ranch vorbei. Dieses Kunstobjekt aus 10 mit dem Kühler voran in der Erde versenkten Cadillacs, die auch noch im gleichen Winkel wie die Cheopspyramide stehen sollen, soll das "Goldene Zeitalter" von 1949 bis 1963 repräsentieren. Wir durchquerten den Texas Panhandle auf der I-40 und gewannen mit dem Grenzübertritt nach New Mexico eine Stunde, da wir von der Central in die Mountain Time Zone kamen. Wir verließen die Interstate und übernachteten im Ute Lake SP in der Nähe von Logan.

Der Hwy 54 brachte uns zurück zur I-40, auf der wir dann bis nach Albuquerque fuhren. Je näher wir der Stadt kamen, desto gespannter wurden wir, wer uns denn diesmal geschrieben hat. Nachdem wir das Postamt für General Delivery ausfindig gemacht hatten, konnten wir einen ganzen Schwung Briefe und Karten in Empfang nehmen. Es ist schön zu wissen, daß Freunde und Verwandte uns noch nicht vergessen haben. Vom Postamt fuhren wir zu einem privaten Campingplatz in der Nähe des Albuquerque International Balloon Fiesta Park, wo Anfang Oktober das größte Ballon-Festival der Welt stattfindet. Leider nimmt dieser Platz für diese Zeit keine Reservierungen entgegen, bietet aber zusätzliche 300 Plätze ohne Anschlüsse an. Bevor wir endlich unsere Post lesen konnten, stand noch ein Großeinkauf auf dem Programm. Der Abend war dann mit der Beantwortung der Briefe ausgefüllt.

Den nächsten Tag gingen wir ganz ruhig an, nach dem Ausschlafen ging es in den platzeigenen Pool und Spa. Während unsere Wäsche in der Laundry war frühstückten wir und erledigten weitere Hausarbeiten. Gegen Mittag verließen wir den Campingplatz und fuhren in die Old Town von Albuquerque, das historische Zentrum der 1706 von Spaniern am Ostufer des Rio Grande gegründeten Stadt. Am Old Town Plaza, der von der 1792 erbauten Kirche San Felipe de Neri beherrscht wird, konzentrieren sich heute Souvenir- und Schmuckläden, Galerien und Restaurants. Doch Old Town hat mit typischen Bauten im Adobe-Stil (Baumaterial sind luftgetrocknete Lehmziegel), verwinkelten Höfen und winzigen Balkonen nocj viel von seinem traditionellen Charme behalten. Auf dem Rückweg zu unseren Auto sahen wir uns noch einige der Skulpturen an, die in den Außenanlagen des Albuquerque Museums aufgestellt sind. Unser nächstes Ziel, das Indian Pueblo Cultural Center wird von den 19 in New Mexico vertretenen Stämmen von Pueblo Indianern unterhalten. Architektonisch stand das Pueblo Bonito im Chaco Canyon NHP Pate für dieses Museum. Eine selbstgeführte Tour durch die Ausstellung bringt einem das Leben, die Sitten und Gebräuche, das Kunsthandwerk und die Geschichte der Pueblo-Indianer näher. In den zu dem Komplex gehörenden Geschäften wird anspruchsvolles indianisches Kunsthandwerk aller Art angeboten, ein Restaurant bietet indianische Gerichte. Von hier aus fuhren wir zum Campingplatz zurück, den wir gleich für zwei Nächte reserviert hatten.

Bevor wir Albuquerque verließen, fuhren wir zur Talstation der Sandia Peak Aerial Tramway. Die Bahn wurde von einer schweizer Firma von 1964-66 erbaut und führt über nur zwei Türme von 1999 m auf 3163 m Höhe, bei einer Länge von etwa 4,5 km. Von der Aussichtsplattform bietet sich ein herrlicher Blick, nicht nur auf Albuquerque, sondern über weite Teile New Mexicos bis hinauf nach Santa Fe, unserem nächsten Ziel. Santa Fe ist die fast ein wenig provinziell wirkende aber sehr attraktive Hauptstadt New Mexicos. Schon vor Jahrzehnten erlassene Baugesetze sorgen dafür, daß die einfallslose, kleinstädtische Zweckarchitektur, wie sie in vielen US-Städten zu sehen ist, nicht nur aus dem historischen Zentrum um die Plaza verbannt blieb. Der ein- bis dreistöckige, von der Pueblokultur inspirierte Adobe-Baustil überwiegt nicht nur im Zentrum der Altstadt, sondern dominiert fast die gesamte Architektur von der Familienvilla in den Vororten über die öffentlichen Gebäude und Hotels bis zu den Shopping Malls. Die spanisch-mexikanische Epoche, obwohl nach fast 250jähriger Dauer bereits 1846 beendet, hat Santa Fe bis auf den heutigen Tag stärker geprägt, so scheint es, als der American Way of Life seither. Die auffälligsten Bauten im Adobe-Stil liegen rund um die zentrale Plaza und sind wie der Palace of the Governors bereits kurz nach der Gründung der Stadt durch die Spanier 1610 entstanden. Auf dem überdachten Gehsteig dieses ältesten erhaltenen öffentlichen Gebäudes der USA breiten tagtäglich Indianer aus den umliegenden Pueblos ihren Schmuck und andere kunstgewerbliche Arbeiten zum Verkauf aus. Ein anderes Adobe-Gebäude ist das benachbarte Museum of Fine Arts, das sich mit seinen Ausstellungen auf die Kunst des Südwestens konzentriert. Als nächstes sahen wir uns die 1886 vollendete St Francis Cathedral an, die mit der Conquistadora Chapel, daß´warscheinlich älteste Marienheiligtum des Landes enthält. Die 1873 erbaute Loretto Chapel, die wegen der Miraculous Staircase, einer ohne Stützen und Nägel erbauten zweimal gewundenen Wendeltreppe berühmt ist, konnten wir leider nur von außen bewundern, da sie aufgrund einer Hochzeit geschlossen war. Ebenso geschlossen war die San Miguel Chapel von 1610, die älteste noch ihrer Bestimmung dienende Kirche der USA. Gegenüber dieser Kapelle befindet sich das älteste Haus der USA, heute ein Restaurant. Das State Capitol, das sogenannte Roundhouse, ist einer indianischen Zeremonienstätte (Kiva) nachgebildet und der Grundriß bildet ein Sonnensymbol der Zia-Indianer. Vom Capitol aus gingen wir zurück zum Auto und fanden auf der Trailer Ranch in der Cerrillos Road einen Platz für die Nacht.

Auf unserem Weg von Santa Fe nach Taos bogen wir in Española von der Hauptverbindung ab und fuhren über die sogenannte High Road (Hwy 76, 518), eine schöne aber kurvenreiche Strecke durch das Bergland. In dem kleinen Ort Ranchos de Taos treffen die beiden Straßen wieder aufeinander. Das 1615 von den Spaniern gegründete Taos sieht mit seinen Adobe-Gebäuden um die zentrale Plaza aus wie eine Miniaturausgabe von Santa Fe. Genau wie Santa Fe ist auch Taos ein Künstlerort mit vielen Galerien und Schmuckgeschäften. Die eigentliche Sehenswürdigkeit der Stadt ist das von der UNESCO als World Heritage Site anerkannte Taos Pueblo einige Kilometer nördlich der Stadt. Leider war dieses seit fast 1.000 Jahren bewohnte Pueblo, das aus verschachtelten, mehrstöckigen und stufenförmig übereinander angeordneten Bauten im Adobe-Stil besteht, aufgrund religiöser Zeremonien für die Öffentlichkeit geschlossen. Wir beschlossen, es im Herbst noch einmal zu versuchen und fuhren, diesmal auf dem Hwy 68, bis nach Española zurück, wo wir übernachteten.

Von Española sind es nur wenige Kilometer bis zum Bandelier NM, wo in der Abgeschiedenheit des Frijoles Canyon Ruinen der Anasazi-Indianer zu finden sind, die von etwa 1200 bis 1600 hier gelebt haben. Wir sicherten uns zunächst einen Stellplatz auf dem sehr schönen, zum Park gehörenden Juniper Campground. Hier reparierten wir mein Fahrrad und machten uns dann, nach einer kleinen Stärkung, mit den Rädern auf den Weg zu den Ruinen. Ganz in der Nähe des Campingplatzes gibt es einen Overlook, der einen wunderschönen Überblick über den Frijoles Canyon mit den Ruinen bietet. Wir konnten uns von diesem Aussichtspunkt zwar auf die Abfahrt ins Tal freuen, begannen aber auch schon mit Schrecken an die Rückfahrt zu denken. So rauschten wir mit bis zu 50 km/h von der Hochebene des Pajarito-Plateaus tief hinunter in das Tal des El Rito de los Frijoles (kleiner Fluß der Bohnen). Hinter dem Visitor Center, in dem es eine kurze Filmvorführung und ein Museum zu sehen gibt, beginnt der Frijoles Ruins Trail. Dieser Weg führt vorbei an den Ruinen von Kivas und mehrstöckigen Lang- und Rundbauten zu Höhlenwohnungen, die hier mit Anlehnhäusern kombiniert wurden. Stufenpfade und hölzerne Leitern ermöglichen die Erkundung der guterhaltenen kleinen Quartiere in und an den Felswänden aus Tuffstein. Dieses Tuffgestein, aus dem das gesamte Pajarito-Plateau besteht, geht auf zwei gewaltige Vulkanausbrüche des Jemez-Vulkans vor über einer Million Jahren zurück. Eine bis zu 300 m dicke Schicht aus Vulkanasche bedeckte damals tausende von Quadratkilometern. Im Laufe der Zeit verhärtete sich diese Vulkanasche zu den rosa Felsen aus Tuffgestein der heutigen Canyonwand. Durch Erosion wurden einst mit Gasen angefüllte Löcher freigelegt und bildeten damit den Grundstock für die Felsensiedlung der Anasazi, die einige dieser natürlichen Löcher vergrößerten und als erste Wohnung benutzten. Ein wichtiger Teil der Anasazi-Kultur waren die Kivas, runde unterirdische Räume, die überwiedend religiösen Zeremonien dienten. Zwei dieser Kivas sind hier restauriert worden und erlauben so, da man das aus Holz und Erde bestehende Dach weggelassen hat, einen Einblick in diese Heiligtümer der Indianer. Die Tyuonyi-Ruine war einst ein zwei- bis dreistöckiger Pueblo-Bau mit bis zu 400 Räumen. Vom weiteren Verlauf des Weges hat man einen schönen Überblick über die als Rundbau angelegte Tyuonyi-Ruine, deren Errichtung vor etwa 600 Jahren begann. Zu dieser Zeit waren auch die Felsenwohnungen bewohnt und es ist nicht geklärt, nach welchen Kriterien die Wohnungen am Canyonrand oder auf dem Canyongrund vergeben wurden. Neben den vielen Felsenwohnungen, an denen der Weg vorbeiführt, steht das Talus-Haus, ein rekonstruiertes Anlehnhaus, von denen einige, teilweise drei oder vier Stockwerke hoch, an den Canyonwänden entlang gebaut waren. In einer als Kiva genutzten Felshöhle befinden sich Felszeichnungen der "gefiederten Schlange Awanyu", die Wasser symbolisiert und ein rotgefärbtes Gesicht mit einer weißen Feder. An einer weiteren Höhlen-Kiva vorbei führt der Pfad zu einer Long House genannten Ruine, die über 200 m an der Canyonwand entlang läuft. Oberhalb dieser mehrstöckigen Siedlung haben die Indianer Felszeichnungen eingemeißelt, die aber nur schwer zu erkennen sind. Das letzte Ziel dieses ungefähr 4 km langen Weges ist die Ceremonial Cave, die sich 50 m über dem Canyonboden befindet. Über vier hölzerne Leitern erreicht man diese große natürliche Höhle, in der man in ein kleines Kiva hinabsteigen kann. Man glaubt heute zu wissen, warum sich die Indianer in diesem Gebiet ansiedelten und es nach 400 Jahre wieder verließen: Der Fluß sicherte die ganzjährige Versorgung mit Trinkwasser, die fruchtbare vulkanische Erde versprach gute Ernten, es gab reichlich jagbares Wild und Material zum Wohnungsbau. Nach 400 Jahren intensiver Bewirtschaftung, des Holzschneidens und Pflanzensammelns und intensiver Jagd waren die Land- und Bodenschätze erschöpft und das Land konnte die Indianer nicht mehr ernähren. Nach und nach zogen die Bewohner in andere Gegenden ab und als die Spanier in den späten 1500er Jahren ankamen, waren die Siedlungen im Frijoles Canyon verlassen. Als wir wieder am Visitor Center ankamen, begann der schwerste Teil unseres Weges. Bei ca. 25° C und auf einer Höhe von ungefähr 2.000 m hatten wir auf dem Weg zurück zum Campingplatz ungefähr 200 Höhenmeter zu überwinden. Dank unserer 21 Gänge haben wir es mit einigen Pausen und unter heftigem Schnaufen dann auch geschafft, würden bei einem weiteren Besuch aber mit dem Wagen zum Visitor Center fahren. Den Besuch des Bandelier NM sollte man so einrichten, daß man die Ruinen erst am Nachmittag besichtigt, da sie dann sehr schön von der Sonne beschienen werden.

Gleich nach dem Frühstück machten wir uns auf den Weg zu unserem heutigen Ziel, dem Chaco Culture NHP. Die letzten 30 km auf dem unbefestigten Hwy 57 hatten es dann noch einmal in sich und kosteten uns fast 2 Stunden. Nach starken Regenfällen oder bei ungünstigen Wettervorhersagen sollte man besser auf einen Besuch des Chaco Canyon verzichten. Im Visitor Center gab man uns die Empfehlung mit 60 km/h über die teilweise waschbrettartige Oberfläche der Straße zu fahren, um die Erschütterungen zu minimieren. Man teilte aber unsere Befürchtungen, daß dieses Vorgehen für Pkw richtig sein mag, unser Wohnmobil aber wohl vollständig zerlegen würde. Wir haben es auf jeden Fall irgendwie geschafft den Chaco Canyon, ein in die Hochebene des San Juan Becken eingekerbtes breites Tal zu erreichen. Wir sicherten uns ersteinmal einen Stellplatz auf dem relativ kleinen Campingplatz in einem Seitental des Canyon. Direkt am Campingplatz gibt es eine kleine Ruine und man hat einen sehr schönen Blick durch das Tal auf die 2019 m hohe Fajada Butte. Mit unseren Rädern fuhren wir dann zum Visitor Center zurück und informierten uns über die Chaco-Kultur. Es ist erstaunlich, daß gerade im Chaco Canyon, dieser wild zerklüfteten Felsschlucht aus rotem Sandstein, die Anasazi-Kultur entstand und sich zu einer einzigartigen Kulturerscheinung in Nordamerika entwickelte. Diese Landschaft, in einer Höhe von 1650 bis 2100 m gelegen, ist eine charakteristische Wüstensteppe des südlichen Colorado-Plateaus mir langen strengen Wintern, einer relativ kurzen frostfreien Anbauperiode und unvorhersagbaren Niederschlägen während der heißen Sommermonate. Es fällt daher schwer, sich diesen öden Landstrich vor ungefähr 1.000 Jahren als das Zentrum einer blühenden Kultur vorzustellen. Die Chaco-Bewohner bebauten den flachen Talboden und errichteten mehrgeschossige Großhäuser, die mit anderen Pueblo-Siedlungen im San Juan Becken durch ein weitreichendes Straßennetz verbunden waren. Die ersten Siedlungsüberreste der Chaco-Anasazi-Kultur reichen bis ins frühe 10. Jahrhundert zurück. Das Erscheinungsbild dieser prähistorischen Kultur wird von der Architektur am deutlichsten geprägt. Form und Größe der errichteten Häuser unterscheiden sich von denen der vorhergehenden Kulturstufen durch eine weitaus großzügigere Ausführung bei der Planung, daß heißt, daß bereits bei der Grundsteinlegung ein Konzept des mehrgeschossigen Pueblos zugrunde lag. Sechs Großhäuser - Pueblo Bonito, Chetro Ketl, Una Vida, Peñasco Blanco, Hungo Pavi und Kin Bineola - wurden in dieser frühen Phase angelegt. Das Siedlungsmuster eines Großhauses, umgeben von meheren Kleinhäusern, verbreitete sich von nun an im gesamten Nordwesten des heutigen Bundesstaates New Mexico. Entlang der mehr als 640 km Verbindungsstraßen zu den etwa 75 Siedlungsablegern entstanden kleinere Zwischenstationen, alles Zeugnisse für ein komplexes Gesellschaftssystem, das eng mit Chaco Canyon verbunden war. Einhundert Jahre später, um etwa 1000, war Chaco Canyon bereits zum sozio-politischen Zentrum des San Juan Beckens aufgestiegen. Es könnten an die 5.000 Menschen in fast 400 Siedlungen im Chaco-Einflußgebiet gelebt haben, oder mindestens an die 2.000 im Chaco-Kerngebiet - je nach dem welche Kriterien für die Bestimmung der prähistorischen Einwohnerzahl zugrunde gelegt werden. Eine neue Mauerbauweise, die Zweischalenmauer aus flachgeformten Sandsteinplatten mit Bruchsteinkern in Lehmmörtel gebettet, erhöhte die statische Stabilität soweit, daß die Tragwände bis zu einer Höhe von drei Stockwerken errichtet werden konnten. In der traditionellen Anasazi-Bauweise wurden einzelne Räume nach Bedarf an die vorhandenen angesetzt, jedoch weisen einzelne Großhäuser bereits von Anbeginn auf eine systematische Planungsarbeit hin. Wahrscheinlich war Chaco bereits zu dieser Zeit der Mittelpunkt eines ausgedehnte politischen und wirtschaftlichen Verteilungsnetzes, das den Austausch von Handelsgütern kontollierte und seinen Einfluß über ein weites Gebiet ausübte. Wie kann man dieses schnelle Wachstum erklären? Nach Meinung einiger Archäologen entwickelte sich Chaco als Reaktion auf die Verschiebung des ökologischen Gleichgewichts der Umwelt zu einem administrativen und religiösen Zentrum. Die hohe Variabilität der örtlichen Niederschläge machten den Bodenbau zum Risikofaktor. Ein Jahr konnte ertragreich sein, das folgende aber zu trocken und im dritten zerstörte ein später Frost die jungen Triebe. Nach dieser Theorie kann Chaco Canyon als eine Art "Hauptstadt" betrachtet werden, die den Feldbau im Umland als eine Art logistisches Zentrum leitete. In einem guten Erntejahr wurden die überschüssigen Ressourcen aus verschiedenen Satellitensiedlungen in Chaco zentral gelagert und später in Gebiete umverteilt, in denen die Ernte ausblieb. Der Verfall der Chaco-Anasazi-Kultur scheint mit einer länger andauernden Dürreperiode im San Juan Becken zwischen 1130 und 1180 einherzugehen. Ausbleibende Regenfälle, verbunden mit einer Überstrapazierung des Ökosystems, führten wahrscheinlich zu einer Nahrungsknappheit. In dieser Lage konnte auch ein in dieser Zeit von den Chaco-Bewohnern entwickeltes Wasserkontrollsystem der anhaltenden Dürre nicht Einhalt gebieten. Als Folge dieser verhängnisvollen Entwicklung zerfiel der soziale Zusammenhalt und die Chaco-Bewohner wanderten in regenreichere Gebiete aus. Zurück blieben die Spuren ihrer einst blühenden Kultur aus den Jahren zwischen 900 und 1150. Die Besichtigung dieser Spuren, d.h. der Pueblo-Ruinen haben wir uns für morgen vorgenommen, sie sind über eine ca. 13 km lange, asphaltierte Parkstraße zu erreichen.

Wir verließen den Campingplatz bereits um kurz vor 8 Uhr und fuhren zum Visitor Center. Dort füllten wir unseren Frischwassertank auf, da es auf dem Campingplatz zwar eine Dumpstation, aber kein Frischwasser gibt. Vom Parkplatz des Besucherzentrums führt ein kurzer Pfad zur Una Vida Ruine. Die nur teilweise ausgegrabene Ruine sieht heute noch weitestgehend so aus, wie sie von Anghörigen der US-Army 1849 entdeckt und beschrieben wurde. Ihr Baubeginn wird auf 930 datiert und sie zählt somit zu den ältesten Pueblos im Chaco Canyon. Die Anlage besteht aus 150 Räumen und 5 Kivas. Etwas oberhalb des Pueblos befinden sich sogenannte Petroglyphs, Felszeichnungen der Anasazi an der Wand des Canyons. Auch die zwischen 900 und 1100 bewohnte Hungo Pavi Ruine, die wir als nächstes aufsuchten, ist größtenteils unausgegraben, d.h. in ihrem natürlichen Zustand erhalten geblieben. Chetro Ketl wurde um 1020 begonnen und der Gesamtbau war 1054 beendet. Um 1100 wurden dann Erweiterungen und Umbaumaßnahmen durchgeführt, so daß die Anlage schätzungsweise 500 Räume und 16 Kivas umfaßte. Man schätzt, daß allein zum Bau von Chetro Ketl 50 Millionen Sandsteinblöcke aus den umliegenden Hängen geschnitten wurden. In unmittelbarer Nachbarschaft zu Chetro Ketl befindet sich mit dem Pueblo Bonito das größte und berühmteste Großhaus im Chaco Canyon, das von ca. 900 bis fast 1200 durchgehend bewohnt wurde. Es liegt am Fuß eines 30 m hohen Plateaus auf der Nordseite des Canyons, hat im Grundriß deutlich die Form eines "D" und bedeckt eine Fläche von 12.000 m². In mehreren Stufen erbaut, umfaßte dieses Pueblo nach seiner endgültigen Fertigstellung im 12. Jahrhundert mehr als 650 Räume und 40 Kivas und war vier Stockwerke hoch. Erste Ausgrabungen fanden um 1900 statt und intensive Grabungen folgten dann in den 20er Jahren. Die Siedlung gilt als typisches der klassischen Bonito-Phase (1020 bis 1120) der Chaco-Anasazi-Kultur. Unseren nächsten Stop machten wir am völlig erhaltenen Kiva der Casa Rinconada auf der Südseite des Canyon, der größten Kiva im ganzen Park. Mindestens 18 Groß-Kivas sind in Chaco nachgewiesen. Diese unterirdischen Steinbauten sind mit 15 bis 20 m Durchmesser und bis zu 4 m Tiefe doppelt so groß wie die anderen Kivas im Chaco-Gebiet. Im Fußboden gibt es gemauerte Vertiefungen, in denen einst massive Dachstützpfeiler verankert waren. Vom Rand dieser erhöht liegenden Kiva überblickt man weite Teile des Chaco Canyon und auch das Pueblo Bonito, Chetro Ketl, Pueblo del Arroyo und Kin Kletso. Ein weiterer Haltepunkt der Parkstraße ermöglicht einen Blick auf die Prehistoric Stairway, einen zur leichteren Begehung des Canyon in den Fels gehauenen Treppenaufgang, von denen meherere im Parkgebiet zu finden sind. Es ist schon faszinierend durch diese Überreste einer ehemals blühenden Kultur zu gehen und ein wenig von dem Leben zu erahnen, das die Indianer hier damals geführt haben. Den monumentalen Gesamteindruck ruft im Chaco Canyon nicht nur das mächtige Mauerwerk selbst hervor, sondern auch die enorme Arbeitsleistung, die dieses Projekt erfordert haben muß. Wir verließen den Chaco Canyon in nördlicher Richtung und diese Straße erwies sich tatsächlich als etwas besser als die südliche Zufahrt. Außerdem wagte Geli den Versuch die unebenen Stellen mit etwas höherer Geschwindigkeit zu passieren, was auch recht gut funktionierte. Nachdem wir wieder eine richtige Straße, den Hwy 44, unter den Rädern hatten, fuhren wir bis nach Farmington, wo wir unsere Vorräte ergänzten und uns einen Campingplatz suchten.

Das Aztec Ruins NM, 22 km nordöstlich von Farmington, verdankt seinen Namen einer Fehleinschätzung der ersten Siedler, die irrtümlich annahmen, daß nur Angehörige des berühmten Aztekenvolkes in Mexiko so bemerkenswerte Gebäude hätten errichten können. Es handelt sich aber um ein Pueblo der Anasazi-Indianer, das zur Blütezeit der Chaco-Kultur Anfang des 12. Jahrhundert errichtet wurde und dessen Bewohner engen Kontakt mit den Menschen im Chaco Canyon hatten. Mit dem Niedergang der Chaco-Kultur um 1150 wurde auch dieses Pueblo aufgegeben. Fast 80 Jahre später ließen sich von der Mesa Verde Kultur beeinflußte Anasazi hier nieder und nahmen umfangreiche An- und Umbauten an dem Pueblo vor. So lassen sich im Aztec Ruins NM nicht nur zwei verschiedene Baustile nachweisen, Archäologen haben auch verschiedene Artefakte gefunden, die den unterschiedlichen Kulturlinien der Anasazi entstammen. Mit dem Niedergang der Mesa Verde Kultur gegen Ende des 13. Jahrhunderts wurde auch das Pueblo von Aztec endgültig aufgegeben. In dem Zeitraum von der Wiederentdeckung im Jahre 1859 bis zum Übergang in Privateigentum 1889 wurden nicht nur zahlreiche Artefakte geplündert, sondern auch fast ein Viertel der Steine von den Siedlern als Baumaterial für ihre Häuser benutzt. Die systematischen Ausgrabungen begannen 1916 und endeten sieben Jahre später mit der Ernennung zum National Monument. Im Mittelpunkt der Aztec Ruins steht heute ein eindrucksvoller rekonstruierter Kiva mit fast kapellenartigen Ausmaßen. Im Visitor Center sind einige der Ausgrabungsfunde, Töpferwaren, Waffen und Schmuck, ausgestellt. Von den Aztec Ruins fuhren wir in nördlicher Richtung nach Colorado und fanden in der Nähe des Mesa Verde NP einen Campingplatz.

Mesa Verde, grüne Tafel, nannten die frühen spanischen Entdecker den über 2.000 m hohen, nadelwaldbedeckten Tafelberg im äußersten Südwesten Colorados, auf welchem sich der gleichnamige Nationalpark befindet. Die Tafel ist nach Süden hin geneigt und überragt die sie umgebende wüstenhafte Ebene um 150 bis 500 m. Nicht weniger als 10 in Nordsüdrichtung verlaufende Canyons durchfurchen den südlichen Teil der Mesa. In den Cayonwänden befinden sich die schönsten indianischen Felsnischensiedlungen Nordamerikas, die den Park zum kulturhistorisch bedeutsamsten Nationalpark der USA machen. Gleichzeitig ist er auch der einzige Nationalpark, der nicht die Wunder der Natur, sondern die Kultur der Indianer zum Thema hat. Die Mesa Verde war vom 1. bis Ende des 13. Jahrhunderts von den Anasazi-Indianern bewohnt. Die Archäologen unterscheiden vier Kulturperioden: Die erste, die Korbflechterperiode, dauerte etwa von Christi Geburt bis 450. Die Menschen lebten in niedrigen Höhlen an den Abhängen der Mesa, jagten Wild und bauten Kürbis und Mais an. Sie stellten Gefäße von so dichtem Geflecht her, daß Wasser darin aufbewahrt werden konnte. Diese Kulturperiode wurde von der Veränderten Korbflechterperiode abgelöst. Zum erweiterten Ackerbau trat die Truthahnzucht, zur Flechterei die Töpferei, ferner kamen Pfeil und Bogen in Gebrauch. Man zog von den Höhlen auf die Mesa, wo einfache, teilweise in den Boden eingelassene Häuser, die sogenannten "pithouses", gebaut wurden. Die Zeit von 750 bis 1100 wird die Periode der Dorfbildung genannt. Die Menschen schlossen sich in Dörfern, Pueblos zusammen und die Grubenhäuser wurden verbessert und zu überirdischen Lehmhäusern erweitert. In dieser Zeit tauchten erstmals Kivas auf, jene Gemeinschaftshäuser, die religiösen und gesellschaftlichen Anlässen dienten. Es folgte von 1100 bis 1300 die vierte und letzte Periode, die Große oder Klassische Puebloperiode. Die Indianer verließen die Mesa, um in den mehr Schutz bietenden großen Felsnischen der Canyons die mehrstöckigen Siedlungen aus Stein und Lehm zu bauen, die den Mesa Verde NP berühmt gemacht haben. Die Kivas wurden größer und das religiöse Leben vielfältiger. Eine verfeinerte Töpferkunst ist zu erkennen, die Töpfereien wurden mit geometrischen Formen einfarbig verziert. Im Gebiet des Nationalparks hat man über 4.000 Überreste der indianischen Besiedlung gefunden, sie reichen von Erdwohnungen und mehrstöckigen Gebäuden auf der Mesa bis hin zu Höhlendörfern in den Felsen. Die an Zahl und Zustand einzigartigen Felsenwohnungen, die "cliff dwellings", sind aber die Hauptattraktion des Parks. Auf der Suche nach ihren verirrten Rindern stießen zwei Cowboys im Jahre 1888 an den Rand eines steilwandigen Canyons. Durch dichtes Schneetreiben hindurch erblickten sie auf der anderen Seite die Umrisse von Mauern und Türmen. Voller Eifer stiegen die Cowboys zur verlassenen Stadt hinunter und durchforschten das verzweigte Netz von Räumen, das sie "Cliff Palace" tauften. Im Inneren fanden sie Steinwerkzeuge und Keramik. Später fand man heraus, daß die Räume fast sechs Jahrhunderte lang unbewohnt gewesen waren. Der Entdeckung folgten Jahre mutwilliger, ja systematischer Zerstörung, Ausdruck der Verachtung, die man damals indianischem Kulturgut gegenüber empfand. Das beim Häuserbau verwendete Holz wurde verbrannt, die Ruinen wurden teilweise niedergerissen und die Töpfereien und Knochen, Zeugen des täglichen Lebens der Anasazi, zerstört. Die Gründung des Nationalparks 1906 gebot diesem Treiben einhalt und die Ruinen wurden unter der Regie der Nationalparkverwaltung teilweise restauriert. Trotz intensiver archäologischer Forschung ist man sich nicht darüber im klaren, warum die Anasazi ihre Wohnstätten verließen. Heute glauben die Archäologen, die Anasazi seien möglicherweise Opfer ihres eigenen Erfolges geworden. Ihr Trockenfeldbau wat so ertragreich, daß die Bevölkerung anschwoll, vielleicht bis auf 5.000 Personen. Der Wald schwand, das Wild wurde weniger und die Böden erschöpften sich. Zu Jahren der Dürre und Mißernten mögen noch Fehden zwischen den Dörfern oder mit anderen Indianerstämmen hinzugekommen sein. Am Ende des 13. Jahrhunderts hatten die Anasazi das Plateau für immer verlassen. Wir folgten der zum Teil steil ansteigenden Parkstraße vom im Norden gelegenen Eingang hinauf auf die Mesa. Dabei bieten der Mancos Valley Overlook und der Montezuma Valley Overlook weite Blicke über das Colorado Plateau und die dieses Plateau begrenzenden Gebirgszüge. Den spektakulärsten Überblick verschafften wir uns vom Park Point, dem mit 2621 m höchsten Punkt des Parks. Südlich des Far View Visitor Center, daß von Ende September bis Mitte Mai geschlossen ist, erreichten wir die Far View Ruins. Das Gelände um diese Ruinen war ein künstlich bewässertes Ackerbaugebiet, das von etwa 900 bis 1300 genutzt wurde. Die Ruinen einiger Häuser, eines Turmes und eines Wasserreservoirs, des "Mummy Lake" sind hier zu besichtigen. Kurz bevor wir das in der Wintersaison auch als Visitor Center dienende Chapin Mesa Museum erreichten, folgten wir einen kleinen Stichstraße zum Cedar Tree Tower und einer Kiva. Der Turm diente vermutlich als Wachturm und hat eine unterirdische Verbindung zur nahegelegenen Kiva. Im sehr sehenswerten Chapin Mesa Museum vermittelt eine Ausstellung ein plastisches Bild von den Felsenwohnungen, ihrer Entstehung, der Bauart der Häuser und der Lebensweise ihrer Bewohner. Hervorragende Dioramen bringen dem Besucher die wechselvolle Geschichte der Anasazi näher und ein Diavortrag gibt einen Überblick über den Park. Umfangreiche Funde an Töpferwaren, Waffen und Kleidung werden auf interessante Werise interpretiert und ermöglichen einen kleinen Einblick in die Anasazikultur. Vom Museum führt ein kurzer Pfad zum Spruce Tree House, einem der größten Felswandsiedlungen in Mesa Verde. Es enthält 114 Räume und 8 Kivas, 100 bis 125 Menschen haben in dieser Siedlung gelebt. Drei der acht Kivas sind mit rekonstruierten Dächern versehen; man kann über eine Leiter durch das Rauchloch einer Kiva in die dunkle Kammer hinuntersteigen - und sich mit etwas Phantasie in die Zeit der Anasazi zurückversetzen. Die Ruins Road, zwei jeweils etwa 10 km lange Schleifen, erschließen die Sehenwürdigkeiten der Chapin Mesa. Da der Cliff Palace Loop, der zum Cliff Palace und zum Balcony House führt, saisonbedingt noch geschlossen war, machten wir uns auf den Mesa Top Loop. Der erste Stop dieser Schleife führt zu den Überresten eines "pithouse" aus der Veränderten Korbflechterperiode. Vom Navajo Canyon Viewpoint überblickt diesen über 200 m tiefen Canyon und kann auf der gegenüberliegenden Seite die Ruine des Echo House, eines Dwellings mit 20 Räumen und 2 Kivas erkennen. Das Square Tower House, das man von einem Aussichtspunkt aus überblicken kann, ist die höchste Ruine im Park. Der turmartige, vierstöckige an die Felswand gelehnte Bau ist der Rest einer größeren, nicht zugänglichen Anlage. Die nächsten Haltepunkte widmen sich weiteren Pithouses und frühen Pueblos, die aber nur noch in Ansätzen zu erkennen sind. Mit dem Sun Point Overlook erreicht man den wahrscheinlich besten Aussichtspunkt des Parks, der den Blick auf 12 Dwellings ermöglicht. Neben den Ruinen des Fire Temple, New Fire House, Oak Tree House und Sunset House ist von hier auch der Cliff Palace, das mit 217 Räumen und 23 Kivas größte Cliff Dwelling Nordamerikas zu bewundern. Der letzte Halt führt zur rätselhaftesten Ruine des Parks, dem frei auf dem Cayonrand stehenden Sun Temple. Es ist ein unbedachtes großes Mauerwerk, das nie bewohnt war, offensichtlich unvollendet blieb und zeremoniellen Zwecken gedient haben muß. Der Canyonrand am Parkplatz des Sun Temple bietet den besten Blick auf Cliff Palace, mit dem wir uns vom Mesa Verde NP verabschiedeten und zum Campingplatz zurückfuhren.

Als wir am nächsten Morgen die Vorhänge unseres Wohnmobils aufzogen, erlebten wir eine Überraschung. Es hatte in der Nacht kräftig geschneit und alles um uns herum war weiß. Auch der Hwy 160 nach Cortes war noch recht verschneit, so daß wir schon überlegten in Cortes einen Campingplatz anzusteuern und besseres Wetter abzuwarten. Wir vertrödelten einige Zeit in einem Einkaufszentrum und als wir wieder herauskamen hatte es aufgehört zu schneien. Wir fuhren also weiter und hatten von der Straße einen schönen Blick auf die verschneiten Ute Mountains. Wir erreichten das Four Corners Monument, das bei aller Gradlinigkeit der Staatengrenzen in den USA der einzige Punkt ist, an dem vier Staaten (Arizona, Colorado, New Mexico und Utah) aneinander grenzen. Das Monument wurde bereits 1912 eingerichtet, die ursrünglich aus Zement bestehende Markierung ist mittlerweile durch eine Granitplatte mit Bronzeeinlagen ersetzt worden. Die Inschrift " Four States Here Meet In Freedom Under God" umschließt den Schnittpunkt der Staatsgrenzen. Bunte Verkaufsstände für Navajo-Schmuck, Keramik und weitere kunstgewerbliche Gegenstände bilden den Rahmen für dieses Monument. Wir verließen den Hwy 160 in südlicher Richtung und steuerten unser nächstes Ziel, das Canyon de Chelly NM an. Auf der Landkarte sieht der Canyon de Chelly ungefähr so aus wie der Fußabdruck eines Vogels in feuchter Erde. An der Ferse liegt bei dem Ort Chinle der Eingang zum Canyon, die Zehen entsprechen seinen drei Armen: dem eigentlichen Canyon de Chelly in der Mitte, der sich nach Osten 40 km weit in das Defiance Plateau gräbt; dem Canyon del Muerto (Massacre Canyon), der sich über etwa 32 km in nordöstlicher Richtung erstreckt; und dem Monument Canyon, der nach Südosten abzweigt. Geologisch gesehen ist der Canyon de Chelly nur eines der vielen Täler, dessen Flüsse im Frühjahr das Wasser der Schneeschmelze und im Sommer den Regen aus den Chuska Mountains aufnehmen. In historischer und völkerkundlicher Hinsicht jedoch ist der Canyon de Chelly ein einzigartiges Freilichtmuseum, das einen Überblick über 3.000 Jahre Kulturgeschichte vermittelt. Und davon einmal abgesehen sind seine steil aufragenden Sandsteinwände ganz einfach schön anzusehen und diverse Aussichtspunkte erlauben aus luftiger Höhe wahrhaft spektakuläre Einblicke in die Felsnischen mit ihren Ruinen 800 Jahre alter Indianersiedlungen. Wann erstmals Jäger und Sammler in diesen Wüstencanyon gelangten, ist nicht bekannt, aber was sie hierher lockte, steht eindeutig fest: ständig verfügbares Wasser. Der Name "de Chelly" ist eine spanische Übersetzung des Navajo-Wortes "Tsegi" und bedeutet übrigens soviel wie "Fels-Canyon". Die ersten seßhaften Bewohner - sie gehörten der Korbflechter-Kultur an - hatte der Canyon de Chelly kurz vor Chisti Geburt. Nur wenige Familien, höchstens 200 Menschen , dürften es zunächst gewesen sein. Sie flochten Körbe, bauten auf den Feldern, die noch heute von den Navajos genutzt werden, Mais und Kürbisse an und lagerten ihre Vorräte in Speichergruben unter Felsvorsprüngen. In solchen Gruben, wie man sie heute noch in der Mummy Cave Ruin im Canyon del Muerto sehen kann, bestatteten sie auch ihre Toten. Als ihre Zahl zunahm, gingen die Canyonbewohner schon bald dazu über, große oberirdische Kornspeicher aus Stein zu bauen. In den nächsten 900 Jahren lernten sie, Gefäße zu töpfern und mit Pfeil und Bogen zu jagen. Und sie zogen in mehrstöckige Wohnanlagen um, die sie in Felsnischen mauerten. Diesen Pueblo-Bewohnern gab man den Namen Anasazi, was in der Navajo-Sprache "die Alten" bedeutet. Zu Beginn des 13. Jahrhunderts dürften um die 800 Anasazi im Canyon de Chelly gelebt haben. Sie hielten Hunde und Truthähne als Haustiere, webten Baumwollstoffe und stellten erlesene Töpferwaren her, die sie mit aufwendigen Mustern dekorierten.

Die Anasazi entwickelten eine hierarchische politische Ordnung und eine komplexe Religion, die möglicherweise sogar von zentralamerikanischen Kulturen beeinflußt war. Um 1300 herum verließen die Anasazi den Canyon de Chelly, zur gleichen Zeit wie auch Mesa Verde verlassen wurde. Bis etwa 1750 gab es im Canyon de Chelly keine Siedler. Dann fanden von Ute- und Komantschen-Stämmen nach Westen gedrängte Navajos dort Zuflucht und begannen, das 500 Jahre zuvor verlassene Land wieder zu bebauen. Heute bestellen in den Sommermonaten noch etwa 450 Navajos auf dem Canyongrund ihre Maisfelder und lassen hier ihre Ziegen und Schafe weiden. Da die kriegerischen Navajos fortlaufend die spanischen Siedlungen im Tal des Rio Grande überfielen, trieb 1804 eine spanische Strafexpedition die Navajokrieger und ihre Familien in einer Felsenhöhle des Canyon del Muerto zusammen. Die Indianer starben im Hagel der Musketenkugeln. Masscre Cave hat man den Ort des Geschehens getauft, und auch der Name des Canyonarmes - Canyon del Muerto oder Massacre Canyon erinnert an seine blutige Vergangenheit. Nach der Eingliederung des Territoriums in die Vereingten Staaten (1848) drängten immer mehr Weiße in das einstige Land der Navajos. Da die Indianer ihnen im Weg waren, vor allem beim möglichen Abbau von Gold, das man in den Chuska Mountains und weiter westlich vermutete, beschloß der zuständige Gouverneur 1863, mit den Navjos kurze Prozeß zu machen. Der berühmt-berüchtigte Colonel Kit Carson wurde damit beauftragt, möglichst viele von ihnen zu töten oder gefangenzunehmen. Carsons Truppen richteten im Canyon de Chelly schreckliche Verwüstungen an. Sie brannten die Hogans der Navajos nieder und nahmen Barboncito, einen ihrer angesehensten Häuptlinge gefangen. Mehr als 8.000 Indianer mußten den langen Marsch nach Osten antreten, zu einem trostlosen Reservat in New Mexiko. Dank General Wiliam Tecumseh Sherman wurde nach dem amerikanischen Bürgerkrieg eine mildere Haltung gegenüber den Indianern eingenommen. 1868 erklärte man das angestammte Land der Navajos zum Reservat und Barboncito und sein Volk kehrten 4 Jahre nach ihrer Vertreigung zurück in den Canyon de Chelly, das "Herz des Navajolandes". Für traditionsbewußte Navajos ist der Canyon noch heute weitmehr als ein historisches Schlachtfeld. Ihrer Stammesmythologie zufolge wurden sie hier nämlich vom heiligen Volk in die Kunst des Lebens eingewiesen. Nur an diesem heiligen Ort können ihre Medizinmänner daher jene Zeremonien durchführen, die Geist und Seele in Gleichklang bringen sollen. Aufgrund dieser besonderen Stellung des Canyons ist er Besuchern auch nur in Begleitung von Navajo-Führern oder Parkrangern zugänglich. Wir näherten uns dem Canyon aus nordöstlicher Richtung und fuhren den North Rim Drive am Canyon del Muerto entlang. Von den verschiedenen Aussichtspunkten des Nordrandes bietet der Canyon eine schlicht überwältigende Kulisse. Aus einer Perspektive wie vom 60. Stockwerk eines Hochhauses erscheinen selbst die größten Ruinen wie bloße Miniaturen. Auch die Felder, die Pferde und Hogans der Navajo, die heute auf dem Canyongrund leben, schrumpfen auf Spielzeugformat zusammen. Wir hielten zuerst am Mummy Cave Overlook, der neben dem phantastischen Blick in den Canyon auch noch die Mummy Cave Ruin zu bieten hat, ein Cliff Dwelling der Anasazi. Der Massacre Cave Overlook erlaubt einen Einblick in die Schlucht, in der 1804 viele Navajos den mexikanischen Soldaten zum Opfer fielen. Beim Antelope House Overlook blickt man auf eine weitere Ruine, die mit Felsmalereien von Antilopen verziert ist. Auch der letzte Stop des North Rim Drive, der Ledge Ruins Overlook, ermöglicht den Blick auf eine Ruine, deren Bauweise doch sehr denen von Mesa Verde ähnelt. Da das Visitor Center in Chinle schon geschlossen hatte, suchten wir uns einen Stellplatz auf dem kostenlosen Cottonwood Campground, von wo aus wir morgen den South Rim Drive, am eigentlichen Canyon de Chelly entlang, in Angriff nehmen wollen.

Die Aussichtspunkte am South Rim Drive, wie Tunnel Canyon Overlook, Tsegi Canyon Overlook und Junction Overlook bieten weitere schöne Einblicke in den Canyon de Chelly. Vom White House Overlook sieht man das berühmteste Cliff Dwelling des Parks, die auf zwei Ebenen angelegte White House Ruin, die ihren Namen einer weißverputzten Wand in der oberen Ebene verdankt. Der am Parkplatz beginnende White House Trail zur Ruine ist der einzige Weg in den Canyon, der ohne Führer begangen werden darf, wenn man sich strickt an den vorgeschriebenen Weg hält. Vom Sliding House Overlook sieht man eine Ruine, bei deren Bau sich die Anasazi verschätzt hatten, der Höhleboden war zu schräge und das Pueblo rutschte den Abhang hinunter. Der Spider Rock Overlook ermöglicht den Blick auf den sich 240 m über der Talsohle erhebenden Spider Rock, der nach einer Legende der Navajos die Heimat der Spinnen-Frau ist, die den Navajos das Weben lehrte. Der letzte Aussichtspunkt, der Face Rock Overlook bietet nochmals einen Einblick in den Canyon und einige weniger gut erhaltene Ruinen. Auf dem Hwy 191 verließen wir den Cayon de Chelly in südlicher Richtung und erreichten bei Ganado die Hubbell Trading Post NHS. John Lorenzo Hubbell wurde 1853 in Pajarito, New Mexico, einer kleinen Siedlung südlich von Albuquerque, geboren. Autodidaktisch machte er sich als junger Mann während seiner Reisen im Südwesten und als Angestellter und Spanischübersetzer des US-Militärs mit dem Leben, Brauchtum und der Sprache der Navajo-Indianer bekannt. Hubbell - von den Weißen "Don Lorenzo", von den Navajos "Old Mexican" oder "Double Glasses" genannt - nahm im Jahre 1876 die ersten Handelskontakte mit den Navajo auf und förderte ihre handwerkliche Geschicklichkeit, besonders ihre Teppichweberei. Die noch heute funktionierende, 1883 erbaute Trading Post ist die älteste in dem Navajo Reservat. Er lieferte nicht nur Handelsgüter und Lebensmittel an die Navajos, er fungierte in vielfacher Hinsicht als Vermittler zwischen der angloamerikanischen und der Navajo-Kultur. Er versuchte das gegenseitige Verständnis zu verbessern und fungierte oft als Sprecher und Advokat der Navajos gegenüber der Regierung. Als er 1930 starb führten seine Söhne das Geschäft in seinem Sinne weiter und 1967 übernahm die Nationalparkverwaltung die Organisation der Trading Post. Wir fuhren auf der #191 weiter bis zur I-40 und fanden in Holbrook einen Campingplatz, den wir gleich für zwei Tage reservierten, um genügend Zeit für den Petrified Forest NP zu haben.

Nach dem wir ausgeschlafen hatten, fuhren wir über die I-40 zum Nordeingang des Petrified Forest NP. Im Painted Desert Visitor Center sahen wir uns die Ausstellungsstücke und einen knapp 20minütigen Film über den Versteinerungsprozeß des Holzes an. Dabei viel unser Blick auch auf eine Uhr und wir stellten fest, daß Arizona die Umstellung auf die Sommerzeit wohl nicht mitgemacht hatte. Eine Rangerin bestätigte uns, daß in Arizona immer die Mountain Standard Time gilt, das ganze Jahr. So bekamen wir eine Stunde geschenkt, die wir für den Besuch des Parks nutzen konnten. Im nördlichen Parkteil erstreckt sich die sogenannte "Painted Desert", die "Bemalte Wüste", die aus unterschiedlich stark verwitterten violetten, rotbraunen, grauen und weißen waagerechten Ablagerungsschichten aus weichem, lehmigem Gestein und harter vulkanischer Asche besteht. Die Parkstraße führt am Rand der Painted Desert entlang und acht Aussichtspunkte ermöglichen einen Blick über die Badlands des Black Forest, durch die sich der Lithodendron Wash schlängelt. Im Hintergrund ist der mit 1900 m höchste Berg des Parks, der Pilot Rock zu erkennen. Nachdem wir die I-40 und die Santa Fe Railroad überquert hatten erreichten wir die Puerco Indian Ruin, eine der größten prähistorischen Stätten im Park. An Anasazi-Ruinen haben wir in letzter Zeit besseres gesehen, aber es gibt hier sehr interessante Felszeichnungen der Indianer. Am Newspaper Rock gibt es ebenfalls zahlreiche Felsmalereien, die aber nur von einem Aussichtspunkt aus größerer Entfernung zu betrachten sind. Südllich des Newspaper Rock erreicht man das Gebiet des eigentlichen Petrified Forest, des "Versteinerten Waldes". Dieses trockene Hochplateau war einmal ein riesiges, von vielen Flüssen durchkreuztes Überschwemmungsgebiet. Im Süden wuchsen am Rand der Zuflussgewässer hohe, stattliche, tannenähnliche Bäume. Die hohen Bäume - zu 99 Prozent Koniferen - stürzten um und wurden von den angeschwollenen Flüssen in das Überschwemmungsgebiet abgetrieben, wo sie dann von Schlick, Schlamm und vulkanischer Asche bedeckt wurden. Dieser Deckmantel von Ablagerungen schnitt die Sauerstoffzufuhr ab und verlangsamte dadurch den Fäulnisprozeß. Nach und nach sickerte dann silikathaltiges Grundwasser in die Baumstämme hinein und ersetzte allmählich das ursprüngliche Holzgewebe mit Silikat-Ablagerungen. Dieser Prozeß zog sich über eine sehr lange Zeit hin; die Silikate erhärteten zu Quarzkristallen und die Baumstämme blieben als versteinertes Holz erhalten. Verunreinigungen, die als Spurenelemente im Wasser enthalten waren und Oxyde haben die Buntheit der Versteinerungen bewirkt. Das alles geschah vor ungefähr 200 Millionen Jahren, im späten Trias. Danach sank der ganze Landstrich ab, wurde überschwemmt und von Frischwasser-Ablagerungen bedeckt. Vor etwa 17 Millionen Jahren folgte dann eine massive Anhebung des Geländes bis weit über den Meeresspiegel. Bei dieser tektonischen Hebung gingen viele der Baumstämme durch die enormen Kräfte zu Bruch. Die Kräfte der Erosion trugen die Schichten der erhärteten Sedimente ab, so daß die versteinerten Baumstämme und die fossilen Überresten von Tieren und Pflanzen an der Erdoberfläche freigelegt wurden und auch heute immer noch werden. Eine Nebenstraße führte uns in das Blue Mesa genannte Gebiet, eigentümliche Badlands, deren Lehmschichten hier eine blaue, purpur- und cremefarbene Bänderung aufweisen. Der Blue Mesa Trail führt auf einer Länge von 1,6 km durch die mit versteinerten Baumstämmen gespickte, tief zerschnittene Hochebene. Im Crystal Forest, dem Kristallwald, sieht man besonders farbenprächtige versteinerte Bäume. Am Long Logs Haltepunkt befindet sich die größte Zusammenballung versteinerten Holzes im Park. Hier finden sich bis zu 50 m lange Stämme, viele wild durcheinandergeworfen, sowie Querprofile fossiler Stämme in schönen Farben. Ein kurzer Weg führt zum Agate House, wo in den 1930er Jahren zwei Räume dieses 800 Jahre alten Anasazi-Pueblo wiederhergestellt wurden. Das Besondere an diesem Bauwerk sind die in vielen Farben schillernden Wände aus versteinertem Holz. Wir beendeten unseren Besuch am Rainbow Forest Museum, dem südlichen Visitor Center des Parks. Nachdem wir uns die interessanten Ausstellungsstücke, die neben versteinertem Holz auch aus Nachbildungen im Park gefundener Saurierskelette und Überresten der Anasazi-Kultur bestehen, angesehen hatten, begaben wir uns auf den Giant Logs Trail, der direkt hinter dem Museum beginnt und weitere versteinerte Baumstämme zu bieten hat. Wir waren wieder genauso begeistert von diesem außergewöhnlichen Nationalpark, wie bei unserem ersten Besuch vor 6 Jahren. Die vielen Besucher stellen aber eine ernsthafte Bedrohung für diesen einmaligen Park da, denn trotz strenger Verbote und drastischer Strafen stehlen die Parkbesucher jährlich mehr als 12 Tonnen des fossilen Gesteins und machen den Park so Jahr für Jahr ein Stück ärmer. Man kann sich nur wünschen, daß die Menschen irgendwann vernünftiger werden und das in vielen Parks veröffentlichte Motto: "Lasse nichts zurück außer Fußabdrücke, nehme nichts mit außer Erinnerungen" beherzigen. Wir fuhren über den Hwy 180 zurück nach Holbrook auf unseren Campingplatz.

Wir verließen Holbrook in südlicher Richtung auf dem Hwy 77 und trafen in Show Low auf den als Scenic Road markierten Hwy 60. Die Straße verläuft durch das Reservat der Apachen und ist landschaftlich wirklich sehr reizvoll. Der Höhepunkt auf dieser Strecke zwischen Show Low und Globe ist die Fahrt durch den Salt River Canyon mit einigen lohnenden Aussichtspunkten. In Globe verließen wir den Hwy 60 um noch einmal zum Tonto NM zu fahren, das bei unseren ersten Besuch im vergangenen Dezember aufgrund der Haushaltsstreitigkeiten der Regierung geschlossen war. In der Windy Hill Recreation Site fanden wir einen sehr schönen Campingplatz am Ufer des Roosevelt Lake, ganz in der Nähe des Tonto NM.

Im Tonto NM findet man in Felsüberhängen, von denen das gesamte Tonto Basin überblickt werden kann, fast 700 Jahre alte Ruinen von Cliff Dwellings. Diese Felsensiedlungen waren die Heimat der Salado-Indianer, die diesen Namen von Archäologen nach dem lebensspendendenRio Salado oder Salt River erhalten haben. Für ungefähr drei Jahrhunderte lebten sie in diesem Gebiet von dem, was die Natur der bergigen Wüstenlandschaft hergab. Dier erste dauerhafte Besiedlung dieses Gebietes erfolgte ungefähr in der zweiten Hälfte des 8. Jahrhunderts durch Indianer der Hohokam-Kultur. Um 850 hatten sie sich im Tonto Basin mit Pithouse-Siedlungen etabliert und lebten hier für ungefähr dreihundert Jahre im Tal des Salt River. Durch interne Weiterentwicklung oder äußere Einflüsse hat sich die Lebensweise der Indianer im Laufe der Zeit so sehr verändert, daß sie ab etwa 1150 weder der Hohokam-Kultur noch einem anderen Kulturkreis des Südwestens zugerechnet werden konnten. Es hatte sich offenbar eine neue Kultur entwickelt, die Salado-Kultur. Wie ihre Vorgänger betrieben auch die Salado Ackerbau. Ihre Pueblos befanden am Flußufer in der Nähe ihrer Mais-, Bohnen-, Kürbis- und Baumwollfelder und sie nutzten die umliegenden Hügel für die Jagd und das Sammeln von Früchten und Kräutern. Sie trieben Handel mit benachbarten Stämmen und schlossen sich dem bestehenden Handelsnetz an, das von Colorado bis Mexiko und Kalifornien reichte. Mit dem Erfolg der Salado wuchs auch ihre Bevölkerung, so daß im frühen 14. Jahrhundert einige ihren Wohnsitz in die umliegenden Hügel verlegten. Sie nutzten dabei natürliche Höhlen im Fels als Standorte für ihre Pueblos, die hauptsächlich zum Schlafen, Kochen, der Lagerung von Vorräten und dem Schutz dienten. Das tägliche Leben fand größtenteils draußen, vor den Pueblos statt. Das heute Lower Ruin genannte Pueblo bestand aus 16 Räumen im Erdgeschoß, von denen 3 eine zweite Etage hatten. Ganz in der Nähe dieses Pueblos befand sich ein Anbau mit weiteren 12 Räumen. Die in der Nähe gelegene Upper Ruin war sehr viel größer - 32 Räume, von denen 8 aufgestockt waren. Das Hochland lieferte den Indianern eine Vielzahl verwertbarer Pflanzen und Tiere, wobei die Frucht der saguaro-Kakteen besonders beliebt war. Da der Ackerbau aufgrund des steilen und rauhen Geländes schwierig war, spezialisierten sich einige der Felsenbewohner auf das Weben und Töpfern. Sie tauschten dann ihre Waren gegen Lebensmittel und Baumwolle, die im Tal angebaut wurden. Irgendwann zwischen 1400 und 1450 verließen die Salado aus unbekannten Gründen das Tonto Basin und überließen ihre nicht einmal 150 Jahre alten Felsensiedlungen den Kräften der Natur. Die Pueblos blieben über 400 Jahre unentdeckt, bis in der Mitter der 1870er Jahre die ersten Siedler und Soldaten in das Tonto Basin kamen. Wie bei vielen anderen Überresten der indianischen Kultur folgten auch hier Jahre der Plünderung und Zerstörung. Mit dem Bau des Roosevelt Dam ab 1906 wurde den Ruinen mehr Aufmerksamkei geschenkt und sie wurden schließlich von Präsident Theodore Rossevelt zum National Monument erklärt. Während die schwieriger zu erreichende Upper Ruin nur nach vorheriger Anmeldung unter Führung eines Rangers besichtigt werden kann, steht die Lower Ruin zur Besichtigung frei und wir genossen nicht nur dieses interessante Pueblo, sondern auch den herrlichen Blick auf den Roosevelt Lake und die einsetzende Kaktusblüte. Besonders Ocotillo und Prickly Pear Kakteen waren in voller Blüte. Wir fuhren dann zurück nach Globe und von dort weiter auf dem Hwy 60 in westlicher Richtung. Fünf Kilometer hinter Superior erreichten wir das zum State Park System von Arizona gehörende Boyce Thompson Southwestern Arboretum, den ältesten Botanischen Garten Arizonas. Der 1924 von dem Bergbau-Magnaten William Boyce Thompson gegründete Park ist die Heimat von Wüstenpflanzen aus aller Welt und auch zahlreiche Tiere, vor allem Vögel fühlen sich hier sehr wohl. Ein gut ausgebautes Wegenetz führt durch diesen Park, der von der Universität Arizonas auch für biologische Forschungsarbeiten genutzt wird und natürlich jetzt im Frühling besonders reizvoll war. Über den Hwy 79 erreichten wir den Catalina SP, auf dessen Campingplatz wir einen der letzten Plätze ergattern konnten.

Wie schon bei unserem letzten Besuch in Tucson Anfang Januar, hatten wir uns auch heute wieder einen "Arbeitstag" vorgenommen. In der gleichen Waschanlage wie damals, stand auch diesmal die Reinigung des Wohnmobils und der Fahrräder auf dem Programm. Wir fuhren dann wieder zu dem städtischen Gilbert Ray Campground in den Tucson Mountain Park westlich der Stadt. Der Platz liegt mitten in der Sonora Wüste und die schön zwischen den Kakteen liegenden Stellplätze sind mit Stromanschluß ausgestattet. Nach weiteren Arbeiten am Wohnmobil und den Fahrrädern, wir haben heute den Schriftzug "Roadrunner" an der Alkovenfront des Wohnmobils angebracht, genossen wir den herrlichen Sonnentag auf diesem schönen Campingplatz. Ein phantastischer Sonnenuntergang über der Wüste und ein abendlicher Spaziergang über den Platz, bei dem wie Fledermäuse beobachten konnten, beendeten diesen "arbeitsreichen" Tag. Bei diesem Spaziergang kamen wir mit einem schweizer Ehepaar ins Gespräch, das für fünf Wochen im Südwesten unterwegs ist und denen wir einge Tips für ihre Route geben konnten. Ab morgen steht bei uns auch wieder "Urlaub" auf dem Programm, wir wollen uns den östlichen Teil des Saguaro NP, die Rincon Mountain Unit, ansehen, der bei unserem letzten Besuch aufgrund der US-Finanzkrise geschlossen war.

Nach einer Einführung in die Flora und Fauna des Saguaro NP im Visitor Center und durch ein deutschstämmiges Volunteer-Ranger Paar begaben wir uns auf den landschaftlich schönen, knapp 13 km langen Cactus Forest Drive. Die Straße windet sich durch das Herz eines ausgedehnten Saguaro-Waldes und bietet einen ausgiebigen Blick auf alles in der Sonora Wüste lebende. Die Saguaro (Armleuchterkaktee) wird als die Monarchin der Sonora Wüste, als das höchste Symbol des amerikanischen Südwestens, als Pflanze mit Persönlichkeit, aber auch als enormer Stachelschreck beschrieben. Jahrhundertelang machten die Bewohner der Sonora Wüste Gebrauch von den Produkten der Saguaro-Kaktee. Im Sommer liefert die Kaktee eine reichliche Ernte an saftigen feigenartigen Früchten, die Kerne dienten als Nahrung oder Hühnerfutter und das starke hölzerne Gerüst, das der Kaktee hilft, ihr enormes Gewicht zu tragen wurde als Baumaterial für Hütten und Zäune benutzt. Die Saguaro hat viele Eigenschaften, die ihr helfen, das in der Wüste so kostbare Wasser aufzunehmen und zu konservieren. Akkordeonartige Falten erweitern sich und halten das durch die Wurzeln gesammelte Wasser. Schwammartiges Fleisch im Stamm und in den Armen dient als Reservoir, das das Wasser als langsam verdunstende, gelatineartige Masse hält. Blätter, über die das Wasser verdunsten könnte fehlen ganz und die Photosynthese, die normalerweise in den Blättern stattfindet, findet im Stamm und in den Armen statt. Lange Stacheln und eine wächserne Haut bieten zusätzlichen Schutz vor Feinden und Austrocknung. Das nur etwa einen Meter tiefe, aber weit verzweigte Wurzelsystem kann bei einem einzigen Regenschauer bis zu 700 l Wasser aufsaugen, genügend für ein ganzes Jahr. Eine Kaktee produziert Zehntausende von winzigen Samen pro Jahr und über 40 Millionenin ihrer Lebenszeit von 175 bis zu 200 Jahren. Die Überlebenschancen eines solchen Samens sind winzig, von all den Samen, die eine Kaktee während ihres Lebens produziert, wächst höchstens einer zu einer ausgewachsenen Saguaro heran. Eine Saguaro wächst ungewöhnlich langsam. Das Hauptwachstum findet in den Regenmonaten des Sommers statt. Nach dem ersten Jahr wird aus dem Samen ein Sämling von etwa 1 cm Größe. Nach 15 Jahren ins die Saguaro kaum 30 cm groß und nach 50 Jahren kann sie eine Größe von 2 m erreicht haben. Nach ungefähr 75 Jahren wächst der erste Arm und gleichzeitig blüht die Saguaro zum ersten Mal und fängt an Früchte zu tragen. Nach 100 Jahren kann eine Saguaro 8 m hoch sein. Die größten und majestätischsten sind bis zu 16 m hoch, 7300 kg schwer und über 150 Jahre alt. Uns hatte der Westteil des Parks, den wir im Januar trotz Finanzkrise besuchen konnten, besser gefallen, da die Kakteen dort dichter stehen und ungewöhnlicher geformt sind, dafür ist die Vegetation im Ostteil vielfältiger. Hier konnten wir neben den Saguaros auch zahlreiche andere Kakteenarten, Mesquite-Bäume und Creosote-Büsche bewundern. Wir verließen Tucson und fuhren wieder über die Highways 86 und 85 durch die Sonora Wüste und die Papago Indian Reservation, diesmal aber in umgekehrter Richtung, zum Organ Pipe Cactus NM. Auch hier suchten wir wieder zuerst das Visitor Center auf, beschafften uns Informationsmaterial über den Park und spezeill über den knapp 34 km langen Ajo Mountain Drive, den wir morgen mit unseren Fahrrädern in Angriff nehmen wollen. Diesmal bekamen wir auch einen Stellplatz auf dem in ein Kakteenfeld eingebetteten Campingplatz. Das Organ Pipe Cactus NM ist ein Schaukasten für die reiche Pflanzen- und Tierwelt der Sonora Wüste. Der Park ist sozusagen eine Menagerie von Lebensformen, die es geschafft haben, sich den extremen Temperaturen, der intensiven Sonne und den nur kärglichen Regenfällen dieser Region anzupassen. Die auffälligsten Repräsentanten dieser Lebenskünstler sind die 29 Kakteenarten, die im Park beheimatet sind, darunter Saguaro- und die namensgebenden Orgelpfeifen-Kakteen. Die Orgelpfeifen-Kaktee ist eine Riesenkakteenart, die, obwohl in Mexiko sehr häufig, in den USA selten ist. Das Hauptvorkommen beschränkt sich auf diesen Park. Da der Winter in der Sonora Wüste sehr trocken war, sind einige Kakteen, vor allem aber die vielen Wildblumen wie Mohn, Lupinen und Eulenklee noch nicht in Blüte oder werden vielleicht auch gar nicht erblühen. Wie auch schon im Saguaro NP sind aber Prickly Pear, Ocotillo und vereinzelt auch Saguaros in Blüte und verleihen der Wüste einige Farbtupfer. Wie die Pflanzen, so haben sich auch die Tiere der Wüste den besonderen Lebensumständen anpassen müssen. Der Großteil der Wüstenbewohner, z.B. Känguruhratten, Wildkaninchen, Zwergeulen und Schlangen sind Nachttiere, die sich am Tag in schattige Verstecke zurückziehen. Die Tiere, die sich aus tagsüber hinauswagen, wie Dickhornschafe, Kojoten, Javelinas, Eidechsen und Vögel, beschränken ihre Exkursionen normalerweise auf die frühen Morgen. und späten Abendstunden. Um trotz des ständigen Wassermangels überleben zu können, haben die Tiere die verschiedensten Mechanismen entwickelt, um wasser zu finden und zu speichern. Dabei hat die Känguruhratte wohl den wirtschaftlichsten Wasserhaushalt aller Wüstentiere - sie braucht überhaupt nicht zu trinken. Sie produziert die benötigte Flüssigkeit über einen überaus komplexen chemischen Verdauungsprozeß selbst und vergeudet keinen Tropfen, da sie weder schwitzt noch Wasser abscheidet. Das Organ Pipe Cactus NM ist ein beispielhaftes Naturreservat, in dem sich eines der fundamentalen Ökosysteme der Welt in fast unverfälschter Urform erhalten konnte. Die Vereinten Nationen erkannten diese ökologische Bedeutung des Gebietes und verliehen ihm 1976 den Status eines internationalen Biosphären-Reservates. Wir machten uns nach dem Abendessen auf den ungefähr 2 km lanngen Desert View Nature Trail, der direkt am Campingplatz beginnt. Von diesem Weg aus bieten sich herrliche Aussichten in das Sonoyta-Tal und auf die mexikanischen Cubabi-Berge mit ihrem rosa schimmernden Granitgestein. Vom höchsten Punkt des Weges genossen wir den Sonnenuntergang über der Sonora Wüste.

Gleich nach dem Frühstück machten wir uns vom Visitor Center aus auf den 34 km langen Ajo Mountain Drive, eine wild geführte, teilweise recht rauhe und mit dem Fahrrad auch anstrengende Tour durch ein phantastisches Gelände. Die Straße windet sich am Vorgebirge der Ajo-Mountains, der höchsten Gebirgskette der Gegend, entlang. Sie führt durch besonders beeindruckende Wüstenlandschaften und Bestände riesiger Orgelpfeifen-Kakteen. Wir bewältigten die Strecke in zweieinviertel Stunden reiner Fahrzeit, waren aber ungefähr vier Stunden unterwegs. Unsere erste größere Pause machten wir am Birdseye Point, wo wir nach einer anstrengenden Steigung die herrliche Aussicht genossen. Am Arch Canyon sieht man einen, 220 m oberhalb der Straße gelegenen, natürlichen Steinbogen, den die Kräfte der Erosion in den Fels gearbeitet haben. Der Bogen ist 11 m hoch und 27 m breit. Hier hatten wir auch den höchsten Punkt der Rundstrecke erklommen und die zweite Hälfte der Fahrt verlief auf abschüssigen oder ebenerdigen Strecken wesentlich schneller. Wir sahen sehr viele blühende Ocotillos, blühende Cholla-Kakteen, einen blühenden Saguaro und natürlich die Ajo-Mountains, die die Kulisse dieser einmaligen Wüstenlandschaft bilden. Als wir nach vier Stunden wieder am Motorhome ankamen, waren wir zwar ziemlich kaputt, aber doch froh diese Strecke mit dem Fahrrad zurückgelegt zu haben. Zum einen erlebt man die Landschaft mit dem Rad viel intensiver und zum anderen hätte die teilweise recht ruppige Strecke unser Wohnmobil wieder arg durchgeschüttelt und wir hätten nicht so viel gesehen. Nach einer ausgiebigen Stärkung fuhren wir in nördlicher Richtung zur I-8 und dann westlich bis nach Yuma, wo wir einen Campingplatz in der Nähe der Interstate fanden, auf dem Bugainville und Hibiscus wunderschön blühten.

In Richtung San Diego liegen gleich hinter der kalifornischen Grenze die Imperial Sand Dunes, die so gewaltig sind, daß sie bei den Dreharbeiten für "Lawrence von Arabien" als Arabische Halbinsel dienten. Heute waren sie fest in der Hand der Freizeitsportler, die mit Buggies und kleinen "Wüstenflitzern" die Dünen befuhren. An der mexikanischen Grenze entlang verläuft die I-8 durch das künstlich bewässerte Imperial Valley nach San Diego. Um den horrenden Campingplatzpreisen in San Diego zu entgehen, blieben wir in El Cajon, einem Vorort ungefähr 25 km von der Innenstadt entfernt. Hier fanden wir einen sehr schönen Campingplatz und verbrachten einen ruhigen Nachmittag am Pool.

Wir verbrachten den gesamten heutigen Tag im Zoo von San Diego, der nicht nur der größte der USA ist, sondern wohl auch der beste. Alles paßt dort zusammen: die wechselnde Topographie, die üppige Flora, Tiere in Freigehegen oder großzügigen Käfigen und die intelligent gemachten Tiervorführungen. Mit seinem Bestand von mehr als 800 Arten, darunter einige der seltensten, gehört der San Diego Zoo zu den größten der Welt. Er genießt weltweite Anerkennung wegen seiner artgerechten Tierhaltung und der erfolgreichen Aufzucht bedrohter Tierarten. Der Zoo hat eine Größe von gut 50 ha und beheimatet mehr als 4.000 Tiere. Nach der 40minütigen Rundfahrt sahen wir uns die "The Wild Ones Show" im Hunte Amphitheater an. Von dort aus gingen wir dann durch den Bear Canyon zu dem neugestalteten Freigehege der Gorillas inmitten tropischer Regenwaldvegetation. Ein weiterer Höhepunkt waren die Orang-Utans, die gerade Nachwuchs hatten. Sehr schön ist auch der Tiger River und das "Hippo Beach" genannte Gehege der Flußpferde, wo man diese mächtige Tiere in ihrer natürlichen Umgebung, d.h. unter Wasser beobachten kann. Mit der Skyfari, einer Seilbahn, die den Park überspannt, fuhren dann zurück zum Haupteingang. Seit unserem ersten Besuch des Zoos vor sechs Jahren hat sich sehr vieles verändert, viele Gehege sind neu angelegt oder modernisiert worden und wir waren heute genauso wie damals begeistert von diesem wirklich einmaligen Zoo. Auf dem Rückweg zu unseren Campingplatz in El Cajon kamen wir dann in die Rush-Hour, so daß wir erst gegen 18 Uhr wieder auf dem Platz waren und uns im Pool und Spa von den Anstrengungen des Tages erholen konnten.

San Diego, sehr schön an zwei natürlichen Buchten, der San Diego und der Mission Bay gelegen, wurde bereits 1542 von dem spanischen Seefahrer Juan Rodriguez Cabrillo angesteuert. Aber erst 227 Jahre später erfolgte 1769 die Einrichtung eines militärischen Außenpostens. Gleichzeitig gründete der Franziskanerpater Junípero Serra die Mission San Diego de Alcala. Nach der Eroberung Kaliforniens durch die Amerikaner ging die Entwicklung lange Zeit an San Diego vorbei. Erst um die Jahrhundertwende entstanden mit der Anbindung der Stadt an das Eisenbahnnetz ein nennenswerter Hafen und Industrie. Als nach der Beendigung des Zweiten Weltkrieges das pazifische Oberkommando der Marine von Hawaii nach San Diego verlegt wurde, expandierte die Stadt weiter. Lebensqualität und hoher Freizeitwert - das sind die Schlagworte, mit denen San Diego wirbt. Gut 300 Sonnentage im Jahr, ein auch im Winter angenehm warmes Klima und über 110 km Küste am strahlend blauen Pazifik bieten ideale Lebensbedingungen und Erholungsmöglichkeiten. Wir begannen unseren Besuch an der Mission Basilica San Diego de Alcala. Die ursprüngliche Mission, am 16. Juli 1769 gegründet, wurde bereits fünf Jahre nach der Gründung ins Hinterland verlegt, um näher an den Dörfern der zu missionierenden Indianer zu sein. Eben diese Indianer überfielen die Mission 1775, ein Jahr nach ihrer Verlegung, töteten den Pater und brannten die Gebäude nieder. Zwischwn 1776 und 1780 wurde die Mission wieder aufgebaut, bei Erdbeben Anfang des 19. Jahrhunderts beschädigt und mittlerweile hervorragend restauriert. Diese Mission war die erste in einer Kette von 21 Missionen, die sich an der Pazifikküste nordwärts bis nach San Francisco erstrecken, sie hat daher den Beinamen "Mother of the Missions". Die weiteren Missionen wurden im Abstand von jeweils einer Tagesreise erbaut und bilden zusammen den Camino Real, den Königsweg. Von der Mission fuhren wir weiter zur Old Town, der historischen Keimzelle San Diegos. Das kleine Viertel mit historischen Adobe-Bauten und viktorianischen Häusern steht heute als Old Town San Diego SHP unter Denkmalschutz. Rund zehn Gebäude um die Old Town Plaza sind originalgetreu möbliert und als Museum zu besichtigen. Trotz dieses musealen Hintergrundes ist die Old Town heute mehr ein kommerziell bestimmtes Touristenziel mit sehr vielen Restaurants und Shops. Uns war es hier schon zu sehr kommerziell, so daß wir die Old Town relativ schnell wieder verließen und nach Coronado fuhren. Um dieses, am Ende einer die South San Diego Bay umschließenden Halbinsel gelegene Seebad zu erreichen, passiert man die San Diego Coronado Bay Bridge. Diese gewaltige Brückenkonstruktion, die auch das Durchfahren größter Schiffe (Flugzeugträger) ermöglicht, bietet herrliche Ausblicke auf San Diego und die vorgelagerte Halbinsel. Von der Promenade des Coronado Tideland Park genossen wir den herrlichen Blick auf die imponierende Brücke und die eindrucksvolle Skyline von San Diego. Über die I-5 und die Küstenstraße S21 machten wir uns auf den Weg nach Los Angeles, wo wir uns in vier Tagen mit Schulfreunden treffen werden, um dann vier Wochen gemeinsam durch den Südwesten zu fahren. In dem zum State Park System gehörenden San Clemente State Beach fanden wir einen, für State Parks recht teuren Campingplatz. Vom Steilufer des Parks beobachteten wir den sehr schönen Sonnenuntergang über dem Pazifik.

Auf unserem weiteren Weg nach Los Angeles verließen wir die I-5, um auf dem Pacific Coast Highway, der später in den legendären Highway #1 übergeht, direkt an der Küste entlangzufahren. In Dana Point, einem malerischen Städtchen mit Yachthafen und felsumsäumten Buchten, hielten wir an einem Aussichtspunkt inmitten eines schönen Wohngebietes. Einige Kilometer weiter folgt in schöner Lage an der Steilküste der Nobelort Laguna Beach. Bemerkenswerte Villen säumen hier die Uferlinie und die farbenprächtig blühenden Gärten verleihen dem Ort ein besonderes Flair. Wir bummelten an einer der hübschen kleinen Strandbuchten unter felsigen Steilhängen und sahen den Surfern zu. In Long Beach fuhren an den schier endlosen breiten Sandstränden entlang und statteten der Queen Mary einen kurzen Besuch ab. Dieser 1934 in England gebaute, größte Nordatlantik Luxusliner seiner Zeit, liegt seit 1967 im Hafen von Long Beach und dient mit seinen weitgehend im Originalzustand erhaltenen Kabinen als Hotel- und Restaurantschiff. Mit der Verlegung der Spruce Goose, des größten jemals gebauten Flugzeuges in ein Flugzeugmuseum , hat der Bereich um die Queen Mary mit dem einem englischen Fischerdorf nachempfundenen "Londontowne" deutlich an touristischer Attraktivität verloren. Von Long Beach fuhren wir über das hervorragend ausgebaute Schnellstraßennetz zum Dockweiler Beach RV Park, einem öffentlichen Campingplatz direkt am Strand unterhalb der Startbahn des Los Angeles Airport. Der Fluglärm ist zwar etwas unangenehm, aber für unsere Zwecke war dieser Platz optimal, da er die beste Lage zum Flugplatz und für die Erkundung der Stadt bietet. Los Angeles, daß ist Megastadt und Mekka der Schönen und Reichen, Traumfabrik des Films aber auch Endstation der armen Ghettobewohner - die größte Stadt Kaliforniens ist die nicht immer schöne, aber immer faszinierende Vision der Metropole von Morgen. L.A., wie die Bewohner ihre Stadt nennen, ist eine Superstadt, die eigentlich gar keine ist. Zumindest nicht im europäischen Sinn, denn es gibt kein historisch gewachsenes Zentrum, keine Altstadt und keine Vororte. Alles zwischen den San Gabriel Mountains und dem Pazifik ist Stadtlandschaft: die Metropolitan Area von L.A. ist mit 14,5 Millionen Einwohnern nach New York das zweitgrößte Ballungsgebiet der USA und erstreckt sich über 100 km in nord-südlicher und west-östlicher Ausdehnung. Das 1781 als Mission "El Pueblo de Nuestra Señora la Reina de los Angeles de Porciuncula" von dem Franziskanerpater Junípero Serra gegründete Los Angeles ist heute das kulturelle und wirtschaftliche Zentrum der Westküste. Ein urbaner Alptraum aus fünf Regierungsbezirken und 88 einzelnen Städten, autogerecht erschlossen mit fast 2.000 km zehnspuriger Autobahnen, auf denen tagtäglich über 7 Millionen Autos fahren.

Heute hatten wir einige organisatorische Dinge zu erledigen: zunächst fuhren wir zum Flughafen, um mit den Örtlichkeiten vertraut zu sein, wenn wir übermorgen unsere Schulfreunde abholen. Gleichzeitig wollten wir bei der Einwanderungsbehörde am Flughafen unsere Aufenthaltsgenehmigung verlängern lassen, was aber nicht möglich war, man verwies uns auf die Hauptverwaltung in der Innenstadt. Als wir dort ankamen, war die zuständige Stelle geschlossen, da dort Donnerstags nur bis mittags gearbeitet wird, so müssen wir es morgen noch einmal versuchen. Zurück auf dem Campingplatz machten wir unsere Räder startklar und radelten auf dem 35 km langen Coastel Bicycle Path, einer Betonspur auf dem Strand, die sich von Santa Monica bis zur Halbinsel Rancho Palos Verdes ersteckt und direkt am Campingplatz vorbeiführt, bis zur Marina del Rey. Dieser Hafen ist der größte Yachthafen der Welt und war der Ausgangshafen der olympischen Segelwettbewerbe 1984. Am Abend konnten wir dann noch einen herrlichen Sonnenuntergang an der Santa Monica Bay erleben, wobei die Sonne hinter den Santa Monica Mountains versank und den Himmel glutrot färbte.

Gleich nach dem Frühstück machten wir uns wieder auf den Weg in die Innenstadt, um die Verlängerung unserer Aufenthaltsgenehmigung zu beantragen. Nachdem wir uns eine gute Stunde in die riesige Schlange vor dem Büro der Einwanderungsbehörde eingereiht hatten, erklärte uns ein sehr unfreundlicher Einwanderungsbeamter, daß wir die Verlängerung schriftlich beantragen müssen und gab uns herablassend die nötigen Formulare, Adressen und Erläuterungen. Würde ein deutscher Beamter einen amerikanischen Touristen auf diese Weise behandeln, wäre er gleich in den Schlagzeilen. Hier scheint es jedoch ganz normal zu sein, daß das Land der Einwanderer, wie Amerika auf dem Logo der Einwanderungsbehörde genannt wird, Antragsteller behandelt wie Störenfriede. Nach dieser weniger schönen, aber dennoch interessanten Erfahrung, wollten wir von der Aussichtsplattform der City Hall einen Blick auf die Downtown von L.A. riskieren. Leider wurde auch aus diesem Vorhaben nichts, da die Renovierungsarbeiten zur Beseitigung der letzten Erdbebenschäden noch nicht abgeschlossen waren und die Plattform deshalb gesperrt war. So kehrten wir ein wenig frustriert zum Wohnmobil zurück und verließen die Innenstadt. Auf dem Weg zurück zum Campingplatz beschlossen wir auf dem Parkplatz einer Shoppingmall die Schreibarbeiten für die Antragstellung zu erledigen. Für alle, die in die gleiche "exotische" Situation kommen und länger als 6 Monate in den USA bleiben wollen, folgt eine Beschreibung der erforderlichen Vorgehensweise. Zunächst einmal benötigt man das Formblatt I-539 der Einwanderungsbehörde und die Adresse, an die der Antrag zu senden ist. Beides erhält man nach mehr oder weniger langem Warten bei der Einwanderungsbehörde. Ferner ist eine Adresse in den USA erforderlich, an die die Behörde die neue Aufenrhaltsgenehmigung oder die Ablehnung schicken kann. Wir haben telefonisch mit der Moturis-Niederlassung in San Francisco vereinbart, ihre Adresse anzugeben. Das Formblatt ist sehr einfach auszufüllen, es muß aber auf einem gesonderten Blatt erläutert werden, wie man den Aufenthalt finanzieren will. Hier machte sich unser Sammelordner, den wir für die Einreise im Dezember vorbereitet hatten bezahlt und wir konnten die entsprechenden Unterlagen daraus kopieren. Wir fügten dem Antrag unsere Beurlaubungsverfügungen, die Krankenversicherungsbestätigungen, Kontoauszüge, Quittungen des Travellercheques-Umtausches und den Kaufvertrag für das Motorhome bei. Dazu kommen die Originalabschnitte, die der Einwanderungsbeamte am Flughafen in den Paß geheftet hat, wobei wir Kopien für den Paß anfertigen mußten. Bei einem Postamt mußten wir für die Gebühren in Höhe von $ 85 eine Money-Order, eine Zahlungsanweisung, tätigen und den Beleg dem Antrag beifügen. Dieses ganzen Paket schickten wir dann an die angegebene Adresse und hoffen jetzt, daß wir in vier Wochen, wenn unsere Freunde aus San Francisco abfliegen, bei Moturis unsere neue Aufenthaltsgenehmigung vorfinden werden. Ab morgen beginnt also unsere vierwöchige Rundreise durch den Südwesten der USA, sozusagen ein Urlaub im Urlaub, da wir unsere bisherigen Reisegewohnheiten, dem engen Zeitrahmen unterordnen müssen.

Nach dem Ausschlafen haben wir noch ein paar "Hausarbeiten" erledigt und sind ein Stück am Strand spazieren gegangen. Mit gemischten Gefühlen fuhren wir dann zu dem Hotel, daß Sigrid und Thomas für die ersten beiden Nächte reserviert hatten und von dort mit den Shuttle zum Flughafen. Nach 5 Monaten in Freiheit und ohne jede Abhängigkeit nur auf uns gestellt, sind wir uns nicht so sicher, wie wir damit zurechtkommen mit anderen zusammen zu reisen, wenn auch in zwei getrennten Wohnmobilen. Andererseits freuen wir uns natürlich nach so langer Zeit wieder jemanden aus dem Freundeskreis zu treffen und zu hören was in der Zwischenzeit zu Hause alles passiert ist. Die beiden kamen etwas verspätet an, hatten den Flug aber sehr gut überstanden, so daß wir nach einem kurzen Erfrischungsstop im Hotel zu unserem Campingplatz weiterfuhren. Die Zeit verging beim gegenseitigen Erählen wie im Flug und nach dem Abendessen brachten wir die beiden, die mittlerweile über 24 Stunden auf den Beinen waren, in ihr Hotel zurück. Als wir wieder unseren Campingplatz erreichten, erzählte uns unser Nachbar, daß das olympische Feuer, das heute in L.A. angekommen war, auf dem Weg quer durch die USA nach Atlanta am Campingplatz vorbeigetragen wird. Wir konnten dann tatsächlich den Fackelläufer und die Begleitfahrzeuge passieren sehen. Die Fackel wird über 46 Staaten und 15.000 Meilen durch die USA getragen, ehe die olympische Flamme in Atlanta entzündet wird.

Nachdem wir uns mit Sigirid und Thomas in ihrem Hotel zum Frühstücksbuffet getroffen hatten, fuhren wir zu den Universal Studios nach Hollywood. Universal empfängt seine Besucher mit einem richtigen, in drei Teile gegliederten Vergnügungspark. Wichtigste Attraktion ist die einstündige Backlot Tram Tour mit einem Blick hinter die Kulissen und vielen spektakulären Effekten. Internationale Straßenszenen, Spezialeffekte und Sets bekannter Filme und Fersehserien gehören zu dieser Tour. Für Schrecken und Spaß ist gesorgt, wenn eine Flutwelle anrollt, die Brücke am Kwai unter der Tram "zusammenbricht", der Weiße Hai und King Kong versuchen sich Touristen zu angeln. Leider war das künstliche Erdbeben der Stärke 8 wegen Wartungsarbeiten nicht Bestandteil der Tour und gerade dieser Teil hatte uns bei unserem ersten Besuch vor 6 Jahren am besten gefallen. Zum Bereich des Entertainment Center gehören mehrere Showbühnen, die durch verschiedenen Straßenzüge, in denen sich diverse Shops und Restaurants befinden, miteinander verbunden sind. Auf der Animal Actors Stage kann dressierte "Tierschauspieler" bei der Arbeit beobachten. Die Beetlejuice´s Rockin´ Graveyard Revue ist eine Musik-Show, die ohne die obskure Verkleidung der Darsteller gar nicht so schlecht wäre. Die anderen Shows, wie The Wild Wild Wild West Stunt Show, The Flintstones Show und die Waterworld Show waren entweder aufgrund des sehr starken sonntäglichen Besucherandrangs überfüllt oder zeitlich für uns nicht erreichbar. Der Back To The Future The Ride, ist eine von der Videotechnik her hervorragend gemachte "Flugillusion", die die Besucher aber etwas zu hart durchschüttelt. In dem dritten Teilbereich, dem Studio Center kann man etwas über die Produktion der Filme Backdraft, Back to the Future und die Hitchcock-Filme erfahren. Eine weitere, sehr gut gemachte Bahn führt zu einer Reise per Fahrrad mit E.T. durch den Weltraum. Von den Universal Studios fuhren wir über den Hollywood Boulevard, Berverly Hills und Santa Monica zurück zum Hotel, wo wir Sigrid und Thomas absetzten und dann zum Campingplatz fuhren, um uns von den Anstrengungen des Tages zu erholen.

Um 8 Uhr haben wir Sigrid und Thomas vom Hotel abgeholt und sind dann zu Moturis gefahren. Die Beiden konnten dann auch gleich ihr Wohnmobil übernehmen und wir haben unseren Roadrunner zur Inspektion gegeben. Leider mußten wir dann auf unseren Wagen sehr lange warten, so daß wir recht spät aus Los Angeles losgekamen. Nachdem wir in Anaheim in der Nähe von Disneyland einen Campingplatz bezogen hatten, stand noch ein Großeinkauf auf dem Programm und ein gemeinsamer Grillabend beendete dann den Tag.

Den heutigen Tag verbrachten wir bei Mickey Mouse und seinen Freunden im Disneyland oder Magic Kingdom, wie es auch genannt wird. Auf rund 30 ha Fläche rund um das im König-Ludwig-Stil erbaute Sleeping Beauty Castle erbaute Walt Disney 1955 den ersten Vergnügungspark der Welt. Der Eintrittspreis ist mit $ 34 zwar recht hoch, es wird aber auch einiges dafür geboten. Wir begannen unseren Besuch mit einer Fahrt der Disneyland Railroad, die das gesamte Areal umrundet und so einen sehr guten Überblick vermittelt. Über die Main Street, in der sich in Häusern im Stil der Jahrhundertwende Ausstellungen, Geschäfte und Restaurants befinden gingen wir zum New Orleans Square. An diesem Platz befinden sich, meiner Meinung nach zwei der besten Bahnen des Parks: Bei Pirates of the Caribbean führt eine eher sanfte Wildwasserbahn durch eine unterirdisch aufgebaute Piratenwelt und in der Haunted Mansion befindet sich eine hervorragend aufgemachte und sehr phantasievolle Geisterbahn. In der Critter Country besuchten wir das Country Bear Playhouse, wo elektronische Bären eine Show mit Country und Western Musik zum Besten geben. Der Splash Mountain ist eine Wildwasserbahn, die ihrem Namen alle Ehre macht, denn dort "fällt" man fünf Stockwerke tief in das feuchte Nichts und wird auch ordentlich naß dabei. Im Frontierland standen natürlich der Schaufelraddampfer Mark Twain Riverboat und die Tom Sawyer Island im Vordergrund. Die Sleeping Beauty Castle war unser einziges Ziel im Fantasyland, während wir uns in Mickey´s Toontown die phantasievollen Gebäude ansahen und eine Fahrt mit der Roger Rabbit´s Car Toon Spin unternahmen, die aber für mich das lange Anstehen nicht wert war. Gleich zwei lohnenswerte Kinos gibt es im Tomorrowland: Im Magic Eye Theater gibt es die Abenteuer des "Captain EO" im 3D-Format mit Michael Jackson in der Hauptrolle und im Circle Vision, einem 360 Grad Rundum-Kino sahen wir die sehr gut gemachte "American Journey", einen Film, der die Hauptattraktionen des Reiselandes USA von Alaska bis Hawaii und von San Francisco bis New York in sehr schönen Bildern aneinanderreiht. In der Main Street erlebten wir dann noch die Cruisin´ the Kingdom Cavalcade, einen Umzug der klassischen Disneycharaktere durch den Park. Außer das Adventureland, das wir von unseren Besuch vor sechs Jahren noch sehr gut in Erinnerung hatten, haben wir alle Bereiche des Magic Kingdom angelaufen und verließen nach sieben Stunden, etwas erschöpft den Park. Da wir die 2,5 km vom Campingplatz mit dem Fahrrad zurückgelegt hatten, konnten wir wenigstens die $ 7 Parkgebühr für Wohnmobile sparen und hatten gleichzeitig noch etwas Ausgleich zum vielen Laufen und Stehen im Park. Auf dem Campingplatz standen dann nur Essen und Ausruhen auf dem Programm.

Gleich nach dem Frühstück verließen wir Anaheim in Richtung Joshua Tree NP, den wir dann über die Highways 91, 60 und 10 erreichten. Besonders der Hwy 60, ein reiner Zubringer von der 91 zur 10, verläuft zum Teil durch ein landschaftlich reizvolles Gebiet. Wir erreichten den Park über den Highway 10 am südlichen Eingang bei Cottenwood . Von dort aus fuhren wir auf der Parkstraße in Richtung Norden. Etwa auf halber Strecke zwischen Cottonwood und Twentynine Palms liegt der Cholla Cactus Garden, in dem ein Lehrpfad durch eine dichte Ansammlung von Bigelow Kakteen führt. Obwohl wir uns diese Kakteen schon im vergangenen Dezember ausführlich angesehen hatten, hielten wir auch heute kurz an, da einige der Kakteen noch Blüten trugen. Von hier aus fuhren wir zum Hidden Valley Campground, der aber leider ausgebucht war. Auf dem Ryan Campground fanden wir schließlich einen freien Stellplatz, der für zwei Wohnmobile ausreichte. Mit den Fahrrädern fuhren wir zum Hidden Valley Campground zurück, wo die Queen Valley Road, eine nicht asphaltierte Straße beginnt. An dieser Strecke liegt der Parkplatz zum Barker Dam, den wir dann über einen knapp 2 km langen Rundweg erreichten. Der kleine Damm wurde ungefähr zur Zeit der Jahrhundertwende erbaut, um Regenwasser für die Viehhaltung und den Bergbau zu speichern. Um das kleine Becken hat sich heute eine reichhaltige Pflanzenwelt etabliert und das Wasser wird von den Tieren des Parks genutzt. Als wir dann zum Campingplatz zurückkamen, waren Sigrid und Thomas schon da und wir erlebten einen schönen Sonnenuntergang bevor wir den Tag mit einem Lagerfeuer beendeten.

Wir sind am nächsten Morgen sehr früh aufgestanden, um im Licht der aufgehenden Sonne die Umgebung des Campingplatzes zu erkunden. Nach dem Frühstück nutzten wir dann die noch etwas kühleren Temperaturen für den Ryan Mountain Hiking Trail. Dieser knapp 5 km lange Weg (retour) führt auf den Gipfel des Ryan Mountain, wo man in 1664 m Höhe einen herrlichen Überblick über das Parkgebiet hat. Diese phantastische Aussicht ist eine ausreichende Entschädigung für die Anstrengungen des teilweise recht steilen Aufstiegs. Zum Abschluß unseres Besuches fuhren wir zur Hidden Valley Picnic Area, wo der 1,6 km lange Hidden Valley Nature Trail, der wohl eindrucksvollste Trail des Parks, mitten hinein in das Herz des Wonderland of Rocks führt. Dieses "versteckte Tal" wird vollständig von riesigen Felsblöcken eingeschlossen und war schon den Indianern bekannt, wie archäologische Funde beweisen. Später wurde es dann von Viehdieben als Versteck benutzt und heute ist ein Paradies für Kletterer und Freeclimber. Wir verließen den Park in östlicher Richtung und fuhren bis nach Prescott in Arizona, wobei besonders das letzte Stück des Hwy 89 durch den Prescott National Forest landschaftlich sehr schön ist.

Ehe wir unsere Fahrt fortsetzten fuhren wir zurück in die Stadt, wo Sigrid und Thomas sich ein Handfunkgerät gekauft haben, so daß wir ab jetzt auch während der Fahrt über CB-Funk miteinander Kontakt aufnehmen und Stops oder den weiteren Routenverlauf besprechen können. Wir haben heute diese Möglichkeit schon intensiv genutzt und finden, daß sie das Fahren in Kolonne erheblich erleichtert. Von Prescott ging es dann in nordöstlicher Richtung durch den Prescott National Forest über Jerome und Cottonwood zum Montezuma Castle NM. Dieses Pueblo der Sinagua-Indianer in den Felshängen am Beaver Creek wurde von den ersten Siedlern, die es entdeckten irrtümlich für ein Aztekenschloß gehalten und sie gaben der Felssiedlung daher den Namen des letzten Herrschers der Azteken - Montezuma. Heute wissen wir zwar, daß sich die Azteken niemals soweit nördlich von ihrer Heimat in Mexiko aufgehalten haben. aber der Name ist geblieben. Hier im Montezuma Castle lebte ungefähr drei Jahrhunderte lang eine bäuerliche Gemeinde von vielleicht einem Dutzend Familien, insgesamt etwa 50 Personen. Die Archäologen glauben, daß die Sinagua wegen Überbevölkerung um 1100 aus der Gegend des heutigen Flagstaff hierher abgewandert sind. Ihr Name, "Sinagua", ist eine Anlehnung an das spanische "sin agua", was nichts anderes bedeutet als "ohne Wasser". Um 1150 begannen die Sinagua mit dem Bau von Montezuma Castle, das seine heutigen Ausmaße von 5 Stockwerken und 20 Räumen etwa 1300 erreichte. Die Felssiedlung wurde möglicherweise zu Verteidigungszwecken errichtet, seine Lage hatte aber auch mehrere ökologische Vorteile: die Felshöhle bot Schutz vor Regen und Schnee und auch vor starker Sommerhitze, da sich die Wohnungen über dem Talboden befanden lagen sie nah bei den Äckern, ohne kostbaren Ackerboden zu belegen. Auf diesem vom Beaver Creek bewässerten Boden bauten die Sinagua Mais, Bohnen, Kürbisse und Baumwolle an und bejagten das vom Wasser angelockte Wild. Ab 1400 begannen die Sinagua das Gebiet wieder zu verlassen und 1450 hatten sie Montezuma Castle vollständig aufgegeben. Man vermutet, daß auch hier eine anhaltende Dürre und die Überwirtschaftung des Bodens zur Aufgabe der Siedlung geführt haben. Einige Überlieferungen und Lebensgewohnheiten der Hopi-Indianer lassen vermuten, daß sich die Sinagua den Hopis auf den Mesas, den Hochebenen weiter nordwestlich angeschlossen haben. Nachdem die Felssiedlung über 600 Jahre allen Witterungseinflüssen getrotzt hatte, nahm der Verfall der alten Mauern alarmierende Ausmaße an, als Besucher um 1930 begannen das Pueblo zu stürmen. Aus diesem Grunde wurde Montezuma Castle 1951 für die Öffentlichkeit geschlossen und ist heute eine der besterhaltenen prähistorischen Strukturen des Südwestens. Durch den Red Rock und den Oak Creek Canyon erreichten wir schließlich Flagstaff, unser heutiges Etappenziel.

Am nächsten Tag trennten sich unsere Wege für einen Tag, während Sigrid und Thomas einen Tagesausflug zum Petrified Forest unternahmen, steuerten wir die berühmteste Schlucht der Welt, den Grand Canyon NP an. Obwohl am Parkeingang der Trailer Village Campground, der einzige mit Anschlüssen im Parkgebiet, als ausgebucht gekennzeichnet war, bekamen wir ohne Probleme einen Stellplatz für drei Nächte und konnten für unsere "Mitfahrer" eine Reservierung vornehmen. Nachdem wir unseren Roadrunner abgestellt und angeschlossen hatten, schnappten wir uns unsere Fahrräder und nahmen den West Rim Drive in Angriff. Der Drive folgt dem Canyonrand auf 13 km und endet an einem Souvenirladen, dem Hermits Rest. Die Strecke bietet einzigartige Ausblicke über den Colorado River und das Labyrinth seiner Setencanyons sowie die breiten Felsterrassen unter dem Rim. Wir hielten an allen Aussichtspunkten und genossen die immer wieder neuen Einblicke in diese phantastische Schlucht. Besonders schön ist der Hopi Point, der weit in die Schlucht hineinragt und so grandiose Einblicke sowohl in westlicher als auch in östlicher Richtung ermöglicht. Der Colorado, der von hier oben wie ein kleiner Bach aussieht, ist in Wirklichkeit ein 100 m breiter Strom, der zusammen mit seinen Nebenflüssen ein Zwölftel der kontinentalen USA entwässert. Als wir wieder auf dem Campingplatz ankamen, hatten wir für die Strecke bis Hermits Rest und das Anfahren aller Aussichtspunkte knapp 33 km zurückgelegt.

Als wir uns am nächsten Morgen gerade mit den Rädern auf den Weg zum Trailhead des South Kaibab Trail machen wollten, tauchten Sigrid und Thomas auf dem Campingplatz auf. Aufgrund eines Feuers in Flagstaff konnten sie die Nacht nicht auf dem vorgebuchten Campground verbringen sondern sind dann noch in Richtung Grand Canyon weitergefahren und haben südlich des Parks übernachtet. Während die beiden sich auf den West Rim Drive begaben, steuerten wir den South Kaibab Trail an, der sich auf der Westseite von Yaki Point in Serpentinen abwärtsschlängelt. Der Weg führt letztlich zum Fluß am Grunde des Canyons (11 km), wir begnügten uns jedoch mit der Teilstrecke bis Cedar Ridge (2,5 km). Bis Cedar Ridge ist man schon 445 Höhenmeter abgestiegen, doch scheint der Canyon keine Spur nähergerückt. Wir waren eine zeitlang alleine an diesem herrlichen Aussichtspunkt und konnten die himmlische Ruhe und die phantastische Perspektive in vollen Zügen genießen. Wir mußten uns unseren Rastplatz nur mit einigen Erdhörnchen teilen, die sich (vergebens) Hoffnung auf einen Teil unserer Verpflegung machten. Für den Abstieg hatten wir, unterbrochen durch etliche Fotostops und vier Muli-Karavanen circa eine Stunde gebraucht. Zu unserem eigenen Erstaunen brauchten wir für den Aufstieg auch nicht länger, wobei wir aber weniger Pausen machten. Auf dem Rückweg zum Campground warfen wir von einer Haltebucht am Straßenrand und vom Mather Point noch einmal einen Blick auf den South Kaibab Trail und Cedar Ridge, was vom Rand aus viel weiter und tiefer im Canyon wirkt als vom Trail selbst. Nach 5 km Wanderung und 14 km Fahrradtour haben wir uns auf dem Campinplatz erst einmal ausgeruht. Nach dem gemeinsamen Grillen besuchten wir dann noch den Diavortrag eines Rangers über "Hiking" im Grand Canyon. Obwohl der Ranger mit seinem Slang etwas schwer zu verstehen war hat sich der Besuch dieser Veranstaltung aufgrund seiner Bilder und Erzählungen gelohnt. Da wir uns für morgen die Beobachtung des Sonnenaufgangs vorgenommen hatten, gingen wir an diesem Abend alle sehr früh schlafen.

Um 5 Uhr brachen wir dann zum Yavapai Point auf, um den Sonnenaufgang zu erwarten. Dank des wolkenlosen Himmels konnten wir sehr gut beobachten, wie sich die Sonne langsam über den Rand des Canyon schiebt und ihn dann in ein Meer aus Farben verwandelt. Zum Frühstück fuhren wir zum Campingplatz zurück und steuerten anschließend einige Aussichtspunkte des East Rim Drive an, der bis Desert View knapp 40 km am Canyonrand entlang führt und phantastische Fernblicke über den Hauptcanyon bietet. Wir begannen am Grandview Point, der vielleicht die schönste Aussicht am South Rim bietet. Über einige der namenlosen Haltebuchten am Straßenrand erreichten wir schließlich den Yaki Point, von dem aus man auf die dunkel schimmernde Granite Gorge, den innersten Canyon, hinunterblickt. Die imposante Pyramide des Vishnu Temple (2386 m) beherrscht den Blick nach Osten. Wir verließen dann den Park und sahen uns im IMAX-Theatre in Tusayan den sehr eindrucksvollen und hervorragend gemachten Film "Grand Canyon - The Hidden Secrets" an. Der Betrachter wird nicht nur in das Innerste des Canyons geführt, sondern erlebt gleichzeitig eine 34minütige Zeitreise, die mit der erste Besiedlung durch Indianer vor etwa 4.000 Jahren beginnt und in der heutigen Zeit endet. Dieser Film ist wirklich sehr empfehlenswert, ganz gleich ob als Einstimmung vor dem Besuch des Parks oder nachdem man seine eigenen Hidden Secrets bereits entdeckt hat. Zurück im Park, besuchten wir das Hopi House, einen im indianischen Pueblo-Stil erbauten Shop, in dem indianisches Kunsthandwerk aller Art angeboten wird. Auch wenn man nichts kaufen will, sind die Ausstellungsräume und die Galerie im Obergeschoß einen Besuch wert. Auf dem Campingplatz ruhten wir uns dann etwas aus, um für den Sonnenuntergang, den wir uns vom Powell Memorial aus ansahen, wieder fit zu sein.

Nach drei erlebnisreichen Tagen brachen wir heute unsere Zelte ab und sahen uns auf dem Weg zum Lake Powell noch einige Aussichtspunkte des East Rim Drive an. Vom Moran Point aus sahen wir uns die Hance Rapids an, die mit einem Gefälle von 10 m - über Felsen - zu den größten Stromschnellen und schwierigsten Wildwasserstrecken am Colorado. Einen etwas anderen Stop bieten die Tusayan Ruins und das gleichnamige Museum. Anhand der Überreste eines Anasazi-Pueblos aus dem Jahre 1185 und verschiedener Artefakte erfährt man etwas über die amerikanischen Indianerkulturen. Am Lipan Point, dem Punkt mit der schönsten Aussicht auf den östlichen Canyon, blickt man auf die Stelle, wo sich der Colorado durch das Kaibab Plateau gesägt und den Grand Canyon am tiefsten ausgefräst hat. Hier macht der Fluß einen großen Bogen nach Westen und fließt in einer S-Kurve um das Unkar Delta herum, wo vorzeitliche Menschen Ackerbau betrieben haben. Vom Desert View aus nahmen wir dann Abschied vom Grand Canyon. Der 1932 als Aussichtsturm und Rastplatz erbaute, 20 m hohe Watchtower ist das Wahrzeichen dieses Punktes. Der Turm ist den prähistorischen Türmen nachempfunden, wie sie in vielen indianischen Pueblos des Südwestens zu finden sind und seine Innenwände hat der indianische Künstler Fred Kabotie mit Bildern zur Hopi-Mythologie verziert. Über die Straßen #64 und #89 erreichten wir bei Page die Lake Powell NRA. In Wahweap Marina, einem kleinen Ort direkt am Ufer des Sees, fanden wir einen Campingplatz und buchten für den nächsten Tag eine Bootstour zur Rainbow Bridge, der größten natürlichen Brücke der Welt. Von unserem etwas erhöht gelegenen Platz erlebten wir zum Abschluß dieses Tages noch einen schönen Sonnenuntergang.

Den Vormittag des nächsten Tages nutzten wir in Page, Arizonas jüngster Stadt, die erst 1957 beim Bau des Glen Canyon Dammes entstand, zum Auffüllen unserer Vorräte. Um 13 Uhr starteten wir über den zum Lake Powell aufgestauten Colorado River zu unserer halbtägigen Bootstour zur Rainbow Bridge. Der Lake Powell ist der zweitgrößte künstliche See der USA und ein wichtiges Wassersport- und Urlaubsgebiet. Der See bietet auch die bequemste Möglichkeit die Rainbow Bridge zu erreichen, denn die Anreise durch das Reservat der Navajo erfordert einen über 20 km langen Ritt oder Fußmarsch durch unwegsames Gelände. Wir kamen nach etwa 2 Stunden Fahrt, vorbei an den gelblich bis orangerot schimmernden Wüstenbergen des Glen Canyon, an der Rainbow Bridge an. Mit einer Spannweite von 84 m ragt die Rainbow Bridge etwa 88 m über einem Nebenarm des Colorado River auf. An der Spitze ist die Brücke 13 m dick und 10 m breit. Die vorherrschende Farbe der Felsbrücke ist lachsfarben mit dunklen Streifen, der sogenannten durch Eisenoxyd oder Hämatit verursachten Wüstenfirnis. Die Bildung der Brücke erfolgte durch Wasser, das auf dem Weg zum Colorado River vom 3166 m hohen Navajo Mountain abfloß und sich seinen Weg durch die weicheren Sandsteinschichten gesucht hat. Die Navajo verehren die Rainbow Bridge seit Jahrhunderten als heiligen Ort, der in ihrer Sprache "Nonnezoschie" heißt, was soviel bedeutet wie "ein zu Stein verwandelter Regenbogen". Nach einer Navajo-Legende begab sich einst ein junger Gott in dem rot- und purpurfarbenen Canyon zur Jagd und wurde von einer gewaltigen Gewitterflut überrascht. Der allmächtige Himmelsvater erbarmte sich des jungen Gottes und warf einen Regenbogen, über den der junge Gott sich retten konnte. Unter seinen Füßen wurde der Regenbogen zu Stein und so blieb er bis heute, ein Zeichen der Wohltätigkeit des Himmelsvaters. Da einige unvernünftige Besucher diesem für die Indianer heiligen Ort nicht mit der notwenigen Erfurcht und voller Respekt begegnet sind, sondern glaubten sich im weichen Gestein verewigen zu müssen, haben die Navajos bei der Nationalparkverwaltung protestiert. Die Besucher dürfen die Brücke jetzt nicht mehr durchschreiten, der an den Bootsanlegern beginnende Weg endet vor der Brücke. Für dieses einmalige Naturdenkmal ist es sicherlich besser so und dem gewaltigen Eindruck vor den Kräften der Natur tut es keinen Abbruch. Besonders schön ist die Rainbow Bridge im Licht der Nachmittagssonne, wenn die Farben besonders brillant leuchten.Gegen 18 Uhr ging die insgesamt 160 km lange Bootsfahrt in Wahweap Marina zu Ende und wir hatten einen herrlichen, sommerlich warmen Nachmittag auf dem Lake Powell erlebt.

Vom Campingplatz fuhren wir die Aussichtspunkte am Lake Powell an, die sehr schöne Ausblicke nicht nur auf den See, sondern auch auf Wahweap Marina, den Navajo Mountain und den Glen Canyon Dam bieten. Der Lake Powell, mit dessen Aufstauung 1963 begonnen wurde, ist 227 km lang, hat aufgrund seiner vielen Buchten und Canyons aber eine um ein Vielfaches längere Uferlinie. Er ist maximal 171 m tief und faßt bis zu 33,3 Milliarden m³ Wasser, hat diesen Stand aber erst 1980, 17 Jahre nach Beginn der Stauung, erreicht. Der Glen Canyon Dam wurde von 1956 bis 1963 erbaut, ist 216 m hoch und an seiner Sohle 107 m dick. Seine Turbinen und Generatoren liefern bis zu 1,3 Millionen kW in sieben verschiedene Staaten der westlichen USA. Auf dem Hwy 98 verließen wir Page und erreichten kurz hinter dem Ortsausgang, bei der Milepost 299, den Zugang zu den unter Navajo Verwaltung stehenden Antelope und Corkscrew Canyons. Von dem Parkplatz am Highway führt ein etwa 5 km langer Sandweg zu den Canyons. Wer die Kosten für den von den Navajos per geländegängigem Pickup angebotenen Transport sparen will, erwirbt nur die Besuchserlaubnis und muß sich zu Fuß auf den Weg machen, was ich keinem empfehlen würde. Bei diesen Canyons handelt es sich um extrem schmale Sandsteinklammen, auch "slot canyons" genannt, die durch Auswaschungen aus versteinerten Sanddünen entstanden sind und eine unglaubliche Formen- und Farbenvielfalt bieten. Die beste Zeit zum Besuch dieser Canyons ist Mittags, da erst durch die hochstehende Sonne etwas Licht in die pittoresken Felsspalten fällt. Nach diesem wirklich beeindruckenden Besuch der Canyons fuhren wir ohne weiteren Stop zum Monument Valley. Als weltweit bekannte Kulisse für Wildwestfilme und Zigarettenwerbung ist diese Felslandschaft zum Inbegriff des Südwestens geworden. Ein Tal im herkömmlichen Sinne ist Monument Valley nicht, vielmmehr handelt es sich um die Überreste einer vor Jahrmillionen zusammenhängenden Hochebene. Die Kräfte der Erosion ließen einige Steinpfeiler und zerklüftete Bergstümpfe aus härterem Gestein übrig, die zum Teil eigenwillige Formen aufweisen. Über eine Stichstraße vom Hwy 163 erreicht man das hoch über den Tal liegende Visitor Center von dessen Aussichtsterrassen sich das Kerngebiet der spektakulären Massive überblicken läßt. Dieses Gebiet des Monument Valley Navajo Tribal Park ist kein Teil des US-Nationalparksystems, sondern ein unter Navajo-Hoheit stehender Landschaftspark inmitten des Reservats der Navajo. Die Besucher können auf einer etwa 25 km langen Sand- und Schotterstrecke, dem Valley Drive, die elf nummerierten Aussichtspunkte dieses Parks auf eigene Faust erkunden. Mit Campingfahrzeugen ist diese Strecke allerdings nicht machbar, so daß wir für den nächsten Morgen eine geführte Jeeptour gebucht haben, die zusätzlich zum Valley Drive auch für die Öffentlichkeit ansonsten nicht zugängliche Teile des Parks umfaßt. Auf dem in seiner Lage unschlagbaren Mitten View Campground in der Nähe des Visitor Centers erlebten wir noch einen sehr schönen Sonnenuntergang.

Kurz nach 8 Uhr begann unsere Jeeptour, die unter der Führung unseres Navajo-Tourguide Lesley knapp drei Stunden dauern sollte. Neben den auch auf dem Valley Drive erreichbaren Monolithen, wie Left und Right Mitten, Merrick Butte, Elephant Butte und Three Sisters fuhren wir auch in die für den Privatverkehr gesperrten und nur mit geländegängigen Fahrzeugen erreichbaren Teile des Parks. Wir sahen die Arches Sun´s Eye, Ear of the Wind, Moccasin Arch und Big Hogan, mehrere Petroglyphs aus der Zeit der Anasazi um 1300 und die Echo Cave Ruin, die Ruine eines Anasazi-Pueblo aus der gleichen Zeit. Vorbei an einer der Quellen des Parks, erreichten wir schließlich über die Totem Poles, den Artist Point, das North Window und The Thumb wieder das Visitor Center. Dank der wirklich hervoragenden Führung durch Lesley wurde diese Tour durch das Monument Valley zu einem unvergeßlichen Erlebnis. Wir fuhren auf der Straße #163 in nördlicher Richtung und erreichten nach wenigen Kilometern den kleinen Ort Mexican Hat, der seinen originellen Namen einem auffälligen Sandsteingebilde verdankt, das an einen mexikanischen Sombrero erinnert. Ein kurzer Abstecher über die #261 und #316 brachte uns in den Goosenecks SP, wo man von einem Viewpoint am Ende der Straße auf den San Juan River blickt. Der relativ klein und harmlos wirkende Fluß hat es im Laufe der Zeit geschafft sich in starken Krümmungen 300 m tief in den Sandstein zu graben. Der fotogene Blick auf die Meander des San Juan River lohnt diesen kleinen Umweg allemal. Zurück auf der #163 ging es weiter in nördlicher Richtung bis zur Einmündung in die #191 nach Moab. Etwa auf halber Strecke zwischen Monticello und Moab zweigt eine Straße zu dem phantastischen Aussichtspunkt Needles Overlook ab. Vom Rim Trail an der Abbruchkante hoch über dem Colorado schaut man über eine sagenhafte Landschaft aus einem Netz von Canyons, flachsohligen Tälern, Steinbögen und gewaltigen Mauern aus Sandstein, in die Türme und Säulen geschnitten sind. Diese grandiose Landschaft gehört zum Canyonlands NP und ist weitestgehend nur mit Geländewagen zugänglich. Obwohl der Aussichtspunkt selbst nicht zum Gebiet des Nationalparks gehört vermittelt er doch einen Eindruck von der Größe und Gewaltigkeit dieses Parks. Der Abstecher "kostet" zwar ungefähr 70 km, dieser hervoragende Aussichtspunkt ist es aber wert. Kurz vor Moab liegt direkt am Hwy 191 die Wilson Arch, ein schöner Felsbogen, der nach einem frühen Siedler in dieser Gegend benannt ist. Zwischen Moab und dem Eingang zum Arches NP bezogen wir einen Campingplatz und wollen morgen ganz früh in den Nationalpark aufbrechen.

Riesige Steinbögen, balancierende Felsbrocken, mächtige Steinsäulen und Reihen übergroßer Felslamellen erwarten den Besucher im Arches Nationalpark, der selbst in dieser an Naturwundern so reichen Region ein wiederum anderes und ganz besonderes Landschaftserlebnis bietet. Die Erosionskräfte von Wind und Wasser, extreme Temperaturen und Bewegungen unterirdischer Salzschichten sind für die faszinierend geformten Felsen des Arches NP verantwortlich. Die Größe der mehr als 1.700 katalogisierten Arches im Park reicht von 1 m (kleinere Öffnungen gelten nicht als Arch) bis zum Landscape Arch, der sich 32 m in die Höhe aufschwingt und 93 m umspannt. Alle Entwicklungs- und Zerfallsstufen sind hier zu sehen. Delicate Arch, das alleinstehende Überbleibsel einer längst verwitterten Steinwand steht direkt an einem Canyon, wo die La Sal Mountains einen kon- trastreichen Hintergrund bilden. Säulen, Zinnen und Felsblöcke, die auf einer unzulänglichen Basis balancieren sind weitere Sehenswürdigkeiten. Die Entstehung dieser eigentümlichen Felsgebilde aus rotem Sandstein beruht hauptsächlich auf zwei Ursachen. Zum einen löst das leicht kohlensaure Regenwasser, welches im durchlässigen Sandstein versickert, das die Sandkörner verfestigende Bindemittel (Oxyde) auf, so daß die Sandkörner herausfallen. Zum anderen besteht die über 100 m mächtige sogenannte Entrada Sandsteinformation, in der die Gesteinsgebilde entstanden sind, aus drei Schichten oder Zonen unterschiedlicher Härte, wobei die mittlere die weicheste ist und folglich am schnellsten verwittert. In diesem Bereich entstehen zunächst kleine Nischen, dann Höhlen und Löcher, die sich im Laufe der Jahrtausende zu Steinbögen ausweiten. Wenn die Bögen einstürzen, bleiben Steinsäulen oder -pfeiler mit balancierenden Steinbrocken zurück. Um 7.30 Uhr trafen wir am Visitor Center des Arches NP ein und erhielten mit viel Glück einen der letzten freien Stellplätze auf dem herrlich gelegenen Devils Garden Campground, den wir dann auch noch - allerdings ausnahmsweise - mit zwei Wohnmobilen belegen durften. Nachdem wir uns diesen Stellplatz gesichert hatten, fuhren wir zum Parkplatz des Devils Garden Trail. Dieser Weg führt zu sieben der bekanntesten Steinbögen, jeder davon mit einem eigenen Profil. Zuerst sahen wir uns die an einem kurzen Stichweg gelegenen Tunnel Arch und Pine Tree Arch an. Nach knapp 2 km erreichten wir schließlich die Landscape Arch, ein dünnes Felsband, das sich in einem zarten 32 m hohen Bogen von 93 m Länge über eine steile Düne spannt. Diese Arch ist einer der längsten freischwebenden Naturbögen der Welt. Ein etwas rauher führt nach Landscape Arch noch etwa 2 km weiter zum Double-O-Arch. Am Wege liegt die Wall Arch und zwei weitere Abzweigungen führen zur Navajo Arch und Partition Arch. Bei der Double-O-Arch schwebt ein Rundbogen von 50 m Durchmesser über einer kleineren Öffnung. Von hier aus machten wir uns auf den Rückweg und erreichten inklusive aller Abzweigungen nach ungefähr 10 km Fußmarsch wieder unser Wohnmobil. Zu einer kurzen Erholungs- und Stärkungspause fuhren wir auf unseren Campingplatz, ehe wir zu einer weiteren Besichtigung des Parks aufbrachen. Über Skyline Arch, wo 1940 eine große Steinmasse aus dem Bogen herrausbrach und dessen Öffnung verdoppelte, Sand Dune Arch und Broken Arch erreichten wir den Fiery Furnace Viewpoint. Hier ballen sich gewaltige Felsblöcke und -türme und bilden eine Art Irrgarten. Einen angelegten Weg hinunter gibt es nicht, der Zugang erfolgt über Trampelpfade. Wer nicht 100 %ig seinen Weg verfolgt, kann bei einer Kletterpartie zwischen den bizarren Formationen und Felsspalten sehr schnell die Orientierung verlieren. Aus diesem Grunde ist für eine Wanderung in diesem Gebiet eine Erlaubnis der Parkverwaltung erforderlich, oder man schließt sich am besten einer durch einen Ranger geführten Wanderung an. Unseren nächsten Stop legten wir am Delicate Arch Viewpoint ein, von wo der Bogen aber klein und wenig beeindruckend erscheint. Am Parkplatz der Wolfe Ranch, wo in einer einfachen Blockhütte der Bürgerkriegsveteran John Wesley Wolfe und sein Sohn Fred zwischen 1888 und 1910 eine kleine wenig ertragreiche Ranch betrieben, beginnt die 2,4 km lange Wanderung zur Delicate Arch. Dies ist dank der herrlichen Ausblicke eine der schönsten Wanderungen im gesamten Gebiet der Canyonlands. Der Weg überwindet 150 m Höhenunterschied und führt größtenteils über glattpolierten Sandstein, den sogenannten Slickrock. Nichts geht über den sich urplötzlich öffnenden Blick auf den schönsten aller Arches über einer trichterartig ausgewaschenen Felsfläche vor dem Hintergrund der schneebedeckten La Sal Mountains. Der Delicate Arch, wohl einer der grazielsten Steinbögen überhaupt, ist 26 m hoch und 20 m breit. Nach dem etwas beschwerlichen Abstieg fuhren wir, nach insgesamt ca. 15 km Wanderung doch ziemlich erschöpft, zum Campingplatz zurück.

Bei der Ausfahrt am nächsten Tag sahen wir uns die Sehenwürdigkeiten am ersten Teil des Arches Scenic Drive an, die wir bisher ausgelassen hatten. Nach einem kurzen Stop am Panorama Point, von wo Salt Valley und Fiery Furnace zu sehen sind, bogen wir in die Stichstraße ein, die in die Windows Section führt. Sie endet vor einer Wand aus Sandstein, die von mehreren Bögen durchbrochen wird. Ein kurzer Rundweg führt zum North und South Window und zur Turret Arch. Von der Turret Arch aus hat man sowohl das North als auch das South Window im Blick, die zusammen den Namen "spectacles" - Brille tragen. Ein paar hundert Meter entfernt beginnt der Weg zur eindrucksvollen Double Arch, von derem kleineren Fenster, das immerhin die Ausmaße der Delicate Arch besitzt, man einen phantastischen Ausblick über die Windows Section hat. Vorbei an den Zinnen und Monolithen des Garden of Eden kamen wir wieder zur Parkstraße zurück und stoppten am Balanced Rock, einem 39 m hohen, merkwürdig geformten Felsturm. Vom Courthouse Tower Viewpoint sieht man riesige Monolithen wie Sheep Rock und The Three Gossips. Der La Sal Muntain Viewpoint bietet nicht nur einen Blick auf die gleichnamige Gebirgskette sondern auch über weite Teile des Parkgebietes. Nachdem wir den Park verlassen hatten, ergänzten wir in Moab unsere Vorräte und fuhren über die Straßen #191, die I-70 und die #24 in Richtung Capital Reef NP. Etwa 30 km vor Hanksville zweigt eine gut 20 km lange, nur zur Hälfte asphaltierte Straße zum Goblin Valley SP ab. Unweit des Parkeingangs befindet sich der kleine Campingplatz, auf dem wir uns erst einmal zwei Stellplätze sicherten und uns etwas von den Anstrengungen der vergangenen Tage erholten. Etwa eine Stunde vor Sonnenuntergang machten wir uns dann auf dem Weg zum eigentlichen Goblin Valley, dem Tal der Kobolde, das seinen Namen wegen der seltsamen von der Erosion geschaffenen Sandsteinskulpturen erhielt. Der rote Schiefer und der feine Sandstein der vor 150 Millionen Jahren entstandenen Entrada-Formation haben eine unterschiedliche Härte und wurden deshalb durch Wind und Wasser zu den hübschen Zwergentürmchen modelliert. Im Goblin Valley, das wie eine große Schüssel vor dem Betrachter liegt, drängen sich die putzigen Figuren dicht an dicht. Die bauchigen Steinfiguren regen die Phantasie an und sind menschlich viel faßbarer als die überdimensionalen Naturwunder der umliegenden Parks - ein lustige Intermezzo, in dem man stundenlang phantasierend herumlaufen kann. Am Aussichtspunkt oberhalb des Tales kamen wir mit dem hier stationierten Ranger Tim Smith ins Gespräch, der uns erzählte, daß er in den Wintermonaten von Dezember bis März und in den heißen Monaten Juli und August meistens völlig allein im Park ist. Ohne seine drei Pferde und zwei Hunde hätte er es wohl keine drei Jahre in dieser Einsamkeit ausgehalten, obwohl im die Unabhängigkeit seines Berufes gefällt. Als die Sonne hinter dem San Rafael Reef versank und den Kobolden ihre glutrote Farbe nahm, fuhren wir zum Campingplatz zurück und genossen noch etwas die Ruhe und Abgeschiedenheit dieses schönen Naturparks.

Über Hanksville erreichten wir den Capitol Reef NP, dessen Herzstück die sogenannte Waterpocket Fold, eine gigantische über 160 km breite Falte in der Erdkruste ist. Der Park enthält diese Erdfalte und ihr spektakuläres, erodiertes Wirrwarr an bunten Klippen, massiven Domen, in den Himmel ragende Spitztürmen, starre Monolithen, sich windende Schluchten und anmutige Bögen. Die Waterpocket Fold besteht aus zahlreichen Schichten von Ablagerungsgestein. Diese ursprünglich horizontalen Schichten wurden von Sedimenten geformt, die sich über Jahrmillionen in Meeren, Gezeitenniederungen, Wüsten und anderen Umgebungen ablagerten. Als sich dann die riesige Landmasse des Colorado Plateaus zu heben begann, wurden die hiesigen Gesteinsschichten zu einer riesigen Falte aufgeworfen. Allmählich wurden viele der oberen Schichten der alten Falte vollständig weggewaschen und heute bleibt nur eine Andeutung der früheren, ungeheuerlichen Größe der Waterpocket Fold. Während Wind und Wasser langsam weiter die Falte abtragen, entstehen aus dem Gestein immer neue Formen. Die vielen Erosionslöcher auf der Kuppe der Falte bilden nach den seltenen Regenfällen natürliche Wasserspeicher und gaben der ganzen Verwerfung ihren Namen. Capitol Reef ist nach einem besonders malerischen Teilstück der Bergkette am Fremont River benannt, wo senkrechte Felswände den frühen Pionieren den Weg versperrten: Sie fühlten sich an ein Riff erinnert. Als sie dann auch noch einen kuppelartigen weißen Monolithen entdeckten, der aussah wie das Capitol in Washington, war der Name perfekt. Obwohl heute die Staatsstraße 24 das "Riff" durchquert, ist im Inneren des Parks das Fortkommen noch immer beschwerlich. In dem vom Hwy 24 erschlossen Teil des Parks kontrastiert die rauhe Schönheit der turmhohen Felsen mit der grünen Oase, die Mormonen im 19. Jahrhundert beim Dorf Fruita am Fremont River schufen. Ihre Ggräben bewässern noch immer Obstbäume auf Feldern, die von Fremont-Indianern vor 700 Jahren verlassen wurden. Das eindrucksvollste Andenken an die Fremont-Kultur bilden die noch heute erhaltenen Felsmalereien. Von Osten kommend erreichten wir zuerst die Behunin Cabin, ein einzimmriges Steinhaus, das einmal eine zehnköpfige Familie beherbergt hat. Die Eltern und die zwei jüngsten Kinder schliefen drinnen, die übrigen draußen in einer nahen Felsnische. Vorbei an den gewaltigen Formationen des Navajo und Capitol Dome erreichten wir den Parkplatz, an dem der ca. 3,5 km lange (retour) Naturlehrpfad zur 38 m hohen Hickman Bridge beginnt. Nach dieser kurzen Wanderung hielten wir an den Petroglyphs, wo Fremont-Indianer große, menschliche Gestalten mit Kopfschmuck und Dickhornschafen ähnelnde Tiergestalten in den Fels geritzt haben. Während der 10minütigen Dia-Schau im Visitor Center fiel leider der Projektor aus, so daß wir diese Einführung in den Park nur teilweise verfolgen konnten. Nachdem wir uns die The Castle und Chimney Rock genannten Felsformmationen angesehen hatten, fuhre wir über die unbefestigte Stichstraße zum Goosenecks Overlook. Ein kurzer, leichter Pfad führt zum Aussichtspunkt über den tiefen Mäandern des Sulphur Creek hinauf. Ehe wir den Park wieder verließen hielten wir noch an den Twin Rocks, einem imposanten Gesteinspaar direkt am Hwy 24. Der Hwy 12 führte uns durch den Dixie National Forest auf eine Höhe von fast 3.000 m, wo verschiedene Aussichtspunkte weitschweifende Panoramen des Capitol Reef NP ermöglichen. Auch im weiteren Verlauf passiert diese Straße mit den Escalante Canyons traumhafte Landschaften, ehe man die ersten Ausläufer des Bryce Canyon NP am Straßenrand entdeckt. Wir bezogen den zum Ruby´s Inn gehörenden Campingplatz, wo wir mal wieder unsere Wäsche waschen und die Akkus der Videocamera und des Laptops aufladen konnten.

Wahrscheinlich sind die Kräfte der natürlichen Erosion nirgends greifbarer als im Bryce Canyon. Das Gewirr seiner "Hoodoos" genannten unwirklichen Türme und Spitzen zieht im Jahr ca. 1,5 Millionen Besucher an. Wasser hat die zerrissene Landschaft von Bryce geschaffen, und es schafft sie noch immer. Es spaltet die Felsen, indem es in Spalten gefriert und sich ausdehnt - ein Prozeß, der sich 200mal im Jahr wiederholt. Der Abfluß von heftigen Gewittern im Sommer nagt an den weichen Kalken und spült durch die Rinnen. Wir begannen den nächsten Tag mit einem Besuch des Visitor Centers und sicherten uns anschließend einen Stellplatz auf dem zum Park gehörenden North Campground. Von hier aus fuhren wir zum Sunset Point, wo wir unser Wohnmobil stehen ließen und mit Sigrid und Thomas zum Bryce Point fuhren. Während die beiden die Panorama-Straße des Parks abfuhren, machten wir uns über eine gut 6 km lange Kombination der Peekaboo und Navajo Trails auf den Rückweg zum Sunset Point. Über einen steilen Abstieg gingen wir vorbei an Formationen wie Wall of Windows und Three Wisemen mitten hinein in die geologische Wunderwelt des Bryce Canyon. Durch ein Labyrinth verschiedenfarbiger und immer unterschiedlich geformter Hoodoos gelangten wir schließlich zum Kreuzungspunkt mit dem Navajo Trail. Zuerst ging es steil in Serpentinen aufwärts, dann mündet der Weg in eine enge Schlucht mit steilen Wänden namens Wall Street ein. Etliche Douglastannen, bis 700 Jahre alt, wachsen zwischen den turmhohen Felsen. Im weiteren Verlauf führt der Weg direkt an der, neben dem Amphitheater berühmtesten Formation des Parks, Thor´s Hammer vorbei. Nachdem wir die ungefähr 160 m Höhenunterschied bewältigt hatten, erreichten wir auf 2400 m Höhe wieder unseren Wagen. Trotz der Anstrengungen lohnt sich ein Abstieg in den Canyon auf jeden Fall, denn nur so kann man die "Zauberkraft" der bizarren Sandsteinformationen hautnah und viel intensiver erleben. Der Eindruck ist auch noch gewaltiger und ich denke auch tiefsitzender als bei einem bloßen Abfahren der Aussichtspunkte. Bedingt durch die Anstrengungen der letzten Tage und die Höhenluft machte sich bei uns beiden ein Zustand körperlicher Ermüdung bemerkbar, so daß wir uns vor der Weiterfahrt eine Stunde lang ausruhten. Da wir uns zusätzlich auch noch mit irgendetwas den Magen verdorben haben müssen, beschlossen wir zum Campingplatz zurückzufahren und unser Besichtigungsprogramm für heute zu beenden.

Am nächsten Morgen waren wir soweit wieder fit, daß wir uns den Sonnenaufgang am Bryce Point, dem höchsten Aussichtspunkt am Rande des Amphitheaters ansehen konnten. Die Farben beginnen zu glühen, noch ehe die Sonne über dem Aquarius Plateau erscheint, dem mit 3.000 m höchsten Tafelland Nordamerikas. Zuerst berührt das Licht den Rand des Amphitheaters, dann greift es tiefer ins Becken hinein und setzt die dichtgedrängten Steinsäulen in Brand. Sehr deutlich sind dann auch die flachen Höhlen dicht unter dem Rand, Grottoes genannt, zu erkennen. Nach dem Frühstück auf dem Parkplatz des Bryce Point fuhren wir vor dem Verlassen des Parks noch den nördlichsten Aussichtspunkt, den Fairyland Point, an. Von hier eröffnet sich eine der schönsten Aussichten des Parks. Farbstrotzende Spitztürme und Monolithen sind zum Greifen nahe. Einige stehen für sich allein wie Schachfiguren, andere sind wie zu einem Chor arrangiert. Wir verließen den Bryce Canyon und erreichten über die Highways 12, 89 und 9 den Osteingang des Zion NP. Hier erwartet den Besucher am Ufer des Virgin River eine Landschaft wie aus dem Bilderbuch des Wilden Westens. Auf seinem Wege von den Hochplateaus Utahs zur Wüste hinunter sägt sich der Virgin River durch einne Schlucht, die so tief und eng ist, daß die Sonne kaum je den Boden erreicht. Wo der Canyon sich verbreitert, beginnt der Fluß einen Spießrutenlauf um hohe Palisadenwände, die von glatten Gipfeln und Trockentälern gekrönt sind. Steilklippen, die 1.000 m tief abfallen, mächtige Pfeiler, tiefe Nischen - die Ausmaße sind gewaltig. Den Mormonenpionieren im 19. Jahrhundert galten diese gehauenen Felsen als die "natürlichen Tempel Gottes". Und so nannten sie den Canyon nach der Himmelsstadt: Little Zion. Fließendes Wasser hat im Laufe der Zeiten die roten und weißen Bänke des Navajo-Sandsteins durchschnitten und die Steilwände von Zion herausgearbeitet. Das Canyongebiet war vor Millionen Jahren nichts weiter als eine große Wüste. Der Wind häufte langsam Düne um Düne aufeinander, bis der Sand eine Tiefe von 600 m erreicht hatte. Heute kann man die Spuren dieser Stürme an reizvollen Kreuzschichtungen an den Felswänden ablesen. Anders als beim Grand Canyon, wo man von oben in den Canyon hinabschaut, steht man im Zion Canyon gewöhnlich unten und schaut hinauf. Die vertikale Topographie des Ortes zwängt die meisten der 2,5 Millionen Besucher pro Jahr zwischen die Wände des Canyons. Seitens der Parkverwaltung erwägt man, wegen der Staus und der Parkplatzknappheit, den Zion Canyon Scenic Drive innerhalb der nächsten fünf Jahre völlig für den Individualverkehr zu schließen und stattdessen Pendelbusse oder Trams einzuführen. Der Zion-Mt. Carmel Highway führt zwischen dem Hochplateau des East Entrance und dem Wüstenboden des South Entrance fast 600 Höhenmeter abwärts. Kurz hinter dem östlichen Eingang liegt Checkerboard Mesa, verwitterte Sandsteinbänke, die vertikal zerklüftet sind. Nach einer kurvenreichen Fahrt am Trockenbett eines Baches entlang, erreicht man kurz vor der Einfahrt in den Zion-Mt. Carmel Tunnel den Parkplatz des Canyon Overlook Trail. Von diesem Aussichtspunkt kann man den nahen Canyon in seiner ganzen Gewaltigkeit erleben. Der Weg führt 1,5 km (retour) hoch über den engen Windungen des Pine Creek entlang und endet oberhalb der Great Arch an einem eindrucksvollen Aussichtspunkt mit Blick auf den The West Temple, Towers of Virgin, Pine Creek Canyon und den Zion-Mt. Carmel Highway. Die Straße verschwindet dann in dem engen Zion-Mt. Carmel Tunnel und kommt 1,8 km später, 255 m über der Talsenke wieder zum Vorschein. Der Tunnel wurde 1930 vollendet; er hat eine halbe Million Dollar und zwei Menschenleben gekostet. Fahrzeuge über 3,4 m Höhe und/oder über 2,4 m Breite können den engen Tunnel nur als Einbahnstraße benutzen und müssen für den Aufwand der halbseitigen Sperrung eine Gebühr von $ 10 entrichten. Die Straße führt in Spitzkehren die Flanke des Pine Creek Canyon hinunter, vorbei am 120 m hohen Great Arch. Die Geologen nennen ihn einen "blinden Bogen", weil er in die Felswand zurückversetzt ist. Wir erreichten den Zion Canyon an der Stelle, wo der Pine Creek in die North Fork des Virgin River einmündet. Der Canyon ist durchschnittlich 800 m breit, seine Wände sind 600 bis 900 m hoch. Wir fuhren zunächst nicht in das Tal hinein, sondern besuchten das Visitor Center und sicherten uns einen Stellplatz auf dem Watchman Campground. Erst danach begaben wir uns auf den ca. 10 km langen Zion Canyon Scenic Drive, der den Windungen des Virgin River folgt. Wir hielten am Court of the Patriarchs, wo einer kurzer Pfad zu einen Aussichtspunkt auf den The Sentinel und die Three Patriarchs (Abraham, Isaac, Jacob) führt. Weiter ging die Fahrt zu den Emarald Pools. Ein beliebter Spazierweg führt zu einigen natürlichen Becken im Fels, die von kleinen Wasserfällen gespeist werden. An der Zion Lodge vorbei fuhren wir bis zum Haltepunkt Weeping Rock. Hier beginnt ein 800 m langer (retour) Naturlehrpfad, der hinter einen Wasservorhang führt, welcher von der Decke einer Felsnische herabfällt. Es ist Wasser, das durch den Sandstein gesickert ist, bis es auf Tonschiefer traf und bei Weeping Rock an die Oberfläche geleitet wurde - 2 Jahre nachdem es als Regen auf dem Hochplateau niederging. Wir fuhren von hier aus zurück zum Campingplatz und beendeten den Tag mit dem Ranger-Programm im Amphitheater. In der Einleitung zu seinem Vortrag ging der Ranger auf das Spannungsfeld zwischen unser hochtechnisierten Gesellschaft und dem Nationalparkgedanken ein. Als er dann mit seinem Diavortrag begann, spielte ihm ausgerechnet die Technik einen Streich und die Projektionsanlage ging kaputt. Dank seines schauspielerischen Talentes und fundierten Wissens über den Park rettete er den Abend und "veranstaltete" eine interessante Frage und Antwort Stunde, während der Fledermäuse über das Amphitheater schwirrten.

Über den Hwy 9 verließen wir den Zion NP und nahmen dann die I-15 in Richtung Las Vegas. Ein Abstecher brachte uns zum Valley of Fire SP, dessen Reiz phantastische Sandsteinformationen in Farbgebungen von weiß bis rot ausmachen. Der rote Aztekensandstein, der dem Park seinen feurigen Charakter aufdrückt, wurde durch vom Wind verwehte Sanddünen gebildet, die sich während der Juraformation vor etwa 135-150 Millionen Jahren ablagerten. Der graue Kalkstein der Muddy Mountains, der die südliche und westliche Grenze des Parks umschließt, wurde durch vom Wasser angeschwemmte Ablagerungen auf dem Grund eines Binnensees gebildet, der sich während der paläozoischen Periode vor etwa 300-600 Millionen Jahren in dieser Gegend erstreckte. Erdverschiebungen und -verwerfungen gefolgt von massiver Erosion haben die heutige Landschaft geschaffen. Wir hielten zunächst an den Cabins, drei einfache Kabinen, die in den 30er Jahren als Übernachtungsmöglichkeiten für Reisende gebaut wurden. Am Visitor Center informierten wir uns über die Entstehungsgeschichte und Sehenswürdigkeiten des Parks. Danach fuhren wir auf der 11 km langen Stichstraße zu den White Domes. Dabei passierten wir die Rainbow Vista mit ihren vielfarbigen Sandsteinformationen. Zurück auf der Parkstraße hielten wir am Atlatl Rock, einem Felsen mit Indianerzeichnungen der Anasazi-Indianer, die bis etwa 1150 in dieser Gegend gelebt haben. Seinen Namen hat der Felsen von der zeichnerischen Darstellung des at-lat-l, eines eingekerbten Stockes, der zum Fortschleudern von Speeren benutzt wurde (Vorläufer von Pfeil und Bogen). Die letzten Attraktionen, die wir ansteuerten waren die Beehives, eigentümlich erodierte Sandsteinformationen. Zurück auf der I-15 fuhren wir ohne weitere Unterbrechung zum Circusland RV Park nach Las Vegas. Nachdem unsere Bemühungen Karten für die Show von Siegfried & Roy zu bekommen erfolglos waren, haben wir uns mit dem Dinner-Buffet im Mirage getröstet. Nach der Rückkehr auf den Campingplatz waren wir zu müde für eine weitere Erkundung von Las Vegas.

Am nächsten Morgen fuhren wir zum MGM Grand Hotel und beschafften uns Karten für die EFX-Show mit Michael Crawford. Den weiteren Vormittag verbrachten wir mit Shopping, wir suchten unter anderem noch einmal den Fahrradladen auf, wo wir im Dezember unsere Fahrräder gekauft hatten. Um 14.30 Uhr wurden wir zu unseren Rundflug mit Scenic Airlines abgeholt, den wir telefonisch vom Bryce Canyon aus gebucht hatten. In einer kleinen Maschine mit 19 Sitzplätzen flogen wir in knapp eineinhalb Stunden über Las Vegas, Lake Mead, Hoover Dam und den westlichen Grand Canyon. Die Sicht war recht gut, obwohl es etwas bewölkt war. Der Flug war aber recht unruhig, so daß Thomas so schlecht geworden ist, daß die beiden nicht mehr mit zur EFX-Show gekommen sind. Wir konnten ihre beiden Tickets zurückgeben und gingen dann voller Erwartung in die Show. Was wir erlebten, war eine im wahrsten Sinne des Wortes phantastische Show, der unserer Meinung nach aber der rote Faden fehlte. Die Mischung aus Musical, Ballett und Variete war an sich gar nicht schlecht, aber die scheinbar zusammenhangslose Aneinanderreihung der Sequenzen ließ jeden Handlungsrahmen vermissen. Die Spezialeffekte waren auf dem neuesten Stand der Technik, ebenso wie die gesamte technische Durchführung der Show, aber wir hatten für die $ 70 pro Kopf doch etwas mehr erwartet. Besonders gut haben uns lediglich die Gesangseinlagen von Michael Crawford, der wirklich eine hervorragende Stimme besitzt und die Aufführungen des Balletts gefallen. So verließen wir nach der Show etwas enttäuscht das MGM und fuhren zum Campingplatz zurück.

Nach einem ausführlichen Frühstücksbuffet im Luxor machten wir uns auf den Weg in Richtung Yosemite NP. Da Sigrid und Thomas mit dem Mietwohnmobil nicht durch das Death Valley fahren dürfen, umfuhren wir den Park auf dem Hwy 95. Bei Beatty bogen wir zur Rhyolite Ghosttown ab, einer der Städte, die in der Gier nach Reichtum flüchtig aufgestellt und ebenso hastig wieder verlassen und den Naturelementen übergeben worden sind. In Rhyolite stehen noch mehrere Häuser, darunter das weitestgehend aus Flaschen errichtete Bottle House, und Grundmauern aus der Zeit der Gold- und Silberfunde. Über die Straßen 266, 168 und 395 ging es dann weiter in Richtung Yosemite, wo wir in der Nähe des Lake Crowley einen Campingplatz fanden.

Aus unserem geplanten Besuch des Devils Postpile NM wurde leider nichts, da die Stichstraße zum Park noch wegen Schnees gesperrt war. Ein kleiner Abstecher führte uns dann zu den Tuffsteinskulpturen am Mono Lake in der Mono Lake Tufa State Reserve. Der Mono Lake, ein faßt eine Million Jahre altes, abflußloses Binnenmeer ist zu salzig, als daß Fische in ihm leben könnten; und doch birgt es eine reiche Biomasse: Milliarden winziger Algen, von denen sich kleine Krabben ernähren. Diese wiederum sind die Nahrungsgrundlage für Millionen von Zugvögeln und die kalifornischen Seemöwen, die hier brüten. Um seine ökologische Balance zu halten und um die starke Verdunstung auszugleichen, braucht der Mono Lake die Schmelzwasser aus der Sierra Nevada. Aber die wenigen Zuflüsse des Sees werden zur Trinkwasserversorgung von Los Angeles abgeleitet und der dadurch ständig sinkende Wasserspiegel gefährdet den Bestand des Sees. Fast 15 m ist der Spiegel des Sees seit den 40er Jahren schon abgesunken, und das brackige Wasser versalzt immer mehr. Zwar wurde der Mono Lake kürzlich zur "Scenic Area" erklärt, doch das bringt nur geringen Schutz. Wenn es den verzweifelt kämpfenden Umweltschützern nicht gelingt, vor Gericht einen Durchbruch zu erzielen, wird der See in 10 bis 15 Jahren völlig versalzen und sterben. Doch nun zu bizarren Tuffsteinskulpturen, die entstehen, wenn unterirdisches Frischwasser am Boden des Sees austritt und sich das Kalzium des Frischwassers mit dem kohlensauren Salz des Seewassers verbindet. Um die Öffnung der Frischwasserquelle bildet sich eine Tuffsäule, die bis zur Wasseroberfläche des Sees emporwächst. Der sinkende Wasserspiegel stoppt das Wachstum und das Tuffgestein wird von den Kräften der Erosion weiter bearbeitet. Die Formationen in der von uns besuchten South Tufa Area sind zwischen 200 und 900 Jahren alt, wesentlich ältere Tuffsäulen findet man hoch über dem heutigen See an der früheren Küstenlinie des Mono Lake. Vom Mono Lake aus wollten wir über den Hwy 120, die Tioga Road in den Yosemite NP fahren, doch aus diese Straße war aufgrund der Witterungsverhältnisse noch gesperrt. Im Information Center in Lee Vining erfuhren wir, daß auch einige der nördlich des Parks gelegnen Paßstraßen über die Sierra Nevada noch gesperrt sind, so daß wir einen Umweg von fast 500 km machen müßten, um in den Park zu gelangen. Wir beschlossen daher heute nur bis zum Lake Tahoe zu fahren, damit wir nicht zwei Tage hintereinander nur fahren müssen.

Heute trennten sich unsere Wege, da Sigrid und Thomas noch zum Yosemite NP fahren wollen, während wir beschlossen haben, uns den Park nach der Abreise der beiden in Ruhe anzusehen. Wir haben uns für morgen auf einem Campingplatz in Novato, nördlich von San Francisco verabredet. Wir fuhren zunächst an der Ostseite des auf 1900 m Höhe gelegenen Lake Tahoe entlang, wo einige Aussichtspunkte herrlich Ausblicke auf ein grandioses Panorama bieten. Der azurblaue See, umgeben von den Bergen der Sierra Nevada, die ihm um bis zu 1200 m überragen, nimmt eine Fläche von 520 km² ein und ist damit der größte alpine See in Nordamerika. Von der nordwestlichen Ecke des Sees nahmen wir die I-80 und damit das Gebiet um die San Francisco Bay ins Visier. Doch bevor wir die Metropole erreichten bogen wir auf den Hwy 12 ab und fuhren durch die südlichen Teile des Napa und Sonoma Valley, das Weinanbaugebiet Kaliforniens. Vorbei an zahllosen Weinfeldern, schloßartigen Weingütern und hübschen Orten bogen wir in Santa Rosa in westlicher Richtung ab und erreichten in Bodega Bay den Pazifik. Bodega Bay, Heimat einer großen Fischereiflotte, wurde 1962 durch den Hitchcock-Thriller "Die Vögel" bekannt, der hier gedreht wurde. Wir fanden einen Campingplatz in dem öffentlichen Doran Regional Park, direkt an der Bodega Bay, wo uns beim abendlichen Strandspaziergang ein Seehund genauso beobachtete wie wir ihn.

In der Nacht fing es an zu regnen, so daß wir beschlossen den Tag ganz ruhig angehen zu lassen. Erst gegen 11 Uhr verließen wir den Campingplatz und fuhren auf der Traumstraße #1 in südlicher Richtung. Hinter Bodega Bay verläßt die #1 die Küste und folgt dann in attraktivem Verlauf den Konturen der Tomales Bay. Aufgrund des schlechten Wetters war diese Strecke für uns nicht ganz so traumhaft, wie sie bei schönem Wetter sicherlich ist, aber es war trotzdem sehr beeindruckend. Die ursprünglich geplanten Besuche der Point Reyes National Seashore und des Muir Woods NM ließen wir wegen des Wetters ausfallen und erreichten schon am frühen Nachmittag den vereinbarten Campingplatz in Novato. Beim Friseur erfuhr Geli, daß es im Bereich der San Francisco Bay heute ein Erdbeben der Stärke 4,7 gegeben hatte. Als wir auf dem Campingplatz unseren Fernseher einschalteten, war das Beben das Hauptthema der Nachrichten. Für die erdbebengewohnten Nordkalifornier war es aber nur ein kleiner "Shaky", der auch keinen wesentlichen Schaden angerichtet hat. Wir nutzten den Nachmittag für einen "Hausputz" und das Waschen unserer Wäsche, ehe Sigrid und Thomas gegen 18.30 eintrafen. Sie konnten im Yosemite nur die Talregionen besuchen, da auch die Glacierpoint Road noch geschlossen war. Hoffentlich sind die Straßen nächste Woche offen, wenn wir den Park besuchen und uns dort mit einem weiteren Schulfreund und seiner Familie treffen wollen.

Wir verließen den Campingplatz in Novato und erreichten nach kurzer Fahrt auf der #101 den Golden Gate, das Tor zur Bucht von San Francisco. Die ersten spanischen Entdecker segelten im 16. Jahrhundert - wohl wegen des häufigen Nebels - mit schöner Regelmäßigkeit am Golden Gate vorbei. So konnten die Miwok-Indianer, die hier schon seit 500 v. Chr. siedelten, noch einige Zeit in Ruhe leben. Erst 1769 kam Gaspar de Portola auf dem Landweg von San Diego und entdeckte die riesige Bucht, einen der besten Naturhäfen der Welt. Sieben Jahre später begann die Kolonisierung. Juan Bautista de Anza errichtete ein Presidio, ein Militärfort, der Franziskanerpater Junipero Serra gründete die Missionsstation San Francisco de Asis. Die Spanier brachten jedoch nicht nur das Rüstzeug Gottes im Gepäck, sondern auch allerlei Viren und Bakterien - schon 50 Jahre später waren die Indianer nahezu ausgestorben. Das kleine Dorf an der Bay entwickelte sich nur zögerlich, doch dann kam das Jahr 1848 und mit ihm der Goldfund in der Sierra Nevada. Innerhalb weniger Jahre wuchs San Francisco auf 50.000 Einwohner an. Aus allen Teilen der Welt strömten Goldsucher herbei, ließen ihre Schiffe im Hafen zurück und zogen in die Berge. San Francisco wurde zum Sündenpfuhl. In unzähligen Kneipen und Bordellen verpraßten die Glücksritter ihre Funde. Theater, Banken, Restaurants und Hotels wurden in Rekordzeit gebaut, ebenso eine Eisenbahnverbindung an die Ostküste. 1869 wurde die Bahn eingeweiht, 1870 zählte die Stadt bereits 150.000 Einwohner und 1873 ratterte die erste Cable Car über die Hänge der Stadt. Zur Jahrhundertwende wohnten bereits 425.000 Menschen in der City. Dann kam das berüchtigte Erdbeben: Am Morgen des 18.04.1906 begannen die Häuser zu schwanken. 55 Sekunden lang bebte die Erde in einer Stärke von 8,3 auf der Richterskala. 452 Menschen starben, doch fast 300.000 wurden obdachlos, da rund 80% der Häuser San Franciscos im, durch das Beben ausgelösten Großfeuer zerstört wurden. Schon vier Jahre später war die Stadt fast vollständig wiederaufgebaut. Die Roaring Twenties, die goldenen 20er Jahre, verhalfen der Stadt zu neuer Blüte, und selbst der nachfolgende Börsenkrach hatte seine positiven Seiten: Durch Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen der Regierung wurden in den 30er Jahren die Golden Gate Bridge und die Bay Bridge gebaut. Nachdem San Francisco im Zweiten Weltkrieg eine wichtige Rolle als Kriegshafen spielte, wurde es in den folgenden Jahrzehnten zum beleibten Tourismusziel und modernen Finanzplatz. Man baute die Häuser, aus Angst vor Erdbeben nur sehr vorsichtig immer höher, die Skyline entstand. Die 60er Jahre, die große Zeit des Protestes und der Gegenkultur, legten den Grundstein für den Ruf San Franciscos , eine der tolerantesten Städte der USA zu sein. Doch das die Stadt nach wie vor auf unsicherem Boden steht, hat erst 1989 ein weiters schweres Erdbeben gezeigt. Wir begannen unseren Besuch gleich an der Golden Gate Bridge, die nach fünfjähriger Bauzeit 1937 eröffnet wurde. Sie ist 2,7 km lang und die beiden Pylonen ragen 227 m hoch über die schmale Meerenge des Golden Gate auf. Jährlich fahren 50 Millionen Autos über die sechs Fahrspuren, bedeutend mehr, als die Konstrukteure planten. Doch das Bauwerk hält, zumal es ständig ausgebessert und verstärkt wird. Wir nahmen die letzte Ausfahrt vor der Brücke und nutzten die Aussichtspunkte entlang der Zufahrt zum Marinehead SP, von denen der Blick durch und über das rote Wunderwerk auf die Skyline der City fällt. Von der Golden Gate aus steuerten wir den innenstadtnahen San Francisco RV Park in der King Street, südöstlich der I-80 an. Im Office des Campingplatzes kauften wir uns Dreitagespässe für die öffentlichen Verkehrsmittel San Franciscos und nahmen den Bus, der direkt am Platz hält in die Innenstadt. In der Powell Street stiegen wir in eines der berühmte Cable Cars um und erreichten auf diesem Wege Fisherman´s Wharf. Die altertümlichen Vehikel werden von einem Stahlkabel gezogen, das in einer Spalte zwischen den Schienen verläuft. Eine Greifzange, Grip genannt, krallt sich hinein und die Wagen rattern mit 15 km/h durch die Innenstadt. Die Bezeichnung Fisherman´s Wharf bezieht sich auf ein relativ kleines Gebiet rund um den ehemaligen Fischereihafen San Franciscos an der Jefferson Street. Die Fischerboote und Werften sind hier lange verschwunden, an ihrer Stelle liegen Privatyachten und Charterboote an den Stegen. An Land beherrschen unzählige Souvenir Shops, Boutiquen, Bars, Fast und Sea Food Restaurants das Bild dieser vollständig kommerzialisierten Touristenfalle. Vom restaurierten Pier 39 am Ostende der Wharf hat man nicht nur einen schönen Blick auf die Gefängnisinsel Alcatraz, sondern auch auf eine Seelöwen-Kolonie, die es sich auf des Stegen der Pier bequem gemacht hat. Wir verließen das Hafenviertel und gingen über die Leavenworth Street zur Lombard Street hinauf. Diese "kurvenreichste Straße der Welt" gehörte bis 1922 mit einem Gefälle von 27% zu den steilsten Straßen San Franciscos. Um die Durchfahrt zu erleichtern, wurden acht Serpentinen gebaut, die mit den Hortensienbeeten und den gepflegten Anwesen der Lombard Street ihren unverkennbaren Charakter verliehen haben. Vom oberen Ende an der Hyde Street hat man einen schönen Blick über die Lombard Street und den Telegraph Hill mit Coit Tower auf die Bucht. In der Hyde Street bietet sich auch ein klassisches San Francisco Motiv: die heranfahrenden Cable Cars vor dem Hintergrund von Alcatraz. Wir folgten der Hyde Street bis zur Union Street und nahmen von dort aus den Bus zurück zum Campingplatz.

Am nächsten Tag begannen wir unsere Bus-Rundreise durch San Francisco mit der Fahrt zum Alamo Square, wo viktorianische Holzhäuser in der Steiner Street einen reizvollen Kontrast zur modernen Skyline im Hintergrund bilden. Von hier aus ging es dann, wiederum per Bus, weiter zum Telegraph Hill, einem 100 m Hügel am Rande der Innenstadt, der von dem 68 m hohen Coit Tower beherrscht wird. Der Turm wurde nach einer exzentrischen Millionärin, Lillie Hitchcock Coit, benannnt, die Anfang des Jahrhunderts der Stadt San Francisco $ 100.000 hinterließ, um den Feuerwehrmännern, die nach dem Erdbeben von 1906 die Feuersbrunst bekämpften, ein Monument zu errichten. Ihre Leidenschaft für die Feuerwehr war so groß, daß sie die erste freiwillige Feuerwehrfrau San Franciscos wurde. Das Innere dieses 1934 erbauten Memorial ist mit Wandmalereien von 25 verschiedenen Künstlern verziert, die teilweise sozialkritische Szenen aus dem Arbeitsleben der 30er Jahre darstellen. Der Turm bietet aufgrund seiner günstigen Lage einen hervorragenden Überblick über Teile der Stadt, die Bucht und hinüber zur Golden Gate Bridge. Im Financial District ist die 260 m hohe Transamerica Pyramide, die angeblich erbebensicher gebaut wurde, der absolute Blickfang. Auf dem Telegraph Hill trennten wir uns von Sigrid und Thomas und fuhren zur Grant Avenue, wo man durch ein chinesisches Drachentor die Chinatown San Franciscos betritt. Die mit fast 80.000 Bewohnern neben der Chinatown von Vancouver größte chinesische Ansiedlung außerhalb Asiens ist bereits während der Goldgräberzeit um 1850 entstanden und umfaßt etwas acht Straßenzüge beoderseits der Grant Avenue. Hier sind die Straßenschilder zweisprachig, viele Menschen sprechen sogar kaum Englisch. Eine asiatische Welt für sich, die jedoch im Bereich der Grant Avenue zu sehr touristisch aufgemacht ist und daher viel von ihren eigentlichen Flair verloren hat. Die westliche Paralellstraße, die Stockton Street, bietet hingegen ein authentischeres Bild des Lebens der Chinesen. Hier zwischen den Fischgeschäften, den Gemüse- und Obsthändlern und den Imbißstuben mit den Enten im Schaufenster kann man ein unablässiges Gewimmel beobachten, wie wir es auch schon in Hongkong kennengelernt haben. Nach einer kurzen Verschnaufpause auf dem Campingplatz fuhren wir noch einmal los, um uns im Ansel Adams Center for Photography etwas von dem Werk des berühmten Fotografen anzusehen. Ein Teil des Centers war geschlossen, da hier eine neue Ausstellung vorbereitet wurde und die verbliebenen Räume teilte sich Ansel Adams mit verschiedenen Nachwuchskünstlern. So waren wir von der Ausstellung etwas enttäuscht, konnten in dem angeschlossenen Buchgeschäft doch noch etwas mehr vom Werk Adams in Augenschein nehmen. Als wir zum Campingplatz zurüchkamen, trafen wir auf Sigrid und Thomas, die gerade von ihrem Stadtbummel zurückkamen. Die beiden haben uns dann zum Abschluß ihres Urlaubs und für die geleisteten "Reiseleiterdienste" zum Essen eingeladen. Wir bestiegen ein weiteres Mal den Bus und fuhren zum Pier 39, wo wir am Ende des Pier, im Neptune´s Palace, bei hervorragender Aussicht auf Alcatraz und die Golden Gate Bridge sehr gut gegessen haben. Als wir wieder auf dem Campingplatz waren, haben Sigrid und Thomas ihre Sachen gepackt und wir haben uns zum Abschluß der gemeinsamen Zeit noch auf ein Glas Wein zusammengesetzt.

Am nächsten Morgen mußten wir früh aufstehen, denn wir hatten um 9 Uhr einen Inspektionstermin bei Moturis und Sigrid und Thomas mußten ihr Wohnmobil bis 11 Uhr abgeben und es vorher noch durch die Waschstraße fahren. Bei Moturis erwartete uns Post von der Einwanderungsbehörde, die die Verlängerung unserer Aufenthaltsgenehmigung um ein halbes Jahr, bis Anfang Dezember 1996, enthielt. Der bürokratische Aufwand hat sich also gelohnt und wir können unsere Reise wie geplant fortsetzen. Als Sigrid und Thomas dann in den Moturis-Shuttle zum Flughafen stiegen, verabschiedeten wir uns mit ebenso gemischten Gefühlen von ihnen, wie wir sie vor vier Wochen empfangen hatten. Wir waren mit der Umstellung unserer Reisegewohnheiten und der zusätzlichen "Reiseleitung" besser zurechtgekommen, als wir befürchtet hatten, aber wir freuten uns auch, jetzt wieder frei und unabhängig zu sein. Gegen Mittag war unser Roadrunner wieder startklar und wir fuhren zum Abschluß unseres San Francisco Besuches noch einmal zur Golden Gate Bridge. Von dort aus nahmen wir den Hwy #1 in südlicher Richtung und blieben auf dem Campinglatz der Half Moon Bay State Beach.

Nach einem gemütlichen Morgen ohne das Klingeln eines Weckers und den Zwang zu einer verabredeten Zeit fertig zu sein, begaben wir uns wieder auf die #1 und wollten eigentlich über Monterey und den 17-Mile-Drive bis nach Carmel fahren. Aufgrund des langen Memorial Day Wochenendes herrschte auf der Traumstraße #1 ein alptraumhafter Verkehr. Nach einiger Zeit Stop and Go hatten wir genug und verließen die überfüllte Küstenstraße. Auf dem Hwy 101 kamen wir dann wieder besser voran und fanden im San Lorenzo Regional Park in King City einen schönen Campingplatz im Hinterland.

Wir verließen King City über die Nebenstraße G13, die in den Hwy 25 einmündet. Die #146 führte uns dann von der Ostseite her in das Pinnacle NM. Direkt vor der Parkgrenze liegt der privat betriebene Pinnacles Campground, auf dem wir uns einen Platz sicherten. Hier erfuhren wir auch, daß das Parkplatzangebot im Park sehr begrenzt ist und wir beschlossen daher, mit den Rädern in den Park zu fahren. Unvermittelt ragen die Gipfel und Grate der Pinnacles-Formation über sanftem Hügelland auf. Es sind die Reste eines Vulkanberges, der fast 320 km weiter südlich entstand und an der San-Andreas-Spalte entlang nach Nordwesten verschoben wurde. Die Geschichte des Parks begann vor etwa 23 Millionen Jahren als flüssiges Magma aus der San-Andreas-Spalte austrat und einen Vulkankegel formte. Der auf der Pazifik Platte gelegene Teil der Vulkanformation wanderte in nordwestliche Richtung und seine von den Kräften der Erosion geformten Zinnen und Türme bilden heute das Pinnacles NM. An der Stelle, wo der Vulkan ursprünglich entstanden ist, befindet sich auf der Nordamerikanischen Platte die Neenach-Formation, die andere Hälfte des einstigen Vulkans. Nachdem wir die Steigung zum Bear Gulch Visitor Center bewältigt und uns Informationsmaterial über den Park beschafft hatten, begaben wir uns auf den Weg zum Bear Gulch Reservoir. Der rauhe Pfad führt durch die Bear Gulch Caves zum mehrere hundert Meter höherliegenden Reservoir. Zwischen herabgestürzten, regelrechte Höhlen bildeten Felsen geht es streckenweise steil berauf, festes Schuhwerk und eine Taschenlampe sind erforderlich. In dem Felstunnel wird es zum Teil recht niedrig, eng und feucht, so daß der Weg bei meiner Größe von knapp 2 m nicht immer die reine Freude war. Das sehr schön gelegene Reservoir lohnt aber den Aufstieg, auch wenn heute aufgrund des langen Wochenendes sehr viel los war. Für den Rückweg nahmen wir den Rim Trail, um uns die Kletterei ein zweites Mal zu ersparen. Nach ungefähr 5 km Rundweg kamen wir wieder bei unseren am Visitor Center abgestellten Fahrrädern an. Der Rückweg zum Campingplatz wurde auf der in dieser Richtung fast ausschließlich abschüssigen Strecke zu einem reinen Vergnügen.

Wir verließen den Pinnacles Campground und machten uns über die Straßen #25 und #198 auf den Weg zum Sequoia NP. Die Fahrt durch das landwirtschaftlich genutzte San Joaquin Valley mit seinen sanft geschwungenen Hügeln und künstlich bewässerten Feldern bietet keine besonderen landschaftlichen Reize. Wir suchten uns in Three Rivers, kurz vor den Toren des Sequoia NP einen Campingplatz und wollen morgen, wenn sich der Memorial Day Trubel gelegt hat, diesen Park erkunden.

Beim Sequoia NP waren es die Mammutbäume, beim Kings Canyon NP die tiefen Canyon, die den Ausschlag für die Gründung des Parks gaben; 1943 wurden sie zu einem Nationalpark vereinigt, der insgesamt 3495 km² umfaßt. Bergwildnis, durchglitzert von Seen und schäumenden Wasserfällen, und mehrtausendjährige Baumriesen bestimmen das Bild einer von Eiszeitgletschern zerfurchten Landschaft, die sich mitten durch die Sierra Nevada zieht. In diesem Teil der Sierra Nevada sind die wildgezackten Linien, die der große Erdumbruch hinterlassen hatte, bereits durch das Wirken der Elemente abgeschliffen und geglättet worden. Die gewaltige Sierra Nevada selbst ist nichts anderes als eine riesige Scholle der Erdkruste, die im Verlauf der Erdgeschichte in mehreren großen Schüben gehoben wurde und dabei nach Westen abkippte. Auf dem steilen Hang gewannen die Flüsse an Schnelligkeit und Kraft und schnitten ihr Bett tief in den Fels. Dann kamen die Gletscher der letzten Eiszeit und höhlten die entstandenen Canyons weiter aus, bis sie praktisch ihre jetzige Tiefe und Breite erreicht hatten. Der Riesen-Mammutbaum ist von der letzten Eiszeit verschont geblieben und überlebte als einzige Art eines uralten Geschlechts von Riesenbäumen, die von Millionen von Jahren weite Teile der Erde bedeckten. Heute wachsen diese Bäume nur noch in versteuten Hainen in Höhen von 1200 bis 2500 m am Westabhang der Sierra Nevada. Den Sequoien ermöglichten mehrere Faktoren ihr langes (Über-)Leben: Ihre Rinde ist asbestartig faserig und brennt deshalb nur schwer, was bei den zahlreichen Waldbränden Kaliforniens höchst nützlich ist. Auch fließt unter ihrer Rinde kein Harz, sondern ein bitterer, wässriger Saft, der ebenfalls schwer entflammbar ist und zudem das Ungeziefer fernhält. Man hat sogar festgestellt, daß Waldbrände für das Wachstum der Sequoien nötig sind. Erst nach einem Brand können auf dem basischen Ascheboden neue Bäume keimen und das Feuer vernichtet andere Baumarten, so daß Sonnenlicht die jungen Sequoien am Waldboden erreichen kann. Wir erreichten nach wenigen Kilometern auf dem Hwy 198 den Ash Mountain Entrance zum Sequoia NP. Von hier aus führt der Generals Highway in endlos scheinenden Serpentinen auf das Hochplateau in etwa 2.000 m Höhe. Wir hatten auf dieser ungefähr 27 km langen Strecke das Glück einen jungen Schwarzbären beobachten zu können und genossen vom Amphitheater Point den Ausblick auf den 2050 m hohen Moro Rock und das Tal des Kaweah River. Im Giant Forest angekommen, passierten wir die Four Guardsmen, eine Vierergruppe von Mammutbäumen direkt an der Straße und sicherten uns zunächst einen Stellplatz auf dem Lodgepole Campground. Unser nächster Halt galt demm General Sherman Tree, dem (volumenmäßig) größten Lebewesen der Erde. Er ist zwischen 2300 und 2700 Jahre alt und 83,8 m hoch; er hat einen Basisumfang von 31,3 m und ein Volumen von 1487 m³. Sein größter Zweig befindet sich 40 m über der Basis, ist über 2 m dick und 38 m lang und damit größer als die meisten "normalen" Bäume. Am Fuße des Sherman Tree beginnt der bequeme, 3,2 km lange Congress Trail. Der Lehrpfad führt zu jungen Mammutbäumen, die erst etwa 140 Jahre alt sind; zu Bäumen die zwar vom Feuer gesengt, aber nicht vernichtet wurden; und zu gefallenen Riesen, die nicht verrotten, weil das in ihnen enthaltene Tannin das Faulen verhindert. Nach einem kurzen Stop an der Round Meadow fuhren wir zum Parkplatz des Moro Rock, wo wir uns ersteinmal stärkten ehe wir den steilen Aufstieg in Angriff nahmen. Nach 400 Stufen und 90 m Höhenunterschied standen wir auf 2050 m Höhe, 1200 m über dem Boden des Canyons. Leider waren die Gipfel der Sierra Nevada etwas wolkenverhangen, aber der Ausblick ist auf jeden Fall spektakulär. Zusätzlich konnten wir beim Auf- und Abstieg einige Eidechsen, Hörnchen und Kolibris beobachten. Vom Moro Rock fuhren wir dann zurück zum Campingplatz, der direkt an einem Arm des Kaweah River liegt.

Auf dem Generals Highway fuhren wir in nordwestlicher Richtung, verließen den Sequoia NP und fuhren eine zeitlang durch den Sequoia National Forest, ehe wir den Kings Canyon NP erreichten. In der Grant Grove steht, umgeben von imposanten Artgenossen, der volumenmäßig zweitgrößte Baum der Erde, der General Grant Tree, der zwischen 1800 und 2.000 Jahre alt und 81,5 m hoch ist; er hat einen Basisumfang von 32,8 m und ein Volumen von 1344 m³. Er hat dem 1890 zum Schutz der Grant Grove geschaffenen Park seinen Namen gegeben, der bis zur Gründung des Kings Canyon NP 1940 Bestand hatte. Der General Grant Tree gilt als Weihnachtsbaum der Kalifornier und ist ein kalifornisches Nationaldenkmal. Von der Grant Grove führt der Hwy 180 in den eigentlichen Kings Canyon hinein. Die abwechslungs- und aussichtsreiche Bergstraße zwängt sich in den Canyon des South Fork Kings River hinein. Am Junction View blickten wir auf den wilden Zusammenfluß von Middle Fork und South Fork Kings River. Vorbei an den tosenden Grizzly Falls, die von den Schmelzwasser auffangenden Grizzly Lakes gespeist werden, erreichten wir die Cedar Grove, wo die Straße vor bis zu 1600 m hoch aufragenden Felswänden endet. Wir sicherten uns zunächst einen Stellplatz auf dem Sentinel Campground, einem der vier Campingplätze am Ufer des Kings River. Über Canyon Viewpoint und die Roaring River Falls erreichten wir bei Roads End das Ende des Hwy 180. Nach einer kurzen Wanderung auf dem Paradise Valley Trail fuhren wir zum Campingplatz zurück, wo wir nach dem Abendessen noch etwas am Flußufer spazierengingen.

Am nächsten Morgen wollten wir an einem der angebotenen Ausritte durch die Cedar Grove teilnehmen, hätten aber zwei Stunden warten müssen, so daß wir dieses Vorhaben aufgaben. Wir fuhren dann am tosenden Kings River entlang und verließen den Hwy 180 vor erreichen der Grant Grove in Richtung Hume Lake. Die schmale Nebenstraße führt zu dem hübsch gelegenen See am gleichnamigen Ort und trifft dann auf den Generals Highway. Kurz vor der Ausfahrt aus dem Kings Canyon NP befindet sich der Parkplatz des Big Stump Trail. Der 1,6 km lange Weg führt in das Big Stump Basin, eine Bodensenke mit vielen Mammutbaumstümpfen aus der Siedlerzeit, als die Bäume noch nicht geschützt waren. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts sind hier die vermutlich größten Sequoien überhaupt gefällt worden und die riesigen Baumstümpfe sind noch heute Zeugen dieser massiven Zerstörung. Einzig der gewaltige Stamm des Mark Twain Tree wurde 1891 für wissenschaftliche Zwecke gefällt und Scheiben aus seinem mächtigen Stamm befinden sich in naturkundlichen Museen von New York und London. Nach dieser kurzen Wanderung verließen wir den Park und "stiegen" über den Hwy 180 mehr als 1500 Höhenmeter in das San Joaquin Valley hinab. In Fresno, dem wichtigsten landwirtschaftlichen Zentrum Kaliforniens, suchten wir uns einen Campingplatz.

Nach einem ausführlichen "Hausputz" und dem Auffüllen unserer Vorräte verließen wir Fresno auf dem Hwy 41 in Richtung Yosemite NP, wo wir uns übermorgen mit Kai, einem weiteren Schulfreund von uns, und seiner Familie treffen wollen. Nach kurzer Fahrt bogen wir auf die #145 zum Millerton Lake ab. Der 1944 durch den Bau des Friant Dam und die dadurch bedingte Aufstauung des San Joaquin River entstandene Millerton Lake ist das Herz der Millerton Lake SRA. Ein herrliches Naherholungsgebiet mit einem sehr schönen Campingplatz direkt am See. Bedingt durch saisonbedingte Wasserzuläufe und das periodische Ablassen von Wasser über den Friant Dam unterliegt der See sehr starken Schwankungen in seiner Wassermenge und flächenmäßigen Ausdehnung. Wir hatten Glück, denn der See war sehr voll und begann nur wenige Meter von unserem Stellplatz entfernt. Da wir keinen Bootsverleih finden konnten, fuhren wir zu unserem Platz zurück und gingen in dem 23° C warmen Wasser schwimmen. So verbrachten wir den Nachmittag bei herrlichem Wetter auf dem Campingplatz und beobachteten die zahlreichen Hörnchen und ließen den Tag gemütlich am Lagerfeuer ausklingen.

Als erstes gingen wir am nächsten Morgen wieder Schwimmen und verbrachten noch den gesamten Vormittag auf diesem herrlichen Platz. Nach wiederum nur sehr kurzer Fahrt erreichten wir Oakhurst, die letzte größere Ortschaft vor dem Yosemite NP. Hier bezogen wir einen Campingplatz, um erst morgen, wenn sich der größte Wochenendandrang gelegt hat, in den Park zu fahren. Vom Campingplatz aus spazierten wir noch einmal in den Ort, wo wir zufällig an einem Kino vorbeikamen und uns kurzentschlossen den neuen Whoopi Goldberg Film "Eddie" ansahen. Im Vergleich zu Deutschland war es hier mit $ 3,5 pro Person ein recht preiswertes Vergnügen, zumal uns der Film sehr gut gefallen hat. Da wir von Kai nichts mehr gehört haben, hoffen wir, daß es bei dem vereinbarten Treffen morgen im Yosemite NP bleibt. Wir hatten heute vergeblich versucht im Yosemite Valley einen Campingplatz zu reservieren. Die zu reservieren sind, sind angeblich auf Monate ausgebucht und die anderen arbeiten auf "first come first serve" Basis. Wir werden morgen also früh aufstehen und uns als erstes um einen Campingplatz im Park bemühen.

Gewaltige Gletschertäler, senkrechte Granitwände, schäumende Wasserfälle: Die dramatische Bergwelt im Yosemite NP ist das Kronjuwel Kaliforniens und ein Mekka der Bergwanderer und Naturfreunde. Der 3084 km² große Park wurde 1890 gegründet und ist heute einer der attraktivsten und gleichzeitig vielseitigsten Naturparks Nordamerikas - leider auch einer der überfülltesten. Sein populärster Teilbereich ist das nur 15 km² große, malerische, tief in die Sierra Nevada eingeschnittene Yosemite Valley. In diesem kleinen Teil des Parks drängen sich über 90% der mehr als 3,5 Millionen jährlichen Besucher, während man im Hinterland des Tales, in den Hochgebirgsregionen und auf den über 1200 km Wanderwegen noch Einsamkeit und ursprüngliche Natur erleben kann. Speziell an Sommerwochenden kommt es dank der Nähe des Parks zu den Bevölkerungszentren um San Francisco und Los Angeles häufig zu einem derartigen Andrang der Besucher, daß der Parkservice die Einfahrt in das Yosemite Valley sperren muß, um ein völliges Verkehrschaos zu verhindern. Die Geschichte Yosemites begann vor 500 Millionen Jahren, als die Sierra Nevada noch von einem vorzeitlichen Meer überflutet war. Dicke Sedimentschichten hatten sich auf dem Meeresboden abgelagert, als er durch gewaltige Erdbewegungen aufgefaltet, verzerrt und über den Meeresspiegel emporgehoben wurde. Gleichzeitig drang aus der Tiefe des Erdinneren geschmolzenes Gestein empor und erhärtete unter dem Sediment allmählich zu Granit. Erosion wusch das Sedimentgestein an vielen Stellen fort und legte den Granit bloß. Während die Auffaltung noch im Gange war, begannen Wasser und später Gletscher sich in den Fels zu nagen und der Landschaft ihre heutige Form zu geben. Verwitterung und Erosion verändern auch heute noch ständig das Gesicht von Yosemite. Die grandiose Schönheit des Tales hat die Menschen bereits seit 4.000 Jahren in ihren Bann gezogen, wie archäologische Funde belegen. Zur Zeit der Eroberung des amerikanischen Westens durch Pelzjäger, Goldsucher und Siedler pflegten Miwok-Indianer im kühlen Yosemite Valley und auf den Weiden des heutigen Parkgebietes die heißen Sommermonate zu verbringen. Sie lebten vom Jagen, Fischen und vom Sammeln genießbarer Pflanzen. Mit den Weißen kamen sie 1848 in Berührung, nachdem in Mariposa im Südwesten des Parks Gold gefunden worden war. Binnen kurzer Zeit überschwemmten Goldsucher, die sogenannten Fortyniners, die Gegend und machten den Indianern den Lebensraum streitig. Camps und Handelsplätze entstanden, die die Indianer in Abständen überfielen und niederbrannten, was 1851 den Mariposa-Indianerkrieg auslöste. Im Verlaufe dieses Krieges gelangte eine Einheit des Mariposa-Freiwilligenbataillons, welches die Goldsucher zur Indianerbekämpfung gebildet hatten, durch Zufall in das Yosemite Valley. Der Feldarzt, der die Einheit begleitete, war von der stillen Erhabenheit des Tales tief beeindruckt und benannte es zu Ehren der bereits dem Untergang geweihten Miwok-Indianer, in deren Sprache "uzumatis" (Grizzlybär), was zu "Yosemite" wurde. Die Kunde vom strahlend schönen Yosemite Valley verbreitete sich schnell, und 1855 kamen die ersten Touristen. Ihnen folgten Siedler und Hotelbesitzer. Dann kamen auch die ersten Naturschützer, die nicht nur für die Erhaltung des Tales, sondern auch um die Rettung eines Bestandes von Riesen-Mammutbäumen kämpften. Bereits 1862 wurde die Schaffung eines Naturreservates gefordert und 1864 durch die Unterstellung des Tales unter staatlichen Schutz verwirklicht. Wir fuhren vom südlichen Parkeingang in Richtung Yosemite Valley und ließen dabei die Mammutbäume in der Mariposa Grove und das Pionier-Museum in Wawona unbeachtet. Wir hielten am direkt hinter dem Wawona-Tunnel gelegenen Tunnel View, der aufgrund des grandiosen Panoramas auch Inspiration Point genannt wird und neben dem Glacier Point den schönsten, von der Straße aus erreichbaren Blick auf das Yosemite Valley bietet. Der 2147 m hohe, bei Extrem-Bergsteigern beliebte El Capitan, die mit 2695 m höchste und das Tal beherrschende Kuppel des Half Dome, sowie die Cathedral Rocks und der 189 m hohe Bridalveil Fall zeugen davon, daß das Yosemite Valley seinem Ruf als "Das unvergleichliche Tal" gerecht wird. Im Tal angekommen steuerten wir das Campground Registration Office an, wo wir für heute auf die Warteliste kamen, aber für die nächste Nacht gleich einen Platz reservieren konnten. Hier hinterließen wir für Kai eine Nachricht und machten uns dann mit den Fahrrädern auf den Weg durch das Tal. Bei herrlichem Wetter und großenteils von der Straße getrennten Radwegen war das genau die richtige Art der Fortbewegung. Im Visitor Center hinterließen wir ebenfalls eine Nachricht und fuhren dann weiter zu den Yosemite Falls, den höchsten Wasserfällen Nordamerikas und dritthöchsten der Welt. Von 739 m Höhe über dem Talboden stürzt das Wasser 436 m über den Upper Yosemite Fall, geht dann in die 206 m lange Middle Cascade über, um dann die letzten 97 m bis zum Talboden über den Lower Yosemite Fall zurückzulegen. Ein kurzer Weg führt zum Fuße des 97 m hohen Lower Yosemite Fall. Wir fuhren auf der Parkstraße, zum Teil sehr dicht am Merced River entlang, weiter in westlicher Richtung. Einige Abstecher an den Fluß und zu den herrlichen Wiesen am Talboden boten phantastische Ausblicke auf den Half Dome, die Cathedral Rocks und den El Capitan. Über die El Capitan Bridge erreichten wir wieder die südliche Parkstraße, die uns ins Tal zurückführte. In der Nähe der kleinen Kapelle, wo gerade eine Hochzeit stattfand, bot sich uns nocheinmal ein schöner Blick auf die Yosemite Falls. Kurz vor 15 Uhr waren wir wieder am Campground Registration Office und bekamen auch einen Stellplatz zugewiesen. Nach einer Verschnaufpause und dem Abendessen fuhren wir noch einmal zum Visitor Center und sahen uns in einem der Auditorien einen Film über den berühmten Naturfotografen Ansel Adams an. Auf dem Rückweg zu unserem Wagen fiel uns ein Zettel auf, der außen an einem Fenster des Visitor Centers angeklebt war. Es war eine Nachricht von Steffi und Kai, die vergeblich versucht hatten uns über die Anrufbeantworter-Funktion unserer Telefonkarte zu erreichen und nun alle Campingplätze nach uns absuchten. Wir fuhren gleich zu unserem Campingplatz zurück und trafen dort tatsächlich auf Kai, der sich zu Fuß auf den Weg gemacht hatte, während Steffi und die Kinder im Wohnmobil geblieben waren. Da, wie wir erfahren hatten, zwei Autos und bis zu sechs Leute auf einem Stellplatz campen dürfen, fuhren wir zu unserem Platz und haben bis nach Mitternacht am Lagerfeuer zusammengesessen.

Trotz der langen gestrigen Nacht machten wir uns sehr früh auf den Weg zum Glacier Point. Nach einem kurzen Stop am Tunnel View fuhren wir auf der ungefähr 25 km langen und kurvenreichen Stichstraße bis zum Glacier Point. Unterwegs haben wir, in sehr großer Entfernung, zwei Schwarzbären gesehen und einen Zwischenstop am Washburn Point, einem Aussichtspunkt mit Blick auf den Half Dome, die 181 m hohen Nevada, die 97 m hohen Vernal und die 113 m hohen Illilouette Falls, sowie die in der Ferne liegenden Gipfel der High Sierra eingelegt. Vom Glacier Point, einer 980 m über dem Talboden aufragenden Felsklippe, überblickt man das gesamte Yosemite Valley und auch die Yosemite Falls in ihrer vollen Länge. Zusätzlich liegt einem natürlich auch das bereits vom Washburn Point aus erkennbare Panorama zu Füßen. Auf dem Rückweg zum Campingplatz hielten wir an dem 189 m hohen Bridalveil Fall. Vom Aussichtspunkt aus waren die Fälle aufgrund des starken Sprühnebels fast nicht zu erkennen, aber der Weg dorthin war zumindestens sehr erfrischend. Gegen Mittag waren wir wieder auf dem Campingplatz und beschlossen in der größten Hitze eine Pause einzulegen, um am Nachmittag vom Happy Isles Nature Center aus auf dem Mist Trail bis zur Fallkante der Vernal Falls hinaufzusteigen. Der Mist Trail führt in einem Canyon zwischen Half Dome und Glacier Point hinauf und verläuft im letzten, sehr steilen Abschnitt direkt durch den Sprühnebel des Vernal Fall. Wir wurden auf diesem Teilstück zwar naß bis auf die Haut, aber ein durch die Nachmittagssonne gebildeter phantastischer Regenbogen hat uns für diese Mühen entschädigt. Für den Rückweg wählten wir den etwas weiteren, aber dafür trockenen Weg über den John Muir Trail, der neben einem herrlichen Ausblick auf den Vernal Fall auch den Blick zum höher gelegenen, 181 m hohen Nevada Fall ermöglicht.

Den nächsten Morgen ließen wir gemütlicher angehen und bezogen nach dem gemeinsamen Frühstück den neuen Campingplatz, den Kai für die nächsten zwei Nächte reserviert hatte. Von hier aus machten wir uns mit den Rädern auf den Weg zu dem idyllisch unter dem großartigen Half Dome Panorama gelegenen Mirror Lake. Der See, der langsam austrocknet und im Sommer schon meist trocken liegt, war noch gut gefüllt und machte seinem Namen alle Ehre, denn in seinem ruhigen Wasser spiegelten sich die umliegenden Berge. Wir nutzten das schöne Radwegsystem des Parks zu einer Rundfahrt durch das Yosemite Valley. In der Nähe der Swinging Bridge Picnic Area machten wir eine kurze Pause uns genossen den herrlichen Ausblick auf den Half Dome, die Leidig Meadow und die Yosemite Falls. Nach einem Einkauf im Village Store fuhren wir zum Campingplatz zurück, wo wir uns um 17 Uhr zum Grillen verabredet hatten. Nach dem Abendessen fuhren wir mit unserem Wohnmobil zum Tunnel View, um das herrliche Panorama des Yosemite Valley einmal im Licht der tiefstehenden Sonne zu erleben. Ein gemütlicher Abend am Lagerfeuer, bei dem wir auf unseren 9. Hochzeitstag anstießen, beendete dann unseren dritten Tag im Yosemite NP.

Nach dem Frühstück verabschiedeten wir uns von Steffi, Kai, Josephine und Lennart, die noch einen weiteren Tag im Yosemite NP bleiben und von hier aus nach San Francisco weiterfahren wollten. Wir folgten der Big Oak Flat Road (Hwy 120), einer ehemaligen Bergbaustraße, nach Westen aus dem Tal heraus. Bei Crane Flat bogen wir dann rechts in die Tioga Road, die nördliche Parkstraße ein. Die erst seit wenigen Tagen geöffnete Straße führt in eine Hochgebirgslandschaft voller schneebedeckter Gipfel, kristallklarer Bergseen und riesiger Wiesen durch das Hochplateau der Sierra Nevada. Wir hielten am Siesta Lake, dem Olmsted Point, von dem aus der Half Dome im Yosemite Valley und der von kahlen Granitbergen umgebene Tenaya Lake zu sehen sind. Unweit des östlichen Visitor Centers breiten sich die Tuolumne Meadows, die größten Hochgebirgswiesen der Sierra Nevada, aus. Vor Millionen Jahren lagen sie unter einer 600 m dicken Eisschicht begraben, jetzt sind sie im Sommer von Wildblumen überzogen. Die Straße steigt an der Ostgrenze des Parks zum 3031 m hohen Tioga Pass an. Der bereits außerhalb des Nationalparks liegende Tioga Lake war noch weitestgehend zugefroren, während uns im gut 1.000 m tiefer gelegenen Tal des Mono Lake Temperaturen von fast 30° C erwarteten. Wir blieben in Lee Vining, am Rande des Mono Lake, auf einem privaten Campingplatz mit Blick auf den See.

Wir verließen Lee Vining auf dem Hwy 395 in Richtung Reno und bogen nach ungefähr 30 km auf die #270 zum Bodie SHP ab. Die letzten 5 km dieses 20 km langen Zubringers sind nicht asphaltiert und versetzten uns schon ein wenig in die Zeit zurück als hier im kargen High Desert Country im Grenzgebiet zu Nevada Bodie als Stadt der Sünde und des Lasters bekannt war. Bodie wurde nach Waterman S. Body benannt, der hier im Jahre 1859 Gold entdeckte. In der Zeit ihrer Hochkonjunktur betrugen die Einnahmen der etwa 30 Bergwerksgesellschaften etwa $ 400.000 im Monat, insgesamt ungefähr 90 bis 100 Millionen Dollar. Um 1879 hatte Bodie 10.000 Einwohner, die aber mit dem wirtschaftlichen Rückgang der Minen nach und nach die einstige Boomtown verließen, bis die Stadt in den 30er Jahren sich selbst überlassen war. Brände, Sand- und Schneestürme und die "nagende Zeit" hatten über 90% der Gebäude zerstört, ehe Bodie im Jahre 1962 zum State Historic Park erklärt wurde. Seit dieser Zeit wird die Stadt einem Zustand "erstarrten Verfalls" erhalten und ist eine Mischung zwischen echter Geisterstadt und einem Living Museum. Die Ausdehnung des Ortes und die Vielzahl der noch vorhandenen Zeugnisse seiner Vergangenheit geben Bodie eine Sonderstellung unter den Ghost Towns. Zwischen Carson City und Reno übernachteten wir auf dem sehr schön gelegenen Campingplatz des Washoe Lake SP, in einem weiten Tal zwischen der Carson Range der Sierra Nevada und der Virginia Range.

Nach wenigen Kilometern auf dem Hwy 395 erreichten wir Reno, Las Vegas´ kleine Schwester und nach eigenen Angaben "The Biggest Little City in the World". Wir reservierten auf dem innenstadtnahen Keystone RV Park einen Stellplatz für zwei Nächte und machten uns auf die Suche nach dem zuständigen Postamt für General Delivery. Zehn Briefe von Freunden und Verwandten konnten wir in Empfang nehmen und wir haben sie auf einer Bank am Truckee River dann auch gleich gelesen. Nachdem wir am Nachmittag ein paar Einkäufe erledigt hatten, machten wir uns am Abend auf den Weg zur Casino Row, wir die Virginia Street, die Hauptstraße Renos, auf 500 m Länge im Zentrum der Stadt genannt wird. Da für Reno, im Gegensatz zu Las Vegas, das Glücksspiel nicht der allein dominierende Wirtschaftsfaktor ist, fallen die Kasinos hier auch nicht ganz so extravagant aus wie in Las Vegas. Reno hat sich von einer Boomtown der Goldrauschzeit zu einer modernen Stadt und dem kommerziellen und kulturellen Zentrum für den Norden Nevadas entwickelt, die aber dennoch die meisten Besucher durch ihre Spielkasinos anlockt. Wir schlenderten über die Casino Row und besuchten unter anderen das "Eldorado" und das "Circus Circus", wo wir mehrere Stofftiere gewannen und aus diesem Grunde mit dem Taxi zum Campingplatz zurückfuhren.

Wir fuhren zum Brunch-Buffet ins "Eldorado" und besuchten anschließlend die ehemalige Goldrauschstadt Virginia City. Nachdem 1859 die berühmte Comstock Lode, eine der ertragreichsten je gefundenen Silber- und Goldader entdeckt worden war, schnellte diese Stadt zu einer der reichsten Städte des Landes empor und hatte in kurzer Zeit über 30..000 Einwohner. Nachdem ein Feuer 1875 die damals wichtigste Siedlung zwischen Denver und San Francisco zerstört hatte, wurde sie binnen eines Jahres wieder aufgebaut und blieb nach dem Ende des Goldrausches eine wohlerhaltene Ghosttown. Wir begannen unseren Besuch an der St. Mary´s Catholic Church und sahen uns anschließend die guterhaltenen Häuser in der Hauptstraße an. Auf dem Rückweg nach Reno genossen wir von einem der Aussichtspunkte am Hwy 341 den Ausblick über Reno und die schneebedeckten Berge der Sierra Nevada. Vom Campingplatz aus machten wir uns mit den Fahrrädern noch einmal auf den Weg in die Stadt und fuhren am Ufer des Truckee River entlang, der einmal quer durch Reno fließt. Als wir wieder auf dem Campingplatz waren, haben wir eine kleine Reparatur am Wohnmobil durchgeführt und uns an die Beantwortung der Briefe gemacht.

Über die Straßenkombination #395, #70 und #89 fuhren wir durch die landschaftlich sehr reizvolle nördliche Sierra Nevada in Richtung Lassen Volcanic NP. Von einem Aussichtspunkt am Lake Almanor hatten wir zum ersten Mal einen Blick auf den 3187 m hohen Lassen Peak, der den Nationalpark beherrscht. Der Lassen Peak ist der südlichste der Cascade Mountains, einer Vulkankette, die sich von der kanadischen Grenze bis nach Kalifornien erstreckt. Weiter nördlich gehören Mount Baker, Mount Rainier, Mount St. Helens und Mount Hood zum pazifischen "Ring of Fire", der um den Pazifik liegenden Vulkane. Der Lassen Peak ist, wie einige weitere Berge im Lassen Volcanic NP, kein Vulkan im herrkömmlichen Sinne. Der eigentliche Vulkanberg war der etwa 3500 m hohe Mount Tehama, der einen Basisdurchmesser von fast 20 km aufwies. Der Mount Tehama stürzte, nachdem sich die Magmakammer nach mehreren Ausbrüchen entleert hatte, in sich zusammen, wodurch eine riesige, schüsselförmige Caldera entstand. Den Rand dieser Caldera bilden der Lassen Peak und die weiteren Berge des Parks, die Reste des ehemaligen Kraters des Mount Tehama, die vor 600.000 bis 200.000 Jahre aus Lava enstanden. Der Lassen Peak war zwischen 1914 und 1921 zum letzten Mal aktiv, in diesem Zeitraum wurden über 200 zum Teil spektakuläre Ausbrüche registriert. Heute beschränkt sich die geothermmische Aktivität auf einige hydrothermale Gebiete im Park mit Heißwasserquellen, Fumarolen und schwefligen Schlammbecken. Schon bei der Einfahrt durch den Southwest Entrance machte uns ein Schild darauf aufmerksam, das die Parkstraße gesperrt und damit eine Durchfahrt in nördlicher Richtung nicht möglich ist. Im Information Center erfuhren wir, daß die Parkstraße bereits geöffnet war, ein neuerlicher Wintereinbruch mit über 1 m Neuschnee aber wieder zur Schließung geführt hat. So konnten wir uns nur das geothermische Gebiet Sulphur Works ansehen, wo ein kurzer Boardwalk uns zu fauchenden Fumarolen, Löchern voller kochendem Schlamm und heißen Quellen führte. Ab dem Bumpass Hell Parkplatz war die Straße dann gesperrt und auch der Bumpass Hell Trail, ein Weg zu einem Talkessel voller hydrothermaler Aktivität war noch unter hohem Schnee begraben. So mußten wir uns mit einem Blick auf den Lassen Peak und einen eiszeitlichen Findling begnügen, der in der Nähe des Parkplatzes am Rande des Abgrundes balanciert. Wir fuhren zurück zum Lake Almanor, wo wir am Nordufer einen schönen Campingplatz fanden.

Auf wenig befahrenen Nebenstraßen, vorbei am Eagle Lake, erreichten wir das wenig besuchte Lava Beds NM, das auf halbem Wege zwischen Lassen Volcanic und Crater Lake NP. Wundersame Reste vulkanischer Tätigkeit wie Vulkanaschkegel, kleine Vulkane, Lavafelder und ungefähr 300 teils vereiste, teils farn- und moosbedeckten Lavatunnels und -röhrenhöhlen. Diese entstehen, wenn die äußeren Schichten eines Lavastromes erkalten und sich verfestigen, während die Lava im Inneren noch weiter fließt und so einen Tunnel zurückläßt. Viele der Tunnels und Röhrenhöhlen des Parks sind bei einem gewaltigen Ausbruch des Mammoth Crater an der südlichen Parkgrenze vor 30.000 Jahren entstanden. Einige der Röhren bilden Eishöhlen; Regenwasser dringt durch das poröse Lavagestein in die Höhlen ein, in denen aufgrund der hohen Isulationskraft des Lavagesteins das ganze Jahr über Temperaturen unterhalb des Gefrierpunktes herrschen. Die letzte vulkanische Aktivität liegt etwa 1.000 Jahre zurück, so daß weite Teile der Lavafelder bereits wieder von Pflanzen bedeckt sind, die Nahrung und Schutz für zahlreiche Tiere bietet. In dieser unwirklichen Landschaft lebten die Modoc-Indianer ehe sie von den Weißen in Reservate vertrieben worden. Sie kehrten in ihre heimatlichen Gebiete zurück, was zum Modoc-Indianerkrieg von 1872/73 führte. 52 Krieger der Modocs verschanzten sich unter der Führung ihres Häuptlings Captain Jack in den Lavafeldern. Hier leisteten sie einer zwanzigfachen Übermacht der Armee fünf Monate lang erbitterten Widerstand, der aber letztendlich doch in einem Blutbad für die Indianer endete. Einige der Tunnels und Höhlen liegen entlang der etwa 3,5 km langen Cave Loop Road, sind über Pfade und Leitern zugänglich und können individuell erkundet werden. Festes Schuhwerk ist unbedingt erforderlich, Lampen und Helme können bei Bedarf im Visitor Center geliehen werden. Wir beschafften uns im Visitor Center die nötigen Informationen über den Park, sicherten uns einen Stellplatz auf dem parkeigenen Indian Well Campground und beschlossen die Cave Loop Road morgen mit dem Fahrrad in Angriff zu nehmen.

Wir parkten das Wohnmobil am Visitor Center und fragten dort nach den interessantesten Höhlen entlang der Cave Loop Road, da wir nicht alle 14 besuchen wollten. Dort erfuhren wir, daß einige der Höhlen geschlossen sind, da dort Fledermäuse ihren Nachwuchs aufziehen. Die Ranger empfahlen uns vier der Höhlen und wir machten uns mit den Rädern auf den Weg. Die in der ersten Hälfte recht steile Cave Loop Road führte uns zu den Höhlen Golden Dome, Hopkins Chocolate, Sunshine und Sentinel. Es muß schon eine gewaltige Eruption gewesen sein, deren Lavaströme dieses große Höhlensystem haben entstehen lassen. Auf unserem weiteren Weg durch den Park besuchten wir die beiden Eishöhlen Skull Cave und Merrill Cave. Letztere fand ich interessanter, da sie zum einen nicht so eng ist wie die Skull Cave und auch über vielfältigere Eisformationen verfügt. Von der Fire-Lookout-Station auf dem 1601 m hohen Schonchin Butte hatten wir einen schönen Blick über den Park, auf den verschneiten 4318 m hohen Mount Shasta und den in der Ferne liegenden Mount McLoughlin. Im etwa 50 km nördlich des Parks gelegenen Klamath Falls suchten wir das Oregon Visitor Center auf, um uns mit einer Landkarte und Camping-Informationen einzudecken. Nördlich der Stadt übernachteten wir auf einem privaten Campingplatz.

Nach kurzer Fahrt erreichten wir den Crater Lake NP über die südliche Zufahrt und hielten am Steel Information Center. Hier erhielten wir das Informationsmaterial über den Park und erfuhren, daß der östliche Teil der Parkstraße (Rim-Drive) noch gesperrt ist und wir nur zwischen der südlichen und nördlichen Zufahrt am See entlang fahren können. Nachdem wir uns im Visitor Center noch einen Film über die Entstehung des Crater Lake angesehen hatten, machten wir uns auf dem Weg zum Kraterrand. Der erste Eindruck von diesem See ist überwältigend: 54 km² Wasser, so tiefblau wie Tinte, von einem bis zu 600 m hohen Felsring umgeben. Nach einer indianischen Legende war der Bluebird grau, bis er in das Wasser des Crater Lake eintauchte. Die stille "Perle des Kaskadengebirges", wir der Crater Lake auch genannt wird, liegt in einem ruhenden Vulkan namens Mt. Mazama. Der letzte Ausbruch dieses Vulkans erfolgte 4860 vor Christus. Damals wurde vulkanische Asche kilometerhoch in den Himmel geschleudert und soviel Bimsstein und Lava ausgestoßen, daß sich die Magmakammer völlig entleerte und die oberen 1500 m des damals 3700 m hohen Mt. Mazama in sich zusammenstürzten. Zurück blieb eine Caldera mit einem Durchmesser von 9 km und einer Tiefe von 1200 m. Im Laufe der Jahrhunderte sammelte sich in diesem abflußlosen Kessel Regen- und Schmelzwasser zu einem See von bis zu 589 m Tiefe, dem tiefsten See der USA. Der Wasserstand des Sees variiert aufgrund des ungefähren Gleichgewichts zwischen Verdunstung und Wasserzufuhr nur geringfügig. Die meisten Niederschläge fallen in diesem Gebiet als Schnee, der die Landschaft mit einer bis zu 15 m dicken Schicht überziehen kann. Trotz der langen und kalten Winter friert der Crater Lake nur sehr selten vollständig zu, letztmalig 1949. Seine gewaltige Wassermenge speichert im Sommer so viel Wärme, daß der See der Vereisung lange widerstehen kann. Wir begannen unseren Besuch im Rim Village, wo es mehere erstklassige Aussichtspunkte direkt über dem See zu finden gibt. Das frische Blau des Crater Lake bedeutet Reinheit und Tiefe. Der See enthält kaum Mineralien und Verunreinigungen. Wenn Sonnenlicht in diesen tiefen, reinen See eindringt, absorbieren die Wassermoleküle alle Farben des Spektrums außer Blau; dies streut an die Oberfläche zurück. Forscher haben kürzlich Grünalgen in einer Rekordtiefe von 220 m gefunden, was bedeutet, daß Licht hier tiefer dringt als in irgendeinem anderen Gewässer der Welt. Wir verließen das Rim Village und fuhren auf dem ersten Drittel des Rim Drive bis zur Abzweigung zum nördlichen Eingang. Da schon auf dieser, geöffneten Strecke, die Schneemassen rechts und links der Straße das Wohnmobil überragten, konnten wir uns kaum vorstellen, wie es in dem noch gesperrten, östlichen Teil des Rim Drive wohl aussehen mag. Der erste Halt auf diesem Abschnitt ist am Discovery Point, von wo eine Gruppe weißer Goldsucher den See am 12.06.1853 entdeckt hatte. Der nächste Aussichtspunkt bietet einen guten Blick auf Wizard Island, so benannt, weil sie dem Spitzhut eines Zauberers ähnelt. Die Insel, die 233 m aus dem Wasser ragt, ist ein klassischer Aschekegel, aufgebaut aus rotglühender Asche vom Grunde der Caldera, die lange nach dem Einsturz des Mt. Mazama außgestoßen wurde. In einer Indianerlegende wird die Insel als Kopf von Llao, dem Herren der Unterwelt, bezeichnet. Der Herr der oberirdischen Welt, Skell, tötete und verstümmelte Llao in der letzten, im wörtlichen Sinne welterschütternden Schlacht auf dem Gipfel des Berges. Der Aufstieg zum Aussichtspunkt auf dem 2446 m hohen The Watchman war aufgrund der Schneeverhältnisse leider nicht möglich, aber zwei weitere Haltepunkte ermöglichten uns grandiose Ausblicke auf diesen phantastischen See, in dem sich der Kraterrand spiegelte. Durch die fast vegetationslose Bimssteinwüste, ein mit diesem leichten Lavagestein aufgefülltes Tal, verließen wir den Crater Lake NP. Wenige Kilometer nördlich der Parkgrenze erreichten wir den Diamond Lake im Umpqua NF. Auf dem direkt am Ufer des Sees gelegenen Diamond Lake Campground fanden wir einen schönen Platz zum Übernachten. Nachdem wir unser Wohnmobil abgestellt hatten, machten wir uns mit den Fahrrädern auf den Weg . Ein sehr schöner Radweg führt am Ufer des Sees entlang, der von dem 2549 m hohen Mt. Bailey überragt wird.

Wir verließen den Diamond Lake in westlicher Richtung und erreichten nach der Überquerung der Coast Range nördlich von Coos Bay die Pazifikküste. Hier befindet sich auch das südliche Ende der Oregon Dunes NRA, eines 60 km langen Wanderdünengürtels zwischen dem Pazifik und dem Hwy 101. Der National Forest Service sorgt hier für den Schutz der Landschaft und ihrer Flora und Fauna und überwacht die Nutzung der über 100 m hohen Sanddünen durch die Off-road Fans mit ihren geländegängigen Fahrzeugen. Wir sicherten uns einen Stellplatz auf dem Campingplatz des Umpqua Lighthouse SP, der neben dem Umpqua River Lighthouse auch über eine Aussichtsplattform oberhalb der 50 m hohen Dünen und einen Badestrand am See verfügt. Auf dem Campingplatz bemerkten wir, daß unser Auto wieder Servolenkungsöl verliert, genau wie vor ein paar Monaten in Georgia schon einmal. So wie damals zogen wir die Schlauchschellen nach und hoffen, daß wir das Problem damit wieder behoben haben.

Wir folgten dem Hwy 101, der immer parallel zu Pazifikküste verläuft, in nördlicher Richtung. Beim Oregon Dunes Overlook befindet sich nicht nur ein schöner Aussichtspunkt über die höchsten Küstensanddünen Nordamerikas, sondern auch ein mobiles Informationszentrum des National Forest Service. Unter der Führung des Volunteer Ranger Jim nahmen wir an einer gut einstündigen Wanderung durch diese Dünenlandschaft teil und erfuhren einiges über die Flora und Fauna dieses Ökosystems. Etwa 20 km nördlich von Florence kamen wir zur Sea Lion Cave, der größten Meereshöhle Nordamerikas und einzigen bekannten Festlandbehausung von Seelöwen. Die Bildung der Höhle begann vor etwa 25 Millionen Jahren, heute hat sie die Grundfläche eines Fußballfeldes und ist zwölf Stockwerke hoch. Im Herbst und Winter suchen Hunderte von Steller Seelöwen in der Höhle Schutz vor dem rauhen Wetter, im Frühling und Sommer ziehen sie ihre Jungen auf den Felsklippen vor der Höhle auf. Wir sahen uns zunächst von einem der Aussichtspunkte die Seelöwenkolonie an und fuhren dann mit dem Fahrstuhl zur 63 m tiefer gelegenen Höhle hinunter. Von einem Seitenarm der Höhle bietet sich ein sehr schöner Blick auf das Heceta Head Lighthouse. Als nächstes fuhren wir zum Cape Perpetua hinauf. Von der Kaphöhe 240 m über dem Meer hatten wir einen phantastischen Blick auf die Pazifikküste und den kleinen Küstenort Yachats. In Waldport überspannt eine schöne Brücke den Alsea River über die der Hwy 101 weiter in nördlicher Richtung führt. Das Cape Foulweather nördlich von Newport hat seinen Namen von James Cook erhalten, der am 07.03.1778, einem sehr stürmischen Tag, hier vorbeisegelte. Von dem Aussichtspunkt in 140 m Höhe überblickte man die rauhe Küstenlinie. Wir verließen dann den Hwy 101 und fuhren auf den Three Capes Scenic Drive. Am ersten der drei Kaps, dem Cape Kiwanda, reservierten wir uns für zwei Nächte einen Stellplatz auf dem in unmittelbarer Strandnähe gelegenen Cape Kiwanda RV Park.

Der nächste Tag war ein "Arbeitstag", den wir aber ganz ruhig angingen. Nach dem Ausschlafen und einem ausgiebigen Frühstück beluden wir die Waschmaschinen der Campground-Laundry und nutzten die Waschzeit für einen kleinen Spaziergang zum breiten Strand, der von einem Hay Stack Rock und dem Sandsteinfelsen des Cape Kiwanda beherrscht wird. Zurück auf dem Campingplatz standen neben der Wäsche noch ein großer "Hausputz" und kleinere Arbeiten am Wohnmobil auf dem Programm. Auch die Leckstelle in unserem Motorraum scheint jetzt dicht zu sein. Vor dem Abendessen machten wir dann noch einen ausführlicheren Strandspaziergang und ließen den Tag dann gemütlich ausklingen.

In seinem weiteren Verlauf passierten wir auf dem Three Capes Scenic Drive dichten Regenwald, Steilhänge, Dünen und Strände. Kurz hinter dem Cape Lookout bietet der Billy Anderson Point einen phantastischen Ausblick auf Cape Meares und die Netarts Bay. Etwas abseits der Straße liegt der winzige Ort Oceanside fast ohne jede touristische Infrastruktur. Im Cape Meares SP führte uns ein etwa 1 km langer Rundweg an den Klippen entlang zum Cape Meares Lighthouse, fast 70 m über dem Pazifik. Ebenfalls in diesem Park befindet sich der Octopus Tree, eine riesige Sitka-Fichte, aus derem mächtigen Stamm sich auf unerklärliche Weise mehrere Seitenarme gebildet haben. In Tillamook trifft der Three Capes Scenic Drive wieder auf den Hwy 101. Am nördlichen Ortsausgang liegen direkt an der Straße zwei Käsehersteller. Der kleine Laden der Blue Heron French Cheese Company bietet neben Käse auch Wein, Gewürze, Honig und Souvenirs. In der Käsefabrik der Tillamook County Creamery Association kann man einen Einblick in die Fabrikhallen für die Herstellung und Verpackung der verschiedenen Käsesorten nehmen und diese auch probieren. Auch das hier angebotene Eis schmeckt wirklich vorzüglich. Von einem Aussichtspunkt am Cape Falcon bot sich uns ein schöner Blick auf den kleinen Badeort Cannon Beach und die Felsklippen des Tillamook Head. In Astoria erreichten wir den gewaltigen Mündungsbereich des Columbia River und verließen über die eindrucksvolle Columbia River Bridge den Bundesstaat Oregon. In Washington fanden wir nach wenigen Kilometern ein Visitor Center in dem wir sehr ausführliches Informationsmaterial bekamen. In dem kleinen Ort Skamokawa fanden wir einen schönen Campingplatz direkt am Ufer des Columbia River.

In der Nacht fing es an zu regnen und die Regenwolken sollten uns den ganzen Tag über begleiten. In Longview nutzten wir das schlechte Wetter für den fälligen Großeinkauf und fuhren von dort aus auf der I-5 in Richtung Norden. Bei Castle Rock verließen wir die Interstate und besuchten das hervorragende Visitor Center des Mount St. Helens National Volcanic Monument, das 8 km östlich der Stadt am Ufer des Silver Lake liegt. Ein sehr informativer Film und nicht minder interessanter Diavortrag gaben uns neben der gut gemachten Ausstellung einen Einblick in die Ereignisse des 18. Mai 1980, als der Mount St.Helens in einer gewaltigen Eruption explodierte. Nach 123 ruhigen Jahren erwachte Mount St. Helens, bedingt durch zahlreiche kleinere Erdbeben in dieser Region, im Frühjahr 1980 wieder zu neuem Leben: Lava schob sich im Vulkan hoch, verursachte weitere Erdbeben, sorgte 6 Wochen lang für kleinere Ascheemissionen und bildete eine 91 m starke Anschwellung an der Nordseite des Berges. Der Auslöser des Ausbruchs am 18. Mai war ein Erdbeben der Stärke 5,1 auf der Richterskala. Die aufgetragene Nordflanke rutschte in das Becken des Spirit Lake und in das Tal des Toutle River hinunter und verursachte den größten Erdrutsch der Geschichte. Eine seitliche Explosion erzeugte einen 343° C heißen, steinbeladenen Strom von Asche und Gas, der eine Geschwindigkeit von 531 km/h hatte und 388 km² des Waldes am Nordhang vernichtete. Eine Asche-Säule stieg aus dem neu entstandenen Krater fast 20 km in die Höhe und verdunkelte weite Teile Washingtons. Vulkanische Schlammfluten (Lahars), dichte Mischungen aus Gestein, Asche und Wasser, ergossen sich ähnlich nassem Beton über die Abhänge des Vulkans. Pyroclastic-Ströme aus verflüssigtem Gestein, heißem Gas und Asche rasten mit fast 100 km/h zu Tal und schufen am Südufer des Spirit Lake eine große Bimsstein-Ebene. Das Ergebnis dieser vulkanischen Aktivitäten war ein um 396 Höhenmeter auf 2550 m reduzierter Mount St. Helens mit einem 1,5 km breiten, nach Norden aufgebrochenen Krater. Schon 1982 stellte der Kongress eingroßes Areal rund um den Berg als Volcanic Monument unter die Verwaltung der Nationalparkbehörde. Der Krater selbst und das von der Zerstörung am stärksten betroffene Gebiet wurden zur Sperrzone erklärt. Man wollte die sich überraschend schnell abzeichnende Erholung der Natur in der Desaster Area, in der zunächst alles Leben untergegangen zu sein schien, ungestört von menschlicher Einwirkung beobachten und auswerten. Uns blieb heute leider ein Blick auf den Mount St. Helens verwehrt, da er unter der dichten Wolkenschicht verborgen war. Wir beschlossen daher, eine Nacht auf dem Campingplatz des Seaquest SP, direkt gegenüber dem Visitor Center, zu übernachten und auf Wetterbesserung zu hoffen. Wir waren trotz des schlechten Wetters froh, daß wir von der Westseite an den Park herangefahren waren, denn zum einen ist das Visitor Center an sich schon einen Besuch wert und zum anderen erfuhren wir hier, daß die östliche Zufahrt zum Windy Ridge Gebiet aufgrund schwerer Straßenschäden voraussichtlich erst im Sommer 1997 wieder geöffnet wird.

Da sich das Wetter etwas gebessert hatte, fuhren wir auf der beim Ausbruch 1980 zerstörten und erst 1992 wieder freigegebenen Straße #504 bis zur Coldwater Ridge, wo sich am Rander der ehemaligen Desaster Area ein weiteres Visitor Center befindet. Es ist schon sehr beeindruckend, wie die Natur in den vergangenen 16 Jahren die nach dem Ausbruch verwüsteten Gebiete zu neuem Leben erweckt hat. Bis auf das mit Schutt angefüllte Tal des nördlichen Toutle River ist auf den ersten Blick von der damaligen Zerstörung nicht mehr viel zu entdecken. Das Coldwater Ridge Visitor Center hat außer der schönen Panorama-Terrasse mit Blick auf den beim Ausbruch entstandenen Coldwater Lake, das Tal des Toutle River und den Mount St. Helens nicht sehr viel zu bieten. Der Blick auf den Vulkan war leider auch heute wolkenverhangen, aber es war zumindestens mehr zu erkennen als gestern. Wir verließen dann den Park und erreichten über die Straßen #12 und #123, vorbei am sehr schön gelegenen Riffe Lake und entlang des Cowlitz River den Mount Rainier NP. Im Ohanapecosh Visitor Center erhielten wir Informationen über den Park und bezogen dann einen Stellplatz auf dem Ohanapecosh Campground am gleichnamigen Fluß. An klaren Tagen ist der 4392 m hohe, eis- und schneebedeckte Vulkan Mount Rainier, dessen letzte größere Aktivität schon fast 2.000 Jahre zurückliegt, noch im 100 km entfernten Seattle klar zu erkennen. Er ist nicht nur der höchste Berg des Kaskadengebirges, sondern auch einer der mächtigsten Vulkane der Welt. Mt. Rainier ist das Geschöpf von Feuer und Eis. Heute weitestgehend ruhig, entstand er vor über einer halben Million Jahren auf einem Lavasockel, den ältere Vulkane geschaffen hatten. Wohl tausendmal quollen im Laufe der Zeit Asche und Lava aus seinem Schlund, füllten die benachbarten Täler und bauten, Schicht um Schicht, den Vulkankegel bis zu einer Höhe von ca. 5.000 m auf. Noch während der Vulkan wuchs, schnitten die ihn umgebenden Gletscher Täler in ihn und sein Umland. Der Ring aus 25 großen Gletschern und Eisfeldern, der den Mt. Rainier umgibt, bildet die größte Eismasse, die ein einzelner Berg der USA südlich von Alaska auf sich versammelt hat. Der Gipfel des Mt. Rainier wurde bei einem der letzten großen Ausbrüche vor 5.000 bzw. 2.000 Jahren weggesprengt ist aber durch kleinere Ausbrüche wieder auf 4392 m emporgewachsen. Der als schlafend, nicht als erloschen geltende Vulkan beschränkt seine heutigen Aktivitäten auf das Ausstoßen heißer Dämpfe aus dem Krater des neuen, etwa 250 m hohen Kegels, der sich im vergrößerten alten Krater gebildet hat. Besonders auffällig ist die außerordentlich üppige Vegetation, die den Berg bis zu seinen Gletschern hinauf bedeckt. In den unteren Lagen findet man einen dschungelartigen Wald mit riesigen, teilweise sehr alten Nadelbäumen. Den mit unterschiedlichen Wildblumen ubersäten Bergwiesen der mittleren Lage folgen saftige Weiden mit Nadelbauminseln, die bis zu den Gletschern und Schlammlawinen hinaufragen. Da die Wettervorhersage für den nächsten Tag recht positiv ist, hoffen wir, daß wir von der Parkstraße aus einen Blick auf den Mt. Rainier werfen können und er sich nicht unter einer Wolkenschicht versteckt.

Wir hatten tatsächlich Glück: Der nächste Tag begrüßte uns mit strahlendem Sonnenschein und wolkenlosem Himmel. Wir folgten dem Hwy 123 bis zum Stevens Canyon Entrance, dem östlichen Parkeingang. Von hier aus führt die Parkstraße entlang der östlichen und südlichen Grenzen des Parks bis zum westlichen Eingang, dem Nisqually Entrance. Nachdem wir die Backbone Ridge überquert hatten, bot sich uns ein erster, spektakulärer Blick auf den majestätischen Mount Rainier, dessen Eiskuppe sehr schön mit dem blauen Himmel kontrastierte. Am Box Canyon führt der etwa 800 m lange Canyon Stroll zu einer 35 m tiefen, sehr engen Schlucht, die der Muddy Fork des Cowlitz River in einen Lavastrom gefressen hat. Von diesem Weg hat man nicht nur einen Blick auf den Mt.Rainier, sondern auch auf den südlich des Parks gelegenen 3742 m hohen Mt. Adams. Nach der Durchfahrt durch den Stevens Canyon konnten wir einen Schwarzbären beim Überqueren der Straße beobachten, ehe er dann wieder im dichten Unterholz verschwand. Die Parkstraße führt an den typischen, von Gletschern geschaffenen Bergseen Lake Louise und den Reflection Lake vorbei. Die nach ihrer vollständigen Spiegelung des Mt. Rainier benannten Reflection Lakes waren leider noch teilweise mit Eis bedeckt, so daß die Spiegelung nicht ganz so perfekt war. Ein weiterer Aussichtspunkt ermöglicht einen Blick über die Tatoosh Range und auf die Narada Falls. Das Paradise Valley, eine sanfte Hügellandschaft am Fuße des Mt. Rainier, ist das touristische Zentrum des Parks und Ausgangspunkt vieler Wanderwege. Wir hatten uns den Nisqually Vista Trail, einen Lehrpfad durch die Wiesen des Paradise Valley vorgenommen, ließen aber von diesem Vorhaben ab, da das gesamte Tal noch unter einer dicken Schneeschicht verborgen lag. So fuhren wir nach dem Besuch des Henry M. Jackson Memorial Visitor Center gleich weiter zum Halteplatz der Narada Falls. Ein kurz, steiler Weg führt zu einem Aussichtspunkt, von dem man die 51 m hohen, vom Paradise River gebildeten Narada Falls überblickt. Die Fälle sind zwar auch vom Parkplatz aus sichtbar, aber nur der Aussichtspunkt bietet einen Blick auf den Regenbogen, der sich im Sprühnebel der Fälle bildet. Vom Ricksecker Point, der an einer kleinen, nur in einer Richtung zu befahrenden Seitenstraße liegt, warfen wir einen letzten Blick auf Mt. Rainier und das Tal des Nisqually River ehe wir den Park in westlicher Richtung verließen. Während unserer Fahrt in Richtung Pazifikküste konnten wir beobachten, wie sich erste Wolken um den Gipfel des Mt. Rainier sammelten und den Blick versperrten, so daß wir uns um so mehr über unsere phantastische Aussicht freuen konnten. Nördlich von Montesano haben wir uns dann im Lake Sylvia SP einen Stellplatz für die Nacht gesucht.

Über die Küstenstraße #101 erreichten wir unserer nächstes Ziel, den Olympic NP, eine großartige, besonders abwechslungsreiche Landschaft mit Gletschern, schneebedeckten Gipfeln, malerischen Bergwiesen, weiten Tälern, glitzernden Seen und Flüssen mit Wasserfällen, kilometerlangen Meeresstränden mir pittoresken Klippen und bizarren Treibholzgebilden, sowie dem auf der nördlichen Halbkugel einzigartigen Regenwald. Der Olympic NP verdankt diese landschaftliche Vielfalt seiner geographisch und klimatisch exponierten Lage auf der Olympic Peninsula. Wegen seiner ursprünglichen und einzigartigen Landschaft wurde Olympic von den Vereinten Nationen zur International Biosphere Reserve und World Heritage Site, einer "Stätte des Welterbes", erklärt. Die Olympic Mountains im Inneren des Parks sind beinahe rund: 13 Flüsse durchschneiden sie wie die Speichen eines Rades. Es gibt keine Straße, die den Park durchquert, wohl aber ein Dutzend Stichstraßen, die vom Hwy 101 in ihn hineinführen. Bewohner der Olympic Peninsula bezeichnen ihn als Geschenk des Meeres, denn Wasser und Eis gaben ihm das Gesicht. Die Olympics sind auf dem Meeresboden entstanden - Meeresfossilien finden sich auf den Gipfeln der Berge. Vor etwa 30 Millionen Jahren kollidierte die Scholle, die den Pazifischen Ozean trug, mit dem nordamerikanischen Festlandsockel. Als die leichtere ozeanische Scholle unter die schwere festländische glitt, wurde ein Teil des Meeresbodens zu den späteren Olympic Mountains zusammengedrückt. Später gaben Gletscher und Flüsse den Bergen ihre heutige Gestalt. Fast 2 km dicke Gletscher haben auch den Puget Sound und den Hood Canal im Osten, sowie die Strait of Juan de Fuca im Norden ausgeschürft und so die Halbinsel vom Festland abgetrennt. Die Isolation der Halbinsel während der Eiszeit brachte die "endemischen 16" hervor, jene von Biologen so bezeichneten 16 Arten von Wildblumen und Tieren, die nur hier heimisch sind. Dazu zählen die magentarote Olympic-Kastillea, das Olympic-Murmeltier, die Olympic-Mazama-Taschenratte und die Beardslee-Forelle. Andererseits sind auch die "fehlenden 11" bemerkenswert, jene Säugetierarten also, die in den nahen Cascades und Rockies verbreitet sind, in den Olympics aber fehlen. Dies sind unter anderem Grizzlybär, Stachelschwein und Bergschaf. Schneeziegen wurden in den 1920er Jahren eingeführt, haben die Almwiesen aber so geschädigt, daß man 1988 damit begonnen hat, sie in ihre Herkunftsgebiete zurückzubringen. Feuchte Luft vom Pazifik kondensiert in den kühlen Höhen der Olympics und schlägt sich als Regen oder Schnee nieder; damit haben die Westhänge des Gebirges das feuchteste Klima der unteren 48 Staaten. Mt. Olympus, mit 2428 m der höchste Berg im Park, empfängt 5.000 mm Niederschlag jährlich. Wir erreichten den Park im Bereich des über 90 km langen, vom übrigen Parkgebiet völlig separierten Küstenstreifen. Der gemäßigte Regenwald reicht hier bis an den Strand heran, der im südlichen Teil breiter und sandiger ist, als der felsigere und steinigere Teil im Norden. Riesige Treibholzmengen säumen die Küste, sie wurden von Flüssen und Bächen ins Meer gespült und dann an die Küste geworfen. Wir parkten unser Wohnmobil auf den einfachen Campingplatz am South Beach und unternahmen von hier aus einen kurzen Strandspaziergang. In der Kalaloch Information Station verschafften wir uns Informationmaterial über den Park und besuchten dann bei Ruby Beach noch einmal die nebelverhangene Pazifikküste. Dieser Strandabschnitt ist durch die vorgelagerten Felsnadeln wesentlich interessanter als die weiter südlichen Bereiche. Von hier aus war auch die mit einem Leuchtturm besetzte Destruction Island zu sehen. Die etwa 30 km lange Hoh River Road führte uns dann in das Herz des Hoh Rain Forest, einen Regenwald mit dschunngelartiger Vegetationsdichte. Am Visitor Center, wo die Straße endet, beginnen mehrere Wanderwege. Der etwa 2 km lange Spruce Nature Trail führt in ein verzaubertes Land: Sitka-Fichten, Hemlocktannen und Lebensbäume mit bis zu 7 m Umfang ragen 90 m in die Höhe. Bärlapp und Süßholzfarne hüllen Nadelbäume und Breitblatt-Ahorn in ein dichtes Grün. Sämlinge, die auf dem Waldboden selbst keine Chance haben, wuchern auf umgestürzten Bäumen, sogenannten "Ammenbäumen". Man sieht alte Baumriesen, in Reihen aufgestellt: sie stehen auf mächtigen Wurzeln,"Stelzen" genannt, wo einst die Ammenbäume lagen. Wir haben die mächtigen Roosevelt-Hirsche zwar nicht zu Gesicht bekommen, konnten aber ihr eigentümliches Röhren hören. Dafür haben wir viele Hörnchen und Vögel gesehen, die in diesem Dschungel ein reichliche Nahrungsangebot vorfinden. In dem grünen Licht, das verschwommen durch das Blattwerk dringt, wirken die moosbehangenen Baumriesen manchmal geradezu gespenstisch. Zurück auf der #101 suchten wir uns in dem kleinen Ort Forks einen Campingplatz, da die weiteren Sehenswürdigkeiten für heute zu weit entfernt waren.

Wir begannen den Tag mit einem Abstecher zur äußersten Nordwestspitze der Olympic Halbinsel; hier liegt Neah Bay in der Makah Indian Reservation. Im Makah Cultural and Research Center konnten wir in einer sehr interessanten und gut aufbereiteten Ausstellung über 500 Jahre Kultur und Lebensweise der Makah kennenlernen. Eine Meereserosion beim kleinen Küstenort Ozette hatte 1970 ein sehr gut erhaltenes Walfangdorf der Makah zutage gefördert, das vor etwa 500 von einer Schlammlawine begraben worden war. Nach 11 Jahren ununterbrochenen Ausgrabungsarbeiten hatten die Archäologen der Washington State University 55.000 Artefakte freigelegt. Ein kleiner Teil dieser Artefakte, sinnvoll ergänzt durch Replikas verschiedener Gerätschaften und lebensgroße Nachbauten von Booten und einem "Longhouse" verschaffen dem Besucher einen kleinen Einblick in die Lebensweise der Makah-Indianer. Zurück im Olympic NP folgten wir dem Tal des Sol Duc River bis zu den gleichnamigen heißen Quellen. Auf dieser Strecke passierten wir die Salmon Cascades, eine Stromschnelle des Sol Duc River, bei der man in früheren Jahren die Lachse auf ihren Weg zu den Laichgründen beobachten konnte. Die zunehmende Meeresverschmutzung und industriell betriebene Überfischung der Lachsbestände haben jedoch dazu geführt, daß sich nur noch selten ein Lachs hierher "verirrt". Die von den Indianern "Sol Duc" - "perlendes Wasser" genannten heißen Quellen, die sie zu Heilzwecken nutzten, werden seir 1912 kommerziell betrieben und sind schwimmbadähnlich ausgebaut. Wesentlich interessanter fanden wir da den knapp 3 km langen (retour) Weg durch den Regenwald zu den Sol Duc Falls. Kurz hinter der Einmündung der Sol Duc Road auf den Hwy 101 erreicht dieser das Ufer des Lake Crescent, das er die nächsten 16 km auch nicht mehr verläßt. Zahlreiche Parkbuchten bieten die Möglichkeit diesen blauen, fast 200 m tiefen See näher zu betrachten. An der Storm King Information Station beginnt der ebenfalls etwa 3 km lange (retour) Marymere Falls Trail, der durch sehr schönen Tieflandswald führt und an den 30 m hohen Marymere Falls endet. Im weiteren Verlauf führt die Straße am Lake Sutherland vorbei, der einmal mit dem Lake Crescent einen riesigen Gletschersee bildete, bis sie ein gewaltiger Erdrutsch trennte. Nach einer indianischen Überlieferung war der Mount Storm King der Kämpfe zwischen den Quileute- und Clallam-Indianer überdrüssig, so daß er einen Stein warf, der die Kämpfenden tötete und den See spaltet. Kurz vor den Toren von Port Angeles haben wir uns einen Campingplatz gesucht, da schon wieder ein Tag wie im Fluge vergangen war.

Von Port Angeles aus führt eine lohnende Aussichtsstraße, am Hauptbesucherzentrum vorbei, zum Hurricane Ridge hinauf, von wo aus die schneebedeckten Berge des Parks, unter ihnen der 2428 m hohe Mount Olympus, zu sehen sind. Auf knapp 30 km steigt die Straße aus den Tieflandswäldern bis zur Baumgrenze - etwa 1500 m über dem Meer. Während die gesamte Talregion unter einer geschlossenen Wolkendecke lag, war an der Hurricane Ridge, oberhalb der Wolken, bestes Wetter. Uns war dadurch zwar der Blick auf die Strait of Juan de Fuca und Vancouver Island genommen, dafür war der Blick auf die Wolken und die Gipfel der inneren Olympics mit ihren 60 Gletschern einfach phantastisch. Außerdem konnten wir einen Schwarzbären und mehrere Schwarzwedelhirsche beobachten. Auf dem Rückweg, wieder unterhalb der Wolken, konnten wir dann doch noch einen Blick auf die Strait of Juan de Fuca und Vancouver Island werfen bevor wir nach Winslow auf Bainbridge Island fuhren und die Fähre nahmen, die uns in 35 Minuten nach Seattle brachte. Dabei hatten wir beim Einlaufen der Fähre einen schönen Blick auf die Skyline von Seattle. Da es in der Stadt selbst keine Campingplätze gibt, suchten wir uns einen Stellplatz in Bellevue, einem der östlichen Vororte Seattles.

Das 1852 gegründete Seattle ist die größte und bedeutendste Stadt Washingtons und die nördlichste Großstadt der USA. Die Siedler benannten ihre Stadt nach dem Häuptling des Indianerstammes, der ihnen das Land überlassen hatte. Interesse an der Besiedlung bestand wegen des Holz- und Fischreichtums der Gegend, deren Verarbeitung sich die ersten Wirtschaftsunternehmen widmeten. Die Ursprünge des heutigen Seattle gehen auf das Jahr 1889 zurück als die damals 20.000 Einwohner zählende Stadt bis auf die Grundmauern niederbrannte und auf den Ruinen neu errichtet wurde. Den entscheidenden Push bekam die Stadtentwicklung im letzten Jahrzehnt des vorigen Jahrhunderts. 1893 wurde die nördlichste transkontinentale Eisenbahnlinie durch die USA fertiggestellt und 1897 machte die SS Portland mit einer Tonne Gold und den Nachrichten von den sagenhaften Goldfunden am Klondike im Hafen von Seattle fest. Eine Flut von Glücksrittern und Abenteurern, die nach Alaska aufbrechen und dort nach dem begehrten Edelmetall schürfen wollten, strömte in die Stadt und mit ihnen kamen auch Geschäftsleute aller Branchen. Seattle selbst machte ein Vermögen mit dem Verkauf von Kleidung und Ausrüstungsgegenständen an die hoffnungsfrohen "sourdoughs", wie man die Neuzuwanderer nannte. Fast über Nacht mauserte sich die hinterwäldlerische Kleinstadt zu einem bedeutenden Industrie-, Schiffahrts- und Handelszentrum. Neben einer maritimen Drehscheibe entwickelte sich Seattle auch zu einem Luftkreuz für den nördlichen Pazifik. Weitere wichtige ökonomische und infrastrukturelle Impulse erhielt Seattle 1962 als Austragungsort der Weltausstellung. Dabei erhielt die Stadt mit der 184 m hohen, futuristischen Space Needle ein herausragendes Wahrzeichen. Seattle liegt auf einer schmalen, hügeligen Landenge zwischen einem tief nach Süden reichenden Meeresarm, dem Puget Sound und dem fast 30 km langen Binnensee Lake Washington. Auf einer Fläche von 228 km² leben etwa 520.000 Seattleites, wie sich die Einwohner der Stadt nennen. Die Kaskaden im Osten und die Olympic Mountains im Westen bewahren Seattle vor extremen klimatischen Schwankungen. Warmes, aber wechselhaftes Sommerwetter und milde Winter mit hohen Niederschlägen sorgen für den Ruf der Stadt als "Rain Capital" der USA. Trotz dieser nicht idealen Witterungsbedingungen zählt Seattle zu den beliebtesten Städten der USA und ist aufgrund der idealen Freizeitmöglichkeiten im Spitzenfeld der US-Städte mit der höchsten Lebensqualität zu finden. Wir fuhren zum Seattle Center, dem Gelände der Weltausstellung von 1962, das heute als Entertainment- und Konferenzkomplex dient. Aufgrund des "typischen" Seattle-Wetters, einem leichten Nieselregen, ließen wir die Space Needle zunächst unbeachtet und nahmen die Monorail, eine moderne Einschienenbahen, die das Seattle Center mit der Innenstadt verbindet. Von der Westlake Mall, wo die Monorail endet, gingen wir zum Pike Place Market, dem ältesten Farmer-Markt Nordamerikas, wo auf etwa 30.000 m² neben Obst, Gemüse und Fisch auch allerlei Kunsthandwerk und Trödel angeboten wird. Vorbei am Seattle Art Museum, einem postmodernen Prachtbau, vor dem die Riesenskulptur des Hammering Man steht, gingen wir hinunter zur Waterfront. Nachdem die Piers durch die Containerschiffahrt an Bedeutung verloren hatten, wurden sie nach und nach zu "Touristenfallen" mit Restaurants, Boutiquen, Galerien und Souvernirshops umgestalltet. Hinter dem Pier 48 beginnt der restaurierte historische Stadtkern, der Pioneer Square Historical District. Das ehemals vernachlässigte Viertel voller Backsteinfassaden wurde durch Antiquitätenläden, Restaurants und Kunstgalerien wiederbelebt. Mit der Monorail fuhren wir dann von der Westlake Mall zurück zum Seattle Center, fuhren aber auch jetzt nicht zu Aussichtsterrasse der Space Needle, da es wieder angefangen hatte zu regnen und uns die schlechte Sicht den hohen Preis von $ 8,5 pro Person nicht wert war.

Am nächsten Tag war das Wetter zwar etwas besser, aber der Himmel war immer noch wolkenverhangen. So verließen wir Seattle über die I-5 in nördlicher Richtung und schwenkten südlich von Everett auf den Cascade Loop ein, der über die Straßen #20, #153, #97A und #2 einen Kreis im nordwestlichen Washington beschreibt. Auf unserem Weg zum Fähranleger in Mukilteo kamen wir an den Boeing-Werken vorbei, wo die Flugzeuge vom Typ 747 und 767 hergestellt werden. Am Tour Center erfuhren wir, daß die kostenlosen Tickets für die heutigen Führungen durch die Produktionsanlagen bereits alle vergeben waren. Hätten wir das geahnt, wären wir heute etwas früher aufgestanden anstatt auszuschlafen. Dafür klappte es mit der Fähre um so besser, kaum hatten wir unseren Fahrschein, waren wir auch schon auf dem Schiff, das uns nach Whidbey Island, der südlichsten der San Juan Inseln brachte. Auf der Insel schien dann auch plötzlich die Sonne und machte die Fahrt über die hübsche Insel zusätzlich zum Vergnügen. Am Deception Pass, einer Meerenge zwischen Whidbey und Fidalgo Island, bietet eine Brücke einen schönen Blick auf die Inselwelt. Über den Hwy 20 verließen wir Fidalgo Island und folgten dem Cascade Loop noch bis Concrete, wo wir uns einen Campingplatz suchten.

Der Hwy 20 wird zwischen Marblemount und Winthrop nicht nur North Cascades Highway genannt, sondern er wird auf diesem Abschnitt auch als die schönste Gebirgsstraße Washingtons bezeichnet. Die Strecke durch den weitestgehend unerschlossenen North Cascades NP wurde erst 1972 fertiggestellt. Die nördlichen Kaskaden mit ihren schneebedeckten Bergen, die steil über dicht bewaldeten Tälern aufragen, werden oft als "Amerikanische Alpen" bezeichnet. Der gesamte Komplex des Nationalparks besteht aus einer North und einer South Unit und zwei Erholungsgebieten, Ross Lake NRA und Lake Chelan NRA, wo die meisten Besuchereinrichtungen konzentriert sind. Der Park umfaßt urwüchsige Wälder, Almwiesen und hunderte von Gletschern. Über 95% des Parkgebietes sind unerschlossen und nur über das fast 600 km lange Netz der Wanderwege zu erreichen. Das Gebiet gehört zur Cascade Range, einem Gebirgszug, der sich von British Columbia bis Nord-Kalifornien erstreckt. Nach geologischer Theorie entstand die Gebirgskette aus einem Mikro-Kontinent einige hundert Kilometer draußen im Pazifik. Dieser trieb mit seiner Scholle langsam auf Nordamerika zu. Vor etwa 100 Millionen Jahren prallte er gegen den nordamerikanischen Kontinent und wurde zu einem Gebirge gestaucht und gefaltet, das dem Festlandssockel aufsaß. Jenes Gebirge wurde abgetragen; was man heute sieht, ist erst vor 5 bis 6 Millionen Jahren entstanden. Der Westen des Parks bekommt durch die vom Pazifik heranströmende feuchte Meeresluft, die an den Westhängen als Regen oder Schnee niedergeht, deutlich höhere Niederschlagsmengen als der Ostteil, was sich in der unterschiedlichen Vegetation widerspiegelt. Wir fuhren von Westen her in den Park hinein und folgten dem Lauf des Skagit River bis zu dem kleinen Ort Newhalem, wo sich das erst 1993 eröffnete Besucherzentrum des North Cascades NP befindet. Mit der Diashow "Meditation on Wilderness", die hier gezeigt wird, erlebten wir gleich zu Beginn unseres Besuches ein absolutes Highlight. Die zwanzigminütige Show ist das Beste, was wir bisher an Präsentation des National Park Service gesehen haben. Hier wird nicht nur ein National Park in schönen Bildern vorgestellt, es ist vielmehr die perfekt in Szene gesetzte audiovisuelle Umsetzung des Nationalparkgedankens und der kybernetischen Zusammenhänge auf unserem Planeten, verbunden mit der indianischen Ideologie des Lebens. Diese Show sollte man auf keinen Fall verpassen, wenn man den North Cascades NP besucht. Direkt am Visitor Center beginnt der kurze Sterling Munro Trail, der an einem Aussichtspunkt auf die Picket Range endet. Zurück auf der Parkstraße sahen wir uns die Gorge Creek Falls und den von Gletschern gespeisten, grünlich schimmernden Diablo Lake an. Die Gletscher zerreiben das anstehende Gestein an ihrer Unterseite zu feinem "Mehl", und dieses "Gletschermehl" reflektiert den grünlen Teil des Spektrums im Gewässer. Am Diablo Lake Overlook konnten wir außerdem zahlreiche Streifenhörnchen und verschiedene Vögel beobachten. Die vielen Strommasten der Seattle City Light Gesellschaft, die die drei Staudämme Gorge, Diablo und Ross zur Stromversorgung Seattles nutzt, stören ein wenig den Ausblick auf die ansonsten schöne Landschaft. Der Ross Lake ist zwar wesentlich größer, bietet von der Straße aus aber keinen so schönen Blick. Am Washington Pass, schon außerhalb des Parkgebietes, erreichten wir mit 1669 m den höchsten Punkt des North Cascades Highway und der Washington Pass Overlook bietet einen hervorragenden Blick auf die Paßstraße und die umliegenden Berge der Cascade Range. Der kleine Ort Winthrop hat sich, obwohl ohne eigene Wildwest-Vergangenheit, einen Westtown-Look zugelegt, der einige hübsche Fotomotive bietet. In Twisp verließen wir die Route des Cascade Loop um über die Straßen #20 und #97 in Richtung kanadischer Grenze weiterzufahren. In Riverside übernachteten wir auf einem kleinen Campingplatz, der praktisch im Garten eines Einfamilienhauses angelegt worden war.  

Nach einer knappen Stunde Fahrt erreichten wir die kanadische Grenze, wo wir ohne Probleme eine Aufenthaltsgenehmigung für 6 Monate bekamen. Osoyoos, der erste Ort in Kanada, liegt am südlichen Ende des Okanagan Valley. Das langgestreckte Tal ist der nördlichste Ausläufer des amerikanischen Great Basin, eines Tieflandgürtels, der sich von Mexiko durch den gesamten Westen der USA bis in den Süden von British Columbia erstreckt. Nur etwa 40cm Niederschläge fallen in dieser extrem trockenen, sonnigen Region. Auf den bewässerten, fruchtbaren Böden gedeihen in großen Plantagen alle erdenklichen Obst- und Gemüsesorten sowie Wein, was dem Tal den Beinamen "Obstgarten Kanadas" eingebracht hat. Im Haynes Point PP bekamen wir den letzten Stellplatz auf einem phantastisch an der Spitze einer schmalen Halbinsel im Osoyoos Lake gelegenen Campground, der uns 1994 bei unserem ersten Canada-Urlaub schon sehr gut gefallen hatte. Da unser Stellplatz von den Vornutzern noch nicht geräumt war, nutzten wir die Zeit für einen Überblick über den Osoyoos Lake, der als einer der wärmsten Badeseen Canadas gilt. Dazu fuhren wir den Hwy 3 durch die Weinberge östlich der Stadt einige Kilometer hinauf. Am Ende der Serpentinenstrecke erreichten wir einen phantastischen Aussichtspunkt mit einem tollen Blick über Osoyoos und das südliche Okanagan Valley. Nach einem Stop an der höllandischen Windmühle des ansonsten eher spanisch-mexikanisch anmutenden Osoyoos, bezogen wir unseren Stellplatz. Wir nutzten das sommerliche Wetter und die angenehmen Wassertemperaturen zu einem relativ faulen Nachmittag auf diesem herrlichen Campingplatz. Ein gemütlicher Abend am Lagerfeuer beendete diesen erholsamen Tag.

Am nächsten Morgen gingen wir als erstes wieder im See schwimmen, machten uns dann aber früher als geplant auf den Weg, da das Wetter heute nicht so gut war wie am Vortag. Vorbei an großen Obstplantagen folgten wir dem Hwy 97, der Hauptverkehrsader durch das Okanagan Valley, nach Norden, fast durchgehend am Ufer immer neuer langgezogener Seen. Zwischen den Skaha Lake und dem Südende des über 120 km langen Okanagan Lake liegt Penticton, die Tourismushochburg des Tales. Wir fuhren am Ostufer des Okanagan Lake entlang bis nach Naramata, wo es einen Zugang zur ehemalige Trasse der der Kettle Valley Railway gibt. Die Eisenbahnlinie wurde 1916 fertiggestellt und verbannt über diverse Brücken und Tunnels die Städte des südlichen British Columbia miteinander. Nach der Stillegung der Trasse 1961 wurden die Schienen von 1973-79 weitestgehend entfernt und das Kiesbett für Wanderer und Radfahrer freigegeben. Wir fuhren auf der etwas holprigen Strecke oberhalb des Okanagan Lake bis zum ersten Tunnel. Da das Wetter schlechter wurde und die Strecke auch keinen Ausblick mehr bot, kehrten wir nach gut 5 km um und fuhren zum Wohnmobil zurück. Der Hwy 97 verläuft ab Penticton immer am Ufer des Okanagan Lake, ehe wir über eine schwimmende, rund 1,5 km lange Betonbrücke Kelowna, die größte Stadt im Tal erreichten. Hier suchten wir uns einen Campingplatz und gingen noch vor dem Abendessen in den platzeigenen Pool und Spa.

Über die Little White Forest Service Road, eine teilweise sehr steile und von Holztransportern aufgewühlte Forststraße, fuhren wir zur Ruth Station des Kettle Valley Railway südöstlich von Kelowna. Vom Parkplatz aus kommt man nach 14 km zur Myra Station, die ebenfalls über eine Forststraße, die Myra Forest Service Road, zu erreichen ist. Diese für Radfahrer und ausdauernde Wanderer hervorragende Strecke führt über 18 Holzbrücken, die von 1993-95 restauriert oder durch neue ersetzt worden waren und die zum Teil sehr schöne Ausblicke auf Kelowna, den Myra Canyon und die alte Eisenbahnlinie bieten. Im Bereich des Myra Canyon sind auf der fast ebenen Trasse auch noch zwei kurze Tunnel zu passieren. Mit vielen Fotostops und kleineren Pausen haben wir für Hin- und Rückweg mit unseren Rädern 3 Stunden gebraucht. Wir verließen dann das Okanagan Valley und machten uns auf den Weg gen Westen, den wir auf einem Campingplatz in Merritt für eine Nacht unterbrachen.

Unsere Reiseroute des nächsten Tages stand ganz im Zeichen der zahlreichen Flüsse British Columbias: Wir folgten zunächst von Merritt aus dem Hwy 8, der parallel zum Nicola River verläuft. Auf einer kleinen Insel im Fluß konnten wir einen Weißkopfseeadler beim Verspeisen eines riesigen Lachses beobachten. Am Zusammenfluß von Nicola und Thompson River endet der Hwy 8 am Trans Canada Highway #1. Bis Lytton blieben wir am Ufer des Thompson River, um dann noch einmal den Fluß und die Straße zu wechseln. Wir begleiteten den Fraser River flußaufwärts bis nach Lillooet, einem kleinen Ort am Ende der Nugget Route, wie die der Hwy 99 bis nach Vancouver genannt wird. Lillooet hatte seine beste Zeit in den 60er-Jahren des vorigen Jahrhunderts, als es als Bindeglied zwischen der Nugget Route und des Cariboo Trail an der Hauptverkehrsader der Goldsucher auf ihrem Weg nach Wells und Barkerville lag. Einst eine der größten Städte nördlich von San Francisco verlor die Stadt 1863 mit dem weiteren Ausbau des Cariboo Trail an Bedeutung und ist heute nur noch ein kleines Städtchen am Ufer des Fraser River. Wir sahen uns das kleine Museum in der Main Street an und versorgten uns schräg gegenüber beim deutschen Bäcker mit köstlichem Kuchen und vor allem "richtigen" Brot. Von Lillooet folgten wir den Spuren der Goldsucher auf der Nugget Route in Richtung Vancouver. Kurz hinter der Stadt passiert die Straße das südliche Ende des Seton Lake Reservoir, einem schönen Naherholungsgebiet vor einer imposanten Gebirgskulisse. Scheinbar fernab jeglicher Zivilisation schlängelt sich die Straße entlang des Cayoosh Creek durch dichte Wälder und vorbei an klaren Seen. Nach der Überquerung der Lillooet Range beginnt der schönste Abschnitt der auch Duffey Lake Road genannten Straße am Ufer des gleichnamigen Sees entlang. Nur wenige Kilometer hinter Pemberton beginnt das bekannteste Skigebiet British Columbias, in dessen Hauptort Whistler wir nur noch mit Glück einen Campingplatz fanden, da hier an diesem Wochenende ein Mountainbike-Rennen veranstaltet wurde.

Auf unserer weiteren Fahrt in Richtung Vancouver statteten wir dem Brandywine Falls PP am Nordende des Daisy Lake einen Besuch ab. Ein kurzer Weg führt vom Parkplatz zu den 66 m hohen, vom Callaghan Creek gebildeten Brandywine Falls, über die bis zu 600 m³ Wasser pro Minute in die Tiefe stürzen. Nur wenige Kilometer weiter passiert die Straße den Shannon Falls PP, in dem sich die Shannon Falls über eine Fallhöhe von 335 m erstrecken. Südlich von Squamish erreichten wir den Howe Sound, einen Fjord, der sich fast 50 km tief in die steilen Coast Mountains geschnitten hat. Der Hwy 99 verläuft entlang des Ostufers des Howe Sound und geht schließlich in den Hwy 1 über, der uns dann schließlich bis nach Vancouver brachte. Vancouver gilt als eine der schönsten Städte der Welt und ist unbestritten die attraktivste Großstadt Kanadas. Restaurierte historische Bezirke, eine lebendige Innenstadt, zahlreiche gepflegte Parkanlagen und Strände, schöne Vororte und eine moderne Skyline prägen das äußere Erscheinungsbild Vancouvers. Aufgrund ihrer einmaligen Lage zwischen Küstengebirge, Fraser River und Meer trägt die Stadt ihren Titel "Perle am Pazifik" zu Recht. Diese Lage ist es auch, die der Stadt ein für kanadische Verhältnisse ungewöhnlich mildes und ausgeglichenens Klima beschert. Die Geschichte Vancouvers begann schon geraume Zeit vor der eigentlichen Stadtgründung. 1792 steuerte der britische Kapitän George Vancouver auf der Suche nach der legendären Nordwest-Passage sein Schiff für einen Tag in das Burrard Inlet, jene tief in das Land reichende Bucht zwischen Downtown und North Vancouver, nicht ahnend, daß an dessen Ufern später eine nach ihm benannte Stadt entstehen würde. 1808 erforschte der Pelzhändler Simon Fraser den danach als Fraser River bezeichneten Fluß und gelangte dabei auch an sein Mündungsdelta im Süden der heutigen Stadt. Die erste Siedlung gründeten erfolglose Goldsucher 1862 am Ufer des Burrard Inlet. Als offizieller Gründer gilt John Deighton, genannt Gassy Jack, der bei seinem Eintreffen 1867 ein Faß Whiskey im Gepäck hatte und einen Saloon eröffnete. Dieser Umstand bewirkte, daß die Siedlung als Gastowm bekannt wurde. Sie erhielt aber bereits 1869 die offizielle Bezeichnung Granville. An den "Stadtgründer" erinnert heute noch ein Denkmal im Herzen von Gastown, das Gassy Jack auf einem Whiskeyfaß darstellt. Im Jahre 1886 wurden dem mittlerweile 2.000 Einwohner zählenden Granville die Stadtrechte und ein neuer, ehrenvollerer Name, eben der von Kapitän Vancouver verliehen. Mit der Fertigstellung der transkontinentalen Canadian Pacific Railroad waren wortwörtlich die Weichen für den wirtschaftlichen Aufschwung der jungen Stadt gestellt. Viele Chinesen, die beim Bau der Eisenbahn mitgewirkt hatten, wurden in Vancouver seßhaft und begannen, Handelsbeziehungen mit Asien aufzubauen. So entwickelte sich die schnell wachsende Stadt zum wichtigsten wirtschaftlichen und verkehrstechnischen Zentrum im westlichen Kanada. Wir steuerten den Capilano RV Park in North Vancouver, am Nordende der Lions Gate Bridge an. Es ist ein zwar nicht besonders schöner aber aufgrund seiner Lage für eine Stadtbesichtigung hervorragend geeigneter Campingplatz, wo wir auch schon 1994 übernachtet hatten. Auf dem Faltblatt des Platzes entdeckten wir die Werbung eines deutschen Schlachters, der unweit des Campingplatzes in der Park Royal Mall zu finden ist. Mit unseren Rädern machten wir uns auf den Weg und kamen beladen mit Wurst und Aufschnitt wieder zum Wohnmobil zurück. Es ist kaum zu glauben, aber uns kamen die Wiener Würstchen und der Aufschnitt nach siebenmonatiger Abstinenz wie ein Festmahl vor. So gestärkt fuhren wir mit den Fahrrädern über die 1938 eröffnete Lions Gate Bridge, deren zwei Pylonen 110 m aus dem Wasser ragen und die Straße auf einer Höhe von 70 m über dem Meeresspiegel halten, in den Stanley Park. Der über 4 km² große Stanley Park, eine von dichter Regenwaldvegetation bedeckte Landzunge zwischen English Bay und Burrard Inlet wurde bereits 1889, wenige Jahre nach der Stadtgründung, als Erholungsraum reserviert und nach dem damaligen britischen Generalgouverneur Kanadas, Lord Stanley, benannt. Wir fuhren auf die Seawall Promenade, einen ausgebauten Rad- und Wanderweg von 10 km Länge, der immer am Wasser entlang den gesamten Park umrundet. Unweit des Brockton Point befindet sich eine Gruppe von Totempfählen, alles Originale der Haida-Indianer aus dem Norden von British Columbia. Sie erzählen von der Stammesgeschichte oder aus der Mythologie der Indianer. Vielfach verwendete Motive sind der Adler, als Herr der Lüfte, der Wal, als Herr der Meere, der Wolf, als Herr des Landes und der Frosch, als Bindeglied zwischen Wasser und Land. Von den Totem Poles aus hat man einen phantastischen Blick auf die Skyline von Vancouver, beherrscht vom Canada Place, dem Wahrzeichen der Stadt. Der Brockton Point liegt an der Ostspitze der Halbinsel, ein kleiner Leuchtturm zeigt den Seefahrern den Eingang zum Hafen. Von hier aus hatten wir auch einen schönen Blick über das Burrard Inlet, die Lions Gate Bridge und die Coast Mountains. Auf dem Rückweg zum Campingplatz genossen wir noch einmal den herrlichen Blick von der Lions Gate Bridge auf den Stanley Park und die Skyline von Vancouver.

Am nächsten Morgen verließen wir den Capilano RV Park und fuhren über die Lions Gate Bridge und durch den Stanley Park bis in den nördlichen Innenstadtbereich. In einer Seitenstraße der Georgia Street, die gleichzeitig auch der Hwy 99 ist, fanden wir einen Parkplatz für unseren Roadrunner. Mit den Fahrrädern fuhren wir zum Canada Place, ein Erbe der Weltausstellung EXPO '86, das mit seinem riesigen weißen Zeltdach an die kanadische Pazifikflotte erinnern soll. Dieses neue Wahrzeichen der Stadt beherbergt das World Trade und Convention Centre und bietet Kreuzfahrtschiffen aus aller Welt einen Liegeplatz. Da Vancouver heute, am 01.07.96, nicht nur den Canada Day, den 129. Geburtstag Kanadas, sondern auch den 10. Jahrestag der EXPO feierte, herrschte in der gesamten Innenstadt ein reges Gedränge. Nach einem kurzen Spaziergang zur Waterfront Station fuhren wir mit dem Sea Bus über das binnenseeartige Burrard Inlet zum Lonsdale Quay nach North Vancouver. Während der kurzen Überfahrt hat man einen wunderschönen Blick auf die Skyline von Vancouver. Im ältesten Bezirk Vancouvers, der Gastown an der Water Street, gelang die Restaurierung eines heruntergekommenen, Ende der 60er-Jahre zum Abbruch vorgesehenen Stadtteils. Gastown besitzt gleich zwei Wahrzeichen: Die nach einer Vorlage von 1875 gebaute einzige Dampfuhr (Steam Clock) der Welt, die viertelstündlich pfeift und alle Stunde eine Melodie erklingen läßt. Sie wird vom zentralen Dampfheizungssystem der Gastown angetrieben. Das zweite ist am Maple Tree Square eine Statue des Stadtgründers Gassy Jack, der eigentlich John Deighton hieß und diesen Spitznamen aufgrund seiner lustigen Art erhielt. Zwei Straßen südlich beginnt die Chinatown, die mit der Chinatown von San Francisco um den Titel "Größte chinesische Siedlung außerhalb Asiens" wetteifert. Die Atmosphäre des Viertels ist nicht durch den Tourismus verfälscht und wir haben in einem kleinen Restaurant köstlich gegessen. Mit dem Fahrrad fuhren wir dann über die Robson Street, eine der beliebtesten Einkaufsstraßen der Stadt, zum Wohnmobil zurück. Wir verließen Vancouver über den Hwy 99 in südlicher Richtung und suchten uns in Tsawwassen einen Campingplatz in der Nähe des Fähranlegers der BC-Ferries, mit denen wir morgen nach Vancouver Island übersetzen wollen.

Um 9.00 Uhr legte unsere Fähre von Tsawwassen ab und erreichte nach 90 Minuten Fahrt durch die Gulf Islands bei herrlichem Sommerwetter Swartz Bay auf Vancouver Island. Über 2.000 m hohe Bergketten, immergrüne Urwälder im Norden und liebliche Farmlandschaften im Süden charakterisieren die 460 km lange Insel. Mit einer Fläche von ca. 32.000 km² ist Vancouver Island die größte Pazifikinsel Nordamerikas. Der Japanstrom vor ihrer Küste sorgt für ein deutlich gemäßigteres Klima, als es in den entsprechenden Breiten auf dem Festland herrscht. Ihren Namen erhielt die Insel nach dem britischen Entdecker George Vancouver, der diese Region 1792 in britischen Kolonialbesitz übernahm. Von den einst riesigen Wäldern ist im Süden der Insel heute nicht mehr viel zu sehen: Farmen und Gartenbaubetriebe prägen die Landschaft. An der sonnigen, von hohen Bergzügen geschützten Ostküste florieren Badeorte. An der niederschlagsreichen, zerklüfteten Westküste und im Norden der Insel jedoch findet man noch einzigartige Regenwälder mit Riesen-Lebensbäumen (Cedars) und Douglasien. Um diese letzten Bestände ursprünglicher Natur wird seit einigen Jahren eine scharfe Auseinandersetzung zwischen engagierten Naturschützern und der mächtigen Holzindustrie geführt. Vom Fährhafen fuhren wir über die Saanich Peninsula in Richtung Victoria, der Hauptstadt von British Columbia. Nach einem Einkaufsstop in Sidney steuerten wir die Butchart Gardens an der Westseite der Halbinsel an. Seit 1904 Jennie, die Frau des Zementfabrikanten Robert Pim Butchart, in einem alten Steinbruch die ersten Blumenrabatten anlegte, wurden die vorzüglich gepflegten Gärten ständig erweitert. In diesem, als schönste Gartenanlage Kanadas gepriesenen Park zeigen verschiedene Themengärten eine Fülle von Pflanzen aus aller Welt. Die Anlage ist auch heute noch im Privatbesitz der Familie Butchart und wird von einem Enkel der Gründer geleitet. Auch wenn der Besucherandrang sehr groß war und es in manchen Teilen des Gartens zu regelrechten Staus kam, hat sich der Besuch dieser wirklich schönen Anlage gelohnt. Wir suchten uns dann nördlich von Victoria einen Campingplatz, wo Geli für meinen Geburtstag Kuchen gebacken hat. Mit Einbruch der Dunkelheit fuhren wir in die Stadt, um uns das festlich beleuchtete Capitol anzusehen, bei dem Tausende von Glühbirnen die Umrisse der Fassade markieren.

Nachdem wir augeschlafen und das gemütliche "Geburtstagsfrühstück" beendet hatten, fuhren wir noch einmal in die Innenstadt von Victoria. Die von Wasser umgebene Hauptstadt von British Columbia ist eine der ältesten Städte im Westen Kanadas und pflegt ihre aus der Gründerzeit stammende altbritische Kleinstadtatmosphäre. Der Bezug zum Mutterland ist überall spürbar: Viktorianische Architektur in der Altstadt, rote Doppeldeckerbusse, Boutiquen mit Tweedstoffen und der traditionell zelebrierte Five O´Clock Tea. Das milde, sonnige, nahezu frostfreie Meeresklima und die herrliche Küstenlage an der Südspitze von Vancouver Island erhöht zusätzlich die Attraktivität der Stadt. Die Eroberung der von Indianern seit langem besiedelten Insel durch die Weißen begann Mitte des 19. Jahrhunderts. James Douglas erkundete 1843 ihre Südspitze für die Pelzhandelsgesellschaft Hudson´s Bay Company. Bald darauf entstand Fort Victoria, das zu einem Zentrum des Pelzhandels an der Westküste wurde. Neben dem florierenden Pelzhandel sorgten Holzfällerei, Kohleabbau, Fischerei, Wahlfang und Landwirtschaft für den wirtschaftlichen Aufschwung der Stadt. Als einzige damals existierende "echte" Stadt übernahm Victoria 1866 die Hauptstadtfunkrtion der zusammengelegten Kolonien Vancouver Island und British Columbia. Dabei blieb es auch nach dem Anschluß von British Columbia als Provinz an das 1867 gegründete Kanada, wenngleich Vancouver ihr nach Fertigstellung der transkanadischen Eisenbahn wirtschaftlich schnell den Rang ablief. Wie schon gestern Abend, so fanden wir auch heute einen Parkplatz in der Nähe der Parliament Buildings mitten in der Stadt. Das Parlamentsgebäude, das 1898 im viktorianischen Stil auf einem kleinen Hügel an der Südseite des Inner Harbour erbaut wurde, ist archtektonisch und mit seiner vergoldeten George Vancouver Statue auf der kupfergedeckten Kuppel auch tagsüber ein Blickfang. In den Grünanlagen vor dem Hauptgebäude steht eine Statue von Königin Victoria, deren Namen die Stadt trägt. Dem Hafen gegenüber erhebt sich das efeuumrankte Gebäude des 1905 errichteten Nobelhotels "The Empress". Im Thunderbird Park konnten wir charakteristische Totempfähle von der Nordwestküste bewundern. In der Eagle's Moon Gallery sahen wir uns die faszinierenden Bilder des Künstlers Roy Henry Vickers an, die uns schon 1994 begeistert hatten. Wir verbrachten den Nachmittag in der gemütlichen Innenstadt um die Government Street und fuhren am frühen Abend zum 20 km nordwestlich der Stadt gelegnen Goldstream PP, so benannt nach den goldblinkenen Lachsen, die seine Flüsse durchwandern. Auf dem unter alten Douglastannen und Zedern gelegenen Campingplatz des Parks haben wir meinen Geburtstag am Lagerfeuer ausklingen lassen.

Auf dem Trans Canada Highway fuhren wir Richtung Norden und konnten vom 350 m hoch gelegenen Malahat Summit einen Blick auf das Saanich Inlet, die gleichnamige Halbinsel und die vorgelagerten Inseln werfen. In Duncan reservierten wir in einem Reisebüro einen Platz für die Fähre von Port Hardy nach Prince Rupert, bekamen aber erst zwei Tage später als ursprünglich geplant einen Platz. Nachdem wir uns ein zweites Reserverad gekauft hatten, machten wir uns auf den Weg nach Chemainus, einen kleinen Ort, der 1862 als Holzarbeitercamp gegründet wurde. Hier fanden wir in dem sehr großzügig angelegten Gardens RV Park einen schönen Stellplatz und sahen uns am Abend die über 30 Wandgemälde (murals) an, die die Häuser im Ortskern schmücken. Als Anfang der 80er Jahre die Holzindustrie, auf der die Existenz des Ortes aufgebaut war, in eine Rezession geriet, suchten die Bewohner nach einem Weg dem vermeindlichen Untergang zu entgehen. Um Touristen in den Abseits vom Hauptverkehr gelegen Ort zu locken, kammen sie auf die Idee, Ihre Fassaden mit Wandbildern zu bemalen. Sie engagierten namhafte Künstler, die den Ort mit Bildern aus dem Leben der Holzfäller und frühen Pioniere, also aus der Geschichte der Stadt, schmückten. Die Idee ging auf, die Touristen kamen, viele kleine Geschäfte konnten sich etablieren und mit dem Erfolg der Tourismusindustrie siedelten sich auch andere Wirtschaftszweige in der Stadt an. So ist Chemainus heute eine Gemeinde, der man es ansieht, daß es ihr gut geht. Dieser Erfolg hat der Stadt den Beinamen "The Little Town That Did" eingebracht.

Parallel zur Küste führte uns der Hwy 1 weiter nach Norden. Bei Ladysmith kreuzten wir den 49. Breitengrad, der auf dem Festland die Grenze zwischen den USA und Kanada bildet. Zunächst sollte dies auch auf Vancouver Island so sein. Erst nach langen Verhandlungen wurde die Insel nicht zweigeteilt, sondern ganz Kanada zugeschlagen. Kurz vor Nanaimo kann man die mehrere tausend Jahre alten indianischen Felsgravierungen im Petroglyph PP bewundern. Nanaimo wurde 1854 als Kohlebergwerk von der Hudson´s Bay Company gegründet und ist heute die zweitgrößte Stadt auf Vancouver Island. Hier beginnte der Hwy 19, auch "The Island Highway" genannt, der fast 400 km entlang der geschützten, sonnigen Ostküste bis an die Nordspitze der Insel führt. Wir verließen die Hauptverkehrsader der Insel bei Parksville, um auf dem Hwy 4 über die Mackenzie Range an die wilde Westküste zu fahren. In der Nähe von Coombs besuchten wir eine, etwas übertrieben als "Butterfly World" angekündigte, kleine Schmetterlingsfarm. Am Westende des Cameron Lake erhielten wir im MacMillan PP einen ersten Eindruck von den pazifischen Urwäldern, die einst die gesamte Insel bedeckten. In der Cathedral Grove, einem kleinen, in seinem ursprünglichen Zustand belassenen Waldgebiet, führt ein Wanderweg durch riesige Zedern und bis zu 800 Jahre alte Douglasfichten mit bis zu 75m Höhe. Port Alberni, die Stadt der Sägewerke, liegt zwar noch tief im Landesinneren, ist aber durch das Alberni Inlet, einen 50 km langen und nur 2 km schmalen Fjord, mit dem Pazifik verbunden. Hier zweigt die Beaver Creek Road ab, die uns zum Stamp Falls PP führte. Am kleinen Wasserfall des Stamp River konnten wir ein paar Lachse bei ihren Bemühungen beobachten die Fälle zu überwinden. Die große Zahl der Lachse kann hier allerdings erst im September beobachtet werden. Wir fuhren von hier aus nach Port Alberni zurück und übernachteten einige Kilometer westlich der Stadt im Sproat Lake PP.

Vorbei an Sproat Lake, Kennedy River, Kennedy Lake und durch die einsamen, dicht bewaldeten Bergzüge der Mackenzie Range erreichten wir ca. 100 km westlich von Port Alberni die rauhe Westküste und den Pacific Rim NP. Am Ende des Hwy 4 liegt der kleine Fischerhafen und Erholungsort Tofino, wo wir uns die Eagle Aerie Gallery von Roy Henry Vickers ansahen und durch den gemütlichen Ort schlenderten. Herrliche Strände, fast 1.000 Jahre alte Regenwälder und ein vielfältiges Meeresleben stehen im Pacific Rim NP, einem 389 km² großen Küstenstreifen zwischen Tofino und Ucluelet unter Naturschutz. Zum Park gehören auch die Inselgruppe der Broken Group Islands im Barkley Sound und der südlich dieser großen Meeresbucht gelegene, 77 km lange West Coast Trail zwischen Bamfield und Port Renfrew. Dieser bereits 1910 entlang der Küste geschlagene Pfad diente ursprünglich der Rettung Schiffbrüchiger; heute ist er ein beliebter, aber recht schwieriger Wildniswanderweg. Im Pacific Rim NP genossen wir zunächst den Ausblick vom Radar Hill, dem Standort einer Radarstation während des Zweiten Weltkrieges, ehe wir uns Long Beach, dem "Kernstück" des NP zuwandten. Dieser von Felsen unterbrochene und eingerahmte Strand voller Treibholz gehört zum Schönsten, was British Columbia an seinen Küsten zu bieten hat. Am Rain Forest Trail begingen wir den nur etwa 1 km langen Loop B, der durch die Zauberwelt des unverfälschten Regenwaldes führt. Der auf Holzstegen angelegte Weg führt durch jahrhunderte alte Baumbestände, wo die Baumriesen und die vor langer Zeit umgestürzten Stämme von hängendem Moos, Farnen und jungen Bäumen bedeckt sind. Der Fischerort Ucluelet südlich des Nationalparks, verdankt seinen Namen den Nuu Chah Nulth Indianern, die an dieser Stelle eine Siedlung gründeten und in deren Sprache der Name "Menschen mit einen sicheren Landeplatz" bedeutet. Auch wir fanden hier, auf einem Campingplatz in der Nähe des Hafen, einen sicheren Landeplatz für die Nacht.

Am nächsten Morgen fuhren noch einmal in den Pacific Rim NP. Wir wollten uns die Ausstellung im Wickaninnish Centre ansehen, mußten uns aber mit einem Blick auf die Wickaninnish Beach begnügen, da das Besucherzentrum erst um 10.30 Uhr öffnete und wir nicht so lange warten wollten. Auf dem Rückweg hielten wir am Parkplatz des Shorepine Bog Trail und machten uns auf den 800 m langen Weg, der auf Stegen durch eine mit mehreren hundert Jahre alten Kiefern bestandene Sumpflandschaft führt. Über den Hwy 4 fuhren wir dann zurück zur Ostküste, wobei wir im Sproat Lake PP eine kurze Pause einlegten. An der Bootsrampe sahen wir den Freizeitsportlern beim Wässern ihrer Boote und Jetskis zu. Der See ist auch die Basis der riesigen Martin Mars Waterbombers, den größten Feuerlöschflugzeugen der Welt, die zur Bekämpfung von Waldbränden eingesetzt werden. Über den Hwy 4A erreichten wir in Qualicum Beach wieder den Island Highway und setzten unseren Weg in nördlicher Richtung fort. In Bowser fanden wir einen Campingplatz direkt am Ufer der Strait of Georgia, die Vancouver Island vom Festland trennt. Bei unserem Abendspaziergang hatten wir nicht nur einen phantastischen Blick auf die Coast Mountains des Festlands und das Chrome Island Lighthouse, sondern konnten neben einigen Seehunden auch mehrere Weißkopfseeadler beobachten, die sich mit den zahlreichen Möwen um die Fischabfälle stritten, die Angler an den Strand geworfen hatten. Ein herrlicher Sonnenuntergang bildete dann den Abschluß dieses wunderschönen Sommertages.

Nach kurzer Fahrt erreichten wir am nächsten Morgen Buckley Bay, machten unsere Fahrräder startklar und fuhren mit der Fähre in nur 15 Minuten nach Denman Island, einer kleinen Ferieninsel in der Strait of Georgia. Die Inselbewohner auf Denman Island und der Nachbarinsel Hornby Island sind sehr darum bemüht, das empfindliche Ökosystem, in dem sie leben zu erhalten und zu schützen. Die Bemühungen ihrer lokalen Vereinigungen hat schon zur Bildung mehrerer Provincial Parks auf den Inseln geführt. Auf unserer fast 25 km lagen Inselrundfahrt über die schmalen, kurvenreichen und oftmals auch recht steilen Straßen der Insel boten sich uns schöne Ausblicke auf Vancouver Island, Hornby Island und die Coast Mountains des Festlands. Gleich zu Beginn unserer Fahrt hatte ich mal wieder eine Reifenpanne, da wir aber einen Ersatzschlauch dabeihatten, ließ sich der Schaden schnell beheben. Bevor wir mit der Fähre zurück nach Buckley Bay fuhren, machten wir in Denman Village eine kleine Pause und sahen uns das beschauliche Dorf an. Wir folgten dann dem Hwy 19 in nördlicher Richtung und nutzten die Gelegenheit in Courtenay unsere Vorräte aufzufüllen. In Campbell River bogen wir auf den Hwy 28 ab und erreichten nach etwa 50 km den Strathcona PP, eine über 2100 km² große Gebirgswildnis im Zentrum von Vancouver Island. Das Herz des Parks bilden der Buttle Lake, an dessen nördlichen Ufer wir auf dem sehr schönen Campingplatz übernachteten und der mit 2200 m hohe Golden Hinde, der höchste Gipfel der Insel. Die gleichfalls zum Park gehörenden 440 m hohen Della Falls, die höchsten Wasserfälle Kanadas, lassen sich nur über eine mehrtägige kombinierte Kanutour und Wanderung erreichen. Wir verbrachten den milden Abend gemütlich vor dem Lagerfeuer und ich habe mir danach noch den Vortrag über Roosevelt Elk im Amphitheater angesehen, der aber mehr für Kinder ausgerichtet war.

Wir fuhren am nächsten Morgen auf der Parkstraße am Ostufer des Buttle Lake entlang und genossen das herrliche Bergpanorama, in das der See eingebettet ist. Am Südende des Sees sahen wir uns die Myra Falls an, die sich über drei Kaskaden 70 m in die Tiefe stürzen. Wir konnten über Klippen an die verschiedenen Fallstufen herangehen und im Sprühnebel der obersten Kaskade einen Regenbogen bestaunen. Über die Parkstraße und den Hwy 28 fuhren wir zurück nach Campbell River und von dort weiter auf dem Island Highway nach Norden. Die Straße verläßt bald den Küstenbereich und verläuft durch eine eher eintönige, von gelegentlichen Kahlschlägn unterbrochene Waldlandschaft. In der Nähe von Sayward fanden wir einen Campingplatz und sahen uns den von der Holzwirtschaft geprägten Ort an. Wir haben uns dann auf dem Campingplatz in die Sonne gelegt und einen ruhigen und erholsamen Nachmittag verlebt.

Auf unserer weiteren Fahrt in Richtung Port Hardy verließen wir den Island Highway kurz vor Port McNeill um nach Telegraph Cove, einem winzigen Hafenort am Ende der teilweise ungeteerten, etwa 20 km langen Stichstraße zu kommen. Der kleine Ort wurde in den 20er und 30er Jahren erbaut und diente als Posten der Telegraphenlinie die Port Hardy mit dem Süden der Insel verband. Eine Sägemühle und der Fischfang bildeten die weitere Existenzgrundlage dieses erst 1957 an das Straßennetz von Vancouver Island angeschlossenen Hafens. Die zum Teil auf Stelzen ins Wasser gebauten Häuser und der sie verbindende Plankenweg vermitteln einen pittoresken Eindruck. Die wenigen permanenten Bewohner leben heute fast ausschließlich vom Tourismus, denn der Ort ist bei Sportfischern und Walbeobachtern gleichermaßen beliebt. In den Sommermonaten halten sich zahlreiche Schwertwale, auch Orcas oder Killerwale genannt, in einem eng begrenzten Schutzgebiet vor der buchtenreichen Küste in der Johnston Strait auf. Wir hatten bereits 1994 an einer Walbeobachtungs-Tour der Firma Stubbs Island Whale Watching teilgenommen und dabei leider keine Orcas zu gesicht bekommen. Diesmal teilte man uns mit, daß in diesem Sommer noch keine Orcas in der Johnston Strait gesichtet wurden und so verzichteten wir auf eine weitere Fahrt. Wir schlenderten durch den malerischen Ort, der in den nächsten Jahren wohl einiges von seinem Charme verlieren wird, denn die Arbeiten zur Erweiterung der Hafenanlage und dem Bau eines Motels und Campingplatzes haben bereits begonnen. Auch die Bewohner des Ortes sind über diese Entwicklung nicht glücklich, da sie von den Aktivitäten des auswärtigen Investors überrumpelt wurden. Da die Arbeiten sich aber schon über mehrere Jahre hinziehen, hoffen die Bewohner, daß sich das Projekt irgendwann totläuft. Wir verlebten wiederum einen ruhigen Nachmittag auf dem oberhalb des Ortes im Wald gelegenen Campingplatz.

Wir hatten geplant unsere letzte Etappe von Telegraph Cove nach Port Hardy in Port Mc Neill zu unterbrechen und mit der Fähre nach Alert Bay auf Cormorant Island, einer der ältesten Siedlungen der Kwakiutl-Indianer, zu fahren. Da wir auf die nächste Fähre zwei Stunden hätten warten müssen, gaben wir dieses Vorhaben auf und fuhren gleich weiter nach Port Hardy. Am Fähranleger holten wir unser reserviertes Ticket für die morgige Überfahrt ab und sicherten uns dann einen Stellplatz auf dem nächstgelegenen Campingplatz, dem Wildwoods Campsite an der Straße zum Fährterminal. Nach einigen Besorgungen in der Stadt nutzten wir den Nachmittag für Wartungs-, Pflege- und Reinigungsarbeiten am Wohnmobil. Nach dem Abendessen saßen wir noch einige Zeit am gemütlich knisternden Lagerfeuer, ehe wir recht zeitig schlafen gingen, denn wir müssen um kurz nach 6 Uhr an der Fähre sein.

Die "Queen of the North" brachte uns in 15 Stunden von Port Hardy nach Prince Rupert, eine Strecke von 507 km. Das Schiff wurde 1969 in Bremerhaven für die schwedische Reederei Stena Line gebaut und fuhr unter dem Namen "Stena Danica" fünf Jahre zwischen Stockholm und Kopenhagen. Die B.C. Ferry Corporation kaufte die Fähre 1974 und setzte sie bis 1980 unter dem Namen "Queen of Surrey" zwischen Horseshoe Bay, nördlich von Vancouver, und Departure Bay auf Vancouver Island ein. Nach Umbau und Renovierung fährt sie seit 1980 auf der Inside Passage von Port Hardy nach Prince Rupert. "Inside Passage" ist die Bezeichnung für eine zwischen Hunderten von kleinen und großen Inseln an der Westküste Nordamerikas eingebettete Wasserstraße, die bei Seattle im US-Staat Washington beginnt und hoch oben im Norden am Ende des alaskanischen "Pfannnenstiels", des Panhandle, bei Skagway endet. Es ist eine der abwechslungsreichsten Schiffsrouten unserer Erde: Mal führt sie durch schmale Kanäle, dann wieder ist es wie die Fahrt über große mit Inseln gespickte Seen. Fast die gesamte Fahrt verläuft zwischen Inseln und dem Festland, geschützt vor dem rauhen, offenen Pazifik. Die wilde Schönheit der noch vor 12.000 Jahren völlig vergletscherten Küste mit einsamen Leuchttürmen, tiefgrünen Berghängen und steil aufragenden Gipfeln sorgt für eine trotz der langen Zeit kurzweilige Fahrt. Besonders, wenn man, wie wir dieses Mal, Glück mit dem Wetter hat. Wir konnten die meiste Zeit bei strahlendem Sonnenschein und wolkenlosem Himmel in Liegestühlen auf dem Oberdeck verbringen. Nach gut fünf Stunden Fahrt passierten wir die nach dem Stamm der Bil-Billa-Indianer benannte Siedlung Bella Bella, den einzigen Ort an der Strecke. Gegen Ende der Fahrt erreichten wir die fjordähnliche Landschaft des Grenville Channel, der sich 70 km schnurgerade wie ein Kanal in Richtung Prince Rupert zieht. Kurz vor dem Einlaufen in Prince Rupert konnten wir noch einen wunderschönen Sonnenuntergang über dem Pazifik erleben. Bei diesem sommerlichen Wetter war die Fahrt wirklich sehr schön, auch wenn wir leider keine Wale zu sehen bekamen, was auf dieser Strecke eigentlich möglich ist. Zum Glück hatten wir auf dem in der Nähe des Fährterminals gelegenen Park Avenue Campground einen Platz reserviert, denn der Campingplatz war völlig ausgebucht. Kurz vor Mitternacht standen wir dann schließlich auf dem Platz und beschlossen am nächsten Morgen erst einmal auszuschlafen und eine weitere Nacht in Prince Rupert zu bleiben.

Als erstes stand am nächsten Tag ein Großeinkauf auf dem Programm. Da auf der Fähre die Gasanlage und damit auch der Kühlschrank ausgeschaltet sein müssen, hatten wir unsere Vorräte fast gänzlich aufgebraucht. Nach dem Einkauf sahen wir uns die Stadt an, in der die Totempfähle auf allen öffentlichen Plätzen davon zeugen, daß der Ort auf dem Gebiet der Tsimshian und Haida Indianer errichtet wurde. Da eine geschlossene Wolkendecke den Blick auf bzw. vom Mount Hays verhinderte, ließen wir die Fahrt auf den Berg ausfallen, fuhren zum Campingplatz zurück und nutzten die Zeit zum Waschen unserer Wäsche. Als der Himmel am Abend aufklarte machten wir uns auf den Weg zur Gondelbahn, die uns auf den Mount Hays bringen sollte. Leider war die Bahn nicht in Betrieb, so daß wir dieses Vorhaben nun endgültig aufgeben mußten.

Am nächsten Morgen verließen wir Prince Rupert auf dem Hwy 16, der sich unter der Bezeichnung Yellowhead Highway über fast 3.000 km bis nach Manitoba erstreckt. Die Straße folgt einem uralten indianischen Handelsweg, der von dem blonden Irokesen Trapper Pierre Bostonais für die Hudson´s Bay Company erkundet wurde und noch heute seinen Spitznamen "Yellow Head" trägt. Erschlossen wurde die Yellowhead-Region, eine riesige, unwegsame Seenplatte in Zentral British Columbia, durch den Bau der Eisenbahn zu Beginn dieses Jahrhunderts. Der Yellowhead Highway erreicht 30 km östlich von Prince Rupert den dort noch fjordartig breiten Skeena River, dessen indianischer Name "Wasser aus den Wolken" bedeutet. Der Highway und die Eisenbahnlinie verlaufen immer parallel zum Flußbett des Skeena River, der zu den wichtigsten Lachsflüssen West-Kanadas gehört. Der Verlauf des Yellowhead am Skeena River entlang ist bis Terrace kaum zu überbieten und führt durch eine traumhaft schöne Gebirgslandschaft. In Kitwanga verließen wir den Hwy 16 und bogen auf den Hwy 37, den Cassiar Highway, ab. "North to Alaska" steht in großen Buchstaben auf dem Schild vor der Tankstelle an der Straßenkreuzung. Für uns hatte damit der Endspurt auf unserem Weg nach Alaska begonnen und der Werbeslogan "North to Adventure" der North By Northwest Tourism Association sollte für uns noch heute wahr werden. Der 733 km lange Cassiar Highway, die kürzeste Verbindung vom Südwesten Kanadas nach Norden zum Alaska Highway, entstand aus einem 1972 fertiggestellten Schotterweg für holz- und asbestbeladene Lastwagen auf dem Weg zum Hafen von Stewart oder Prince Rupert. Die landschaftlich reizvolle Straße ist inzwischen gut ausgebaut und mit Ausnahme von vier kleineren geschotterten Teilstücken im mittleren Abschnitt durchggehend geteert. Da die Fahrt nach Norden auf dem Cassiar um einige Stunden kürzer ist als auf dem Alaska Highway, donnern auf ihm schwerbeladene Trucks durch die Wildnis, denen man, besonders auf den geschotterten Abschnitten, respektvoll Platz machen sollte. Die ersten 160 km von Kitwanga bis nach Meziadin Junction führten uns durch eine attraktive Landschaft und brachten uns die Begegnung mit zwei Schwarzbären am Straßenrand. Nach einer kurzen Pause im Meziadin Lake PP bogen wir auf den Hwy 37A, die Stewart Road, ab. Diese Stichstraße führt durch die herrliche Landschaft der Coast Mountains, Gletscher und Wasserfälle begleiten sie auf beiden Seiten. Nach 24 km kommt das hellblau schimmernde Eis des eindrucksvollen Bear Glacier in Sicht. Vor 20 Jahren füllten der Gletscher und der sein Schmelzwasser aufnehmende Strohn Lake noch das ganze Tal, die Straßentrasse verlief rund 100 m höher. Weiter geht es am Bear River entlang und durch seinen malerischen Canyon bis nach Stewart, das am Ende des 145 km langen Portland Canal liegt. Dieser Meeresarm bildet die natürliche Südgrenze zwischen dem Alaska Panhandle und Kanada. Wir suchten uns in Stewart, das inmitten der über 2.000 m hohen Gipfel der Coast Mountains liegt, einen Campingplatz und fuhren über die unbewachte Grenze nach Hyder, dem südlichsten Ort Alaskas. Die "freundlichste Geisterstadt in Alaska", wie Hyder sich nennt, lebt hauptsächlich vom "Kneipen-Tourismis" seiner kanadischen Nachbarn, da die drei Bars des 70 Einwohner zählenden Ortes nach alaskanischem Gesetz keine Sperrstunde kennen. Die einzige Straße des Dorfes führt als Schotterweg fast 50 km weit hinauf in die Bergwelt Alaskas, durch enge Schluchten, zu verlassenen Bergwerken und zum riesigen Salmon Glacier. Wir folgten der Straße nur wenige Kilometer über den Ort hinaus bis zu einer hölzernen Beobachtungsplattform über dem Fish Creek. Von Mitte Juli bis Ende September ziehen riesige Chum Lachse durch das flache Wasser, das knapp ihre Rückenflossen bedeckt, zu ihren Laichplätzen im Oberlauf der Flusses. Wir hatten eine gute Stunde damit verbracht die vorbeiziehenden Lachse und die Weißkopfseeadler in den Bäumen entlang des Flusses zu beobachten, als gegen 20 Uhr die Hauptdarsteller des Abends das Blickfeld betraten. Wir konnten fast eine Stunde lang zwei junge Grizzly-Bären beim Lachsfang beobachten. Diese majestätischen Tiere in freier Wildbahn und aus so geringer Entfernung beobachten zu können, war schon ein einmaliges Erlebnis und ein absoluter Höhepunkt unserer bisherigen Reise. Zwei Ranger sorgten während dieses tagtäglich stattfindenden Spektakels für ein "bärengerechtes" Verhalten der Besucher und vermittelten zudem ein Gefühl der Sicherheit. Die Beobachtung von Grizzly-Bären aus unmittelbarer Nähe ist sicherlich auch in anderen Teilen Alaskas möglich, aber seine leichte Zugänglichkeit machen den Fish Creek in Nordamerika einmalig. Nach dem sich die Bären wieder in den dichten Wald zurückgezogen hatten, fuhren wir, noch immer ganz aufgeregt, zurück zu unserem Campingplatz. 

Auch unser erster Stop am nächsten Tag führte uns an den Fish Creek. Da aber gerade keine Bären dort waren, folgten wir der Schotterstraße am Salmon River entlang bis hinauf zum Salmon Glacier. Seine gewaltigen Eismassen schieben sich wie lange Zungen über die Berghänge herab. Leider wurde die an sich grandiose Berglandschaft durch den intensiver Minenbetrieb arg in Mitleidenschaft gezogen. Auf dem Rückweg hielten wir erneut am Fish Creek und konnten wiederum zwei Grizzlies, davon einen mit einer verletzten Vorderpfote, bei ihren Lachsfangversuchen beobachten. Bei einem Spaziergang über die staubige Hauptstraße von Hyder sahen wir uns auch den Glacier Inn, eine der drei Bars an. Seit die ersten Bergleute begannen, mit ihrem Namen versehene Geldscheine an die Wand zu pinnen, damit sie nicht auf dem trocknen sitzen, falls sie einmal pleite aus den Bergen zurückkommen, haben Legionen von Besuchern ihre Geldscheine hinterlassen. Über Stewart und Bear Glacier erreichten wir schließlich wieder den Cassiar Highway und übernachteten im Meziadin Lake PP am Ufer des Sees. Auf dem Campingplatz hat Geli auf den Boden einer flachen Backform ein "Kiel-Schild" gemalt, das wir anstelle eines echten Ortsschildes im Sign Posts Forest von Watson Lake anbringen wollen.

In der Nacht hatte es angefangen zu regnen und so mußten wir uns bei schlechter Sicht und leichtem Nieselregen auf die knapp 600 km lange Fahrt bis zum Alaska Highway begeben. Der Highway führt durch eines der ruhigsten und abgelegensten Gebiete British Columbias mit völlig unberührten Wäldern. Hier wird die Wildnis wirklich einsam und die Abstände zwischen Tankstellen und Übernachtungsmöglichkeiten sind groß. Die landschaftliche Schönheit des ersten Streckenabschnitts durch die Skeena Mountains konnten wir nur erahnen. Dafür waren wir von den geschotterten Straßenabschnitten angenehm überrascht, sie waren trotz des Regens gut und zügig zu befahren, da hatten wir schon Schlimmeres erlebt. Eine erste kleine Pause machten wir im Kinaskan Lake PP am Ufer des gleichnamigen Sees. Südlich von Dease Lake durchquert der Cassiar Highway die Stikine River Recreation Area, welche Mount Edziza PP und Spatsizi Plateau Wilderness PP miteinander verbindet. Westlich der Brücke über den Fluß beginnt der 100 km lange Grand Canyon of the Stikine River, dessen Felswände bis zu 300 m hoch aufragen. Ab Dease Lake wurde das Wetter etwas besser, so daß wir die Fahrt durch die Cassiar Mountains und die Liard Plains mehr genießen konnten. Wir fuhren etwa 90 km südlich des Alaska Highway in den Boya Lake PP, wo es am Ufer des glasklaren Boya Lake einen wunderschönen Campingplatz gibt. Direkt von unserem Stellplatz und bei einem Spaziergang auf dem Lake Shore Trail hatten wir einen schönen Blick auf die von der letzten Eiszeit geformte Liard Plains. Die Kassiererin der Campingplatzgebühren war von Gelis Aquarellen, die wir im Fenster stehen haben, so begeistert, daß sie gleich eines der Bilder aus Gelis Sammlung gekauft hat.

Nach einer guten Stunde Fahrt vorbei an zahlreichen Seen, erreichten wir das Yukon Territory und den Alaska Highway, der auch ALCAN (ALaska-CANada Highway) genannt wird. Damit hatten wir unser Ziel für den Sommer, den hohen Norden Nordamerikas, erreicht. Wir fuhren auf dem Alaska Highway in östlicher Richtung, wo wir uns im knapp 30 km entfernten Watson Lake einen Campingplatz suchten. Watson Lake ist der nach Whitehorse wichtigste Verkehrsknotenpunkt des Yukon Territory und erlangte seine wichtige Bedeutung 1942 als Baucamp und Nachschubposten für den Bau des Alaska Highway. Heute ist der 1800 Einwohner zählende Ort das Versorgungszentrum des gesamten Südostens des Yukon. Die Hauptattraktion von Watson Lake ist der Schilderwald am Alaska Highway. Benutzer des Highway aus aller Welt haben Wegweiser, Autonummern, Orts- und andere irgendwie beschriftete Schilder an die vom Lions Club Watson Lake aufgestellten Pfähle genagelt. Diese "Totempfähle unserer Zeit" umfassen mittlerweile über 25.000 Schilder und jedes Jahr kommem über 2.000 neue hinzu. Nach einem Spaziergang durch den Sign Posts Forest brachten auch wir unser selbstgemaltes Kiel-Schild an einem der Pfosten an. Begonnen wurde der Sign Posts Forest von den beim Bau des Alaska Highway einngesetzten amerikanischen Soldaten. Allen voran ein heimwehkranker G.I. namens Carl K. Lindley, der 1942 ein Schild mit der Entfernung zu seinem Heimatort Danville in Illinois an einen Baum nagelte. Andere Soldaten, Arbeiter, Lastwagenfahrer und später Touristen folgten seinem Beispiel. Mitten im Schilderwald liegt das Alaska Highway Interpretive Center, wo eine kleine Ausstellung mit Dia-Show und Fotodokumenten zum Bau des Alaska Highway zu sehen ist. Auslöser für den Bau der Millitärstraße durch Kanada und Alaska war der Luftangriff der Japaner am 07.12.41 auf Pearl Harbour. Dadurch wuchs die Angst der Amerikaner vor einer japanischen Invasion im "abgelegenen" Alaska. Am 02.02.42 ordnet Präsident Roosevelt den Bau der Straße an, die in ihhrem Verlauf alten Indianer- und Trapperpfaden und den damals bestehenden "Airstrips", kleinen Flugplätzen, folgt. 11.000 in aller Eile zusammengetrommelte Männer sehen sich der ungeheuren Aufgabe gegenüber, zwischen Frühjahr und Herbst 1942 eine fast zweieinhalbtausend Kilometer lange Bresche durch Sümpfe, Wälder, über Flüsse und Berge zu schlagen, die es ermöglicht, noch vor Winteranbruch erste Konvois nach Fairbanks rollen zu lassen. Die in British Columbia und Alaska gestarteten Baukolonnen trafen sich nach nur sechs Monaten am 24.09.42 bei Meile 588 am Contact Creek. Bereits am 20.11.42 erreichte der erste Millitärkonvoi Fairbanks im Herzen Alaskas, die erste Überlandverbindung zu den Lower-48-Staaten war Realität geworden. Der Alaska Highway ist mittlerweile durchgehend asphaltiert und aus der einst abenteuerlichen Strecke ist eine "normale" Verbindungsstraße geworden. Dennoch ist der Alaska Highway noch immer Synonym für den Einstieg in die Welt des Jack London und der Mythos von der Traumstraße der Welt bleibt weiterhin lebendig. Wenn die Straße auch verbessert wurde, das Land blieb abgesehen von einem "Korridor der Zivilisation" unverändert: Damals wie heute beginnt wenige hundert Meter neben der Straße die Wildnis, das Reich von Bär, Elch, Karibu und Wolf. Nach einigen Besorgungen fuhren wir auf den Campingplatz und haben einen großen Teil des Nachmittags damit zugebracht unser Wohnmobil vom Schlamm des Cassiar Highway zu befreien. Zur Erholung gingen wir dann noch einmal zum Sign Posts Forest, dem verrücktesten Schilderwald der Welt. Zum Abendbrot versuchten wir dann Bannock, das Pfannenbrot der Pioniere des Nordens. Man verrührt 8 Eßlöffel Mehl, ein paar Löffel Wasser, etwas Backpulver und eine Prise Salz zu einem geschmeidigen Teig. Den backt man bei niedriger Hitze in einer leicht gefetteten Pfanne, die möglichst zugedeckt sein sollte. Sobald die untere Kruste braun geworden ist, wendet man das Bannock. Nach etwa einer halben Stunde Backzeit hat man ein herrlich frisches Brot. Durch das Beimischen von Früchten oder Gewürzen bzw. dem Überbacken mit Käse nach dem Wenden ergeben sich weitere Varianten dieses wirklich leckeren Brotes.

Wir verließen Watson Lake auf dem Alaska Highway in westlicher Richtung mit dem Ziel Whitehorse. Auf der gut 450 km langen Strecke gibt es trots schöner Teilabschnitte nicht viel zu sehen und nur wenige Möglichkeiten für Zwischenstops. Wir sahen uns die von einem Parkplatz am Highway über einen kurzen Weg erreichbaren Rancheria Falls an, die eigentlich eher Stromschnellen als Wasserfälle sind. Der Hwy führt für ein kurzes Stück noch einmal nach British Columbia hinein, ehe wir mit Teslin die einzige Ortschaft zwischen Watson Lake und Whitehorse erreichten. Von hier aus folgt der Alaska Highway auf 55 km Länge dem von Bergen eingerahmten Teslin Lake. Kurz bevor wir in Whitehorse ankamen, stoppten wir an dem ebenfalls sehr schön gelegenen Marsh Lake. Whitehorse, die Hauptstadt des Yukon Territory, erhielt ihren Namen nach den sich wie wilde weiße Pferde gebärenden Stromschnellen des Yukon River. Diese Stromschnellen sind heute nicht mehr zu sehen, sie verschwanden, als der Fluß gestaut wurde und der künstliche Lake Schwatka entstand. Whitehorse ist mit über 22.000 Einwohnern nicht nur die größte Stadt am Alaska Highway, sondern auch Heimat für über zwei Drittel der Yukon-Gesamtbevölkerung. Eine Stadt mit 250 Tagen Frost im Jahr, der mit bis zu 52 Grad minus gelegentlich an Rekordmarken heranreicht. Im supermodernen Yukon Visitor Reception Centre in der Nähe des Flughafens am Alaska Highway sahen wir uns die 20minütige, sehenswerte Diashow "Yukon Story" an, die über Nationalparks und historische Stätten im Yukon Territory informiert. Unweit der Innenstadt bezogen wir im Hi Country RV Park unser Quartier für die Nacht.

Noch vom Campingplatz aus reservierten wir telefonisch einen Platz auf der Fähre der Alaska Marine Highway Fährsystems von Skagway nach Haines und sicherten uns Campingplätze in beiden Städten. In einem Reservierungsbüro von Gray Line Alaska, dem einzigen Konzessionär der Nationalparkgesellschaft für Fahrten im Glacier Bay NP, buchten wir eine kombinierte Flug- und Bootstour in den Nationalpark. Dieser Trip reißt zwar mit über 400 US$ pro Person ein derbes Loch in unsere Reisekasse, aber wir wollten diesen Nationalpark unbedingt sehen. Nach diesen organisatorischen Vorbereitungen fuhren wir zum Whitehorse Power Dam, der den Yukon zum Lake Schwatka staut. Um den Lachsen den vom Damm versperrten Weg zu den Laichgründen dennoch zu ermöglichen, wurde eine Fischleiter gebaut. Am verglasten Teil der Fish Ladder lassen sich vor allem ab Ende Juli die Fische beobachten, wie sie die Stufen der Leiter hinaufspringen. Leider waren wir noch einige Tage zu früh dran, man wartete hier noch auf die Ankunft der ersten Lachse. Über die Robert-Campbell-Bridge fuhren wir nach Whitehorse zurück und sahen uns den Sternwheeler "SS Klondike II" an, der perfekt renoviert in der Nähe der Brücke am Ufer des Yukon liegt. Der 1937 erbaute Raddampfer wurde mit den Maschinen des gesunkenen Vorgängers, der "SS Klondike I", ausgerüstet und beförderte bis zur Fertigstellung des Klondike Highway im Jahr 1955 Fracht und Passagiere zwischen Whitehorse und Dawson City. Seit ihrer Restaurierung Ende der 60er-Jahre ist die "Klondike II" das Schmuckstück der der Stadt und darüber hinaus ein National Historic Site. Wir nahmen an einer halbstündigen Führung durch den komplett im Stil der ausgehenden 30er-Jahre eingerichteten Dampfer teil, die uns vom Maschinendeck über die Offiziersmesse und First-Class-Kabinen bis zur Kommandobrücke leitete. Rund 10 km südlich der Stadt zwängt sich der Yukon River durch den engen Miles Canyon, ein bei den Goldsuchern gefürchtetes Hindernis auf ihrer Fahrt nach Dawson City. Von hier aus fuhren wir auf dem Alaska Highway ein Stück zurück in östlicher Richtung bis zur Kreuzung mit dem Klondike Highway. Das Teilstück des Klondike Highway zwischen Alaska Highway und Skagway ist eine der schönsten Strecken des Yukon Territory, spektakuläre Landschaftspanoramen verführen zum Anhalten an jedem Aussichtspunkt. Der Highway besteht historisch gesehen aus zwei unterschiedlichen Teilstrecken. Die erste Hälfte der Route, die vom Alaska Highway nach Carcross führt, wurde 1942 vom US-Millitär gebaut, um eine Gas-Pipeline zu verlegen und wird Carcross Road genannt. Der Abschnitt zwischen Carcross und Skagway in Alaska ist vergleichsweise neu, wurde erst im Mai 1981 eröffnet und heißt Skagway Road. Kurz vor Carcross führt die Straße am Emerald Lake vorbei, der in so unwirklichen Farben leuchtet, daß man kaum an eine natürliche Ursache glauben mag. Tatsächlich entstehen die Farbspiele mit beinahe neongreller Intensität durch Lichtwellen, die vom weißen Seebodensediment reflektiert werden. Nur wenige Kilometer weiter hielten wir an der Carrcross Desert, "The Smallest Desert of the World". Ihre Sanddünen variieren je nach Licht und Wetter von fahlgelb bis Campari-rot und entstanden aus dem feinen Grund eines Gletschersees; der starke Wind vom nahen Lake Bennett verhindert eine intensive Vegetation, so daß nur wenige Pinien und die flachkkriechende Teepflanze Kinnikinnik mit kleinen ledrigen Blättern Wurzeln schlagen konnten. Bald hinter Carcross erreicht der Highway den Windy Arm, eine Verlängerung des Tagish Lake mit etlichen bewaldeten Inseln. Am Ufer befinden sich die Ruinen der Venus Mine, in der zu Anfang des Jahrhunderts Silber abgebaut wurde. Etliche Kilometer führt die Straße dann am Tutshi Lake entlang, einem prachtvollen sattblauen See vor einer eindrucksvollen Gebirgskulisse. Bei Log Cabin überquert der Klondike Highway die Schienen der White Pass & Yukon Railway, die danach am jenseitigen Ufer des Summit Lake und des Skagway River parallel zur Straße verlaufen. Bis 1981 war die Eisenbahn die einzige Verbindung zwischen Skagway und Whitehorse, nach Fertigstellung der Straße wurde der Linienverkehr eingestellt. Seit 1988 dient der nostalgische Zug ausschließlich dem Tourismus und befördert Fahrgäste nur noch auf der 45 km langen Teilstrecke von Skagway über den White Pass nach Fraser. Kurz hinter der kanadischen Grenzstation zu Alaska erreicht man die Paßhöhe des berühmte White Pass. Parallel zur Straße verläuft hier der historische White Pass Trail, die weitere aber ungefährlichere Alternative zum berüchtigten und steileren Chilkoot Trail, der einige Kilometer weiter östlich liegt. Von hier beginnt die 20 km lange Talfahrt nach Skagway, ein Name der in der Sprache der Chilkat-Indianer "Heimat des Nordwindes" bedeutet. Der Ort liegt an der Einmündung des Skagway River in das Taiya Inlet des langgestreckten Fjords Lynn Canal unter hochaufragenden Bergen. Wir verschoben die Besichtigung des Ortes auf morgen, fuhren zu unserem reservierten Campingplatz und verfolgten auf unserem kleinen Fernseher die Eröffnungsfeier der olympischen Sommerspiele in Atlanta.

"Gold! Gold am Klondike!" Mit diesem Schrei begann ein unglaubliches historisches Abenteuer im Yukon Territory und Alaska. Im August 1896, als George Washington Carmack und seine zwei indianischen Freunde, Skookum Jim und Tagish Charlie, Gold in einem Nebenfluß des Klondike River fanden, hatten sie keine Ahnung, daß dieser Moment als der Anfang eines großen Goldrausches in die Geschicht eingehen würde. Skagway und das heute nicht einmal mehr als eine Geisterstadt identifizierbare Dyea verdanken dem Klondike Goldrush einen kurzen Höhenflug. Im Juli 1897 trafen die ersten Boote mit Goldsuchern ein, und im Oktober desselben Jahres hausten an den Ufern des Taiya Inlet 20.000 Menschen. Während in Kanada die North West Mounted Police für Recht und Ordnung sorgte, war Alaska damals faktisch ein rechtsfreier Raum. So war auch Skagway ein übler Platz, wo Gewalttätigkeiten, Überfälle, Schießereien und Betrug beim Glücksspiel an der Tagesordnung waren. Der Ort war in der Hand von Jefferson Randolph "Soapy" Smith und seiner Bande von Verbrechern und Betrügern, die die Vertreter der Obrigkeit gekauft und mit Gewalt seine Spielregeln durchgesetzt hatte. Seine kurze aber gewinnbringende Karriere fand im Juli 1898 ein plötzliches Ende als er in einem Pistolenduell gegen einen Frank Reid unterlag. Die Gräber der beiden sind auf dem Goldrush Cemetery zu besichtigen. Bereits 1899, als in Nome Gold gefunden wurde, war das Goldfieber in Skagway und Dyea wieder vorüber. Die provisorische, überwiegend aus Holzverschlägen und Zelten bestehende Stadt Dyea, die zeitweise über 10.000 Einwohner beherbergt hatte, war schon 1903 fast menschenleer, verfiel schließlich ganz und verschwand bis auf einen Friedhof vollständig. Auch Skagway erlebte einen unübersehbaren Niedergang, blieb jedoch als Tor zum Landesinneren - mit eisfreiem Hafen und Eisenbahnanschluß - erhalten. Heute hat das historische Dorf knapp 800 Einwohner und lebt ausschließlich vom Tourismus. Die meisten Gebäude an der Hauptstraße des Ortes, dem Broadway, wurden zum Bestandteil des Klondike Gold Rush NHP und stehen unter Denkmalschutz. Wir begannen unseren Besuch an der City Hall, dem ersten Steinhaus in Alaska, das zeitweise auch als Gerichtsgebäude diente. Von dort aus gingen wir über die Boardwalks, die hölzernen Bürgersteige des Broadway an den historischen Häusern aus der Boomzeit 1897-99 vorbei. Die Fassaden wurden originalgetreu restauriert und auch die neueren Gebäude erhielten Vorderfronten im alten Sil. Am eindrucksvollsten ist die Fassade der Arctic Brotherhood Hall, die mit mehr als 20.000 Einzelstücken aus Treibholz dekoriert wurde. Im authentischen Bahnhofsgebäude der White Pass & Yukon Railway, in dem sich das Visitor Center des Klondike Gold Rush NHP befindet, sahen wir uns den sehr interessanten 30minütigen Film "Days od Adventure - Dreams of Gold" über die Goldrauschzeit an. Nach diesem Rundgang fuhren wir zum Fährterminal und holten unser reserviertes Ticket für die Überfahrt nach Haines ab. Auf der Dyea Road, die am nördlichen Ortsausgang vom Klondike Highway abzweigt, fuhren wir an der Long Bay und dem Ausläufer des Taiya Inlet entlang bis zum Ausgangspunkt des legendären Chilkoot Pass Trail. Der Trail, über den 100 .000 Männer und Frauen, Arbeitslose und Abenteurer, Geschäftsleute und Gauner am Ende des vergangenen Jahrhunderts zu den Goldfeldern des Klondike aufbrachen, war schon seit Jahrhunderten ein traditioneller Handelsweg zwischen indianischen Stämmen an der Küste und im Landesinneren. Die Chilkoot-Indianer brachten auf diesem Weg Fischöl und Meeresprodukte über den 1.140 m hohen Paß zu den Athabaskans und tauschten sie gegen Leder und Pelze ein. Als im 18. Jahrhundert die russischen Pelzhändler in Alaska einfielen, boten sich die Chilkoot-Indianer als Mittelsmänner und Kuriere zwischen den Weißen und den Athabaskans an. So gelang es ihnen, den Trail ins Landesinnere für weitere 100 Jahre geheimzuhalten. Doch als mitte des 19. Jahrhunderts die Gerüchte über reiche Goldvorkommen am Yukon immer lauter wurden, bedeutete das auch das Ende des Wegemonopols der Indianer. Mitte der 70er Jahre überquerte ein Prospektor namens George Holt als erster Weißer den Chilkoot Paß. Ihm folgten bis zum großen Klondike-Goldrausch mehr als 1..000 Schürfer und Goldsucher. Es war im Juli des Jahres 1897, als die Dampfer "Portland" und "Excelsior" mit sensationeller Fracht in den Häfen von Seattle und San Francisco anlegten. Sie kamen von der Mündung des Yukon und hatten 80 bärtige, schlammverkrustete Passagiere und 3 Tonnen Gold an Bord. Die Nachricht vom sensationellen Goldfund am Flüßchen Klondike schlug im depressionsgeplagten Amerika ein wie eine Bombe. Innerhalb weniger Stunde verließen viele Tausende ihr Heim, ihre Familien und ihren Beruf und buchten die nächste Fährpassage in den Norden. Der Zug der Goldsucher - auch Stampeder genannt, weil sie wie wild gewordenes Vieh ausbrachen und durch nichts mehr aufzuhalten waren - schwoll in den nächsten Wochen auf 100 .000 an. Mehr als die Hälfte von ihnen sollte den Klondike nie erreichen. Außer den Zeitungsberichten vom Goldsegen fern ab in der Wildnis gab es weder Landkarten, noch sonstige Informationen über Weg und Ziel der Reise. So versuchten sich die Stampeder auf einem Dutzend unwegsamer Trails in den Norden durchzuschlagen. Die leichteste und teuerste Reisevariante war die Schiffspassage. Auf Frachtschiffen ging es durch den Pazifik nach St. Michael an der Mündung des Yukon und von dort mit dem Heckraddampfer flußaufwärts nach Dawson. Obwohl die Schiffe immer wieder auf den Sandinseln des Yukon aufliefen und die Passagiere oft mehrmals am Tag von Bord mußten, um Brennholz für die Dampfkessel zu schlagen, galt die Reise auf dem Wasser als rich men´s route. Doch wer zum Goldsuchen aufbrach, hatte selten Geld, um solchen Luxus zu bezahlen; der Wasserweg blieb Geschäftsleuten, Spekulanten und Journalisten vorbehalten. Bester Landweg mit einigem Buschkomfort war der Dalton Trail von Haines nach Dawson, doch die Benutzung kostete mit 250 Dollar ebenfalls ein kleines Vermögen. Einige tausend Goldsucher versuchten es weiter nördlich bei Valdez. Hier war zwar der Versuch gratis, sich über die Gletscher der Küstengebiete durchzuschlagen, doch die meisten derjenigen, die nicht rechtzeitig umkehrten, kostete er das Leben. Andere versuchten, sich über Edmonton in Alberta nach Norden durchzukämpfen, aber auch von ihnen kamen nur einige Dutzend ans Ziel. Die große Masse jedoch fuhr auf hoffnungslos überladenen Booten nach Norden bis ans Ende der 90 Meilen langen des Lynn Canal. Am Ende des Fjords lagen zwei Siedlungen, die als Ausgangspunkt für den Weg ins Landesinnere dienten: das neu erstandene Skagway und die Indianersiedlung Dyea. Diejenigen, die sich Träger, Pferde und Packtiere leisten konnten, wählten den längeren aber weniger steilen White Pass, der von Skagway über das Küstengebirge ins Landesinnere führte. Über 3..000 der Transporttiere sollen am Wege verendet sein, was ihm den Beinamen Dead Horse Trail einbrachte. Wer weder Geld für Packtiere noch für Weggebühr übrig hatte - und das war die große Mehrzahl - nahm die kürzeste und steilste Route, die bei Dyea begann, den Chilkoot Trail. Auf der Paßhöhe wurden die Reisenden von den "Mounties" erwartet, den Posten der legendären North West Mounted Police. Hier oben auf der baumlosen, windigen Höhe verlief auch damals schon die Landesgrenze, begann kanadisches Territorium. Im Gegensatz zum gesetzlosen Chaos auf der amerikanischen Seite gab es in Kanada strenge Auflagen, die vielen Goldsuchern im arktischen Winter das Leben retten sollten. Wer die Grenze passieren wollte, mußte demnach Lebensmittel lfür 1 Jahr sowie eine Ausrüstung für das Überleben in der Wildnis aufweisen. Damit hatte jeder fast 1 Tonne Gepäck mitzuschleppen, darunter vorschriftsgemäß 500 Pfund Mehl, 100 Pfund Zucker, 80 Pfund Bohnen, 75 Pfund Schinken, 25 Pfund rosinen, 20 Pfund Kaffee, 15 Pfund Käse, 5 Pfund Schokolade und 500 Kerzen. Da blieb vielen nichts anderes übrig, als umzukehren und sich in Dyea und Skagway nützlich zu machen, umm sich so das Geld für Ausrüstung und Verpflegung zu verdienen. Viele verdingten sich, ebenso wie die Tlingit Indianer als Träger und schleppten für 1 Dollar pro Kilo fremdes Gepäck durch Regenwälder und Sümpfe, durch reißende Flüsse und schließlich über den 45 Grad steilen Anstieg auf die Paßhöhe des Chilkoot. Die Mehrzahl derer, die sich keine Träger leisten konnten, mußte ihre Habe stückchenweise voranschleppen und manövrierte die 500-1.000 Kilo-Last protionsweise über den Trail. Die meisten Stampeder schleppten alles, was sie eben tragen konnten, etwa 5 Meilen weit, bunkerten es dort in einem möglichst wetterfesten Versteck und marschierten zum Startpunkt zurück, um die nächste Fuhre zu holen. Die Bilder der endlosen Menschenkolonne auf dem verschneiten Pfad hinaus zum Chilkoot Paß sind berühmt geworden. Wer einmal aus der Schlange ausscherte, mußte oft stundenlang warten, um sich erneut einreihen zu können. Den Rückweg machten sich viele einfacher und rutschten auf dem Hosenboden hinunter. Auf diese Weise waren die Goldsucher gut und gerne 3 Monate auf dem Trail unterwegs, und jeder Stampeder legte fas 3.000 Streckenkilometer zurück, um sein gesamtes Gepäck zum 53 Kilometer entfernten Lake Bennett zu schaffen. Im Winter und Frühjahr 1897/98 überstanden über 30..000 Goldsucher diese irrwitzige Schinderei, die Jack London als Augenzeuge erlebte und in seinem Roman "Alaska Kid" schildert. Die Wälder rund um den Lake Bennett wurden abgeholzt, um Boote und Flöße zu bauen, die im Mai in Richtung Klondike aufbrachen. Manches Boot kenterte zwar in den Stromschnellen des Yukon River, aber die Mehrheit erreichte letztlich Dawson City. Heute ist der Chilkoot Pass Trail Teil des Klondike Gold Rush NHP und wird vom Parkservice unterhalten. Sogar Schutzhütten für Schlechtwettereinbrüche sind vorhanden. Wer heute den 53 Kilometer langen Trail of ´98 in Angriff nimmt, erhält im Visitor Center in Skagway alle notwendigen Informationen und eine genaue Karte. Wir hielten auf dem Rückweg nach Skagway an einer direkt an der Dyea Road gelegenen Aussichtsplattform, die einen schönen Blick auf Skagway und das Taiya Inlet bietet. Im Hafen lag gerade eines der 200 Kreuzfahrtschiffe, die in jeder Saison in Skagway festmachen. Wir reihten uns am Fährterminal in die Warteschlange ein und verließen gegen 21 Uhr an Bord der "Matanuska" Skagway. Durch den Lynn Canal mit der hochaufragenden Felskulisse des Fjords ging es in einer kurzen, gemächlichen Schiffsreise hinüber nach Haines. Ganze 21 km beträgt die Entfernung auf dem Wasser, über die Straße wäre man 580 km unterwegs. Nach einer knappen Stunde Fahrt erreichten wir den Fähranleger von Haines und bezogen unseren telefonisch reservierten Campingplatz.

Das Sehenswerteste an Haines ist seine einmalige Lage: Der Ort auf einer weit in den Lynn Canal hineinreichenden Landzunge zwischen Chilkoot und Chilkat Inlet wird von der gewaltigen Gebirgskulisse der schneebedeckten Chilkat Mountain Range umrahmt. Seine ursprüngliche indianische Bezeichnung "Dtehshuh" bedeutet sehr treffend "Ende des Weges". Wir fuhren auf der Lutak Road am Ufer des Lynn Canal entlang bis zum von hohen Bergen umgebenen Chilkoot Lake. Zurück in der Stadt schlenderten wir durch die Main Street und besuchten das Sheldon Museum and Cultural Center, das in einem modernen Gebäude am Ende der Main Street untergebracht ist. Gezeigt werden Kunsthandwerk der Tlingit-Indianer, Relikte russischer und amerikanischer Pioniere und Filme über Haines und die nördlich der Stadt gelegene Alaska Chilkat Bald Eagle Preserve. Im American Bald Eagle Foundation´s Natural History Museum wird in einem lebensgroßen Diorama mit über 100 Exponaten die Tierwelt des Chilkat Valley illustriert. Während Geli von hier aus zum Wohnmobil zurückging, habe ich mir noch die Gebäude des 1904 gegründeten Fort William H. Seward angesehen. Das südlich vom Ortszentrum gelegene Fort war nicht nur der erste, sondern bis zum Zweiten Weltkrieg auch der einzige dauerhafte Millitärposten in Alaska. Nachdem das Fort 1946 geschlossen wurde, hat man die 85 herrschaftlichen Gebäude mit Traumblick auf die Bucht in Wohnhäuser umgewandelt. Auf dem Paradeplatz des Forts befindet sich mit dem Totem Village der Nachbau eines indianischen Hauses aus dem 19. Jahrhundert. Wir fuhren dann zum Campingplatz zurück und gingen heute rechtzeitig schlafen, da wir morgen schon um 4.30 Uhr zu unserer Fahrt in den Glacier Bay NP abgeholt werden.

Der nächste Tag begann mit einer herben Enttäuschung: Wir waren um 3.00 Uhr aufgestanden und warteten ab 4.30 Uhr auf den Shuttle zum Flughafen. Als dieser nicht kam riefen wir bei der Fluggesellschaft an und wir erfuhren, daß aufgrund dichten Nebels in der Glacier Bay der Zielflughafen Gustavus nicht angeflogen werden kann. Man bot uns an, unsere Fahrt auf den nächsten Tag zu verlegen, sagte uns aber auch, daß die Flüge in die Glacier Bay in den letzten Tagen immer erst im Laufe des Vormittages fliegen konnten. Da jedoch das Boot schon um 7.00 Uhr zur Fahrt durch die Glacier Bay ablegt, wollten wir uns darauf nicht einlassen und einen ganzen Tag warten, um am nächsten Tag wahrscheinlich wieder nicht wegzukommen. Wir haben uns dann erst noch einmal hingelegt und zwei Stunden geschlafen, unsere Campingplatzreservierung für die nächste Nacht storniert und mit Hilfe der Fluggesellschaft und der Agentur in Whitehorse unsere Buchung rückgängig gemacht. Nach diesem wenig erfreulichen Morgen machten wir uns über den Haines High-way auf den Weg zurück zum Alaska Highway. Leider war auch in Haines das Wetter nicht so gut, so daß wir von der grandiosen Gebirgsszenerie der Takhinsha Mountains am Chilkat River nicht sehr viel gesehen haben. Für die große Ansammlung von Weikopfseeadlern im Alaska Chilkat Bald Eagle Preserve zwischen Haines und Klukwan war es von der Jahreszeit her noch zu früh. Ab Ende August, wenn die Lachse zum Laichen den Chilkat River hinaufwandern, versammlen sich bis zu 4.000 Weißkopfseeadler aus dem gesamten Nordwesten auf einem nur 8 km langen Abschnitt des Chilkat River. Warme Strömungen am Grunde des Flusses halten diesen Abschnitt des Chilkat River ganzjährig eisfrei und schaffen damit ideale Bedingungen für diese stattlichen Tiere. Die beste Zeit für Adlerbeobachtungen ist von Oktober bis Februar, wobei die größte Konzentration im November zu beobachten ist: Hunderte auf einem kurzen Uferstreifen, zwei Dutzend oder mehr in einem einzigen Baum. Der 244 km lange Haines Highway folgt dem Verlauf des alten Dalton Trail, der um die Jahrhundertwende einen alternativen Weg nach Dawson City bot. Ein gewisser Jack Dalton hatte das erste Teilstück auf jahrhunderte alten Indianerpfaden angelegt und sich damit seine eigene Goldgrube geschaffen. Hohe Wegzölle für die Benutzer seiner Straße brachten ihm mehr Gewinn als die meisten Claims der Goldfelder. Im Zweiten Weltkrieg baute die US-Armee den Trail als strategisch wichtige Verbindung von der Küste zum Alaska Highway weiter aus. Heute ist die herrlich geführte Straße durchgehend asphaltiert und sehr gut ausgebaut. Nach der Überquerung der kanadischen Grenze fuhren wir zunächst 75 km durch British Columbia, ehe wir wieder das Yukon Territory erreichten. Westlich der Straße liegen die Million Dollar Falls, die sich über mehrere Kaskaden 60 m in die Tiefe stürzen und so eine natürliche Barriere für die zu ihren Laichgründen ziehenden Lachse bilden und diese zwingen, ihre Reise am Fuße der Fälle zu beenden. Auf den letzten 65 km läuft die Straße parallel zum Kluane NP, auf dessen einzigen mit dem Auto zugänglichen Campingplatz, dem Kathleen Lake Campground, wir einen Stellplatz fanden. Für Durchreisende verbirgt sich die ganze Pracht dieses 22.000 km² großen, teilweise noch unerforschten Nationalparks hinter der ersten Bergkette. 1980 wurde die riesige Gebirgsregion zusammen mit dem auf amerikanischer Seite gelegenen Wrangell-St. Elias NP zur UNESCO World Heritage Site erklärt. Dieses größte Schutzgebiet Nordamerikas ist eines der letzten Refugien für eine ungestörte, intakte Tierwelt und umfaßt das gewaltigste Gletscherfeld außerhalb der Polarregion. Wir machten uns nach dem Abendessen auf den am Campingplatz beginnenden Weg zum Kathleen Lake, der ein Stück am von der Gebirgskette der St. Elias Mountains eingefaßten See entlangführt.

Am nächsten Morgen lag die majestätische Hochgebirgslandschaft des Kluane NP unter einer geschlossenen Wolkendecke verborgen. Wir fuhren nach Haines Junction, einem kleinen Ort der beim Bau des Alaska Highway im Kreuzungsbereich mit dem Haines Highway entstanden war. Hier besuchten wir das Visitor Center des Kluane NP und sahen uns die Dia-Show an, die auch Bilder aus dem weitestgehend unerschlossenen und schwer zu erreichenden Teil des Parks zeigt. Berge und Gletscher bedecken 82% der Parkfläche, darunter auch der Mount Logan, der mit 5959 m höchste Berg Kanadas und zweithöchste des Kontinents. Wir konnten die landschaftliche Schönheit des Alaska Highway auf dem Abschnitt zwischen Haines Junction und Kluane Lake nur erahnen, bei klaren Himmel muß diese Strecke ein überwältigendes Panorama bieten. Am Boutillier Summit, einem 1.000 m hohen Paß, überblickten wir erstmals den Kluane Lake, den mit 400 km² größten See des Yukon Territory. Etwa 1 km westlich vom Paß zweigt beim Milemarker 1053 eine 5 km lange Schotterstraße zu Geisterstadt Silver City am Südostufer des Kluane Lake ab. Als 1903 in dieser Region Gold gefunden wurde kamen Hunderte von Goldsuchern nach Silver City, das von 1904 bis 1920 zum Zentrum der Bergwerksaktivitäten avancierte. Aufgrund der hohen Unterhaltungskosten und unprofitablen Minen wurde die Siedlung Anfang der 20er Jahre aufgegeben und letztmalig 1942 von den Soldaten, die den Alaska Highway bauten als Camp genutzt. Heute bieten die verfallenen Blockhäuser der Ghost Town vor einer schönen Landschaftskulisse ein vorzügliches Fotomotiv. Viele der Ruinen dienen heute Erdhörnchen als Unterschlupf und sie nehmen die Besucher genau in Augenschein. Der Alaska Highway windet sich auf den nächsten Kilometern rund um den Kluane Lake zum Sheep Mountain Visitor Information Centre. Bei gutem Wetter lassen sich im Frühjahr und Herbst einige der 4.000 hier beheimateten Bergschafe beobachten, die sich in den Sommermonaten auf den Weiden jenseits des Sheep Mountain aufhalten. In unmittelbarer Nähe führt die Straße über den Soldier´s Summit, wo der Alaska Highway am 20.11.1942 offiziell eröffnet wurde. In Burwash Landing sahen wir uns das Kluane Museum of Natural History an, wo in neu erbauten Wildlife-Displays viele Wildtiere in ihrer natürlichen Umgebung zu sehen sind. Die Strecke verliert nördlich von Burwash Landing an Reiz und führte uns zudem wenig später in eine riesige Baustelle mit teilweise katastrophalen Straßenzuständen. So erreichten wir den kleinen Ort Beaver Creek, 34 km vor der Grenze, wesentlich später als wir erwartet hatten und waren froh, daß wir auf dem einzigen Campingplatz noch einen Platz bekommen haben.

Nachdem wir mit Hyder, Skagway und Haines bereits drei Abstecher in den Panhandle von Alaska unternommen hatten, erreichten wir heute das "richtige" Alaska, "The Last Frontier", wie es auf den Nummernschildern des Staates zu lesen ist. Mit einer Größe von fast 1,5 Millionen km² ist Alaska viermal so groß wie die Bundesrepublik, hat aber nur 550.000 Einwohner, d.h. jeder Alaskaner hat rein statistisch einen Lebensraum von 3 km². Bis in die Mitte des 18. Jahrhunderts kamen keine Fremden in das Land, das von den Aleuten "Alyeska" - das große Land - genannt wurde. Im Juni 1741 segelten russische Seeleute unter der Führung des Dänen Vitus Bering an der Innselkette der Aleuten entlang bis zum nordamerikanischen Festland, daß sie für den Zaren in Besitz nahmen. Das Interesse der Russen an Alaska beschränkte sich im wesentlichen auf die Pelztiere. Der Verkauf ihrer Felle versprach hohe Einnahmen. Eine gnadenlose Jagd führte aber bald zur fast vollständigen Ausrottung der Seeotter und zu einer erheblichen Dezimierung anderer Arten. Da deshalb die Kolonie ab Mitte des 19. Jahrhunderts nicht nur keinen Gewinn mehr für die Zarenkrone abwarf, sondern sogar hohe Kosten verursachte, nahmen die Russen 1867 das amerikanische Kaufangebot gerne an. Für die aus heutiger Sicht lächerliche Summe von 7,2 Millionen Dollar, weniger als $5 pro km², ging Alaska am 18.10.1867 an die Vereinigten Staaten. Viele Jahre lang schenkte die regierung dem neuen Besitz nur wenig Aufmerksamkeit und viele Amerikaner spotteten sogar über diesen völlig nutzlosen Erwerb. Bedingt durch die Goldfunde gegen Ende des 19. Jahrhunderts änderte sich die öffentliche Meinung gegenüber Alaska gründlich. Auf seine politische Anerkennung mußte Alaska lange warten: Bis 1912 wurde es als Distrikt verwaltet, danach zum eigenständigen amerikanischen Territorium erklärt. Erst als mit dem Zweiten Weltkrieg und dem anschließenden "kalten Krieg" die strategische Bedeutung Alaskas stieg, kamen Bestrebungen in Gang einen neuen Bundesstaat zu gründen. Am 3.1.1959 wurde Alaska offiziell als 49. Bundesstaat in die Union aufgenommen und die vom Volk bestätigte Verfassung trat in Kraft. Das katastrophale Karfreitagserdbeben vom 21.3.64 mit einer Stärke von 8,75 auf der Richterskala, die Erdölfunde in der Pruhoe Bay 1968, die Fertigstellung der 1285 km langen Alaska-Pipeline 1977 und schließlich die verheerende Öl-Katastrophe im Prince William Sound, ausgelöst durch die Havarie der "Exxon Valdez" 1989 sind weitere Meilensteine in der Geschichte Alaskas. Für uns setzten sich die schier endlosen Baustellen auf dem Alaska Highway heute fort, aber der Straßenzustand war nicht ganz so schlecht wie gestern. Der Hwy verläuft am Rand der Tetlin NWR entlang und bietet einige schöne Ausblicke auf die Wrangell und St. Elias Mountains. Hier entdeckten wir einen Schwarzbären am Straßenrand, der sich als wir anhieletn aber sofort ins dichte Unterholz zurückzog. In Tok verließen wir den Alaska Highway und fuhren auf dem Tok Cutoff genannten Abschnitt des Glenn Highway in Richtung Anchorage und Valdez. Die Straße bietet keine überragenden landschaftlichen Höhenpunkte, aber einen besonders einsamen Verlauf. Die guten Möglichkeiten für Tierbeobachtungen entlang der Strecke, beschränkten sich bei uns auf einen einzelnen Fuchs am Straßenrand, von Elchen oder Karibus keine Spur. Eindrucksvoll ist im Osten das Panorama der Wrangell Mountains, das den Tok Cutoff begleitet. Auch hier hatten Witterung und Permafrost die Straße in einen ziemlich schlechten Zustand versetzt, gegen den die Straßenbaukolonnen gar nicht so schnell anarbeiten können. Wird der Asphalt von der Sonne aufgeheizt, taut die gefrorene Erde darunter auf und bricht ein. So entstehen binnen kürzester Zeit tiefe Schlaglöcher, lange klaffende Risse und Bodendellen, die die Autos das Fliegen lernen. Der Glenn Highway zwischen Tok und Glennallen war eine solche "Stoßdämpfer-Versuchsstrecke", daß wir beschlossen uns den knapp 200 km langen Abstecher nach Valdez zu ersparen und stattdessen gleich in Richtung Anchorage weiterzufahren. Westlich von Glennallen fanden wir einen sehr schön gelegenen Campingplatz etwas abseits der Straße.

Am nächsten Morgen setzten wir unsere Fahrt auf dem Glenn Highway in Richtung Anchorage fort. Wieder einmal hatten wir etwas Pech mit dem Wetter, tiefhängende Wolken versperrten den Blick auf die eindrucksvollen Chugach Mountains. Von der Straße aus konnten wir den Tazlina Glacier und den Nelchina Glacier sehen, die ihre gewaltigen Gletscherzungen ins Tal schieben. Hinter dem Eureka Summit Pass, dem mit 1013 m höchsten Punkt des Glenn Highway, beginnt der schönste Abschnitt der ganzen Strecke bis nach Palmer. Gekrönt wird diese Etappe vom Matanuska Glacier, den man schon vom hochgelegenen Highway aus sehr gut überblicken kann. Die einzige Zufahrt zum Gletscher führt über Privatgelände des Glacier Park Resort und kostet Eintritt. Doch die Abgabe lohne sich, denn die 6,5 km breite Gletscherfront liegt in einem hinreißenden Tal und bietet einen unvergeßlichen Anblick. Über Geröllfelder und den mehlfeinen Gletschersand kann man, vorbei am aus dem Gletscher entspringenden Matanuska River bis auf das weiße Eis des Gletscherriesen wandern. Der Hwy folgt von hier aus dem Lauf des Matanuska River und einige Aussichtspunkte bieten einen Blick auf den Fluß und die Matanuska Valley Moose Range. Wir hielten aber auch heute vergeblich Ausschau nach unserem ersten alaskanischen Elch. Dafür sahen wir auf der Musk Ox Farm, einige Kilometer östlich von Palmer, gleich eine ganze Herde der urzeitlichen Moschusochsen. Auf dieser Farm ist es gelungen eine Herde von derzeit 39 Moschusochsen zu züchten und zu domestizieren. Diese arktischen Urviecher, Zeitgenossen der Dinosaurier, wurden zu Beginn dieses Jahrhunderts in der amerikanischen Wildnis fast ausgerottet. Auf der Musk Ox Farm vermehren sie sich nicht nur, sondern ihre Wolle - genauer der zarte Flaum ihres Unterhaares - wird von den Eskimos zu Mützen, Schals und Ohrwärmern verarbeitet. Diese nützlichen Souvenirs sind zwar teuer, aber einmalig auf der Welt. Qiviut heißt das feine Flies, das die zotteligen Moschusochsen die arktischen Winter hindurch warmhält. In der Sprache der Eskimos heißt Qiviut soviel wie "Unterwolle" und bezeichnet eines der seltensten, feinsten und wärmsten natürlichen Gewebe der Welt. Es ist federleicht, verliert beim Waschen nicht die Form und hält achtmal wärmer als Schafwolle; es wird weder chemisch behandelt noch gefärbt. Im Frühjahr verlieren die Moschusochsen oder Oomingmak, die Bärtigen, wie die Eskimos sie nennen, ihr Qiviut. Bis zu 3 kg pro Tier werden auf der Farm ausgekämmt, gesponnen und von Eskimo-Frauen in sieben weit auseinanderliegenden Dörfern im hohen Norden Alaskas in Handarbeit zu den wärmenden Accessoires verarbeitet. Als Unterstützung der Eingeboreren war das Projekt der Musk Ox Farm, der weltweit einzigen domestizierten Moschusochsen-Herde, von seinem Gründer John J. Teal 1964 gedacht und ist heute eine Kooperative, die über 200 Familien in der Arktis das Einkommen sichert. Auf einer 40minütigen, sehr informativen Führung über das Gelände der Farm erfuhren wir einiges über das Verhalten und die Lebensweise dieser eigentümliche Tiere. Nach diesem Rundgang und einem kurzen Einkaufsstop in Palmer fuhren wir über eine 16 km lange Stichstraße zur Eklutna Lake RA, wo wir auf dem schön gelegenen Campingplatz in der Nähe des namensgebenden Sees übernachteten.  

 

Wir begannen den nächsten Tag mit einem Spaziergang zum blaugrün schimmernden, von Bergen eingerahmten Eklutna Lake. Bevor wir uns dann wieder auf den Glenn Highway begaben, besuchten wir den Eklutna Village Historical Park, in dem das Erbe und die Tradition der Tanaina-Indianer, Angehörige der Athabaskan-Ureinwohner, gepflegt wird. Tausende von ihnen lebten in früheren Zeiten in der fruchtbaren Region rund um den Knik Arm des Cook Inlet. Die Siedlung geht auf das Jahr 1650 zurück und liegt am Schnittpunkt mehrerer Indianer-Trails. Die ersten Weißen, die hierher kamen, waren 1741 der Forscher Vitus Bering und Ende des 18.Jahrhunderts Captain James Cook, später folgten russische Missionare und brachten ihre Religion und westliche Einflüsse nach Eklutna. Im Heritage House des Parks sind historische Aufnahmen vom Leben der Ureinwohner Alaskas und kunstvolle Produkte der heutigen Nachkommen zu sehen. Neben den beiden russisch-orthodoxen Kirchen mit ihren zahlreichen Ikonen ist der indianische Friedhof mit seinen "Spirit Houses" von besonderem Interesse. Die bunt bemalten Häuschen sind als Wohnstätte für die Geister der Verstorbenen gedacht. Über den Glenn Highway erreichten wir dann nach kurzer Fahrt Anchorage, Alaskas größte Stadt, wo mit 238.000 Einwohnern fast die halbe Bevölkerung Alaskas lebt. Die Stadt liegt am Ende des tief ins Land hineinreichenden Cook Inlet und wird im Nordwesten und Südosten von dessen Ausläufern, dem Knik und Turnagain Arm, umschlossen. Die Gründung von Anchorage im Jahre 1915 geht ausnahmsweise nicht auf fündig gewordene Goldsucher zurück sondern auf die Alaska Railroad. Sie ließ an der Mündung des Ship Creek ins Cook Inlet zunächst ein Bauarbeitercamp errichten und verlegte später ihr Hauptquartier von seward dorthin. Danach profitierte Anchorage sowohl von der landwirtschaftlichen Erschließung des Matanuska Valley als auch von Ölfunden im Cook Inlet und in den 70er Jahren vom Bau der Alaska Pipeline. Mittlerweile gehört Anchorage zu den am schnellsten wachsenden Städten der USA und ist das ökonomische und kommerzielle Zentrum Alaskas. Rein optisch hat die Stadt nicht viel zu bieten und unterscheidet sich kaum von jeder beliebigen amerikanischen Stadt dieser Größe. Wir sicherten auf einem Innenstadt nahen Campingplatz einen Stellplatz und fuhren zum dem Postamt, das für die General Delivery Sendungen zuständig ist. Am Schalter war es dann fast so, als hätte ich heute noch einmal Geburtstag, wir konnten dreizehn Briefe und zwei Päckchen in Empfang nehmen und haben uns über den riesigen Berg Post sehr gefreut. Auf dem Parkplatz eines Wal-Mart haben wir dann die Zeit, die wir auf unsere Film-Entwicklung warten mußten, zum Lesen der Post benutzt. Nach dem anschließenden Einkauf war es dann für einen Gang durch die Innenstadt schon zu spät und wir fuhren zum Campingplatz zurück. Hier haben wir uns eine Zeit lang mit einem älteren Ehepaar aus Osterode unterhalten, die für 7 Monate unterwegs sind und deren deutsches Kennzeichen uns aufgefallen war.

Nachdem wir etwas länger geschlafen, unsere Wäsche gewaschen und einige Telefonate mit Freunden und Verwandten geführt hatten, machten wir uns zu Fuß auf den Weg in die Innenstadt. Das Log Cabin Visitor Center, eine stämmige Blockhütte, die sich wie eine Kopie aus alten Trapperzeiten in der 4th Avenue zwischen die moderneren Gebäude duckt, ist mit seinem dicht bewachsenen Grasdach das schönste Gebäude in Anchorage. Ganz in der Nähe befindet sich das 4th Avenue Theatre aus dem Jahre 1947, einer der wenigen Artdéco-Bauten, die das Erdbeben von 1964 unversehrt gelassen hat. In den vergangenen Jahren wurde es für zwei Millionen Dollar renoviert und neu eröffnet, allerdings nicht als Theater im üblichen Sinn, sondern als multifunktionaler Treffpunkt, in dem die Besucher essen, Souvenirs einkaufen und Filme gucken können. Da zur Zeit unseres Besuches keine Filme gezeigt wurden verließen wir dieses kuriose Eß-, Kauf- und Guck-Kino sehr schnell wieder und besuchten auf unserem Weg zum Museum of History das Alaska Experience Center, eine weitere, typisch amerikanischen Attraktion. Hier wird das dramatische Erdbeben des Jahres 1964 auf dreidimensionale Weise vorgeführt und vermarktet. Eine Earthquake-Ausstellung zeigt auf wandgroßen Bildern die Folgen des katastrophalen Karfreitag-Bebens: eingestürzte Häuser, brennende Öltanks und metertiefe Spalten in den Freeways. Im Earthquake Theatre läuft ein 15minütiger Film, der Überlebende des Infernos zu Wort kommen läßt. Und während auf der Leinwand Augenzeugen des stärksten Bebens in der Geschichte des Kontinents ihr erschütterndes Schicksal schildern, liefert die Technik im Saaleine elektronisch gesteuerte Kostprobe: Die Kinostühle beginnen mit 4,5 Einheiten auf der Richter-Skala zu rütteln und zu wackeln. Selten läßt sich so eindrucksvoll erleben, wie eine Katastrophe durch pädagogischen Übereifer zur Klamotte wird. Neben dieser "Seismic Sensation" kann man im zweiten Kinosaal desselben Gebäudes "Alaska the Great Land" aus der Luft erleben. Vierzig Minnuten lang fliegt man teils gemächlich, teils in rasanten Stürzen und Kehren über Alaskas schönste Wildnislandschaften. Eine spezielle Kameratechnik und eine drei Stockwerke hohe und 180 Grad gebogene Riesenleinwand machen dieses Live-Feeling möglich. Leider wird der an sich gut gemachte Film nicht immer in voller Schärfe auf die Leinwand projeziert, was den Gesamteindruck etwas trübt. Zum Abschluß unseres Rundgangs durch die Stadt sahen wir uns das Anchorage Museum of History and Art an. Selbst Museumsmuffel werden spätestens auf der Galerie des Hauses ihre Meinung ändern, denn hier wird in gewaltigen Glasschaukästen der Alltag der Bewohner Alaskas in chronologischer Reihenfolge auf spannende Weise vorgeführt: Aleuten, Eskimos, Indianer, russische Pelzhändler, britische Walfänger und die Goldgräber der Jahrhundertwende sind als lebensgroße und lebensechte Puppen in ihrer jeweiligen Originalumgebung am Werk. Wie im Zeitraffer sind die Lebensbedingungen aller Epochen in Alaska präsent, von der unterirdischen Erdhöhle der Indianer bis zum 20. Jahrhundert. Perfekte Minidioramen zeigen dazu die Dorfgemeinschaften der Ureinwohner: Indianer beim Fischen, Athabaskans bei der Karibu-Jagd und Eskimos beim Walfang. Im Erdgeschoß vervolständigen permanente und wandernde Kunstausstellungen dieses wirklich gute Museum, das den Höhepunkt unseres fünfstündigen Rundgangs bildete. Abgesehen vom Museum versäumt man nichts, wenn man Anchorage ausläßt und die eingesparte Zeit in der sehenswerteren Natur Alaskas verbringt. So waren wir auch etwas enttäuscht von der Metropole Alaskas als wir zum Campingplatz zurückgingen.

Zu der Enttäuschung von gestern gesellte sich heute auch noch Pech. Wir waren nach dem Ausschlafen zum Earthquake Park gefahren, einem Gebiet am Stadtrand von Anchorage, in dem die Spuren des schweren Erdbebens von 1964 nicht beseitigt wurden. Hier erlaubt der autofreie Tony Knowles Coastal Trail, der die ganze Küste entlang führt, einen besonders schönen Blick auf die Downtown von Anchorage und das Wasser- und Bergpanorama des Knik Arm. Auf einem der Parkplätze am Trail ereilte uns dann das Schicksal: Beim Aussteigen vernahmen wir ein lautes Zischen und einer unserer Vorderreifen sackte förmlich in sich zusammen. Wir wuchteten also unser in Kanada erworbenes neues Reserverad vom Dach des Wohnmobils, lösten die Muttern des defekten Reifens und setzten den Wagenheber an. Doch der hatte wohl im Laufe der Jahre sein Hydrauliköl verloren und verweigerte den Dienst. Wir wollten schon unsere Fahrräder startklar machen, um einen neuen Wagenheber zu beschaffen, als ein Van auf den Parkplatz fuhr, dessen Insassin uns bereitwillig ihren Wagenheber geliehen hat. So konnten wir dann schließlich das Rad wechseln, konnten das neue aber nicht richtig montieren, da die neue Felge einen Führungsstift besaß, für den in unsere Achse kein entsprechendes Loch vorhanden war. Wir befestigten den Reifen so gut es ging und fuhren ganz langsam zur nächsten Tankstelle mit Service-Station. Dort hat man unseren alten Reifen geflickt und wieder montiert und von der neuen Felge den Führungsstift abgeschliffen, so daß sie jetzt problemlos paßt. Nachdem wir den neuen Reifen wieder auf dem Dach verstaut hatten, beschafften wir uns einen neuen Wagenheber und füllten unsere Vorräte auf. Notgedrungen suchten wir uns einen Campingplatz für einen weitere Nacht in Anchorage, wo wir als erstes unsere Wäsche gewaschen haben, die bei der Panne auf einen staubigen Sandparkplatz doch etwas gelitten hatte. Damit der Tag kein völliger Ausfall wurde, gingen wir am Abend in ein in der Nähe des Campinglatzes gelegenes Kino und sahen uns den Film "Phenomenon" mit John Travolta an. Der Film war zwar trauriger als wir ihn uns nach einer kurzen Vorschau im Fernsehen vorgestellt hatten, hat uns aber trotzdem gut gefallen und John Travolta bot eine überzeugende schauspielerische Leistung. Alles in Allem hatten wir ja noch Glück, daß uns dieses Malheur hier in der Stadt und nicht irgendwo in der Wildnis passiert ist,aber trotzdem hoffen wir für den Rest unserer Reise vor solchen Überrraschungen verschont zu bleiben.

Wir verließen am nächsten Morgen Anchorage auf dem Seward Highway in Richtung Kenai Peninsula, einer der attraktivsten Regionen im südlichen Alaska. Der erste Abschn itt dieser gut ausgebauten Straße verläuft am Turnagain Arm des Cook Inlet entlang. In dieser Meeressackgasse mußte Captain Cook 1778 auf seiner Suche nach der Nordwest-Passage zwischen Pazifik und Atlantik enttäuscht wieder umkehren, woher die tief ins Landesinnere hineinreichende Bucht ihren Namen hat. Heute ist sie vor allem wegen der spektakulären Flutwelle beliebt, mit der das Wasser zweimal täglich nach der Ebbe als meterhohe Wand hereinbricht. Der Aussichtspunkt Beluga Point bietet nicht nur einen weiten Blick über den Turnagain Arm, sondern auch eine detaillierte Erklärung der gewaltigen Gezeitenwelle. Wir hatten leider auch heute wieder bedeckten Himmel und leichten Regen, so daß die Aussicht etwas eingeschränkt war. Mit etwas Glück kann man hier Beluga-Wale beobachten, die den Lachszügen in die Bucht folgen. Etwas weiter passierten wir den Ort Portage am äußersten Ostende des Turnagain Arm, der beim Erdbeben 1964 vollkommen zerstört wurde und heute nur noch aus der Verladestation der Portage-Whittier-Railroad besteht. Hier zweigt die Straße zum Portage Glacier ab, einem der attraktivsten Ziele in ganz Alaska. Im Portage Lake, einem verhältnismäßig kleinen, aber über 200 m tiefen Gletschersee, treiben tonnenschwere blauweiße Eisberge und unzählige große und kleine Schollen. Sie stammen vom Portage Glacier, der aus den Bergen bis an das gegenüberliegende Ufer des Sees erstreckt. Vor etwa 100 Jahren füllte er noch das gesamte Tal aus, in dem sich heute der See befindet. Jetzt hat er sich schon so weit zurückgezogen, daß er vom eindrucksvoll gestallteten Visitor Center des National Forest Service aus nicht mehr zu sehen ist. Man kann ihn nur noch auf einer einstündigen Bootsfahrt erreichen, die unweit des Visitor Centers beginnt. Aufgrund des schlechten Wetters ließen wir diese Fahrt aber aus und sahen uns stattdessen im Visitor Center den sehenswerten Film " Voice of the Ice" zum Thema Gletscher an. Der Ausblick von der Uferpromenade über den See mit seinen Eisbergen und dem Burns Glacier im Hintergrund ist sehr eindrucksvoll und muß bei gutem Wetter geradezu phantastisch sein. Wir folgten von hier aus weiter dem Seward Highway ehe wir 60 km nördlich von Seward auf den Sterling Highway in Richtung Homer abbbogen. Am Kenai River entlang, dessen Ufer von Anglern gesäumt waren, fuhren wir bis zur Mündung des Flusses an der Westküste der Halbinsel. Hier liegt Kenai, einer bereits 1791 unter dem Namen St. Nicholas von den Russen gegründeten Stadt, die heute mit 6300 Einwohnern die größte Siedlung auf der gleichnamigen Halbinsel ist. In der Nähe des modernen, zur 200 Jahrfeier eingeweihten Visitor Center fanden wir einen Stellplatz und konnten nach dem Abendessen noch zum Mt. Redoubt Viewpoint gehen. Von diesem Aussichtspunkt auf den Klippen am Mündungsbereich des Kenai River kann man bei gutem Wetter die aktiven Vulkane Mt. Redoubt (3108 m) und Mt. Iliamna (3066 m) auf den Aleuten sehen. Wir konnten zahlreiche Angler und die heimkehrende Fischereiflotte beobachten, sahen aber auch hier keine Beluga-Wale, die während der Lachssaison häufig im Mündungsbereich zu beobachten sind.

Mit einem Spaziergang zur russisch-orthodoxen Kirche, der Hauptsehenswürdigkeit Kenais, begannen wir den nächsten Tag. "Holy Asumption of the Virgin Mary" heißt die 1846 gegründete Gemeinde, die sich seit 1895 in dieser schönen, mit drei Zwiebeltürmen versehenen Kirche trifft. Auf dem Rückweg zum Campingplatz gingen wir noch einmal am Mt. Redoubt Viewpoint vorbei und konnten diesmal die schneebedeckten Berge der Aleuten-Kette erkennen. In der Flußmündung versuchten auch heute wieder zahlreiche Angler ihr Glück. Nach einigen Besorgungen verließen wir gegen Mittag Kenai und konnten in der Nähe der Kalifornsky Beach Road eine Elchkuh mit ihrem Jungen beobachten, die ersten Elche, die wir in Alaska gesehen haben. Bei Kasilof trifft die Straße wieder auf den Sterling Highway und führt immer an der Küste des Cook Inlet entlang nach Süden. Viele Aussichtspunkte ermöglichen einen Blick über die Bucht auf die Berge der Aleutian Range. Kurz vor Homer konnten wir von einem der Aussichtspunkte am Rand der Steilküste einige Seeotter in der Bucht unter uns beobachten. Am Baycrest Hill eröffnete sich uns dann der Blick auf Homer, die Kachemak Bay und die Gebirgskette der Kenai Mountains. Das "Halibut Fishing Capital of the World", wie sich die kleine Hafenstadt selbst nennt, liegt in der grüngrauen Kachemak Bay, umrahmt von unzähligen gletschergekrönten Gipfeln. Der Sterling Highway endet in Homer auf dem sogenannten Homer Spit, einer 8 km langen, schmalen Landzunge, die tief in die Bucht hineinreicht und die Besucher mitten hinein in die ganze Wasser-, Wald- und Gebirgspracht der Kachemak Bay führt. Am Ende des Spit, auf dem jeder freie Platz zum Campen genutzt wird, befindet sich ein ganzjährig eisfreier Hafen, der nicht nur von der Flotte der Alaska State Ferry, sondern auch von Kreuzfahrtschiffen und riesigen Fischtrawlern genutzt wird. Wir versuchten für morgen einen Platz auf einem Ausflugsboot zu bekommen, das über die Bucht zu Künstlerkolonie Halibut Cove fährt, mußten uns aber mit einem Platz auf der Warteliste begnügen. Mit seinem Yachthafen und den auf Pfeilern ins Wasser montierten Boardwalks mit Läden, Restaurants und Bootscharterfirmen ist der Split das touristische Zentrum von Homer. Hier findet auch das alljährliche Halibut-Festival statt, bei dem auf den größten während der Sommersaison gefangenen Heilbutt eine stattliche Prämie ausgesetzt wird. Mannshohe, Heilbutt mit weit über 100 kg Gewicht sind hier keine Seltenheit. Der Spit war von Beginn an Homers Markenzeichen und Lebensader und es brauchte nach dessen Zerstörung beim Erdbeben von 1964 sechs Jahre, sieben Millionen Dollar und Unmengen von Beton, um das Gelände wieder durchgehend zu befestigen und darauf eine Straße anzulegen, die auch den stärksten Winterstürmen trotzt. Wir fuhren auf der East End Road entlang, die über gut 30 km auf dem Scheitel des Nordufers der Kachemak Bay verläuft und eine atemberaubende Sicht auf die Bucht und die Kenai Mountains bietet. Zurück in Homer bezogen wir, abseits vom Rummel auf dem Spit, im Hillside Campground, der oberhalb der Stadt im Wald liegt, Quartier.

Die Wettervorhersagen im Radio und Fernsehen hatten recht, der nächste Tag zeigte sich von seiner besten Seite mit strahlend blauem Himmel und Fernsicht. Wir nutzten diese Gelegenheit und fuhren zum Skyline Drive oberhalb der Stadt. Von dieser Schotterstraße hatten wir einen phantastischen Blick auf die Kachemak Bay mit dem Homer Spit, die Kenai Mountains mit ihren Gletschern auf der anderen Seite der Bucht, sowie auf das Cook Inlet und die etwa 200 km entfernten schneebedeckten Berge des Katmai NP. Auf dem Weg zum Homer Spit hielten wir beim Büro des Kachemak Air Service, weil ich in einem Reiseführer gelesen hatte, daß es dort vielleicht möglich ist kurzfristig einen Flug zum McNeil River State Game Sanctuary, einem Bärenparadies, zu bekommen. Nur zehn Besucher pro Tag erhalten eine per Lotterieverfahren vergebene Erlaubnis dieses Gebiet zu besuchen und ich hatte gehofft wir könnten für abgsagende Gäste einspringen. Aber man erklärte uns, daß auch dafür ein sogenanntes Standby-Permit erforderlich ist, was ebenfalls ausgelost wird. Den Besuch des Katmai NP hatten wir bereits aus Kostengründen vom Reiseplan gestrichen, da unsere Nachforschungen in Anchorage ergeben hatten, daß ein zweitägiger Besuch im Park allein für Flüge und Übernachtung in der Lodge etwa 1.000 DM pro Person kosten würde. Da unsere Reisekasse aber noch 7 Monate durchhalten muß, wollten wir ihr eine derartige Belastung nicht zumuten und haben beschlossen diese Aktivitäten auf einen späteren Urlaub zu verschieben. Dafür hatten wir mit unserer Bootstour nach Halibut Cove Glück, wir bekamen über die Warteliste noch zwei Plätze auf der Stormbird, einem umgebauten Fischerboot, das zweimal täglich vom Spit in das romantischer Fischer- und Künstlerdorf hinüberfährt. Höhepunkt dieser Fahrt war jedoch Gull Island, zwei schroffe Felsen, auf denen Tausende von Vögeln nisten. Hier konnten wir Möwen, Kormorane und Papageientaucher beobachten und in einer geschützten Felsnische schwammen zwei Seeotter, jene putzigen, zur Familie der Marder gehörenden Meeresbewohner, die von den Pelztierjägern im 18. Jahrhundert an den Rand der Ausrottung gebracht wurden. Schon der erste Blick bei der Einfahrt in die stille Bucht von Halibut Cove zeigt den Charme der idyllischen Siedlung, deren wenige Häuser auf Pfählen stehen und nur durch hölzerne Gehsteige miteinander verbunden sind. Wir schlenderten durch die kleine Siedlung, sahen uns verschiedene Galerien an und beendeten den etwa zweistündigen Aufenthalt mit einem kleinen Imbiß auf der Terrasse des "Saltry", dem einzigen Restaurant des Ortes. Auf der Rückfahrt kamen wir mit einem jungen Amerikaner aus Oregon ins Gespräch, der mit seinem Vater morgen für vier Tage zum McNeil River fliegt, sie hatten schon beim ersten Versuch das Glück ausgelost zu werden. Im Hafen sahen wir einige Fischerboote, die den Heilbuttfang des Tages abluden, aber so richtig gewaltige Exemplare waren nicht dabei. Auf dem Land´s End RV Park am Ende des Homer Spit bekamen wir noch einen Stellplatz inmitten der grandiosen Szenerie der Kachemak Bay. Da für morgen wieder Regen angesagt ist, hoffen wir, daß sich die Meteorologen diesmal irren.

Das taten sie leider nicht und wir mußten im "Blindflug" durch Regen, Nebel und tiefhängende Wolken die knapp 220 km auf dem Sterling Highway zurückfahren. Weder von der Landschaft noch von der Tierwelt der Kenai NWR konnten wir heute etwas sehen. Auf dem Seward Highway zwischen Tern Lake Junction und Seward wurde die Sicht zwar etwas besser, aber wir beschlossen trotzdem gleich nach Seward durchzufahren und uns den Exit Glacier, den einzigen mit dem Auto erreichbaren Gletscher des Kenai Fjords NP, auf dem Rückweg anzusehen. Die kleine Hafenstadt Seward ist nicht nur der Endpunkt des gleichnamigen Highways, sondern auch Endstation der Alaska Railway und ein bedeutender Fischereihafen. Seward liegt wunderschön zwischen hohen Bergen an der Resurrection Bay und ist das Tor zur unberührten Wildnis des Kenai Fjords NP. Vor dem Ausbau des Straßensystems hatte Seward den Beinamen "Gateway to Alaska", denn von hier aus erschloß die Eisenbahn die Wildnis im Landesinneren. Sewards perfekte Lage als Tür zum Hinterland hatten vor der Alaska Railroad schon die Russen erkannt: 1791 diente die Resurrection Bay dem damaligen Gouverneur von Russisch-Amerika, Alexander Baranof, als Schutzhafen vor einem Sturm. Da er dort am Ostersonntag, dem Tag der Auferstehung, ankerte, gab er der Bucht diesen Namen. Zwei Jahre später gründete er hier eine Siedlung und schlug für 27 Jahre sein Hauptquartier in der Resurrection Bay auf. Die Stadt selbst verdankt ihren Namen dem amerikanischen Außenminister William H. Seward, der 1867 den Ankauf des damaligen Russisch-Amerika zum Abschluß brachte. Wir suchten als erstes das Visitor Center des Nationalparks auf, versorgten uns mit Informationsmaterial und sahen uns die Diashow über den Park an, die uns aber nicht besonders gefallen hat. Von den unterschiedlichen Anbietern, die Fahrten in die Fjordlandschaft anbieten, suchten wir uns die Tour aus, die als einzige von einem Ranger des Nationalparks begleitet wird und bekamen auch für morgen noch zwei Tickets. Wie alle in Alaska angebotenen Touren, war auch diese mit über 300 DM für zwei Personen nicht gerade billig, aber wenn man etwas von der Landschaft sehen will, muß man das wohl oder übel in Kauf nehmen. Auf dem nicht besonders schönen, aber zentral gelegenen Kenai Fjords RV-Park fanden wir einen Stellplatz, von dem aus wir unsere Bootstour ohne lästige Parkplatzsuche zu Fuß antreten können. Der Kenai Fjords NP ist mit 2700 km² der kleinste Nationalpark Alaskas. Der unerschlossene Park auf der sehr niederschlagsreichen, von Fjorden und Buchten zerklüfteten Ostseite der Kenai-Halbinsel umfaßt einen Teil der südlichen Kenai Mountains mit der eisigen Wildnis des Harding Icefield, unzähligen Flüssen, Seen und Wasserfällen, namenlosen Canyons und der Küste vorgelagerten Inseln. Die fast 1800 km² große und bis zu 1500 m dicke Eisfläche des Harding Icefield bildet das Herz des Parks. Von ihr zehren über 30 Gletscher, von denen acht zur Küste hin abfließen. Das Eisfeld ist ein Relikt der mächtigen Eisdecke, die während der letzten Eiszeit weite Teile Alaskas bedeckte. Frühere Gletscher haben die Fjorde von Kenai ausgeräumt und Lebensraum für Scharen von Meerestieren geschaffen. Etwa 20 Arten von Seevögeln nisten längs der Felsküste und 23 Arten von Säugetieren bevölkern das Meer, die Küste und das Gebirge. Mit der Hoffnung auf zahleiche Tierbeobachtungen und nicht allzu schlechtes Wetter erwarteten wir die morgige Bootstour, die uns über acht Stunden und 160 km in den Kenai Fjords NP hineinführen soll.

All unsere Erwartungen wurden nicht nur erfüllt, sondern sogar noch übertroffen. Als wir um 10.30 Uhr an Bord der "Kenai Star" Seward verließen, war es zunächst noch bewölkt und es fielen auch ein paar Regentropfen, aber das Wetter wurde zusehends besser und schließlich hatten wir strahlend blauen Himmel und allerbeste Sicht. Fast noch im Hafen von Seward sahen wir unseren ersten Seeotter und ebenfalls noch in der Resurrection Bay konnten wir einen Weißkopfseeadler entdecken. Als wir das Caines und Callisto Head umfahren hatten, passierten wir in einiger Entfernung den gewaltigen Bear Glacier und konnten zwei Buckelwale, davon ein Jungtier beobachten. Am Aialik Cape fuhren wir an einer kleinen Gruppe von Seehunden vorbei, ehe wir in die Aialik Bay, den meistbesuchten Fjord des Parks einbogen. Hier begleitete uns eine zeitlang eine Gruppe von Killerwalen, die wir aus relativ geringer Entfernung sehr gut beobachten konnten. Auch hier waren wieder Jungtiere dabei. Im Holgate Arm der Aialik Bay fuhren bis an den Holgate Glacier heran und konnten erleben, wie der Gletscher kalbt. Gewaltige Eismassen brachen ohne Vorwarnung von der riesigen Gletscherwand ab und stürzten krachend ins Meer. Man hört richtig, wie der Gletscher arbeitet und sich knirschend und ächtzend über den steinigen Untergrund schiebt. Während des Aufenthaltes in der Bucht gab es an Bord ein Lachs-Buffet und ich glaube wir waren nicht die einzigen, die noch nie vor einer solch beeindruckenden Kulisse gegessen haben. Durch die in der Sonne glitzernden Eisschollen und vorbei an der blauschimmernden Gletscherfront verließen wir schließlich wieder die Bucht und fuhren zu den Chiswell Islands, die zum Alaska Maritime NWR gehören. Nachdem auf der bisherigen Fahrt schon einige Puffins (Papageientaucher) und Kormorane gesehen hatten, kamen wir jetzt an ganzen Scharen dieser Tiere vorbei. Auf einer der Inseln nisteten zahlreiche Puffins, Black-Legged Kittiwakes, eine kleine Möwenart und Common Murre, eine Alkart. Nach der Havarie der "Exxon Valdez" im März 1989 waren auch der Kenai Fjords NP und die Chiswell Islands von der Ölkatastrophe betroffen und zahlreiche Tiere gingen qualvoll zu Grunde. Heute gibt es wieder Nahrung im Überfluß und viele Puffins verschlingen so viele kleine Fische, daß sie es fast nicht mehr schaffen zu starten und zu fliegen. Bei einer weiteren Insel kamen wir an einer Kolonie der seltenen Steller´s Seelöwen vorbei und konnten auch hier zahlreiche Jungtiere beobachten. Wie schon auf der Hinfahrt, so sahen wir auch auf dem Rückweg einige Dall´s Tümmler, die in größerer Entfernung am Boot vorbeizogen. Diese Delphine werden aufgrund ihrer Färbung oft mit Killerwalen verwechselt, sind aber wesentlich kleiner. Da wir auf der Rückfahrt einen größeren Abstand zur Küste hatten, konnten wir das Harding Icefield mit seinen zahlreichen Gletschern noch einmal sehr gut überblicken. Nachdem diese Fahrt uns wirklich alles an Tierbeobachtungen geboten hatte sorgte das abschließende Dessert-Buffet auch noch für unser leibliches Wohl. Bei der Einfahrt nach Seward bot sich noch einmal ein schöner Blick über das Panorama der Resurrection Bay mit dem Godwin Glacier, diesmal frei von Wolken. Aufgrund unseres Wetterglücks, der fachkundigen Informationen des begleitenden Parkrangers, den zahlreichen Tieren und letztlich auch der hervorragenden Verpflegung war diese Fahrt ein voller Erfolg und ihren, nicht ganz günstigen Preis auch wert. Etwas erschöpft von der frischen Seeluft und den vielen Erlebnissen dieses herrlichen Tages gingen wir zu unserem Wohnmobil zurück.  

Auch am nächsten Tag setzte sich das schöne, sommerliche Wetter fort und wir verließen Seward nach einem kurzen Spaziergang im Two Lakes Park. Die Stichstraße zum Exit Glacier führte uns dann noch einmal in den Kenai Fjords NP hinein. Der zum Harding Icefield gehörende Exit Glacier ist der am leichtesten zugängliche Gletscher im Park. Vom Parkplatz führt ein asphaltierter Hauptweg bis zu einer Aussichtsstelle und teilt sich dort in zwei Rundwege auf. Die obere Schleife steigt zum Rand des Gletschers hinauf und ermöglicht den Blick auf tiefe Gletscherspalten und mächtige Eisnadeln. Sie mündet dann in den unteren Weg, der auf die Sanderebene und bis dicht an den Gletschermund des blauschimmernden Eisriesen heranführt. Von hier aus machten wir uns auf den Weg über den Seward Highway zurück nach Anchorage. Wir fuhren dann noch einmal zum Portage Lake, um die eindrucksvolle Kulisse und den Blick auf den Burns Glacier bei klarer Sicht zu erleben. Ein letzter Abstecher führte uns in der Nähe von Girdwood zur Crow Creek Mine, einem pittoresken Goldminendorf, wo bereits 1898 nach Gold geschürft wurde. Acht authentische Blockhütten aus dieser Zeit stehen auf einer Almwiese und dienen heute ausschließlich dem Geschäft mit Touristen, die sich gegen eine geringe Gebühr im Goldwaschen versuchen dürfen. Bis zum Zweiten Weltkrieg war die Mine erfolgreich in Betrieb und brachte bis zu hühnereigroße Nuggets hervor. Ohne weiteren Stop fuhren wir dann bis nach Anchorage und übernachteten auf dem gleichen Campingplatz, auf dem wir nach unserer Reifenpanne vor einigen Tagen gestanden hatten.

Wir verließen Anchorage in nördlicher Richtung und bogen kurz vor Palmer auf den 576 km langen George Parks Highway ab, der erst seit 1971 existiert und die beiden größten Städte Alaskas, Anchorage und Fairbanks miteinander verbindet. Im Denali SP, der sich an die Südostecke des gleichnamigen Nationalparks anschließt und von der Straße auf 60 km Länge durchquert wird, bieten mehrere Aussichtspunkte einen phantastischen Blick auf die Denali Range mit dem alles überragenden Mount McKinley, dem mit 6194 m höchsten Berg Nordamerikas. Wir hatten tatsächlich das Glück, den von den Athabaskan-Indianern "Denali" genannten Bergriesen, der über 200 Tage im Jahr unter einer Wolkenschicht verborgen liegt, in voller Größe sehen zu können. Der athabaskische Name bedeutet etwa so viel wie "der Große" oder "der Hohe", eine sehr treffende Bezeichnung für das Dach des Kontinents. Bei der Gründung des Nationalparks 1917 wurde zunächst ebenfalls der Name des früheren US-Präsidenten William McKinley gewählt. Erst seit 1980 trägt der Park den ursprünglichen indianischen Namen, der sich auch für den Berg immer mehr durchsetzt. Wir suchten uns kurz vor dem Parkeingang einen Campingplatz und hofften darauf, für die nächsten Tage einen der knappen Stellplätze im Park zu bekommen.

Als wir gegen 8 Uhr am Visitor Access Center ankamen, waren die Shuttle-Busse für den Tag schon ausgebucht und nur mit Glück bekamen wir noch einen Stellplatz auf dem Riley Creek Campground am Parkeingang, alle Campingplätze im Park waren ausgebucht. Wir haben dann gleich noch Bustickets für morgen früh 7.30 Uhr reserviert und sind dann noch ein Stück in den Park hinein gefahren. Da es heute fast den ganzen Tag geregnet hat und die Berge unter einer dicken Wolkenschicht verborgen lagen, waren wir ganz froh, daß wir erst morgen in den Park hineinfahren. Trotz des schlechten Wetters konnten wir auf unserem kleinen Abstecher einige Karibus, die wildlebenden Verwandten der nordeuropäischen Rentiere und Willow Ptarmigans (eine Schneehuhnart), die Nationalvögel Alaskas beobachten. Am Nachmittag nahmen wir dann an einer von Parkrangern veranstalteten Vorführung der parkeigenen Schlittenhunde teil. In den langen Wintermonaten werden diese Hunde von den Rangern für Patroullienfahrten in den verschneiten Park eingesetzt. Der Park unterhält eine richtige Zucht dieser Tiere, die von klein an für die Arbeit vor dem Schlitten trainiert werden und nur an Hundeschlittenführer, nicht als Haustiere verkauft werden. Nach dieser sehr informativen Veranstaltung fuhren wir zu unserem Campingplatz und beendeten diesen kalten und ungemütlichen Tag recht zeitig, da wir morgen sehr früh aufstehen müssen.

Der Denali NP ist mit 24394 km² größer als der Staat Massachusetts und seine Hauptattraktion, der Mount McKinley liegt nur 300 km südlich des Polarkreises. Der Bergriese gehört zur nahezu 1.000 km langen Alaska-Range, jener Gebirgskette, die die Südgrenze des Parks bildet und hier auch ihre höchsten Erhebungen aufweist. Die Nordhälfte des Parks besteht aus herber, hügeliger Tundra, durch die in breiten Flußbetten weit verzweigte Gletscherströme fließen. In den knapp 100 Sommertagen wachsen, blühen und reifen hier 425 verschiedene, farbenprächtige Wildblumenarten. Dies und die außerordentlich reiche und interessante Tierwelt und die ausgezeichneten Möglichkeiten, zahlreiche keineswegs alltägliche Tiere aus nächster Nähe beobachten zu können, machen die Beliebtheit dieses subarktischen Nationalparks aus. Vom Dall-Schaf zum Karibu und vom Erdhörnchen bis zum Grizzly ist alles vertreten und oft auch von der Straße aus zu sehen. Die Parkstraße eine etwa 140 km lange, unbefestigte Stichstraße führt parallel zur Alaska-Range bis etwa in die Parkmitte. Dieser einzige Zugang zum Park ist für den privaten Autoverkehr weitestgehend gesperrt und man kann in den Sommermonaten nur mit den von der Parkverwaltung unterhaltenen Shuttle-Bussen in den Park gelangen. Diese Maßnahme dient in erster Linie dem Schutz und der Erhaltung der Natürlichkeit des Parks. Die Besuchermassen, die in den Sommermonaten regelmäßig für ausgebuchte Bus- und Campingplätze sorgen, würden auf der schmalen Parkstraße ein Verkehrschaos auslösen und über kurz oder lang die Natur zerstören. So muß man zwar für die Fahrt auf der Parkstraße bis zum Wonder Lake und zurück einen Fahrpreis von 26 Dollar pro Person und eine elfstündige Fahrt, inklusive Wildbeobachtungen, in einem wenig bequemen Schulbus in Kauf nehmen, aber die Erhaltung dieser einzigartigen Naturlandschaft sollte einem diese Mühe wert sein. Die Busfahrt beginnt am Visitor Access Center inmitten von Fichtenwald oder "Taiga" - dem russischen Wort für "Land der kleinen Hölzer". Bald verläßt die Straße die Taiga und steigt zu den baumlosen Höhen der Tundra auf. Die Straße folgt in Windungen der Primrose Ridge, bevor sie zu einer feuchten Niederung hin abfällt, wo Fichten stehen, die sich wahllos in verschiedene Richtungen neigen. Dieser "drunken forest" ist eine Folge des Dauerfrostbodens. In den Sommerwochen taut der Boden in unterschiedlicher Tiefe auf und manchmal geraten ganze Erdschichten auf einer darunterliegenden Eisfläche ins Rutschen, was das Kippen der Bäume verursacht. Hier kann man sehr häufig Elche beobachten, denn sie mögen Fichtenwälder und die hier ebenfalls wachsenden Weiden sind ihre Lieblingsspeise. Dann schiebt sich die Straße zwischen den Igloo und Cathedral Mountains durch, wo die Weidegründe der Dall-Schafe, der einzigen weißen Wildschafe der Welt liegen. Am Sable Pass, einem Gebiet mit besonders reichem Tierbestand, wurde das Terrain rechts und links der Straße für Wanderer gesperrt. Hier ist Grizzly-Land und die Chancen diese majestätischen Tiere vom Bus aus beobachten zu können sind sehr gut. Etwas weiter steigt die Straße steil zum Polychrome Pass an und bietet einen fabelhaften Blick auf die Alaska Range und die weite, einsame Tundra der Plains of Murie. Der Toklat River hat eine eigene Geschichte, denn in der Nähe der heutigen Brücke baute sich der Naturforscher Charles Sheldon eine Blockhütte, in der er 1907/08 überwinterte. Die Landschaft nahm ihn derart gefangen, daß er nach seiner Rückkehr in den Osten 9 Jahre lang für die Einrichtung des ersten Nationalparks Alaskas kämpfte - mir Erfolg. Am Highway Pass erreicht die Straße mit 1213 m ihren höchsten Punkt, führt dann abwärts , überquert den Stony Creek und steigt zum Stony Hill Overlook wieder auf. Hier kann man oft Karibus sehen, die sich meist in kleineren Gruppen im Tiefland zwischen der Parkstraße und der Alaska Range aufhalten. Vom Eielson Visitor Center bietet sich an klaren Tagen ein außergewöhnlicher Blick auf den nur 50 km entfernten Mount McKinley. Weiter westlich schneidet die Straße einen steilen Felhang, führt dann in ebeneres Gelände und bis auf 1,5 km an die Gletscherzunge des düsteren, geröllbedeckten Muldrow Glacier heran. Der Muldrow beginnt knapp unter dem Gipfel des Mt. McKinley und dehnt sich 55 km durch eine Granischlucht bis in die Tundra aus. Zweimal in den letzten 100 Jahren ist der Muldrow aus nicht geklärten Gründen vorgerückt und zwar zuletzt im Winter 1956/57 um 8 km. Die Straße führt dann an mehreren Teichen vorbei, mit guten Chancen, daß sich Biber, Elche oder Wasservögel zeigen. Schließlich ist der Wonder Lake Campground, südlich des gleichnamigen Sees erreicht und nach einer kleinen Pause beginnt die fünfeinhalbstündige Rückfahrt.

Leider war das Wetter heute auch nicht viel besser als am Vortag. Tiefhängende Wolken und Regen versperrten die Sicht auf die Alaska Range und es war wieder ungemütlich kalt. Trotzdem hat sich die Fahrt gelohnt, denn schon nach wenigen Minuten sahen wir den ersten Elch und wenig später Karibus, Dall-Schafe und Ptarmigans. Ein Fuchs lief eine zeitlang auf der Straße vor unserem Bus her und weitere Dall-Schafe und Elche säumten die Straße. In der Nähe des Eielson Visitor Center sahen wir weitere Karibus, eine Eule, einen Marsh Hawk und einen Long Tailed Jaeger. Vom Parkplatz am Wonder Lake konnten wir mit dem Fernglas einen Schwarzbären beobachten und auf dem Rückweg entdeckten wir neben weiteren Karibus, Dall-Schafen und Elchen auch ein Murmeltier und einen ausgewachsenen Grizzly. Bärenbegegnungen hätten wir gerne noch weitere gehabt, aber ansonsten ist der Tierreichtum des Parks wirklich sehr beeindruckend. Wir werden sicher wieder kommen und wünschen uns dann auch einen Blick auf die Berge, was in den Sommermonaten allerdings sehr selten ist. Einem Aushang im Eielson Visitor Center konnten wir entnehmen, daß 1995 von Juni bis September die Berge nur an 4 Tagen wolkenfrei waren, 1994 waren es immerhin 17 Tage. Die Landschaft muß an klaren Tagen wirklich überwältigend sein und in Verbindung mit den Tierbeobachtungen wird der Parkbesuch dann sicher zu einem einmaligen Erlebnis. Wir kamen nach gut 11 Stunden ziemlich durchgeschüttelt wieder am Visitor Center an, waren aber mit dem Tag sehr zufrieden.

Auf dem George Parks Highway fuhren wir am nächsten Tag in Richtung Fairbanks weiter. Kurz vor der Stadt bogen wir zum Ester Gold Camp Historic District ab. Hier befinden sich einige Gebäude aus der Zeit als in den umliegenden Flüssen Gold geschürft wurde. Um die Jahrhundertwende entstand der Ort Ester als Goldsuchercamp und wurde ab 1936, als die Fairbanks Exploration Company die Goldsuche mit schwimmenden Schauffelbaggern im großen Stil betrieb, weiter ausgebaut. In den 50er Jahren ging diese Ära zuende und die alten Gebäude wurden zu einem Touristenziel umgestaltet. Im alten Schlafsaal der Arbeiter befinden sich heute das Hotel und das Restaurant und ein Campingplatz wurde ebenfalls angelegt. Im Malemute Saloon mit alten Gerätschaften an den Wänden und Sägespänen auf dem Boden findet allabendlich eine Gold-Rush-Show mit dem Titel "Service with a Smile" statt und im Firehouse Theatre, das in einem ehemaligen Lagerschuppen untergebracht ist, wird die Northern Lights Diashow des Fotografen LeRoy Zimmerman gezeigt. Hinter dem Titel "Northern Lights Photosymphony: The Crown of Light" verbirgt sich eine vertonte Diashow zum Thema Nordlicht. LeRoy Zimmerman hat unzählige Herbst- und Winternächte damit verbracht, das Nordlicht, die Aurora Borealis, am Himmel über Alaska fotografisch einzufangen. Bis zu 500 km reichen die wehenden Farbschleier senkrecht in den Nachthimmel und Zimmerman ist es auf hervorragende Weise gelungen seine phantastischen Bilder mit Musik zu kombinieren. Diese eindrucksvolle Diashow sollte man sich auf keinen Fall entgehen lassen, wenn man in der Nähe von Ester ist. Die Bezeichnung Fotosymphonie ist wirklich nicht übertrieben, denn wie ein visuelles Konzert verbinden sich Panoramafotografie und Musik zu einem Erlebnis nicht nur des Nordlichts, sondern auch arktischer Landschaften. Nach der Diashow sahen wir uns die alten Gebäude des Historic District an und warfen auch einen Blick in den Malemute Saloon.

Am nächsten Morgen fuhren wir die wenigen Kilometer bis nach Fairbanks, das mit 31.000 Einwohnern, inklusive Einzugsbereich sind es 78000, die zweitgrößte Stadt Alaskas ist. Die Geschichte der Stadt begann vor nicht einmal 100 Jahren. 1901 entstand ein Handelsposten und nur ein Jahr später wurde in der Nähe der neuen Siedlung Gold entdeckt und 1903 wurde der Ort nach dem damaligen Senator von Indiana Charles Fairbanks benannt. Durch einen kleinen Goldrausch stieg die Bevölkerungszahl in Fairbanks sehr schnell an, ging aber ebenso schnell wieder zurück als die Claims ausgebeutet waren. Doch die günstige Lage als Tor zum Hinterland sorgte bald für neue Impulse und mit der weiteren Besiedlung Alaskas entwickelte sich Fairbanks zur Versorgungs- und Verwaltungshauptstadt für die zentralen und nördlichen Regionen. Straßenbau und Militärpräsenz im Zweiten Weltkrieg und der Bau der Alaska Pipeline in den 70er Jahren führten zu einem weiteren starken Bevölkerungsanstieg. Wir begannen unseren Besuch auf dem weitläufigen, hochgelegenen Campusgelände der Universität. Wir sahen uns das University of Alaska Museum mit seinen Ausstellungen zu Flora und Fauna, Ureinwohnern und weißer Besiedlung Alaskas an. Da es in der Zwischenzeit angefangen hatte zu regnen verzichteten wir auf den Besuch des Alaskaland, einer Mischung aus Amusement Park und Living Museum. Die wenig sehenswerte Innenstadt sahen wir uns vom Auto aus an und wir haben wohl auch nichts verpaßt. An einer Tankstelle erfuhren wir von der Tanana Valley State Fair, einer Mischung aus Messe und Jahrmarkt und wir beschlossen uns diese Fair anzusehen. Die Fahrgeschäfte waren sehr altmodisch und erinnerten uns an die Rummelplätze unserer Kindheit. Auch viele der angebotenen Handarbeiten waren nicht nach unserem Geschmack. Das sich der Besuch letztendlich doch noch gelohnt hat, lag an einer sehr eigentümlichen Begegnung. Ich hatte am Vorabend in einem GEO-Magazin über Alaska geblättert, daß uns Freunde vor unserer Abreise geschenkt hatten. Einer der Artikel weckte mein Interesse und ich las über einen gewissen Miles Martin, der seit 24 Jahren als Trapper in der alaskanischen Wildnis lebt. Er liebt die Unabhängigkeit und Eigenverantwortlichkeit seines einsamen und nicht immer einfachen Lebens in der Wildnis. In einem Zelt mit Kunstgewerbe stand ich auf der Messe plötzlich diesem Miles Martin gegenüber, der hier seine, in langen Wintermonaten hergestellten Schmuckstücke anbot. Ich erzählte ihm, daß ich in einer deutschen Zeitschrift über ihn gelesen hatte und wir kamen ins Gespräch. Er entspricht nicht der Vorstellung, die man vielleicht von einem Trapper hat: Er ist klein, etwas untersetzt, sehr freundlich und gesprächig und hat sehr lebendige, ausdrucksvolle Augen. Es hat mir sehr viel Spaß gemacht, mich mit ihm zu unterhalten und etwas über seine Lebensphilosophie zu erfahren. Diese doch etwas seltsame Begegnung war für mich der Höhepunkt des Tages. Vom Messegelände fuhren wir auf dem Richardson Highway bis zum Dorf North Pole, das seinen Namen den hier besonders tiefen Wintertemperaturen verdankt. Da alle amerikanischen Kinder glauben, daß der Weihnachtsmann am Nordpol wohnt, entstand hier die Adresse für Kinderbriefe an Santa Claus. Vom Santa Claus House, einem Laden voller Weihnachtsdekorationen, Souvenirs und Spielsachen verschickt der fast 13 m hohe, ganzjährig präsente Weihnachtsmann seinerseits Briefe an Kinder in aller Welt. Wir bezogen im benachbarten Santaland RV Park Quartier, wo Rentiere, Weihnachts- und Schneemänner aus Holz für die nötige Einstimmung zum Besuch des Santa Claus Houses sorgen.

Wir folgten dann dem landschaftlich relativ eintönigen Richardson Highway weiter in südöstlicher Richtung. Etwas Abwechslung brachten lediglich die schneebedeckten Gipfel der Alaska Range, die zeitweise durch die Regenwolken hindurch blitzten und ein ein Elch, der in einem Teich am Straßenrand auf Futtersuche war, aber leider im Dickicht verschwand als wir anhielten. In Big Delta, 15 km nördlich von Delta Junction, führen der Highway und die Trans-Alaska Pipeline parallel über den Tanana River. Von einem Parkplatz am Südende der Big Delta Bridge kann man die von Stahlseilen gehaltene Pipeline aus der Nähe betrachten. Eine Schautafel erläutert die angewandten Techniken beim Bau dieser fast 1300 km langen Ölleitung. In Delta Junction erreichten wir dann das offizielle Ende des Alaska Highway, das durch eine flaggenbestückte Betonsäule mit dem Milemarker 1422 gekennzeichnet wird. Der 158 km lange Abschnitt des Richardson Highway von Delta Junction bis Fairbanks wird aber im allgemeinen auch noch dem Alaska Highway zugerechnet. Der weitere Verlauf der Strecke bietet ebenfalls wenige landschaftliche Reize, wir konnten aber ein Stachelschwein am Straßenrand beobachten. In Tok fanden wir auf dem Sourdough Campground einen schönen Stellplatz in einem kleinen Wäldchen.

Am nächsten Morgen verließen wir nach etwa 20 km in Tetlin Junction den Alaska Highway und bogen auf den Taylor Highway ab. Über gut 260 km führen der Taylor Highway und der Top of the World Highway von hier aus nach Dawson City. Diese durchgehend geschotterten Strecken durch schier unendliche Waldlandschaften sind den größten Teil des Jahres gesperrt und nur in den Sommermonaten für den Verkehr geöffnet. Da wir aufgrund des schlechten Wetters der vergangenen Tage nicht sicher waren, ob die Strecke mit dem Wohnmobil zu befahren ist, fragten wir im Visitor Center in Tok nach, erhielten dort jedoch keine verläßliche Auskunft und ließen es auf einen Versuch ankommen. Beide Strecken erwiesen sich als sehr gut befahrbare Schotterstraßen und wir kamen ohne Probleme voran. Am Taylor Highway befinden sich die Überreste verschiedener Siedlungen, die bei einem Goldrausch 1886, zehn Jahre vor dem Klondike-Boom entstanden waren, auch Chicken gehört dazu. Der Ort sollte ursprünglich Ptarmigan heißen, da in der Gegend viele Schneehühner zu finden waren. Weil sich die Einwohner aber nicht einigen konnten, wie man Ptarmigan schreibt, nannte man ihn schließlich Chicken. Hier machten wir eine kurze Pause, ehe wir auf der wenig attraktiven Strecke des Taylor Highway bis zur Jack Wade Junction weiterfuhren. Hier beginnt der Top of the World Highway, der seinen Namen seiner eindrucksvollen Streckenführung entlang einer Art Kammlinie mit weiten Ausblicken über die Unendlichkeit des Landes verdankt. Die letzte Ansiedlung auf alaskanischer Seite ist Boundary Lodge. Inmitten einer Unmenge von Gerümpel, das der Anlage das Ambiente eines Schrottplatzes verleiht, steht ein altes Blockhaus mit dem Schild "Top of the World Gifts" auf dem Dachfirst: Dieses Gebäude ist eines der ältesten "roadhouses" von Alaska und diente erschöpften Goldgräbern als Unterkunft. Wenig später passierten wir die kanadische Grenze und ließen Alaska hinter uns. Wir waren von Alaska etwas enttäuscht, was zum einen sicherlich an unserer etwas zu hohen Erwartungshaltung gelegen hat, zum anderen aber auch an den extrem hohen Preisen, speziell für Fahrten in die abgelegenen Landesteile. Während in einer Radiowerbung ein Rückflugticket von Anchoarage nach Deutschland für 600 Dollar angeboten wurde, sollten wir für einen zweitägigen Ausflug in den Katmai NP noch tiefer in die Tasche greifen. Sicherlich spielte auch das Wetter eine Rolle, denn viele der grandiosen Bergpanoramen lagen für uns unter Regenwolken verborgen. Wir werden im Rahmen "normaler" Urlaube zurückkommen und dann vielleicht unser Bild über Alaska revidieren. Der Verlauf des Top of the World Highway wird im Yukon Territory seinem Namen immer mehr gerecht und kurz vor Dawson City bieten Aussichtspunkte hervorragende Ausblicke auf die Stadt und den breiten Yukon River. Wir fuhren mit der kostenlosen Fähre über den Yukon und fanden auf dem Gold Rush Campground einen Stellplatz mitten in der Stadt. Der Platz ist zwar nicht besonders schön, bietet aber für eine Besichtigung von Dawson City die beste Lage.

Die Geschichte der legendären Goldgräberstadt Dawson City begann am 17.08.1896 als George Washington Carmack und die Brüder seiner indianichen Frau, Skookum Jim und Tagish Charlie, am Rabbit Creek, einem Nebenfluß des Klondike River, der später in Bonanza Creek umbenannt wurde, auf Gold stießen und damit den Klondike Goldrush auslösten. Im Winter 1896 lebten bereits 500 Menschen in der provisorischen Zeltstadt, die nach dem Geologen und Yukon-Forscher George Mercer Dawson benannt wurde. Im folgenden Sommer hatte Dawson City bereits ein paar Dutzend Holzhäuser und ungefähr 5.000 Einwohner. Der eigentliche Goldraush begann, als im Sommer 1897 die ersten erfolgreichen Goldsucher nach Seattle, Portland und San Francisco zurückkehrten und die Meldungen von ihrem frisch geschürften Vermögen um die Welt gingen. Über 100.000 Männer und Frauen machten sich in der Hoffnung auf den schnellen Reichtum auf den Weg nach Norden. Immerhin 30%-40% von ihnen erreichten ihr Ziel. Die meisten von ihnen überquerten im Winter 1897/98 den berüchtigten Chilkoot Pass, um dann im Sommer 1898 erkennen zu müssen, daß die besten Claims der Klondike Goldfields, zwei Jahre nach ihrer Entdeckung, bereits vergeben waren. Die Neuankömmlinge im hohen Norden wurden "Cheechakos" genannt, was in der Sprache der Chinook-Indianer Nneuankömmlinge bedeutet. Wenn sie den ersten kalten Winter erfolgreich überstanden hatten, hießen sie "Sourdoughs", weil sie zum Brotbacken stets einen Klumpen Sauerteig mitführten. Der Mehrheit der Cheechakos blieb nichts anderes übrig, als zu miserablen Konditionen für erfolgreiche Goldgräber zu arbeiten oder sich mit einem anderen Job über Wasser zu halten. Ende 1898 war Dawson City auf über 30.000 Einwohner angewachsen und damit die größte Stadt westlich von Chicago und nördlich von San Francisco und mit Sicherheit die teuerste Stadt Nordamerikas. Alle Lebensmittel und Güter mußten über Tausende von Kilometern herangeschafft werden und jeder wollte soviel wie möglich am Goldrausch verdienen. Dawson hatte elektrisches Licht und Telefon, fließendes Wasser, Theater, Tanzhallen und Saloons. Neben den üblichen Lebensmitteln konnte man auch Kaviar und Champagner kaufen und eine Flotte von Raddampfern brachte die neuste Mode aus Paris ebenso wie Möbel aus England. Doch schon 1899 schien alles zu Ende. Die Goldvorkommen, die sich in Handarbeit schürfen ließen, nahmen rapide ab und die Zeitung "The Klondike Nugget" berichtete über neue, sensationelle Goldvorkommen an der Küste von Nome, weit oben im Norden Alaskas an der Beringsee. Der Exodus kam für Dawson ebenso schnell wie der Aufstieg: Goldgräber und Geschäftsleute packten ihre Habe und zogen nach Norden, nachdem am Klondike innerhalb weniger Jahre Gold im Wert von über 100 Millionen Dollar gefunden worden war. Aus der lebenslustigen "frontier town" in der Wildnis wurde das Verwaltungszentrum des Yukon Territory und die Versorgungsstation für die Arbeiter der Mining Companies, die ab 1900 das Gold des Klondike im großen Stil mit gigantischen Schaufelbaggern ausbeuteten. 1953 verlor Dawson seinen Status als Provinzhauptstadt, die Landesregierung mit ihren 800 Mitarbeitern zog ins verkehrsgünstigere Whitehorse und obwohl Dawson zum Ausgleich dafür eine Straßenanbindung nach Süden bekam, sank die Einwohnerzahl immer weiter. Das "Paris des Nordens" verkümmerte und war auf dem besten Weg zur Geisterstadt zu werden; die große Überschwemmung von 1979 und der Brand des alten Downtown-Hotels schienen das Ende zu besiegeln. Doch es kam anders: Der internationale Goldpreis stieg an und lockte neue Firmen in den Norden. Mittlerweile graben moderne Maschinen das Erdreich jener Creeks erneut um, in denen zur Jahrhundertwende die Sourdoughs mit Schaufel und Pfanne Nuggets schürften. Zur weiteren Wiederbelebung der Stadt tragen auch die zahlreichen Touristen bei, die den Originalschauplatz des Klondike Goldrush mit eigenen Augen sehen wollen. Nachdem Dawson bereits in den 60er Jahren zur National Historic Site erklärt worden war, wurden inzwischen viele historische Häuser im Stadtkern unter der Regie des Canadian Parks Service restauriert oder im alten Stil wiederaufgebaut. Das Bestreben den gesamten Ortskern getreu dem Aussehen zur Zeit des Goldrausches zu rekonstruieren und die leichte Erreichbarkeit über den vollständig asphaltierten Klondike Highway haben Dawson City zum Besuchermagneten gemacht und die Einwohnerzahl wieder auf fast 2.000 anwachsen lassen. Wir gingen vom Campingplatz zunächst zum Palace Grand Theatre in der King Street, um uns Karten für die heutige Vorstellung der Gaslight Follies, eine Revue im Stil der Jahrhundertwende zu sichern. Gegenüber des Theaters befindet sich das alte Postamt aus dem Jahr 1901, das immer noch in Betrieb ist. An den Häusern der Frontstreet und am Ufer des Yukon begannen wir dann unseren Rundgang durch die Stadt. Der Raddampfer "SS Keno", der am Flußufer liegt, wurde gerade renoviert und war in keinem besonders fotogenen Zustand. Bei Diamond Tooth Gertie´s Casino, kamen wir am Wahrzeichen von Dawson und der nördlichsten Spielhölle des Kontinents vorbei. Die Bezeichnung dieser Institution geht auf die Tänzerin Gertie Lovejoy zurück, die einen blinkenden Diamanten zwischen ihren Schneidezähnen eingeklemmt hatte und es während der Goldrauschzeit als "Königin der Ballsäle" zu Wohlstand brachte. Nach dem Besuch des Dawson City Museum, das im Gebäude der ehemaligen Territorialverwaltung untergebracht ist und vom spatanischen Leben in einer Goldgräberhütte bis zum mondänen Chic der "Upper Class" die ganze Bandbreite des Goldrush-Lebensstils in Dawson zeigt, sahen wir uns noch die Blockhäuser des Yukon-Poeten Robert Service und des Schriftstellers Jack London an. Zurück auf dem Campingplatz nutzten wir die verbleibende Zeit bis zur Show der Gaslight Follies für fällige "Hausarbeiten". Da auf dem Rundgang eine Schraube im Fußteil meiner Prothes gebrochen war, hoöte Geli die Ersatzprothese aus dem Dachkoffer. In der Show der Gaslight Follies erlebten wir eine gut gemachte musikalisch, witzige Aufarbeitung der Goldrauschzeit inmitten der Gaslicht-Atmosphäre der Jahrhundertwende.

Die alte Prothese paßt leider nicht mehr besonders gut, da ich jetzt fast 20 kg leichter bin, aber es muß erst einmal so gehen. Bevor wir Dawson City auf dem Klondike Highway in Richtung Whitehorse verließen, kamen wir auf dem Campingplatz mit Katja und Dirk ins Gespräch, deren ausgebauter, im Zebramuster gestrichener THW-Lkw uns aufgrund des deutschen Kennzeichens aufgefallen war. Die beiden hatten vor einigen Jahren eine einjährige Fahrradtour durch Nordamerika und Neuseeland unternommen und sich dabei entschieden, nach Kanada auszuwandern. Fünf Jahre lebten sie in Deutschland in ihrem Wohnmobil, haben mittlerweile eine dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung für Kanada und lassen sich nach einer fünfmonatigen Rundreise in Vancouver nieder. Der Klondike Highway beginnt am Ende der staubigen Front Street von Dawson City und führt zunächst durch die Abraumhalden am Unterlauf des Klondike River. Wir fuhren noch ein kleines Stück auf der Bonanza Creek Road entlang, vorbei an unendlichen Sand- und Schottermengen, die seit 100 Jahren wieder und wieder durchwühlt wurden. Die Landschaft entlang des Bonanza Creek ist durch diese Gier nach Gold völlig zerstört und macht einen sehr trostlosen Eindruck. Nach 40 km erreichten wir Dempster Corner, den Beginn des legendären Dempster Highway, der nach 742 km durch einsame Tundralandschaft in Inuvik am Delta des Mackenzie River endet. Der Klondike Highway führt dann durch Sumpfgebiete und über zahlreiche Bach- und Flußläufe. Ein Aussichtspunkt bietet einen weiten Blick über die riesige Ebene der Tintina Trench. Im weiteren, nicht besonders abwechslungsreichen Verlauf, sorgten zwei mit Schotter ausgebesserte Straßenabschnitte für eingeschränkte Sichtverhältnisse durch aufgewirbelten Staub. An der urigen Blockhütte der Moose Creek Lodge gönnten wir uns eine kurze Pause, ehe es in Richtung Whitehorse weiterging. Landschaftlich interessant wird die Strecke erst wieder zwischen Minto und Carmacks, wo die Straße parallel zum Yukon River verläuft und Haltebuchten einen schönen Blick auf den Fluß ermöglichen. Wir blieben nördlich von Carmacks auf dem einfachen Tatchun Creek Campground am gleichnamigen Bach.

Nach wenigen Kilometern erreichten wir den Aussichtspunkt über die Five Finger Rapids, jene berüchtigten Stromschnellen des Yukon River, an denen viele Goldsucher auf dem Weg nach Dawson City scheiterten und wenn nicht ihr Leben, so zumindest Hab und Gut verloren. Später waren die Strömungen und Strudel dieser Stelle für die Flußdampfer, die zwischen Whitehorse und Dawson verkehrten, ein schwieriges Hindernis. Wenig später erreichten wir Carmacks, einst eine wichtige Zwischenstation der Raddampfer, ist heute eine unbedeutende Versorgungsstation am Klondike Highway mit einem schön gelegenen Campingplatz am Yukon. Mit dem Montague Roadhouse passiert man die letzte erhaltene der einst 52 Übernachtungsstätten auf der Postkutschenroute von Whitehorse nach Dawson. Der 515 km lange Trail war nicht mehr als eine in Wald und Unterholz geschlagene, notdürftig eingeebnete Fahrspur und diente während der Goldrausch-Zeit als Versorgungsroute in den Norden. Knappe sechs Tage dauerte die Reise, etwa alle 30 km stand ein solches Roadhouse entlang des Weges zum essen, Schlafen und Pferdewechseln. In der Braeburn Lodge, die mit hausgemachten Backwaren wirbt, kauften wir eine riesige, sehr gut schmeckende Zimtrolle. Die Strecke verläuft lange Zeit parallel zum Nordenskiold River und an zahlreichen kleineren Seen vorbei. Am Ufer des langgestreckten, tintenblauen Fox Lake bieten sich mehrere schöne Ausblicke über den See. Kurz vor Whitehorse sieht man aus der Ferne den riesigen Lake Laberge, eine Erweiterung des Yukon River zu einem See. In Whitehorse ergänzten wir unsere Vorräte und bezogen Quartier auf dem oberhalb der Stadt gelegenen Trail of 98 RV Park. Den ganzen Nachmittag verbrachten wir damit jemanden zu finden, der die abgebrochene Schraube aus dem Fußteil entfernen kann. In einer Metallwerkstatt wurde das Teil dann ausgebohrt und wir versuchten es mit einer Schraube und Mutter zu fixieren, was aber nicht klappte. Auf dem Platz kamen wir mit Kirsten und Kurt ins Gespräch, deren grüner Westfalia Camper mit dänischem Kennzeichen uns schon in der Stadt aufgefallen war. Wir waren uns auf Anhieb sympatisch und als es auf dem Platz zu kalt wurde, luden wir die beiden zu uns ein. Sie kommen aus Kopenhagen und waren von 1988-90 per Fahrrad auf Weltreise, im letzten Jahr haben sie sich den Camper gekauft und wollen jetzt ebenfalls in zwei Jahren durch Nordamerika, Australien, Neuseeland und Afrika zurück nach Dänemark fahren. Bis kurz vor 2 Uhr morgens haben wir uns angeregt unterhalten und beim Abschied das Nordlicht entdeckt, das am Himmel über Whitehorse zu beobachten war. Dieses faszinierende Naturschauspiel des Aurora Borealis konnten wir uns natürlich nicht entgehen lassen und so kamen wir erst gegen 3 Uhr ins Bett.

Nach dem Ausschlafen beschlossen wir einen weiteren Tag in Whitehorse zu bleiben und die Zeit für einige Besorgungen und Arbeiten im und am Wohnmobil zu nutzten. Wir fuhren noch einmal zu Tony ins General Hospital von Whitehorse, der uns schon gestern geholfen hatte. Es gelang ihm eine gehärtete Schraube zu besorgen und die Bruchstelle zu fixieren. Ich hatte mir aus einer einfachen Isomatte inzwischen Polster gemacht, die die Paßform der alten Prothese wieder herstellen. Außerdem hat Geli noch eine Philadelphia-Torte für ihren morgigen Geburtstag vorbereitet.

Leider verlief Geli´s Geburtstag nicht ganz so, wie wir es uns vorgestellt hatten. Nach dem gemütlichen Geburtstagsfrühstück brachten wir Tony ein Stück Torte als Dank für seine Hilfe und brachen dann in Richtung Watson Lake auf. An einer Tankstelle am Ortsausgang von Whitehorse bemerkte der Tankwart, daß wir Kühlwasser verlieren. Der Kühlwasserbehälter war auch schon ganz leer, obwohl die Temperaturanzeige noch keine Überhitzung angezeigt hatte. Nach einiger Zeit konnten wir ein Leck im Kühlwsserschlauch als Ursache ausmachen. Der sehr hilfsbereite Tankwart telefonierte daraufhin mit mehreren Autozubehör-Händlern und verschaffte uns telefonisch einen neuen Schlauch und eine Werkstatt, die das Ersatzteil einbaut. Um 14 Uhr konnten wir dann endlich los und die Reperaturkosten hielten sich mit CAN$ 82 auch noch in Grenzen. Unser heutiges Etappenziel Watson Lake konnten wir jetzt natürlich nicht mehr erreichen, aber wir fanden einen schönen Platz auf dem öffentlichen Teslin Lake Campground am gleichnamigen See. Mit einem kurzen Spaziergang am schön von Bergen eingerahmten Teslin Lake und einem Lagerfeuer sorgten wir für einen schönen Ausklang dieses etwas verkorksten Geburtstages.

 

Die weitere Strecke bis nach Watson Lake erschien uns in dieser Fahrtrichtung reizvoller als vor gut vier Wochen, als wir sie in die andere Richtung gefahren waren. Von einem Aussichtspunkt hatten wir einen schönen Blick über der Swift River mit seinen seenartigen Erweiterungen. In Watson Lake "besuchten" wir unsere selbstbemalte Backform im Sign Posts Forest und verließen etwa 15 km weiter das Yukon Territory und damit den hohen Norden. Landschaftlich hat uns das Yukon Territory sehr gut gefallen, besser als Alaska, vielleicht lag es daran, daß wir hier mehr Glück mit dem Wetter hatten. Nach der offiziellen Grenze zu British Columbia verläuft der Alaska Highway eine zeitlang praktisch auf der Grenze und kreuzt sie auf den nächsten Kilometern noch siebenmal. Die Landschaft hat sich hier immer noch nicht vollständig von einem verheerenden Großbrand erholt, der 1982 insgesamt 1600 km² Wald verwüstet hat. Eine riesige Baustelle sorgte dann bei regnerischem Wetter dafür, daß unser Roadrunner, den wir in Whitehorse gründlich gewaschen hatten, wieder völlig verdreckt ist. Einzige Abwechslung auf dieser schier endlosen Schlammfahrt war ein recht großer Schwarzbär am Straßenrand, aber leider gab es im Baustellenbereich keine Möglichkeit anzuhalten. Eine Haltebucht ermöglichte dann einen Blick auf den Liard River, einen mächtigen Nebenfluß des Mackenzie River. Wenig später erreichten wir dann den Liard River Hotsprings PP, unserer heutiges Ziel und der "heißeste Tip" des Alaska Highway. Wir hatten Glück und fanden trotz recht später Ankunft noch einen Stellplatz auf dem Campingplatz des Parks. Auf einem Holzplankenweg, der über leicht schwefelige Sumpfgewässer führt, gelangten wir zu den zwar ausgebauten, aber weitgehend naturbelassenen Badepools mitten im Wald. Wir ließen den Alpha Pool links liegen und gingen zum weiter entfernten Beta Pool, der größer und tiefer ist als der erste. Zwischen den beiden Becken zweigt ein kurzer Weg zu den Hanging Gardens ab. Dabei handelt es sich um von den warmen Quellen gebildete Kalksinterterrassen, die von Pflanzen bewachsen sind. Umkleidekabinen sind an beiden Pools vorhanden und so ließen wir uns in das etwa 40° C heiße Wasser des Beta Pools gleiten und konnten in herrlicher Umgebung das wohltuende und entspannende Bad genießen. Wir kamen schnell mit den anderen Besuchern ins Gespräch und verbrachten über eine Stunde im bzw. am Beta Pool. Etwas ausgelaugt vom heißen Wasser gingen wir zurück zum Campground, wo das Abendbrot dann besonders gut geschmeckt hat. Morgen früh wollen wir den Alpha Pool ausprobieren, der noch etwas wärmer sein soll.

Noch vor dem Frühstück verließen wir den Campingplatz und fuhren zum Besucherparkplatz der Quellen, wo der Plankenweg beginnt. Das Quellwasser des Alpha Pools kommt mit etwa 53° C aus dem Boden, ist leicht sauer und enthält das streng riechende Kalzium Sulfat. Durch die gleichfalls in den Pool fließende Psi Spring, eine kalte Frischwasserquelle, entsteht eine Badetemperatur von 40° - 49° C, je nach Entfernung von der heißen Quelle. Auch hier ließen wir uns wieder eine knappe Stunde "kochen", ehe wir zum Wohnmobil zurückgingen. Nach dem Frühstück fuhren wir auf dem Alaska Highway weiter und überquerten den Liard River auf der einzigen Hängebrücke der gesamten Strecke. Wenig später passierten wir die Grenze des Muncho Lake PP und erreichten mit dem durch Kupferoxide jadegrün schimmernden Muncho Lake einen der optischen Höhepunkte des südlichen Alaska Highway. An der Racing River Bridge machten wir eine kurze Pause und gelangten dann durch das weite McDonald River Valley und eine pittoreske Kalksteinschlucht in den Stone Mountain PP. Auf einer der Parkbuchten am Highway durchwühlte ein Schwarzbär den Inhalt eines Müllcontainers, dessen bärensicherer Verschluß fehlte. Als wir gewendet hatten und zu der Parkbucht zurückkamen, war der Bär aber schon nicht mehr da. An der Straße konnten wir einige Bergschafe beobachten, ehe wir mit dem 1295 m hohen Summit Pass den höchsten Punkt des Alaska Highway erreichten. In der Nähe des Summit Lake, der inmitten einer eindrucksvollen Gebirgskulisse liegt, graste ein Gruppe junger Karibus direkt am Straßenrand. Die Straße klettert von hier aus des Osthang der Rocky Mountains hinab und bietet weiterhin einen attraktiven Verlauf durch nordische Nadelwälder. Mit der Abzweigung des Liard Highway, eine der wenigen Straßenverbindungen in die Northwest Territories, erreichten wir das Farmland, das Fort Nelson umgibt. Hier nutzten wir die Gelegenheit zum Einkauf und suchten uns einen Campingplatz.

Die letzten fast 500 km des Alaska Highway verlaufen eher eintönig und ohne besondere landschaftliche Reize durch Wald und hügeliges Farmland. Etwas Abwechslung brachte uns eine kurze Pause auf einem der Rastplätze: Die Fahrer eines Minivan ließen hier ihre zahmen Hängebauchschweine "Gassi gehen", was zur Attraktion des Rastplatzes wurde. Über Wonowon, einem kleinem Ort, bei dem der frühere Meilenstein 101 zur Ortsbezeichnung verkümmerte, erreichten wir Fort St. John. Bereits 1793 entstand hier ein Pelzhandelsposten und damit eine der ersten von Weißen gegründeten Siedlungen auf dem Gebiet des späteren British Columbia. Seit der Entdeckung größerer Gas- und Erdölvorkommen ist die petrochemische Industrie der wichtigste Wirtschaftsfaktor in dieser Region. Auf den letzten 76 km bis Dawson Creek kreuzte noch ein Kojote die Fahrbahn und dann hatten wir das Ende bzw. den Anfang des knapp 2300 km langen Alaska-Highway, den historischen Milemarker 0 erreicht. Bis auf die kurze Strecke zwischen Whitehorse und Haines Junction hatten wir den gesamten Alaska Highway befahren. Wir hatten uns die Strecke insgesamt landschaftlich reizvoller vorgestellt, aber auf die optischen Highlights folgen immer wieder eintönige und langweilige Abschnitte. Der Alaska Highway lebt jedoch weiterhin von seinem Mythos als einzige durchgehende Landverbindung zwischen den Lower 48 und Alaska und als Eroberer des "last Frontier". Wir fanden in Dawson Creek einen Campingplatz, auf dem wir unseren Roadrunner einer Hochdruckreinigung unterziehen konnten.

Am nächsten Morgen verließen wir Dawson Creek auf der Northern Woods and Water Route, die kurz NWW genannt wird. Diese Strecke verbindet über 2300 km Dawson Creek mit Winnipeg in Manitoba und verläuft weitestgehend durch einsame, unberührte Wälder und Seenplatten der sogenannten Prärieprovinzen Alberta, Saskatchewan und Manitoba. Neben diesen typisch kanadischen Landschaften berührt die NWW aber auch weite Agrarflächen, was ihre Bedeutung als Alternative zum 400 km kürzeren und besser ausgebauten Yellowhead oder Trans Canada Highway mindert. Auch unsere heutige Etappe führte überwiegend durch eine relativ monotone Agrar- und Waldlandschaft. Etwas abseits der NWW liegt der Winagami Lake PP, wo wir am Ufer des gleichnamigen Sees eine kurze Pause einlegten. Die Straße passiert dann meistens fern der Uferlinie den auch kleinen Sklavensee genannten Lesser Slave Lake. In der Nähe des kleinen Ortes Kinuso fanden wir mit dem Spruce Point Park einen Campingplatz direkt am Südufer des Sees, dessen östliches Ufer als Lesser Slave Lake PP unter Naturschutz steht.

Wir folgten der NWW bis hinter Athabasca, bogen dann in südlicher Rchtung ab und erreichten über eine Nebenstraße den Elk Island NP 40 km östlich von Edmonton. Der Park, mit nur 194 km² einer der kleinsten kanadischen Nationalparks, verdankt seine Entstehung einer Bürgerinitiative. 1906 setzte sie sich für die Erhaltung der bedrohten Elks ein. Das englische Wort "elk" heißt "Elch", in Nordamerika haben aber die ersten Siedler die Wapitihirsche mit Elchen verwechselt und ihnen den Namen Elk gegeben. Für die Elche mußte dann eine neue Bezeichnung her und so heißen Elche in Nordamerika "moose". Seit der Gründung des Elk Island NP können in diesem kleinen Schutzgebiet Wapitis, Elche, Prärie- und Waldbüffel, Biber und über 230 Vogelarten ungestört leben. Da die gesamte Umgebung des Parks kultiviertes Land ist, das den Tieren keinen Lebensraum bietet, wurde der Elk Island NP als einziger Nationalpark Nordamerikas rundum eingezäunt. Die bewaldeten Beaver Hills überragen die übrige Parklandschaft aus Prärie- und Seengebieten. Insbesondere der Astotin Lake mit seiner Sandy Beach, vielen Picknickmöglichkeiten und dem einzigen Campingplatz des Parks ist ein beliebtes Ausflugs- und Wochenendziel der Edmontoner. Nach einem kurzen Stop am Beaver Pond trafen wir an der Parkstraße auf den ersten Büffel. Wir sicherten uns dann einen Platz auf dem Campingplatz und ruhten uns von der Fahrerei etwas aus. Als ich im Radio einen guten Sender suchte, stutze ich bei der UKW-Frequenz 101,90 Mhz, denn ich hörte deutsche Stimmen. Wie sich herausstellte sendet unter dieser Frequenz das Ethnic-Radio aus Edmonton, in dem sich verschiedene Volksgruppen präsentieren. Wir hatten durch Zufall gerade die Sendezeit der Deutsch-Kanadischen-Gesellschaft erwischt und hatten so zwei Stunden "Heimatradio". Während in der ersten Stunde eher etwas für die ältere Generation geboten wurde, kamen wir in der zweiten Hälfte mit Deutsch-Rock von PUR, Peter Maffay und Heinz Rudolf Kunze voll auf unsere Kosten. Es war schon ein etwas merkwürdiges Gefühl mitten in Kanada plötzlich eine deutsche Radiosendung zu empfangen, wo wir ansonsten schon froh sind, wenn wir über Kurzwelle die Nachrichten der Deutschen Welle empfangen können. Nach dem Abendessen nahmen wir uns nach längerer Zeit mal wieder die Fahrräder und fuhren auf dem Shoreline Trail, einer ehemaligen Straße, am Ufer des Astotin Lake entlang. Hier konnten wir zahlreiche Wasservögel, einen Elch und einen Biber beobachten. Über einen Schwimmsteg und den Point of Good Hope kehrten wir dann zum Campingplatz zurück, wo wir noch einen Kojoten entdecken konnten.

Wir begannen den nächsten Tag mit einem Spaziergang über den 2,5 km langen Amisk Wuche Trail. Der Weg führt zunächst durch ein Waldgebiet, ehe über Schwimmstege verschiedene Feuchtgebiete überquert werden. Nach einem kurzen Stop am Ufer des Tawayik Lake sahen wir uns die Präriebüffel-Herde im Bison Paddock an. Als wir dann auf dem Yellowhead Highway in Richtung Edmonton fuhren, konnten wir von der Straße aus noch einige Waldbisons sehen. Nach einigen Einkäufen bezogen wir Quartier auf dem Rainbow Campground im Whitemud Park südwestlich des Stadtzentrums. Wie viele andere Städte des kanadischen Westens ging auch Edmonton aus einer Niederlassung einer Pelzhandelsgesellschaft hervor. Der Klondike Goldrausch verwandelte das entlegene Prärienest in eine Boom Town, als viele Prospektoren auch auf dem Landweg zu den Goldfeldern strebten. Edmonton blieb allerdings der Niedergang vieler anderer Boom Towns erspart und die Stadt behielt Zentralfunktion für die weitere Entwicklung des Nordwestens. 1905 wurde Edmonton die Hauptstadt der neuen Provinz Alberta und nach dem Anschluß an das Eisenbahnnetz der Canadian Pacific Transcontinental Railroad im Jahr 1915 zu einem der wichtigsten Verkehrsknotenpunkte im westlichen Kanada. Als die Stadt beim Bau des Alaska Highway zu einer der wichtigsten Nachschubstationen wurde und die Erschließung bislang unzugänglicher Regionen in hohen Norden per Flugzeug begann, erhielt Edmonton den Beinamen "Gateway to the North". Die Entdeckung von Öl im Jahr 1947 nur 40 km südlich der Stadt sorgte für einen weiteren Aufschwung. Edmonton besitzt, vielleicht mit Ausnahme der West Edmonton Mall, dem weltgrößten überdachten Shopping- und Entertainmentzentrum, keine ganz großen Sehenswürdigkeiten, ist aber mit seinen schönen Parks auf beiden Seiten des North Saskatchewan River alles in allem eine recht attraktive Stadt. Sie rühmt sich unter den Großstädten Kanadas über die höchste Grünfläche pro Einwohner zu verfügen.

Wir begannen unseren Besuch im Fort Edmonton Park, einem der schönsten Museumsdörfer Kanadas, das südwestlich des Stadtzentrums am Südufer des North Saskatchewan River liegt. In den detailgetreu rekonnstruierten Gebäuden leben längst vergangene Pioniertage wieder auf: Im Stil der Zeit kostümierte "Bewohner" zeigen alte Handwerkstechniken, erklären den Sinn der Einrichtungen und verwickeln Besucher in Gespräche, wie sie wohl vor 100 Jahren geführt wurden. Die verschiedenen Bereiche der großen Anlage umfassen die beiden interessantesten Epochen in der Siedlungsgeschichte Edmontons: Das alte Fort Edmonton, ein im Jahr 1846 im Bereich des heutigen Regierungsviertels gegründeter befestigter Handelsposten der Hudson´s Bay Company, wurde hier in den 70er-Jahren originalgetreu wiedererrichtet. Sowohl seine Palisaden als auch die Anlage innerhalb der Befestigung bilden zusammen mit der nächsten Epoche, einem Straßenzug aus dem Jahre 1885, die Höhepunkte der Besichtigung. Zusätzlich wurden typische Straßenzüge von 1905 und 1920 aufgebaut. Dazu wurden einige noch existierende Originalgebäude hierher versetzt und restauriert, die Mehrheit der Häuser sind jedoch Nachbauten. Postkutschen, ein von einer Dampflokomotive gezogener Zug, eine historische Straßenbahn und Oldtimer-Autos vervollständigen das nostalgische Bild. Uns hat die als größter historischer Park Kanadas angepriesene Anlage sehr gut gefallen, auch weil die Kommerzialisierung nicht so übertrieben wird, wie in vielen anderen vergleichbaren Anlagen. Wir fuhren von hier aus zum westlich des Zentrums an der Groat Road gelegenen Victoria Park, einer der zahlreichen Grünanlagen am Ufer des North Saskatchewan River. Parallel zur River Valley Road verläuft hier ein schöner Weg für Jogger, Inlineskater, Radfahrer und Fußgänger am nördlichen Flußufer entlang. Wir machten uns mit unseren Rädern auf den Weg in die Innenstadt, die auf einer gut 70 m hohen Erhebung am Nordufer des Flusses liegt. Die Vista 33 genannte Aussichtsplattform im 33. Stock des Alberta Government Telephone Building (AGT) ist seit der Privatisierung der Telefongesellschaft im Jahre 1993 für die Öffentlichkkeit leider nicht mehr zugänglich und wird, wie man uns sagte, auch nicht wieder eröffnet. Von hier aus machten wir uns dann auf den Weg zum Muttart Conservatory, dessen vier futuristisch anmutende Glaspyramiden wir schon von der Innenstadt aus gesehen hatten. Drei der Pyramiden beherbergen die Flora verschiedener Klimazonen unserer Erde: der Tropen, der Wüsten und der gemäßigten Breiten. In der vierten wechselt die Bepflanzung ungefähr alle sechs Wochen, so daß hier das ganze Jahr hindurch eine Blütenpracht zu bewundern ist. Außergewöhnlich ist hier weniger die Qualität der botanischen Anlagen als deren Architektur, die mit der Skyline Edmontons im Hintergrund ein schönes Fotomotiv bildet. Wir fuhren dann durch die Parkanlagen am südlichen Flußufer zurück und hatten noch einige schöne Ausblicke über den Fluß auf die Stadt, die uns aufgrund ihres grünen und sehr sauberen Erscheinungsbildes gut gefallen hat. Vom Victoria Park fuhren wir dann zurück zum Campingplatz, wo wir uns mit unserem "Nachbarn" ins Gespräch kamen, der eine Zeit lang in Deutschland gelebt hatte.

Den nächsten Tag hatten wir uns für das weltgrößte überdachte Shopping- und Entertainmentzentrum, die West Edmonton Mall, kurz WEM genannt, reserviert. Die weiträumige Ausschilderung weist darauf hin, daß sich die WEM seit ihrer Eröffnung im Jahr 1980 zu einer Top-Attraktion entwickelt hat und sorgt dafür, daß man sich gar nicht verfahren kann. Die Dimensionen der WEM sind überwältigend und mit europäischen Maßstäben kaum erfaßbar. Der von außen eher unansehnlich wirkende, von riesigen Parkplätzen und -garagen umgebene Komplex vereint auf 260..000 m² Fläche über 800 Geschäfte, darunter 11 große Kaufhausfilialen, 110 Imbißstuben und Restaurants, 19 Kinos, ein Kasino, eine Bingo-Halle und ein Hotel. Ergänzt wird dieses Angebot durch die verschiedenen Vergnügungsbereiche: Galaxyland Amusement Park mit 23 Fahrgeschäften von der riesigen Achterbahn bis zum nostalgischen Kettenkarussell. World Waterpark mit künstlichem Strand, Brandungsbad, einem Dutzend unterschiedlicher Wasserrutschen und einem Bungy-Jumping-Turm. Den U-Booten des Deep Sea Adventure, den Sea Life Caverns, einer Delphin-Show, zwei Minigolfplätzen und einer Eislaufhalle. Nachbauten von Columbus´ Karavelle "Santa Maria", von New Orleans´ Burbon Street, von Versailles-Springbrunnen und chinesischen Pagoden bemühen sich um internationales Flair. Über 15..000 Beschäftigte sorgen für ein ungestörtes Einkaufs- und Unterhaltungsvergnügen in diesem gewaltigen Komplex. Die Geschäfte bieten, einmal abgesehen von ihrer Vielfalt, nicht mehr als in anderen Malls, aber die Mischung aus Einkaufszentrum und Vergnügungspark machen die WEM doch zu etwas Besonderem. Wir haben mit einigen Einkäufen und Snacks, sowie sehr viel Gucken sieben Stunden in der WEM verbracht und uns danach etwas erschöpft einen Campingplatz am Yellowhead Highway westlich der Stadt gesucht. 

Über den Yellowhead Highway machten wir uns am nächsten Morgen auf den etwa 320 km langen Weg zum Jasper NP. Die erste Hälfte der Strecke verläuft relativ eintönig durch flaches Farmland und gewinnt erst dann landschaftlich an Reiz, wenn die Rocky Mountains ins Blickfeld kommen. Am Parkeingang konnten wir eine Gruppe von Bergschafen an und auf der Straße beobachten. Der Jasper NP ist eines der größten kanadischen Naturschutzgebiete und umfaßt 10.878 km² ffast unberührte Gebirgswelt der Rocky Mountains mit schneebedeckten Bergen, Gletschern, tosenden Wasserfällen und glasklaren Seen. Bei Pocahontas, den Überresten eines alten Kohlebergwerks, bogen wir auf die Stichstraße ins Fiddle Valley ab und sicherten uns einen Stellplatz auf dem sehr schön im Wald gelegenen Pocahontas Campground. Nach dem Abendessen fuhren wir auf der kurvenreichen Strecke durch das Tal des Fiddle River bis zu den Miette Hot Springs, den heißesten Quellen im Bereich der kanadischen Rockies. Das 54° C heiße, schwefelhaltige Wasser wird in drei schwimmbadartige Open-air Pools geleitet, in denen ein reges Gedränge herrschte. Da uns der intensive Ausbau und der Andrang nicht gefielen, verzichteten wir auf ein warmes Bad und dachten etwas wehmütig an die herrlichen Pools der Liard River Hotsprings zurück. Auf dem Rückweg zum Campingplatz genossen wir das sommerliche Wetter und das grandiose Bergpanorama auf einem der Aussichtspunkte der landschaftlich sehr reizvollen Strecke.

Über den Yellowhead Highway, der im breiten Tal des Athabasca River verläuft, fuhren wir weiter in die grandiose Gebirgswelt des Jasper NP hinein. Haltebuchten am Fluß bieten phantastische Ausblicke auf die gewaltigen Gipfel der kanadischen Rocky Mountains, wie den 2763 m hohen Pyramid Mount oder den Roche Ronde (2138 m). Im Talbot Lake konnten wir die Spiegelung der umliegenden Berge bewundern und ein weiterer Aussichtspunkt ermöglichte uns einen Blick auf die Gebirgskette der Colin Range. Auf der 42 km langen Maligne Road, die als eine der schönsten Nebenstraßen der Rockies gilt und nördlich von Jasper vom Yellowhead Highway abzweigt, erreichten wir den Maligne Lake. Die Strecke verläuft immer am Maligne River entlang, durch eine grandiose Gebirgswelt. Ab hier bewegten wir uns auf bekanntem Gebiet, da wir diesen Teil des Parks schon während eines Urlaubs 1994 kennengelernt hatten. Diesmal beschränkten wir uns auf die Bereiche, die wir damals ausgelassen hatten oder die zu kurz gekommen waren. So ließen wir den Maligne Canyon, eine 50 m tiefe, kaum 5 m breite Kalksteinklamm durch die der Maligne River tobt, links liegen und hielten erst am Medicine Lake an. Hier erlebt man ein Phänomen des Maligne River, der vom Maligne Lake in den scheinbar abflußlosen Medicine Lake fließt. Das Wasser des Maligne River fließt unterirdisch aus dem Medicine Lake ab und taucht erst nach einigen Kilometern wieder auf. Durch diese unterirdische Entwässerung läuft der 6 km lange See im Herbst und Winter vollständig leer und füllt sich erst mit der Schneeschmelze im Frühjahr wieder auf. Der glasklare, etwa 22 km lange Gletschersee Maligne Lake, eingefaßt von zum Teil scheebedeckten Bergen ist das schönste Ausflugsziel im Jasper NP. Während wir vor zwei Jahren auf dem Mary Schaeffer Trail am Ostufer des Sees entlang gewandert waren, beschafften wir uns heute Tickets für einen 90minütigen Bootstrip. Die Fahrt auf dem türkisfarbenen See zu Füßen des 3470 m hohen Mount Brazeau führt bis zur Spirit Island, einer kleinen Insel 15 km vom Ausgangspunkt entfernt. Auf der Rückfahrt sahen wir schon vom Boot aus zwei Elche im flachen Wasser des Uferbereiches grasen. Sie ließen sich durch den Menschenauflauf, der sich am Ufer gebildet hatte nicht im Geringsten stören und so konnten wir sie in aller Ruhe beobachten. Die Fahrt zurück zum Yellowhead Highway wurde durch eine Herde von Dickhornschafen unterbrochen, die die Straße am Medicine Lake blockierten. In Jasper hielten wir nur zum Tanken, da uns der Ort 1994 überhaupt nicht gefallen hatte. Auf dem Wabasso Campground suchten wir uns einen Stellplatz für die Nacht und genossen die warme Nachmittagssonne auf unserem Platz.

Etwas nördlich des Campingplatzes bogen wir auf die Mount Edith Cavell Road ab, eine 14 km lange, schmale Stichstraße, die am Fuße des 3365 m hohen Mount Edith Cavell endet. Da die Straße bei ihrer Fertigstellung 1924 nicht für den heutigen Besucherandrang ausgelegt worden war, gelten in den Sommermonaten bestimmte Restriktionen: Im stundenweisen Wechsel wird die Straße jeweils nur in eine Fahrtrichtung freigegeben und für Wohnmobile über 7 m Länge ist sie ganz gesperrt. Vom Parkplatz am Straßenende führt der "Path of the Glacier Loop Trail" zum Fuße des beeindruckenden Berges, dessen Gletscher Angel, Cavell und Ghost Glacier hier einen Schmelzwassersee voller Eisschollen gebildet haben. Dieser Rundweg bietet wirklich hervorragende Ausblicke auf den Mount Edith Cavell und seine Gletscher und gilt nicht umsonst als einer der schönsten Kurzwanderwege im Jasper NP. Man sollte ihn am frühen Morgen begehen, da dann die Lichtverhältnisse für den Berg und die Gletscher am besten sind. Bevor wir wieder zur alten Parkstraße 93A zurückfuhren, warfen wir noch einen Blick auf den smaragdgrünen Edith Cavell Lake. An den Athabasca Falls, wo der Fluß vor der Kulisse des 2966 m hohen Mount Kerkeslin durch eine enge Schlucht 30 m in die Tiefe donnert, trifft die alte Parkstraße wieder auf den Hwy 93, den Icefields Parkway. Der Icefields Parkway ist das Bindeglied zwischen Kanadas beliebtesten Nationalparks Banff und Jasper. Er führt in einem atemberaubenden Verlauf über das Dach der kanadischen Rocky Mountains von Jasper aus durch die ganze Länge des Jasper NP und den sich anschließenden Banff NP bis nach Lake Louise am TCH. Diese 230 km werden gerne als die schönste Gebirgsstrecke Canadas gelobt und ist für uns eine der schönsten Straßen in Nordamerika. Smaragdgrüne Seen, schäumende Wasserfälle, gewaltige Gletscher und grandiose Bergsilhouetten scheinen sich gegenseitig an Schönheit übertreffen zu wollen. Wir unterbrachen unsere Fahrt sehr häufig, um uns diese einmalige Landschaft anzusehen. Ein Viewpoint am Athabasca River bietet einen phantastischen Blick auf den grünlich schimmernden Fluß und die Gipfel der Mounts Fryatt, Brussels und Christie. An den Sunwapta Falls pressen sich die Wasser des gleichnamigen Flusses gurgelnd durch eine tiefe Schlucht, bevor sie in den Athabasca River münden. Von einem Parkplatz am Sunwapta River hatten wir einen Blick auf die Mushroom und Diadem Peaks, sowie den Stutfield Glacier. Ein Clark´s Nutcracker war hier auf der Suche nach etwas Eßbarem. Der Sunwapta Canyon gibt den Blick auf die Mts. Athabasca und Andromeda und den Dome Glacier frei. Mit der gewaltigen, etwa 6 km langen Gletscherzunge des Athabasca Glacier erreichten wir die bekannteste Attraktion des Jasper NP. Der Athabasca Glacier ist ein Ausläufer des 325 km² großen Columbia Icefields, der letzten großen Resteisfläche aus der Wisconsin-Eiszeit in den Rocky Mountains. Das Eisfeld, dessen Eismasse sich bis zu einer Dicke von 400 m über die kontinentale Wasserscheide wölbt, liegt verborgen im Hochland des 3747 m hohen Mount Columbia, dem höchsten Berg Albertas. Nur drei seiner Gletscher (Athabasca, Dome und Stutfield) sind zu sehen. Ihre Schmelzwasser fließen in drei Weltmeere: Über den Athabasca River ins Polarmeer, über den Columbia in den Pazifik und über den North Saskatchewan in die Hudson Bay und den Atlantik. Vom Parkplatz des Besucherzentrums aus genossen wir den Blick auf den Athabasca und Dome Glacier. Bis hierher konnten wir die Kälte, die der Gletscher ausstrahlt deutlich spüren. Da wir vor zwei Jahren bis an die Gletscherzunge herangegangen waren, haben wir heute darauf verzichtet und damals wie heute lehnen wir die hier angebotenen Fahrten mit riesigen Spezialbussen auf die Gletscherzunge aus ökologischen Gründen ab. Am Sunwapta Pass erreicht der Icefields Parkway mit 2035 m seinen zweithöchsten Punkt und gleichzeitig die Grenze zum Banff NP. Der Banff NP ist der älteste, berühmteste und meistbesuchte Nationalpark Kanadas. Bereits 1885 als Schutzgebiet für die heißen Quellen im Tal des Bow River gegründet umfaßt der Park heute 6666 km² ursprüngliche Natur im Herzen der Rocky Mountains. Wir hatten auch im zweiten Abschnitt des Icefields Parkway wieder viele sehenswerte Fahrtunterbrechungen. Wir sahen uns den Saskatchewan Glacier, die Bridalveil Falls am Cirrus Mountain und den North Saskatchewan River an, der sich malerisch durch das gleichnamige Tal schlängelt. Danach gelangten wir an eine ganze Reihe türkisfarbener Gletscherseen, deren Färbung durch die im Wasser gelösten Staubpartikel ensteht, die auch für die bläuliche Färbung des Gletschereises verantwortlich sind. Die Farbnuancen werden durch die Art der aus den Gletschern stammenden Sedimente und die wechselnde Sättigung des Wassers mit Mineralien verursacht. Den Reigen der Seen eröffnet der Waterfowl Lake mit dem imposanten Mount Chephren, ihm folgt der Mistaya Lake. Am Bow Summit, dem mit 2069 m höchsten Punkt des Parkway, zweigt eine kurze Stichstraße zum Peyto Lake Viewpoint ab. Von diesem Aussichtspunkt hat man einen Bilderbuchblick auf den 300 m tiefer gelegenen Peyto Lake und das Tal des Mistaya River. Der Bow Lake wird gleich von zwei Gletschern gespeist: Dem Bow Glacier und dem Crowfoot Glacier, der sich vom Mount Crowfoot herunterschiebt. Kurz vor Lake Louise erreichten wir den TCH und 230 phantastische und spektakuläre Kilometer Icefields Parkway lagen hinter uns. Im touristisch überladenen und überfüllten Lake Louise fanden wir einen Platz auf dem am Bow River gelegenen Lake Louise Campground.

Nachdem wir uns im Visitor Center von Lake Louise Informationsmaterial über den Banff NP und Yoho NP besorgt hatten, machten wir uns auf dem TCH auf den Weg zum Yoho NP. Die Grenze zwischen dem Banff und Yoho Nationalpark markiert gleichzeitig die Provinzgrenze zwischen Alberta und British Columbia, einen Zeitzonengrenze, sowie die Wasserscheide zwischen Pazifik und Atlantik. Über den 1647 m hohen Kicking Horse Pass führt der TCH in das Parkgebiet hinein. Der 1313 km² große, 1886 gegründete Yoho NP birgt eine grandiose Hochgebirgslandschaft. Der Name "Yoho" stammt aus der Sprache der Cree-Indianer und drückt Bewunderung aus, ließe sich etwa mit "Oh!" übersetzen. Tatsächlich ist die Natur hier teilweise noch bizarrer und spektakulärer als in den anderen Nationalparks der Rocky Mountains: Die Täler enger, die Wasserfälle höher, die Flüsse reißender. Unter Wissenschaftlern ist der Park für seine weltweit einmaligen Fossilienfunde im Burgess Shale Fossil Bed berühmt. Hier wurden über 100 verschiedene Arten versteinerte Meerestiere gefunden, die vor etwa 530 Millionen Jahren im Schlamm eines urzeitlichen Meeres lebten. Kurz hinter dem kleinen Ort Field zweigt die Straße zum wunderschönen Emerald Lake ab. Am Ende der Straße liegt der glasklare Emerald Lake, der mit seiner grün-türkisen Färbung seinem Namen alle Ehre macht. Wir hatten das Glück den See völlig ruhig zu erleben, so daß die ihn umgebenden Gipfel sich im Wasser spiegelten. Dem Trubel um die exklusive Emerald Lake Lodge entgingen wir durch eine einstündige Kanutour auf dem See. Schon wenige Meter vom Bootshaus entfernt konnten wir die einmalige Landschaft in Ruhe und Abgeschiedenheit genießen. Nach einer kurzen Stärkung im Wohnmobil machten wir uns auf den 5,2 km langen Emerald Lake Circuit Trail. Nach etwa zwei Stunden, inklusive vieler Fotostops und einer längeren Pause, hatten wir den See umrundet und das majestätische Panorama der Berggipfel und Gletscher ausführlich genossen. Auf dem Rückweg zum TCH hielten wir an der Natural Bridge, einer pittoresken Felsenbrücke, unter der der Kicking Horse River vor der Kulisse des 2541 m hohen Mt. Dennis hindurchtost. Zwischen Field und dem Kicking Horse Pass zweigt die Yoho Valley Road vom TCH ab und steigt über zum Teil enge Serpentinen die steilen Wände des Yoho Valley hinauf. Trailer müssen am Fuße der Straße abgestellt werden und größere Wohnmobile müssen, wie die Reisebusse, in den Serpentinen rangieren. Nach 14 km endet die Straße am Fuße der Takakkaw Falls, deren Name in der Sprache der Cree-Indianer soviel bedeutet wie "es ist großartig". Die Takakkaw Falls werden vom 350 m oberhalb der Fälle gelegenen, zum Waputik Icefield gehörenden Daly Glacier gespeist und fallen 254 m in die Tiefe. Einen weiteren Stop machten wir am Lower Spiral Tunnel Viewpoint, einer Aussichtsplattform am TCH, die einen schönen Blick in das Yoho Valley sowie auf die schroffe Steilwand des 3199 m hohen Mt. Stephen und die Gleise der Canadian Pacific Railroad bietet. Da die Steigung des Kicking Horse Passes für die Züge zu steil war, wurde sie durch zwei Spiraltunnel verringert. Jeder dieser Tunnel schlägt einen Bogen von 270° und man kann die extrem langen kanadischen Güterzüge bereits an einem Ende hinausfahren sehen, während die letzten Wagen noch in den Tunnel im Mt. Stephen hineinfahren. Wir fuhren von hier aus auf dem Bow Valley Parkway (Hwy 1A), dem alten Verlauf des TCH, in den Banff NP zurück. Die Zufahrt zum Lake Louise endet vor dem nostalgischen Nobelhotel Chateau Lake Louise. Der 2 km lange Bergsee zu Füßen des Mt. Victoria (3464 m) ist eines der beliebtesten Postkartenmotive in den Rockies: im Vordergrund das türkisgrüne Wasser, dahinter der mächtige Victoria Gletscher und steile Felswände. Leider ist der Lake Louise, der auch "die Perle der Rocky Mountains" genannt wird, touristisch total überlaufen, was unsere Freude an dem wirklich grandiosen Panorama doch etwas getrübt hat. An dem 13 km südlich und einige hundert Meter höher gelegenen Moraine Lake begaben wir uns auf den kurzen Rockpile Nature Trail, der einen phantastischen Überblick über den See und das Valley of the Ten Peaks bietet. Dieses Panorama schmückte bis zur Neuauflage vor einigen Jahren die Rückseite der kanadischen 20-Dollar-Note. Da der Tag mal wieder wie im Flug vergangen war, gaben wir unseren Plan in Richtung Banff weiterzufahren auf und blieben eine weitere Nacht auf dem Lake Louise Campground.

Auch für unsere Fahrt nach Banff wählten wir den nicht nur weniger befahrenen, sondern auch landschaftlich reizvolleren Bow Valley Parkway. Mehrere Aussichtspunkte ermöglichen einen schönen Blick über den Bow River und die das Tal begrenzenden Berge. Etwa auf halber Strecke zwischen Lake Louise und Banff passiert die Straße den Eingang zum pittoresken Johnston Canyon. Über den Johnston Canyon Trail, einen teilweise oberhalb der Stromschnellen an der Canyon-Wand angesetzten Pfad, erreichten wir nach nur 1 km die Lower Falls. Da der Weg schon am frühen Morgen hoffnungslos überfüllt war, verzichteten wir auf die Upper Falls, die noch 2 km tiefer im Canyon liegen. Nach kurzer Fahrt erreichten wir Banff, das überlaufene Zentrum des Nationalparks. Die Entwicklung der Stadt begann mit der Entdeckung heißer Quellen im vorigen Jahrhundert. Als dann die Bahngesellschaft kurz nach dem Bau der Canadian Pacific Railway 1886 das schloßartige Banff Springs Hotel nahe den heißen Quellen errichtete, war Banffs Ruf als nobler Kurort begründet und der Grundstein für ein schnelles Wachstum gelegt. Wir näherten uns auf der Tunnel Mountain Road von Osten her der Stadt. Diese Straße und der anschließende Tunnel Mountain Drive bieten einen schönen Überblick über die Stadt und die Umgebung. Ein kurzer Weg führt zu den Hoodoos, Sandskulpturen im Bow River Valley und bietet einen schönen Blick über das Tal und das Banff Springs Hotel im Hintergrund. Am Bow Falls Overlook sind weniger die namensgebenden Stromschnellen als der Blick auf das Banff Springs Hotel, das lange Zeit als das beste Hotel Nordamerikas galt, interessant. An der Hauptstraße, der Banff Avenue, drängen sich Restaurants, Sportgeschäfte und Souvenirläden, die alle fest in japanischer Hand zu sein scheinen. Trotz des Touristenrummels waren wir angenehm überrascht, denn auf uns machte die Stadt einen harmonischeren Eindruck als Jasper. So nutzten wir das herrliche Sommerwetter zu einem Schaufensterbummel auf der Banff Avenue, ehe wir die Stadt auf dem TCH wieder verließen. In Canmore, der ersten Stadt außerhalb der Nationalparkgrenzen, ergänzten wir unsere Vorräte und suchten uns dann einen Campingplatz.

Nach wenigen Kilometern auf dem TCH in östlicher Richtung bogen wir auf den Hwy #40, den Kananaskis Trail, ab. Vorbei am 2816 m hohen Mount Allan, an dem die Abfahrtsläufe der Olympischen Winterspiele 1988 abgehalten wurden, gelangten wir in die Kananaskis Country, ein Erholungsgebiet in den östlichen Ausläufern der Rocky Mountains. Das Kernstück dieser Region ist der Peter Lougheed PP, der aufgrund seiner Abgelegenheit nicht so touristisch ist. An einem Aussichtspunkt mit Blick auf den Lower und Upper Kananaskis Lake machten wir in schönster Hochgebirgslage eine kurze Pause. Über den 2206 m hohen Highwood Pass, mit schöner Aussicht auf die umliegenden Berge, verließen wir den Provincial Park. Auf der Straßenkombination #541, #22 und #6 fuhren wir durch überwiegend eintöniges Farmland bis zum Waterton Lakes NP, dem nördlichen Teil des Waterton Glacier International Peace Park. Im Jahre 1932 erklärten Kanada und die USA den 1895 gegründeten Waterton Lakes NP und den 1910 gegründeten Glacier NP, der auf amerikanischer Seite angrenzt, zum ertsten Internationalen Friedenspark der Welt. Obwohl beide Teile getrennt verwaltet werden, besteht in wichtigen Bereichen eine enge Zusammenarbeit. Die UNESCO hat 1995 den Waterton Glacier International Peace Park zur World Heritage Site erklärt und damit die vorbildliche Zusammenarbeit der beiden Staaten zur Erhaltung dieser einmaligen Naturregion gewürdigt. Die unerhörten landschaftlichen Gegensätze in Waterton Glacier haben eine große Vielfalt von Pflanzen und Tieren hervorgebracht. Die über 1000 Pflanzenarten bieten 60 Arten von Säugetieren und über 200 Vogelarten Nahrung und Unterschlupf. Ungefähr 650 Seen, Dutzende von Gletschern und zahllose Wasserfälle erglänzen zwischen schroffem Fels und bewaldeten Tälern und werden durch fast 1.200 km Wanderwege erschlossen. Die geschützten Täler und reichlich jagbares Wild lockten die Menschen schon vor 11.000 Jahren in dieses Gebiet. Die alten Völker jagten Büffel in den Ebenen, fischten in den Seen und sammelten Beeren und Früchte in den alpinen Regionen. Im 18. und einem großen Teil des 19. Jahrhunderts waren die Blackfoot-Indianer Herren des Landes, ehe sie von weißen Siedlern und Prospektoren verdrängt wurden. Der Waterton Lakes NP ist zwar mit nur 525 km² wesentlich kleiner als sein 4.102 km² großer amerikanischer Nachbar, bietet aber die gleiche landschaftliche Vielfalt. Nirgendwo sonst in Kanada sieht man einen derart abrupten Übergang zwischen Prärie und Hochgebirge. Von der Parkstraße bot sich uns ein schöner Blick über den Lower Waterton Lake, ehe wir auf den Red Rock Parkway, eine der beiden Stichstraßen ins Hinterland des Parks, abbogen. An dieser Straße liegt der Crandell Mountain Campground wunderschön im Tal des Blakiston Creek. Nach dem Abendessen sahen wir uns noch das Rangerprogramm zum Thema "Bären" im überdachten Amphitheater des Campingplatzes an.

Am nächsten Morgen folgten wir dem Red Rock Parkway bis zu seinem Endpunkt am Red Rock Canyon. Ein nur 1,4 km langer Rundweg führt ein Stück in die Schlucht aus rotem Fels hinein und über einen 2 km langen Weg (retour) erreichten wir die Blakiston Falls. Auf dem Rückweg zur Parkstraße hielten wir an den verschiedenen Aussichtspunkten, die wunderschöne Blicke über die wellige Prärielandschaft und auf die Berge des Parks, darunter den Mount Blakiston, den mit 2920 m höchste Gipfel des Waterton Lakes NP, ermöglichen. Ein Picknickbereich am Middle Waterton Lake bietet eine hervorragende Aussicht auf den See und das historische Prince of Wales Hotel, das auf einem Moränenhügel zwischen dem Middle und Upper Waterton Lake liegt. Nach einem kurzen Besuch im Visitor Center fuhren wir auf der zweiten Stichstraße, dem Akamina Parkway, im Tal des Cameron Creek bis zum wunderschön von Bergen eingerahmten Cameron Lake, dem Endpunkt der Straße. Hier mieteten wir uns ein Kanu und fuhren in einer guten Stunde bis zum gegenüberliegenden Ufer und damit über die Grenze nach Montana, USA. Wir beendeten unseren Besuch im Park mit einem Besuch des hübschen kleinen Ortes Waterton Townsite am Nordufer des 10 km langen Upper Waterton Lake, dem Herzstück des Parks. Trotz des jährlich wiederkehrenden touristischen Ansturms im Hochsommer macht der Ort einen sympathisch-verschlafenen Eindruck. Auf dem Chief Mountain International Highway, der kürzesten Verbindung zwischen den beiden Parks, bietet ein Aussichtspunkt noch einmal ein großartiges Panorama der Rocky Mountains mit den Waterton Lakes im Vordergrund. Nach einer kurzen Fahrt erreichten wir die nur im Sommer besetzte Grenzstation und ohne Probleme gelangten wir wieder in die USA. Nach dem Grenzübertritt beherrscht der 2767 m hohe Chief Mountain, der der Verbindungsstraße den Namen gab und in der Mythologie der Blackfoot-Indianer eine wichtige Rolle spielt, die Landschaft. In Babb folgten wir der Many Glacier Road, einer 21 km langen Stichstraße in den Glacier NP hinein. Links entlang der Straße erstreckt sich der Lake Sherburne, ein Stausee, in dem die alte Bergbaustadt Altyn zum größten Teil versunken ist. Am Ende des Sees erscheint links das Many Glacier Hotel, das 1915 von der Great Northern Railway erbaut wurde, um den Tourismus an ihrer Strecke anzukurbeln. Am Ende der Straße liegt der Many Glacier Campground, Ausgangspunkt für viele Wanderungen in die Bergwelt des Glacier NP. 

Im St. Mary Visitor Center, am östlichen Parkeingang, versorgten wir uns mit Informationsmaterial über den Park und sahen uns die Diashow an. Die 80 km lange Panoramastraße Going-to-the-Sun Road, deren Bau 1932 als technische Meisterleistung galt, beginnt direkt am Parkeingang und folgt zunächst dem Nordufer des St. Mary Lake. Vom Goose Island Overlook überblickten wir den See, die kleine Goose Island und das eindrucksvolle Bergpanorama des Glacier NP. Der Park verdankt seinen Namen nicht so sehr seinen heute noch sichtbaren Gletschern, sondern der Tatsache, daß er durch Gletscheraktivitäten sein heutiges Aussehen erhalten hat. Die Berge des Waterton Glacier International Peace Park bestehen zum großen Teil aus Sedimenten, die sich über fast 1 Milliarde Jahre als Schlamm und Sand in einem vorzeitlichen Meer abgesetzt haben. Der einstige Meeresboden wurde dann zu Gebirgen gehoben, geschoben und gefaltet. In den Eiszeiten der letzten 3 Millionen Jahre wurde durch die Tätigkeit von Gletschern aus den aufgeschobenen Platten die heute sichtbare, zerklüftete Landschaft herausgemeißelt. Die Straße klettert aus dem Tal des St. Mary Lake am namensgebenden, 2.939 m hohen Going-to-the-Sun Mountain vorbei hinauf zum 2.025 m hohen Logan Pass, wo sich ein weiteres Visitor Center befindet. Der Name Going-to-the-Sun stammt aus den Mythen der Blackfoot-Indianer: Napi, der Schöpfer, ist auf die Erde gekommen um den Blackfoot zu helfen und über den Going-to-the-Sun Mountain wieder zur Sonne zurückgekehrt. Kurz vor dem Erreichen des Passes ermöglicht ein Aussichtpunkt den Blick auf die Florence Falls und die schneebedeckten Berge. Wir hielten am Logan Pass Visitor Center und machten uns auf den Hidden Lake Nature Trail, einen 4,8 km langen (retour) Weg über blühende Blumenwiesen, die von Bergriesen eingerahmt werden. Neben dieser schon recht beeindruckenden Kulisse erlebten wir auch noch ein Murmeltier und mehrere Bergziegen als Hauptdarsteller auf dieser gut zweistündigen Wanderung. Am Ziel des Weges, gut 150 m oberhalb des Logan Passes und jenseits der kontinentalen Wasserscheide entschädigte uns ein atemberaubender Blick auf den Hidden Lake für die Anstrengungen des Aufstiegs. Nach einer kleinen Stärkung fuhren wir bei einsetzendem Regen auf der nun sehr kurvenreichen und engen Straße auf der Westseite der Rocky Mountains hinunter in das Tal des Lake McDonald. Diese Strecke über den Pass ist für Fahrzeuge mit Anhängern und Wohnmobile über 21 Fuß Länge und 8 Fuß Breite gesperrt. Aber selbst mit unserem kleinen "Roadrunner", der diese Maße nicht überschreitet, war die Fahrt in westlicher Richtung aufgrund überhängender Felsen nicht so einfach. Ich würde daher empfehlen, die Route so zu planen, daß man in östlicher Richtung und damit auf der von der Felswand abgelegenen Straßenseite durch den Park fährt. Die Fahrt lohnt sich auf jeden Fall, denn die Going-to-the-Sun Road gehört zu den eindrucksvollsten Hochgebirgsstraßen Nordamerikas. Der 144 m tiefe Lake McDonald ist der größte Sees des Parks und wurde von den Kutenai-Indianern, die an seinem Ufer Zeremonien veranstalteten, "See der Heiligen Tänze" genannt. Am Parkausgang bei West Glacier endet dann die Straße, "die zur Sonne führt" und wir suchten uns in der Nähe einen Campingplatz. Im Campground-Office wurde am Abend der Film "Babe" gezeigt, den wir uns natürlich unbedingt ansehen mußten, das waren wir schon allein unserem Maskotchen, dem Plüschschwein "Eberhard" schuldig.

Am nächsten Tag stand nur Fahren auf dem Programm, denn wir wollen uns noch das Craters of the Moon NM und Salt Lake City ansehen und uns in gut einer Woche in Denver mit Maike und Michael, Freunden aus Kiel, treffen. Nach mehreren USA-Reisen mit Pkw und Motelübernachtungen, wollen die beiden jetzt zum ersten mal ein Wohnmobil mieten. Wir fuhren zunächst auf dem Hwy #35 direkt am Ostufer des Flathead Lake entlang und kamen am Südende des Sees auf die #93, der wir bis zum Craters of the Moon NM folgen wollen. Einige Kilometer hinter Missoula führt die Straße am Rutledge Gallery Exhibition Park vorbei, in dem die Holzskulpturen von Don P. Rutledge ausgestellt werden. Das besondere an diesen Skulpturen ist, daß sie allein durch den Einsatz verschieden großer Kettensägen ohne spezielles Schnitzwerkzeug entstehen. Wir konnten nicht widerstehen und kauften einen kleinen Bären, der zu Hause im Flur stehen soll und jetzt ersteinmal auf dem Sofa im Wohnmobil einen Platz gefunden hat. Über den 2138 m hohen Lost Trail Pass führt die durch landschaftlich reizvolles und abwechslungsreiches Gebiet nach Idaho. In Salmon fanden wir einen Campingplatz vom dem aus wir morgen den Rest der Strecke in Angriff nehmen werden.

Südlich von Salmon gewinnt die Strecke noch an landschaftlichem Reiz. Der Salmon River und die angrenzenden Berge sind von ungewöhnlich rauher Schönheit. Steile Ufer und Stromschnellen machen den Salmon River nur stromabwärts befahrbar, so daß sein Beiname "River of no Return" wörtlich zu nehmen ist. Kurz hinter Challis verließen wir die Schluchten des Salmon River und kamen südöstlich des Ortes durch den 610 m tiefen Grandview Canyon, auch "Idahos Grand Canyon" genannt. Über Arco erreichten wir dann das Craters of the Moon NM, eine 215 km² große krasse, unwirkliche Landschaft aus Lavafeldern, Kratern, Aschekegeln, Tunneln und Höhlen. Am Visitor Center beginnt die 11 km lange Loop Road durch das scharfkantige, mondähnliche Lavagebiet, in dem amerikanische Astronauten für ihre Landungen und Untersuchungen auf dem Erdtrabanten trainierten. Die Geschichte dieses Gebietes begann vor etwa 15.000 Jahren mit Eruptionen entlang der Great Rift Zone. Die letzte vulkanische Aktivität liegt hier nur erdgeschichtlich unbedeutende 2.100 Jahre zurück. Unser erster Stop führte uns zu den Rafted Blocks riesigen Monolithen, die aus Kraterwänden herausgebrochen sind und von Lavaströmen bis hierher transportiert wurden. Auf den kurzen Weg durch dieses Gebiet kann man sehr schön die unterschiedlichen Arten der Lavaströme erkennen, die nach den hawaiianischen Begriffen Pahoehoe und A'a benannt sind. Während die schnellfließenden und dünnflüssigen Pahoehoe-Ströme glatte Oberflächen entstehen lassen, transportieren die langsameren, dickflüssigen A'a-Ströme oft bereits erkaltete Lavabrocken und erstarren zu einer rauhen Oberfläche. Die Pahoehoe-Lava ist auch für die Höhlen und Tunnel verantwortlich, die entstehen, wenn die äußeren Schichten eines Lavastromes erkalten und sich verfestigen, während die Lava im Inneren noch weiter fließt und so einen Tunnel zurückläßt. Ein kurzer, aber steiler Aufstieg führte uns auf den 1884 m hohen Inferno Cone, einen Aschekegel, der einen hervorragenden Rundblick über das Parkgelände bietet. Bei den Spatter Cones handelt es sich um kleine Krater, die bei einer gewaltigen Eruption aus Material gebildet wurden, das aus fast 60 km Tiefe stammt. Den Abschluß unseres Besuches bildete der Caves Trail, von dem aus wir einen Blick in den Indian Tunnel und eine der Höhlen warfen. Wir fuhren dann zurück nach Arco, Amerikas erster Stadt, deren Stromversorgung von einem Atomreaktor gespiesen wurde. Der 1948 gebaute, erste Atomreaktor der Welt (EBR-1) kann heute am Hwy #26 besichtigt werden. In Blackfoot erreichten wir die I-15, der wir bis nach Salt Lake City folgen wollen. In Pocatello, dem kommerziellen Zentrum im Südosten Idahos, fanden wir erst im zweiten Anlauf einen Campingplatz, denn der erste, den wir uns ausgesucht hatten, war leider ausgebucht.

Auf der I-15 erreichten wir schnell die Grenze zu Utah und deckten uns in einem Visitor Center in Brigham City mit Informationsmaterial über den Mormonenstaat ein. Wir verließen die Interstate für einen Ausflug nach Antelope Island, der größten Insel im Great Salt Lake. Der Davis County Causeway, eine 11,5 km lange Straße, die auf einem deichähnlichen Erdwall errichtet wurde, verbindet Antelope Island mit dem Festland. Aufgrund des herrlichen Wetters mit Temperaturen von über 30° lag über dem riesigen See, dem größten natürlichen See westlich des Mississippi, ein gespenstischer Dunst aus verdunstetem Wasser. Die Geschichte des Great Salt Lake begann vor etwa 50.000 Jahren und vor ca. 18.000 erreichte der See seine größte Ausdehnung. Damals bedeckte der historische Lake Bonneville sogar Teile von Nevada und Idaho. Klimatische Veränderungen ließen ihn schrumpfen. Gleichzeitig büßte er durch tektonische Veränderungen seine Abflüsse ein und verliert heute sein Wasser nur noch durch Verdunstung. Damit verwandelte er sich in einen Salzsee, dessen Wasser einen Mineralgehalt von 20-25 % aufweist uns damit nach dem Toten Meer das salzhaltigste Gewässer der Erde ist. Wir nutzten die schönen Strände des Antelope Island SP zu einem Bad in dem mit 26° angenehm warmen Wasser des maximal 8 m tiefen Sees. Als wir nach einem längeren Fußmarsch zumindestens knietiefes Wasser erreicht hatten, war es schon ein eigentümliches Gefühl wie ein Korken auf dem Wasser zu liegen und gar nicht untergehen zu können. Bis wir wieder den Strand erreicht hatten, hatte sich auf unserer Haut eine dünne Salzkruste gebildet, so daß wir uns über die Duschen, die der State Park am Strand unterhält, richtig gefreut haben. Nachdem wir auf dem Rückweg zur I-15 unsere Vorräte aufgefüllt hatten, erreichten wir schließlich Salt Lake City, wo wir auf dem VIP-Campground in Fahrradentfernung zur Innenstadt einen Stellplatz fanden. Iin Anbetracht ihres Bekanntheitsggrades über die Grenzen der USA hinaus und ihrer flächenmäßigen Ausdehnung ist es schwer zu glauben, daß Salt Lake City nur 166.000 Einwohner hat. Mit den zahlreichen Vororten im Great Basin, wie die Tiefebene des Great Salt Lake genannt wird, kommt die Salt Lake Area auf 792.000 Bewohner. Seit Jahrzehnten gehört Salt Lake City zu den saubersten und sichersten Städten der USA und besitzt als Hochburg von Bildung, Wissenschaft und Technik einen klingenden Namen. Salt Lake City wurde am 24.07.1847 von einer Gruppe mormonischer Pioniere unter der Führung von Brigham Young gegründet. Die Vorgeschichte der Mormonen hatte 1827 begonnen. Dem späteren Religionsstifter Joseph Smith soll damals der Engel Moroni die goldenen Gesetzes-platten des Buches Mormon gezeigt haben, das Smith später zur Grundlage der von ihm gegründeten "Church of Jesus Christ of the Latter Day Saints" machte. Die Anhänger dieser Kirche stießen bei ihren Mitmenschen im Osten der USA auf , ja offene feindschaft, so daß sie sich notgedrungen auf den Weg nach Westen machten, um ihren eigenen Gottesstaat "Deseret" aufzubauen. Die Lage der Stadt zwischen dem Great Salt Lake und den Wasatch Mountains am Rande der nach dem Salzsee benannten Wüste geht auf eine Eingebung Youngs zurück, der, als er das Tal erblickte gesagt haben soll: "This is the right place!". Die Mormonen ließen sich an dem von ihrem Führer ausgewählten Platz nieder und brachten dort in harter Arbeit die unwirtliche Wüste zum erblühen. In Anbetracht der von der Kirchengemeonde praktizierten Polygamie, Brigham Young hatte 27 Ehefrauen und 56 Kinder, dauerte es bis 1896, ehe Utah nach einer entsprechenden Verzichtserkärung als Bundesstaat in die Amerikanische Union aufgenommen wurde. Noch heute befindet sich in Utahs Hauptstadt Salt Lake City das religiöse und administrative Zentrum der weltweit auf 8 Millionen Mitglieder geschätzten Mormonenkirche. 

Mit unseren Fahrrädern waren wir am nächsten Morgen schnell und ohne lästige Parkplatzsuche in der Innenstadt und an der Hauptsehenswürdigkeit von Salt Lake City, dem Temple Square. Dieses etwa 4 ha große ummauerte Areal ist das weltweite Zentrum der Mormonenkirche. Der zwischen 1853 und 1893 aus grauem Granit erbaute Tempel mit seinem 68 m hohen Hauptturm auf dem die vergoldete Statue eines Engels thront ist ein Mormonenheiligtum, das Nichtmormonen verschlossen bleibt. Zuerst sahen wir uns die ebenfalls aus Granit erbaute, 1880 fertiggestellte Assembly Hall an. Das ursprüngllich als Kirche konzipierte Gebäude wird heute überwiegend für kirchliche Konferenzen und Versammlungen sowie für kulturelle Veranstaltungen benutzt und ist öffentlich zugänglich. Das Seagull Monument vor der Assembly Hall erinnert an das Jahr 1848, als die erste Ernte der Pioniere durch einen Schwarm Wanderheuschrecken bedroht und damit das Überleben der Mormonen gefährdet war. Scharen von Seemöwen vernichteten jedoch die Heuschrecken und die Siedler konnten den nächsten Winter überstehen. Aus Dankbarkeit setzten sie den Möwen dieses Denkmal und erhoben sie zum Staatsvogel Utahs. Als nächstes sicherten wir uns einen Platz im 1867 fertiggestellten, länglichen Kuppelbau des Tabernacle, der Heimat des weltberühmten Tabernacle Choir. Die Mormonen hatten schon auf ihrem weiten Weg in den Westen ihre Lieder am Lagerfeuer gesungen und mit der Gründung Salt Lake Citys ging die Schaffung des Tabernacle Choir einher. Im Jahre 1863 begannen sie mit dem Bau eines Konzertsaales für ihren Chor, der über eine so hervorragende Akustik verfügt, daß der Aufprall einer Nadel auf der Bühne am über 50 m entfernten anderen Ende deutlich zu hören ist. Die Orgel des Tabernacle bestand ursprünglich aus etwa 700 Pfeifen, wurde aber mehrfach erweitert und umgebaut und verfügt seit den letzten Arbeiten 1948 über 11.623 Pfeifen. Wir hörten uns das täglich außer Sonntags um 12 Uhr stattfindende halbstündige Orgelkonzert an, das die Klanggewaltigkeit dieses zu den größten Orgeln der Welt gehörenden Instrumentes eindrucksvoll unter Beweis stellte. Diese Vorstellung sollte man bei einem Besuch des Temple Square auf keinen Fall versäumen. Donnerstags und Sonntags kann man auch den berühmten Chor in Aktion erleben und all das kostenlos. Nach dem Konzert schlossen wir uns einer der Führungen an, die in regelmäßigen Abständen angeboten werden. Hier hatten wir eigentlich Informationen über die Gebäude des Temple Square und die Geschichte der Mormonen erwartet, was geboten wurde, war jedoch mehr eine perfekt organisierte Werbeveranstaltung der Mormonenkirche. Es war aber trotzdem interessant und wir bekamen einen kleinen Eindruck von der Glaubensphilosophie der Mormonen. Die Führung endete im nördlichen Visitor Center, dessen Hauptsehenswürdigkeit ein kuppelförmiger Raum mit einer überlebensgroßen Jesus-Figur ist, über dem sich ein mit Gestirnen geschmücktes Firmament wölbt. Wir verließen den Temple Square und gingen über die Main Street zum Joseph Smith Memorial Building, dem ehemaligen Luxushotel "Utah", das jetzt der Mormonenkirche gehört. Hier befinden sich Büros der Kirchenverwaltung, ein Theater in dem unter dem Titel "Legacy" ein Film über die Geschichte der Mormonen gezeigt wird und das Family History Research Center, wo man an übber 200 Computern versuchen kann, seiner Familiengeschichte auf die Spur zu kommen. Auf dem Weg zu State Street kamen wir am Lion House und dem benachbarten Beehive House vorbei, die dem Mormonenführer Brigham Young und seiner 83köpfigen Familie als Wohnung dienten. Die State Street wird von der riesigen Eagle Gate überspannt, einem vergrößerten Nachbau des Tores, das einst den Eingang zu Brigham Youngs Besitztum markierte. Durch dieses imposante Tor blickt man zum 1915 fertiggestellten State Capitol, das auf einem Hügel am nördlichen Ende der State Street thront. Zum Abschluß unseres Besuches warfen wir einen Blick in die ZCMI Center Mall, daß unter dem Namen Zions Cooperative Mercantile Institution 1868 gegründete erste Kaufhaus Amerikas. Per Fahrrad waren wir dann schnell wieder auf dem Campingplatz, wo wir denTag in Ruhe ausklingen ließen.

Nachdem wir auf dem zum Campingplatz gehörenden Waschplatz unseren Roadrunner gereinigt hatten, verließen wir auf der I-15 Salt Lake City. Etwa 40 km südlich der Stadt bogen wir auf den Alpine Scenic Drive ab, eine etwa 32 km lange Straßenschleife durch die Berge der Wasatch Range. Auf dem ersten Streckenabschnitt, dem Hwy 92, folgt die Strecke dem American Fork Canyon, in dem auch das Timpanogos NM liegt. Die aus drei verhältnismäßig kleinen, aber mit Tropfsteingebilden prachtvoll verzierten Räumen bestehende Höhle liegt 325 m oberhalb des Canyons am Nordhang des Mount Timpanogos. Allein für den 2,5 km langen, steilen Aufstieg benötigt man etwa eine Stunde und der gesamte Rundweg, inklusive einstündiger Führung durch die Höhle, ist fast 6 km lang und nimmt ungefähr drei Stunden in Anspruch. Das war uns zu zeitraubend und so begnügten wir uns mit einem Blick in das Visitor Center. Die Straße mündet dann in den Hwy 189, der durch den ebenfalls im Uinta NF gelegenen Provo Canyon bis nach Provo führt. An dieser Strecke liegen die 185 m hohen Bridal Veil Falls. Die steile Gondelbahn mit gläsernem Boden, die für einen guten Überblick über die Fälle sorgt, war wegen starken Schäden an der Talstation außer Betrieb. Von Provo aus fuhren wir über die Straßen #89 und #6 bis nach Green River an der I-70, der wir bis nach Denver folgen wollen. Auf dem Campingplatz nutzten wir den restlichen Nachmittag zu Reinigungs- und Reperaturarbeiten am Wohnmobil.

Als wir Green River verließen fing es an zu regnen und das schlechte Wetter sollte uns den ganzen Tag begleiten. Aufgrund des Wetters verzichteten wir auf den Besuch des Colorado NM, einer Canyonlandschaft mit steilen Felswänden und pittoresken Monolithen, südwestlich von Grand Junction. Auf den nächsten 180 km folgt die I-70 dem Flußlauf des Colorado River durch eine landschaftlich reizvolle Strecke. Den Höhepunkt dieses Abschnittes bildet der 30 km lange Glenwood Canyon, eine phantastische Schlucht des Colorado River östlich von Glenwood Springs, wo ein 120 m langes, von heißen Quellen erwärmtes Freibad ein ganzjähriges Badevergnügen ermöglicht. Kurz nachdem wir das Skiparadies Vail passiert hatten, führte uns der Vail Pass auf eine Höhe von 3250 m und nur wenige Kilometer weiter mußten unser Roadrunner über den Loveland Pass sogar auf 3655 m Höhe klettern. In Idaho Springs, etwa 50 km vor den Toren Denvers, suchten wir uns einen Campingplatz und werden dann morgen früh in die Stadt fahren, wo wir uns in drei Tagen mit Maike und Michael treffen.

Nach kurzer Fahrt erreichten wir Denver und versuchten zunächst eine Werkstatt zu finden, die eine Inspektion an unserem Wohnmobil durchführt, leider vergeblich. Auf dem Campingplatz, auf dem wir 1991, bei unserem ersten Wohnmobil-Urlaub schon einmal waren, haben wir dann nach einer Werkstatt in der Nähe gefragt und tatsächlich für Montag einen Termin bekommen. Den Nachmittag haben wir dann bei herrlichem Wetter auf dem Campingplatz verbracht. Geli hat Brownies und Muffins gebacken und wir haben das "Großreinemachen" fortgesetzt. Mit 468.000 Einwohnern in einem Großraum von 1,8 Millionen Menschen ist Denver die einzige richtige Großstadt zwischen Kansas und der Westküste. Ihre Metropolenfunktion für ein Einzugsgebiet von der Größe Westeuropas hat für ein schnelles Wachstum gesorgt. Die Gründung Denvers liegt erst 138 Jahre zurück. 1858 führten Goldfunde am Cherry Creek und South Platte River zu einem kurzlebigen Boom und der Errichtung des ersten Saloons in Colorado dort, wo heute Denver steht. Zwar verließ die Menge der Prospektoren nach der Entdeckung von Goldadern im nahen Central City bald die vergleichsweise unergiebigen Flußbetten um Denver, aber die junge, verkehrsgünstig gelegene 5000 Einwohner zählende Stadt partizipierte am Reichtum des Nachbarn in den Bergen und wurde 1861 Hauptstadt des Colorado Territory. Dabei blieb es auch nach der Proklamierung des US-Bundesstaates Colorado. Als die transkontinentale Eisenbahn weiter nördlich durch Cheyenne gelegt wurde, sorgten die Bürger Denvers füe einen Anschluß der Stadt an die Bahn. Damit begann der Einwandererstrom, der durch Silber- und andere Mineralienfunde verstärkt wurde und das weitere Wachstum der Stadt war gesichert. Um die Jahrhundertwende hatte Denver bereits über 100.000 Einwohner und mit dem Bau des Flughafens in den 20er Jahren entwickelte sich Denver zunehmend zu einem Güterumschlagplatz und Verkehrsknotenpunkt für sein riesiges Einzugsgebiet. Das relativ milde Klima und die Lage am Fuß der Rocky Mountains, deren Front Range bis an den westlichen Stadtrand heranreicht, machten Denver zudem als Wohnstadt attraktiv. Da die 13. Stufe der Treppe zum Westeingang des Capitols genau auf 1609 m (1 Meile) Höhe liegt, hat Denver den Beinamen "Mile-High City" bekommen.

Nach dem Ausschlafen haben wir uns auf dem Campingplatz noch mit unseren Nachbarn unterhalten, einem älteren Ehepaar aus der Schweiz, die für drei Monate unterwegs waren und deren Reise jetzt zuende geht. So kamen wir erst gegen 13 Uhr los. Zuerst fuhren wir zum Flughafen und dann zu dem Hotel, in dem Maike und Michael die erste Nacht gebucht haben. Dann machten wir uns auf die Suche nach dem "Mile High Flea Market", einem großen Flohmarkt, der in der 88 Avenue stattfinden sollte. Wir sind die gesamte 88 Avenue zwischen Rocky Mountain Arsenal und International Airport abgefahren, ohne eine Spur dieses Flohmarktes zu entdecken. Auf Nachfrage im Campground-Office erfuhren wir später, daß der Flohmarkt westlich des Arsenals stattfindet, während wir im östlichen Teil der Straße gesucht hatten. Nach einigen Besorgungen fuhren wir dann zurück zum Campingplatz, wo wir unsere Wäsche gewaschen und nach längerer Zeit wieder einmal gegrillt haben.

Da wir schon um 8 Uhr den Wagen zur Inspektion bringen mußten, klingelte der Wecker heute sehr früh. Wir schlenderten zunächst durch die Einkaufszentren in der Nähe der Werkstatt, um die zu erledigenden Arbeiten noch absprechen zu können. Da einiges am Auto gemacht werden mußte, entschlossen wir uns mit dem Bus in die Innenstadt zu fahren und so die Wartezeit zu überbrücken. Auf unserer Telefonkarte mit Anrufbeantworterfunktion fand ich heute eine Nachricht meiner Kollegen vor, daß man mich in Abwesenheit befördert hat, was natürlich eine sehr angenehme und vor allem völlig unerwartete Überraschung war. Wir begannen unseren Besuch am 1908 fertiggestellten State Capitol, einem Nachbau des Capitols in Washington, dessen Kuppel mit 24karätigem Blattgold aud den Goldminen Colorados überzogen ist. Vom Balkon der Kuppel aus genossen wir den Blick über die Stadt und die angrenzenden Rocky Mountains. Besonders schön ist der Blick auf den Civic Center Park mit dem Rathaus der Stadt. Über den Civic Center Park gingen wir in die 16th Street Mall, die Haupteinkaufsstraße der Stadt, die auf etwa 2 km Länge als Fußgängerzone mit kostenlosem Buspendelverkehr eingerichtet ist. Hier steht auch das Wahrzeichen Denvers, der D&F Tower, ein Nachbau des St. Marco Turmes von Venedig, dar nach seiner Fertigstellung 1910 das höchste Gebäude Denvers war und heute zwischen den ihn umgebenden Wolkenkratzern fast verschwindet. Gleich nebenan liegt der Larimer Square, das älteste Viertel Denvers, hinter dessen renovierten Fassaden sich viele Restaurants, Galerien und Läden befinden, die dem Bereich zu neuem Leben verholfen haben. Per Bus fuhren wir dann zur Werkstatt zurück und holten unseren Roadrunner ab. Auf dem Campingplatz trafen wir letzte Vorbereitungen für den Besuch von Maike und Michael, die wir um 20 Uhr vom Flughafen abholen werden. Wir sind auf die gemeinsame Zeit mit den beiden schon sehr gespannt, weil wir uns erst recht kurz vor unserer Abreise kennengelernt aber auf Anhieb gut verstanden haben und außerdem ist es ihr erster Wohnmobil-Urlaub und wir hoffen, daß sie unsere Begeisterung über diese Art zu reisen teilen werden. Sie wollen weitestgehend der Route folgen, die wir 1991 auch als erste Tour mit dem Wohnmobil unternommen haben und wir freuen uns schon darauf diese Reiseziele ein zweites Mal zu sehen. Wir konnten Maike und Michael direkt am Flugsteig begrüßen und haben, nach dem Einchecken im Hotel noch im Wohnmobil zusammengesessen.

Nach dem gemeinsamen Frühstück im Hotel sind wir alle zu unserem Campingplatz zurückgefahren und haben dort die Zeit bis zur Übernahme des Wohnmobils verbracht. Die Formalitäten bei der Vermietstation gingen relativ schnell über die Bühne und im Anschluß an einen Großeinkauf haben wir Denver auf der I-70 wieder verlassen. Über den 3449 m hohen Berthoud Pass, der gleichzeitig die Kontinentale Wasserscheide markiert, erreichten wir die Arapaho NRA, wo wir in der Nähe von Grand Lake auf einem Campingplatz am Ufer des Shadow Mountain Lake übernachtet haben. Der auf 2551 m Höhe gelegene Stausee liegt in der Nähe der westlichen Zufahrt zum Rocky Mountain NP.

Nach wenigen Kilometern erreichten wir das Kawuneeche Visitor Center, wo wir uns die sehenswerte Diashow über den Rocky Mountain NP ansahen. Nirgendwo sonst in den Vereinigten Staaten kann man so viel Hochgebirge auf so bequeme Weise besichtigen. Die kurvenreiche, etwa 80 km lange Trail Ridge Road führt bis auf 3.713 m Höhe hinauf, in eine den Polargebieten ähnliche Welt. Viele Aussichtspunkte bieten die Möglichkeit das Panorama der Gipfel und Täler der Rocky Mountains zu geniessen. Ein Drittel des 1.073 km² großen Parks liegt oberhalb der Baumgrenze, wo Tundra vorherrscht, was ein Hauptgrund für die Gründung des Parks 1915 gewesen ist. Die heutigen Gipfel des Rocky Mountain NP bilden schon mindestens die dritte Gebirgsgeneration in diesem Raum. Die erste thronte wohl vor 135 Millionen Jahren - als die Dinosaurier die Welt beherrschten - als Inselkette über einem flachen Meer. Eine zweite Kette erhob sich vor 75 Millionen Jahren aus einem späteren Meer.Im Laufe der Erdzeitalter wurden diese Berge zu einem Hügelland abgetragen, das wiederum, wenn auch uneinheitlich, angehoben wurde: Teile tauchten an Bruchlinien ab, was zu der auffälligen Topographie der heutigen Landschaft beitrug. Gesteine, die so alt sind wie die am Grunde des Grand Canyon (fast 2 Milliarden Jahre), bilden die Gipfelflur der Rockies. Während der letzten Million Jahre räumten die Gletscher, Felsbrocken mit sich schleifend, tiefe Trogtäler aus. Später gab die Verwitterung den schrofferen Gipfeln ihr heutiges Gesicht. Aus archäologischen Funden und Untersuchungen der Klimaverhältnisse in Nordamerika seit dem Ende der Eiszeit vor rund 10.000 Jahren wird geschlossen, daß sich vor etwa 7.500 bis 5.800 Jahren nomadisierende im Parkgebiet aufgehalten haben, um die Sommermonate in den fruchtbaren Gebirgstälern zu verbringen. Das Klima war damals bedeutend milder als in den darauffolgenden Jahrtausenden. Die anschließende Abkühlung veranlaßte die Menschen, den mehr und mehr verödenden Gebirgsregionen fernzubleiben. Zur Zeit der Entdeckung des Gebietes durch französische Pelzhändler zu Beginn des 19.Jahrhunderts waren die Hochtäler des Parks Jagdgebiet der Arapaho-Indianer. Uralte Indianerpfade, die zum Teil mit heutigen Wanderwegen oder Parkstraßen zusammenfallen, sind Relikte aus jener Zeit. Die Arapaho lebten bereits in der Reservation in Wyoming, als 1860 Joel Estes, ein erfolgreicher Goldsucher, der seinen Geldsegen in eine Farm investieren wollte, erstmals das Weideland betrat, das er 1863 in Besitz nahm und das nach ihm benannt wurde: Estes Park. Mit dem Begriff "Park" bezeichneten die Pioniere Bergwiesen und Alpenweiden mit lockerem Baumbestand. Estes Park wurde zum Ausgangsort für Ausflüge in das spätere Parkgebiet und ist auch heute noch touristisches Zentrum auf der Ostseite des Parks. 1909 begann Enos Mills, ein Naturforscher, Schriftsteller und Naturschützer den Feldzug zu Erhaltung dieser Hochgebirgsregion und die Gründung des Parks 1915 war größtenteils sein Verdienst. Die Trail Ridge Road durch den Park folgt einem der uralten Indianerpfade und steigt zu einem Land auf, das an die arktischen Weiten Sibiriens, Alaskas oder Nordkanadas erinnert. Zunächst führt die Straße durch das von Gletschern geschürfe Kawuneeche Valley, durch das auch der junge Colorado River fließt, der nur wenige Kilometer nördlich entspringt. Hier konnten wir in unmittelbarer Nähe zur Straße einige Maultierhirsche beobachten. Von der Farview Curve bietet sich ein erster phantastischer Überblick über die Never Summer Mountains und das Kawuneeche Valley. Am 3279 m hohen Milner Pass kreuzt die Trail Ridge Road die Kontinentale Wasserscheide und direkt hinter der Paßhöhe befindet sich mit dem Poudre Lake ein schöner Bergsee. Das Alpine Visitor Center liegt direkt am 3595 m hohen Fall River Pass und ein kurzer Wanderweg führte uns durch die Tundra auf eine Höhe von 3659 m. Der aufgrund der dünnen Luft etwas anstrengende Aufstieg wurde mit einem phantastischen Überblick belohnt, der durch die sich goldgelb verfärbenden Espen besonders eindrucksvoll war. Wenig später erreicht die Straße mit 3713 m ihren höchsten Punkt. Vom Rock Cut Aussichtspunkt, am dem auch der Tundra Trail beginnt, konnten wir Clark´s Kiefernhäher, Streifenhörnchen, Pikas und ein Murmeltier beobachten. Einen letzten schönen Ausblick genossen wir von der Many Parks Curve, wo wir neben dem grandiosen Panorama auch Steller´s Häher und in weiter Entfernung einen Schwarzbären beobachten konnten. Bei einem Spaziergang an den Beaver Ponds bekamen wir zwar viele Spuren der Biber, die Tiere selbst jedoch nicht zu Gesicht. Dafür entdeckten wir auf dem Weg zum Moraine Park Museum eine Gruppe Wapitihirsche in der Nähe der Straße. Auf dem Moraine Park Campground fanden wir zwei nebeneinanderliegende Stellplätze und ließen den Tag nach dem gemeinsamen Abendessen am Lagerfeuer ausklingen.

Ganz in der Nähe des Campingplatzes sahen wir am nächsten Morgen mehrere Wapitis und einen Kojoten, noch ehe wir auf die 16 km lange Bear Lake Road abbogen. Diese sehr populäre Stichstraße führt mitten in ein hoch in den Bergen liegendes Talbecken und endet am Bear Lake. An ihr liegen die Ausgangspunkte für ein dichtes System von Wanderwegen zu den zahlreichen Seen der Region und über die Kammlinie des Gebirges zur Westseite des Nationalparks. Die gesamte Strecke ist landschaftlich sehr reizvoll und führt durch Espenbestände, die in prächtigen Herbstfarben leuchteten. Vom Parkplatz aus begaben wir uns auf den nur 800 m langen Bear Lake Nature Walk, der den kleinen See einmal umrundet. Der Bear Lake spiegelte das ihn umgebende großartige Gebirgspanorama der Rocky Mountains wider und die herbstliche Laubverfärbung machte diesen Spaziergang besonders attraktiv. Auch der etwas anstrengendere etwa 3 km lange (retour) Weg zu den Alberta Falls ist sehr lohnenswert und die Fälle waren größer als wir es erwartet hatten. Gegen Mittag verließen wir dann den Rocky Mountain NP und fuhren auf dem Hwy 34 durch den wunderschönen Big Thompson River Canyon bis zur I-25, der wir in nördlicher Richtung bis nach Cheyenne, der Hauptstadt Wyomings folgten. Obwohl die 1867 gegründete Stadt nur 50.000 Einwohner hat, ist sie doch die bevölkerungsreichste Stadt Wyomings. Die Wirtschaft des verträumten Westernstädtchens stützt sich gleichermaßen auf Landwirtschaft, Bodenschätze und Industrie.

Am nächsten Morgen fuhren wir vom Campingplatz in die Innenstadt, wo es auch kein Problem war in der Nähe des Capitols einen Parkplatz zu finden. Das State Capitol von Wyoming, wie viele andere ein Nachbau des Capitols von Washington, war auch unser Hauptziel in Cheyenne. Korinthische Säulen, Tiffany-Glasfenster und Wandgemälde zieren diesen Bau von 1887, der bereits drei Jahre vor dem Beitritt Wyomings als 44. Staat der Union fertiggestellt wurde. Neben der Kuppel des Domes, dem Repräsentantenhaus und dem Senat ist vor allem das Wandgemälde "Wyoming, the Land of the People, Past and Present" von Mike Kopriva (1982) interessant, das Wyomings Kultur und Lebensweise gestern und heute zeigt. Außerhalb des Gebäudes ziehe drei lebensgroße Bronzestatuen die Aufmerksamkeit auf sich: Vor dem Haupteingang steht die Statue von Esther Hobart Morris, die sich für die Rechte der Frauen eingesetzt und 1869 in Wyoming, als ersten Staat der Welt, das Wahlrecht für Frauen durchgesetzt hat. Auf dem Platz zwischen dem Capitol und dem Herschler Building, einem modernen Bürokomplex, befindet sich die Statue "The Spirit of Wyoming", die in Anlehnung an die Geschichte des Staates einen Cowboy mit seinem Pferd in voller Aktion darstellt. Ein Abbild dieser Statue befindet sich auf den Nummernschildern Wyomings. Vor der Ostfront des Capitols schließlich steht die durch Spenden der Bevölkerung finanzierte Nachbildung eines Bisons. Nach dem Besuch des Capitols trennten sich unsere Wege: Maike und Michael fuhren zur Fort Laramie NHS, während wir auf direktem Wege zum Scotts Bluff NM fuhren, weil uns Fort Laramie bei unserem ersten Besuch 1991 nicht so gut gefallen hatte. Scotts Bluff ist eine 244 m hohe Sandstein- und Lehmformation und diente den Siedlern und Goldsuchern auf dem legendären Oregon Trail als Orientierungspunkt. Benannt ist der Felsen nach dem Pelzhändler Hiram Scott, der 1828 in der Nähe des Felsens Opfer eines Indianerüberfalls wurde. Zwischen 1841 und 1869 nahmen mehr als 350.000 Menschen an Planwagentrecks in Richtung Westen auf dem Oregon Trail teil. Nach wochenlanger Reise durch die eintönige Prärielandschaft des mittleren Westens folgten die Pioniere dem 10.000 Jahre alten Präriepfad im Tal des North Platte River, der sie schließlich auch zum Scotts Bluff führte. Zwischen dem Sentinel Rock des South Bluff und dem Eagle Rock des Scotts Bluff öffnet der Mitchell Pass auch heute noch ein eindrucksvolles "Tor zum Westen". Vom Visitor Center, in dem es eine interessante Diashow und Ausstellung zum Thema Oregon Trail gibt, führt eine 2,5 km lange Straße auf die Kuppe des Scotts Bluff. Hier bieten zwei Aussichtspunkte einen schönen Überblick über den Mitchell Pass und umliegende Prärielandschaft. Auch der etwa 40 km entfernte Chimney Rock, eine weiterer Orientierungspunkt des Oregon Trail ist von hier aus zu sehen. Am Mitchell Pass kann man noch die Fahrspuren sehen, die Tausende von Planwagen in das weiche Gestein gefräst haben. Von hier aus hatten wir auch einen besonders schönen Blick auf den Dome Rock, einen imposanten freistehenden Felsen an der Ostflanke des South Bluff. Diesen Blick haben die Siedler auf ihrem Weg gen Westen bestimmt nicht genossen, denn sie hatten am Scotts Bluff erst ein Drittel ihres langen und entbehrungsreichen Weges geschafft. Nachdem wir uns alles in Ruhe angesehen hatten, machten wir es uns im Wohnmobil gemütlich und überprüften anhand der Kontoauszüge und Kreditkartenabrechnungen, die Maike und Michael uns mitgebracht hatten, unsere Finanzlage. Als die beiden dann eintrafen und sich auch etwas umgesehen hatten fuhren wir gemeinsam zur nordöstlich von Scottsbluff gelegenen Lake Minatare SRA, wo wir auf einem schön gelegenen und wenig besuchten Campingplatz übernachteten.

Mit der Chimney Rock NHS und den Courthouse & Jail Rocks sahen wir uns weitere markante Felsmonumente an, die als Wegzeichen auf dem Oregon Trail dienten. Etwa 5 km nördlich von Alliance kamen wir an einem Monument etwas anderer Art vorbei: Carhenge. Dieser Nachbau des südenglischen Steinformation Stonehenge aus alten Autos wurde 1987 von einem gewissen Jim Reinders im Rahmen eines Familientreffens errichtet und wir heute von einer Gruppe lokaler Geschäftsleute aus Alliance unterhalten. In South Dakota lag dann die Stätte des berühmten Wounded Knee Massacre, der letzten großen Schlacht zwischen der Armee und den Sioux-Indianern im Dezember 1890, auf unserem Weg zum Badlands NP. Schlechtes, ungeeignetes Land für eine Durchquerung befanden die ersten Europäer, die als Trapper und Abenteurer hierher gelangten. Um "bad lands" handelte es sich auch für die nachfolgenden Siedler, unfruchtbar und schwer zugänglich. So erhielt das 1939 unter Schutz gestellte und 1978 zum Nationalpark erklärte wüstenhafte, baumlose Verwitterungsgebiet seinen Namen bereits vor über 100 Jahren. Am Rande des weiten Tales des mäandrierenden White River verwittert die 60 m hohe, über dem Flußtal gelegene Prärieebene unter Einfluß von Regen, Frost, Wind, anhaltender Trockenheit und Hitze. Das Ergebnis ist eine stark zerklüftete Miniatur-Gebirgslandschaft mit scharfen Gebirgskämmen, Zinnen, steilwandigen Schluchten und kleinen Tafelbergen. Das weiche, bis zu 70 Millionen Jahre alte Abagerungsmaterial, in das die Berge geformt sind, liegt in horizontalen Schichten, bestehend aus Lehm, Sand, Kies, Schiefer und vulkanischer Asche. Die Färbung der Schichten, die von rot über rosarot zu orange und gelb bis hin zu braun reicht und alle Graustufen aufweist, verleiht den Verwitterungsformen zusätzlichen Reiz. Die Badlands von South Dakota sind noch immer reich an fossilen Überresten längst ausgestorbener Tier- und Pflanzenarten, mit deren Ausgrabung bereits Mitte des 19. Jahrhunderts begonnen wurde. Die Versteinerungen stammen größtenteils aus der Zeit des Eozäns, die vor etwa 34 Millionen Jahren zuende ging. Damals war dieses Land eine breite Moorebene, die von trägen Wasserläufen durchflossen wurde. Die dortige Tierwelt hatte sich dem warmen und feuchten Klima angepaßt und ernährte sich von Dschungel- und Moorpflanzen, die dort wuchsen. Die Flüsse brachten lehmiges Verwitterungsmaterial in das Gebiet und später wurden Sand und Kies sowie vulkanische Asche, die der Wind aus dem lange Zeit vulkanisch sehr aktiven Gebiet des heutigen Yellowstone NP herangetragen hatte, abgelagert. Langsam änderte sich dann das Klima und immer trockenere Winde bliesen aus dem Norden. Die Regenfälle wurden geringer und Gräser, die fähig waren, mit weniger Wasser auszukommen, breiteten sich in den austrocknenden Wäldern und Sümpfen aus. Auch die Tierwelt änderte sich: Grasfresser und solche Tiere, die ein kühleres Klima vertragen konnten, vermehrten sich, während andere Arten völlig verschwanden. Regen, Wind und Frost haben dann aus der leicht hügeligen Prärie steile Canyons, scharfe Grate , Schluchten, Gipfel und runde Hügel geformt, die den heutigen Besuchern einen Eindruck von den unermütlich arbeitenden geologischen Kräften der Natur geben. Die Erosion hat nicht nur eine neue Landschaft geschaffen, sondern auch jenes Felsgestein ans Licht gebracht, das als Ablagerung vor 37 bis 23 Millionen Jahren geformt wurde. Obwohl die Badlands auf den ersten Blick unbesiedelbar erscheinen, haben sich dort doch schon seit mehr als 12.000 Jahren Menschen niedergelassen. Die ersten Einwohner der Gegend waren Mammutjäger; viel später folgten Indianerstämme, deren Leben von der Büffeljagd abhing und diese wiederum wurden dann von den weißen Abenteurern und Siedlern verdrängt. Die 50 km lange Parkstraße führt durch die Verwitterungszone, vorbei an vielen Aussichtspunkten, an denen zahlreiche Wanderwege ins Innere dieser unwirklichen Mondlandschaft beginnen. Wir fuhren bis zum Cedar Pass Campground, im südöstlichen Teil der North Unit, wo wir mitten im vegetationslosen Badlands-Gebiet übernachteten.

Nachdem wir uns im Ben Reifel Visitor Center mit Informationsmaterial versorgt und den Videofilm über den Park angesehen hatten, fuhren wir zum Ausgangspunkt des Cliff Shelf Nature Trail. Dieser 800 m lange, sehr gut ausgebaute Rundweg führt in ein faszinierendes Klein-Ökotop der Badlands hinein. Hier ist vor langer Zeit ein Riesenfelsblock aus der Wand gebrochen, wodurch diese ziemlich ebene Platte entstand. Das Gestein wurde durch den Sturz so zerbröselt und verdichtet, daß es nun Feuchtigkeit halten konnte. Pflanzen faßten Fuß und es entstand eine liebliche Oase mitten im kahlen Fels. Bei unserem nächsten Stop, dem Windows Overlook, beginnen gleich drei kurze Wanderungen in das Innere der Badlands. Wir begannen mit dem Door Nature Trail, der mitten hinein ins Herz der Badlands führt. Der auf den ersten Metern bis zur "Door", einem Durchbruch im Fels, geteerte Weg führt in ein Gewirr von kahlen, ausgewaschenen Hängen, die an eine Mondlandschaft erinnern. Den Window Trail, der einen Überblick über das gleiche Gebiet ermöglicht, ließen wir aus und begaben uns stattdessen auf den Notch Trail. Dieser 2,5 km lange (retour) Weg führt an einem von abfließendem Wasser geschaffenen Graben entlang, über eine im Winkel von 45° angebrachte Drahtseilstrickleiter zur "Notch", einer Auskerbung im Gestein. Von hier schweift der Blick weit über die Prärie, die Badlands, den White River und das Indianerreservat von Pine Ridge unten in der Ebene. Nach einer kurzen Erholungspause nahmen wir die Parkstraße in nordwestlicher Richtung in Angriff. Entlang dieser Straße am Rande der Abbruchkante zwischen hoher Prärie und Badlands gibt es zahlreiche Halte- und Aussichtspunkte, die immer wieder neue Einblicke in die Vielfalt und -farbigkeit der durch Erosion entstandenen Formationen vermitteln. Besonders schön sind der Seabed Jungle und der Pinnacles Overlook. Von hier aus fuhren wir noch ein Stück auf der unbefestigten Sage Creek Rim Road in die gleichnamige Wilderness Area hinein. Auf jeden Fall lohnenswert ist ein Stop an Roberts Prairie Dog Town, einer Präriehund-Kolonie, in der wir diese possierlichen Tiere aus nächster Nähe beobachten konnten. Von der, auch mit Wohnmobilen gut zu befahrenden Schotterstraße aus, sahen wir dann auch noch einen Teil der mittlerweile auf etwa 500 Tiere angewachsenen Büffelherde des Parks, die auf 53 Tiere zurückgeht, die 1963 nach einhundertjähriger Ausrottung in diesem Gebiet wieder angesiedelt wurden. Wir fuhren dann zurück auf die Parkstraße und von dort aus nach Wall, wo wir uns einen Campingplatz suchten, von dem aus wir nach dem Abendessen zu Fuß zum Wall Drug Store, dem größten Drug Store Amerikas, gehen konnten.

Am nächsten Morgen fuhren wir noch einmal zur Präriehund-Kolonie in den Badlands NP zurück, da Maike und Michael, denen die Schotterpiste gestern zu holprig war, nach unserem Bericht diese putzigen Tiere nun auch sehen wollten. Über die I-90 fuhren wir anschließend von Wall nach Rapid City, wo wir unsere Vorräte ergänzt haben, ehe wir zum 40 km entfernten Mount Rushmore NMem weiter fuhren. Die Amerikaner nennen den über 1800 m hohen Mount Rushmore ihren Shrine of Democracy - Schrein der Demokratie. Auf die nahezu unzerstörbare Granitstirn des Mount Rushmore wurden die Köpfe von vier amerikanischen Präsidenten gemeisselt. Sie symbolisieren die Geburt der USA und die Prüfungen, die das Land während der ersten 150 Jahre seiner Geschichte zu bestehen hatte. Die einzelnen Figuren versinnbildlichen ihrerseits Ideale der Nation: George Washington steht für den Kampf um die Unabhängigkeit und die Gründung der Republik; Thomas Jefferson für die Idee des Repräsentativsystems; Abraham Lincoln für den Zusammenschluß der Einzelstaaten und die Gleichheit aller Bürger; Theodore Roosevelt symbolisiert die Rolle der USA in der Weltpolitik des 20. Jahrhunderts. Im Jahre 1923 entstand die Idee in den Black Hills ein Denkmal zu schaffen und 1924 wurde der Bildhauer Gutzon Borglum in die Black Hills geholt. Mit der Einladung in die Black Hills bot sich ihm die Aussicht, ein Denkmal zu schaffen, dessen Dimensionen "der Bedeutung entsprechen sollten, die die Ereignisse, an die das Denkmal erinnern sollte, für die zivilisierte Welt gehabt hatten". Für diesen Zweck erwiesen sich die ursprünglich vorgesehenen Needles als ungeeignet und Gutzon Borglum entschied sich für Mount Rushmore als Standort des Denkmals. Am 10.08.27 begann die Arbeit am Berg und Mount Rushmore wurde offiziell zum Nationaldenkmal erklärt. Vierzehn Jahre vergingen, ehe die Skulpturen ihre heutige Form hatten, doch wurde nur sechseinhalb Jahre lang tatsächlich gearbeitet, ansonsten ruhten die Arbeiten wegen schlechten Wetters oder Geldmangels. Als Gutzon Borglum im März 1941 starb, setzte sein Sohn Lincoln, der mit seinem Vater zusammengearbeitet hatte, die Arbeit bis zu deren endgültiger Einstellung im Oktober des gleichen Jahres fort. Die Gesichter sind etwa 20 m hoch und allein die Augen jeweils 4 m breit. Wir suchten uns in der Nähe einen Campingplatz und kehrten nach dem Abendessen noch einmal zum Mount Rushmore zurück, da die Köpfe während der Sommersaison Nachts angestrahlt werden.

Nachdem wir mit Mount Rushmore die Hauptattraktion der Black Hills gesehen hatten, fuhren wir heute mitten hinein in die "Schwarzen Berge". Dabei handelt es sich um ein aus den umgebenden Prärien herausragendes, seenreiches und bewaldetes Mittelgebirge im Grenzgebiet von South Dakota und Wyoming. Einst waren die Black Hills geheiligtes Land der Sioux und Cheyenne Indianer und ihnen 1868 von der US-Regierung in einem der zahlreichen, kurzlebigen Verträge dieser Art als unantastbarer Landbesitz zugesprochen worden. Damit war es aber schon 1875 vorbei, als in den Black Hills Gold gefunden wurde. Tausende von Prospektoren strömten ungehindert in das Indianerland und die Obrigkeit unternahm nichts gegen den Vertragsbruch durch die eigenen Bürger. Der verzweifelte Kampf der Sioux um ihren angestammten Lebensraum endete mit dem bekannten Massaker von Wounded Knee 1890 und die überlebenden Indianer wurden in Reservate verwiesen.Nördlich von Custer meisselt seit 1948 ein Schüler Borglums, Korczak Ziolkowski, an einer Monumentalplastik des Ogallala Häuptlings Crazy Horse. Ziolkowski folgte 1947 einer Einladung des Sioux-Häuptlings Standing Bear ein Monument der indianischen Nation aus den Black Hills zu schlagen. Nach der Arbeit einer Generation stehen kaum die Umrisse und seit dem Tod des Bildhauers 1982 führt seine Familie die Arbeiten weiter. Für 1998 ist die Fertigstelleung des Gesichtes geplant und falls die Skulptur jemals fertig wird, erreicht sie ein Ausmaß von 172 m Höhe und 196 m Länge. Doch schon jetzt machen die Nachkommen des Künstlers mit dem Crazy Horse Mountain Memorial ein Geschäft mit den Touristen. Wir konnten gegenüber unserem ersten Besuch 1991 sogar Fortschritte erkennen, begnügten uns heute aber mit einem Blick von der Straße aus. Über Custer fuhren wir dann in den Custer SP, ein landschaftlich reizvolles und sehr tierreiches Gebiet. Neben Gabelböcken, Maultier-und Weißwedelhirschen, Elchen, Wapitis, Wildeseln und unzähligen Präriehunden ist dieser Park auch die Heimat der mit 1.400 Tieren größten Büffelherde der USA. Nachdem der letzte Bison 1884 getötet worden war, wurden diese stattlichen Tiere 1914 wieder im Parkkgebiet angesiedelt. Leider haben wir nur vereinzelte Tiere gesehen, der größte Teil der Herde hatte sich wohl in das Hinterland des Parks zurückgezogen und war von der knapp 30 km langen Wildlife Loop Road aus nicht zu sehen. Dafür konnten wir Gabelböcke, Wildesel und Präriehunde ausgiebig beobachten, wobei es uns die putzigen Präriehunde wieder besonders angetan hatten. Im Süden schließt der Wind Cave NP direkt an den Custer SP an und dieser Nationalpark hat mehr zu bieten als das labyrinthartige Höhlensystem, nach dem der Park benannt ist. Über der Höhle befindet sich ein bemerkenswertes Ökosystem, angesiedelt an der Grenze zwischen der Mischgras-Prärie der westlichen Great Plains und den Ponderosa-Kiefernwäldern der Black Hills. Damit beherbergt der Park zahlreiche Tier- und Pflanzenarten, die aus deutlich verschiedenen Naturräumen stammen und aufgrund seiner geringen Größe sind die Chancen gut viele der Tiere zu Gesicht zu bekommen. Wir hatten dann doch noch das Glück, eine Bisonherde beobachten zu können. Im Untergrund liegt die Wind Cave, eine riesige Kalksteinhöhle, die ihren Namen dem starken Wind verdankt, der abwechselnd in die Höhle hinein- und aus ihr herausbläst und damit für einen Ausgleich von Luftdruckunterschieden zwischen dem Höhleninneren und der Außenwelt sorgt. Mit 115 km erforschter Höhlengänge ist die Wind Cave die drittlängste Höhle der USA und die siebtlängste der Welt. Aufgrund von Luftvolumen-Messungen glauben die Forscher, daß das gesamte Höhlensystem über 2.000 km lang sein muß und es werden auch fortlaufend neue Gänge entdeckt. Weil die Höhle relativ trocken ist, enthält sie nur wenig Stalaktiten und Stalagmiten, wie man sie aus anderen Höhlen kennt. Dafür gibt es hier viele ungewöhnliche mineralische Bildungen wie Popcorn, Frostwork, Hundezahn, Spar- und Flowstone. Das Markenzeichen der Höhle ist jedoch Boxwork, Gebilde aus Kalkspat, die an unregelmäßige Honigwaben erinnern. Das Wind Cave Höhlensystem befindet sich in einer bis zu 200 m dicken Kalksteinschicht, die vor rund 340 Millionen Jahren in einem subtropischen Flachmeer entstanden war. Der nordamerikanische Kontinent befand sich damals wesentlich weiter südlich als heute, so daß das Parkgebiet in Äquatornähe lag. Die aus kalkbildenden Meeresorgannismen bestehende Gesteinsschicht wurde von weiteren Sedimenten überdeckt. Erdkrustenbewegungen bewirkten vor etwa 60 Millionen Jahren die Entstehung der Black Hills, in deren Ausläufern die Wind Cave liegt. Durch diesen gebirgsbildenden Vorgang wurden die Sedimentschichten gehoben und deformiert. In der Kalkschicht entstanden feine Risse, durch die Wasser in das Gestein eindrang, den Kalk löste und über Jahrmillionen ein Netz von Gängen und Kammern herausspülte. Damit ist die Wind Cave eine der ältesten Höhlen der Welt. Ob die Höhle den Indianern der Gegend bekannt war, ist unngewiß. Die Siedler Tom und Jesse Bingham aus den Black Hills entdeckten 1881 die einzige natürliche Höhlenöffnung, die nicht viel größer war als der Eingang einer Fuchshöhle. Die Binghams waren einem pfeiffenden Geräusch gefolgt, das durch die ein- oder ausströmende Luft durch die schmale Öffnung entstand. Ab 1890 wurde mit der Erforschung der Höhle begonnen. Wegbereitend im wahrsten Sinne des Wortes waren hauptsächlich die einheimischen Geschäftsleute McDonald und Stabler, die 1892 die "Wonderful Wind Cave Improvement Company " gründeten und die Höhle, nach eigenen Erkundungen, der Öfffentlichkeit gegen Gebühr zugänglich machhten. Diese Gesellschaft betrieb das Unternehmen bis zur Etablierung des Nationalparks und der Übernahme der Höhle durch die Parkverwaltung 1903. Der Wind Cave NP war der siebte Nationalpark der USA, jedoch der erste , der dem Schutz einer Höhle diente. Da die Saison hier schon dem Ende entgegenging, wurde nur noch eine der fünf Touren durch die konstant 11° C warme Höhle angeboten. Auf der gut einstündigen Natural Entrance Tour, die am natürlichen Höhleneingang beginnt und über 300 Stufen in das Innere der Höhle hineinführt, sahen wir viele der mineralischen Bildungen und natürlich das Boxwork, die filigranen Steinwaben. Von der Wind Cave fuhren wir in Richtung Jewel Cave weiter und blieben westlich von Custer auf einem Campingplatz.

Zum bislang nur ansatzweise erforschten Höhlensystem der Black Hills gehört auch das Jewel Cave NM, das von seiner Charakteristik her mit der Wind Cave kaum vergleichbar ist. Die Jewel Cave enthält verschiedene Kalzit-, Aragonit- und Gipsformationen, darunter auch zahlreiche Stalaktiten und Stalagmiten. Die feinen, in verschiedenen Farben glitzernden Kalzitkristalle hielten die Entdecker der Höhle für wertvolle Edelsteine, weshalb sie die Höhle Jewel Cave nannten. Auch hier führten die durch Druckunterschiede innerhalb und außerhalb der Höhle hervorgerufenen Höhlenwinde zu deren Entdeckung. Der Versuch der Endecker, die Höhle touristisch zu nutzen warf keinen großen Gewinn ab, erregte aber so viel Aufmerksamkeit, daß die Höhle 1908 zum National Monument erklärt wurde. Zu dieser Zeit waren weniger als 2 km der Höhle erschlossen. Ende der 50er Jahre wurden durch neue Entdeckungen die Forschungen verstärkt und heute ist die Höhle mit 170 km eine der längsten der Welt. Die Forscher vermuten, daß die Gesamtgröße der Höhle bis zu 8.000 km beträgt. Die Vielfalt ihrer Formationen hat die Höhle international bekannt gemacht. Die Entstehungsgeschichte der Höhle ist weitestgehend identisch mit der der Wind Cave, d.h. sie reicht ebenfalls etwa 340 Millionen Jahre zurück. Die Unmenge von verschiedenfarbigen Kalzitkristallen, denen die Höhle ihren Namen verdankt, sind entstanden, als aufgelöster Kalkstein in Kalzitform aus dem Wasser sickerte , das ehemals die Höhle füllte. Diese Kristalle sind unterschiedlich groß und erhalten durch die im Wasser gelösten Mineralien ihre verschiedenen Farben. Unter den vielen Formen in der Jewel Cave sind solche, die durch von außen in die Höhle eindringendes Wasser entstanden sind. Das Wasser, das als Regen auf die Erde fiel, sickerte in kleine Risse im Kalkstein und löste den Stein auf dem Weg nach unten auf. Wo diese Tropfen von der Höhlendecke fallen, bilden sich an der Decke sogenannte Stalaktiten und am Boden Stalagmiten. Beide wachsen mit der Zeit aufeinander zu und bilden schließlich eine Säule. Formen, die man Vörhänge oder Fließstein nennt, entstehen durch an den Wänden entlang rieselndes Wasser. Ein solches Gebilde ist auch die berühmteste Formation der Jewel Cave, der sogenannte Bacon Strip. Da immer noch Wasser in die Höhle eindringt, wachsen die Tropfsteinformationen auch heute noch immer weiter und es bilden sich ständig neue. Auch hier wurde nur noch eine Tour angeboten, während man in den Sommermonaten aus drei verschiedenen wählen kann. Die Scenic Tour dauert etwa 80 Minuten und führt über 800 m Länge und 723 Stufen in die konstant 8,3 ° C warme Höhle hinein, vorbei an den schönsten Kalzitformationen der Höhle. Nach dem Besuch der Jewel Cave verließen wir South Dakota und machten uns auf den Weg zum Wahrzeichen Wyomings, dem Devils Tower NM. Trotz aller Mythen, die sich um die Entstehung dieses 264 m hohen Basaltpfropfens ranken, ist diese wissenschaftlich unbestritten. Nachdem sich im Anschluß an die Auffaltung der Rocky Mountains die Black Hills gebildet hatten, drang vor etwa 60 Millionen Jahren durch Spalten in der Erdrinde ein Strom geschmolzenen Gesteins bis kurz unter die Erdoberfläche vor und erkaltete dort zu den fünf- und sechskantigen Basaltsäulen des Towers. Das weichere Deckengestein ist über Jahrmillionen durch Witterungseinflüsse und die Kräfte des Belle Fourche River abgetragen worden und der imposante Pfropfen, der eine Gesamthöhe von 1.558 m erreicht, wurde freigelegt. Einer Legende der Kiowa-Indianer zufolge, hat die Entstehung des Devils Tower jedoch einen völlig anderen Hintergrund: Sieben kleine Indianermädchen flüchteten vor einem angreifenden Bären auf einen niedrigen Felsen und der Große Geist erbarmte sich ihrer und ließ den Felsen in den Himmel wachsen. Der frustrierte Bär sprang, wütend über den Mißerfolg seiner Jagd, an dem wachsenden Felsen hoch und hinterlies mit seinen scharfen Klauen tiefe Furchen im Gestein. Der Felsen wuchs bis in den Himmel hinein und dort kann man noch heute in einer klaren Nacht die sieben kleinen Mädchen als Sternenkonstellation der "Pleiades" über dem Devils Tower entdecken. Zu diesen beiden doch sehr voneinander abweichenden Erklärungen gesellte sich 1977 durch Regisseur Steven Spielberg noch eine weitere mysteriöse Dimension, als er den Turm in dem Science Fiction Film "Unheimliche Begegnung der Dritten Art" als von langer Hand vorbereiteten Landeplatz der Außerirdischen darstellte. Wir machten uns vom Visitor Center auf den 2 km langen Tower Trail, der den Turm mit seinen gut 300 m Basisdurchmesser und einer Oberfäche von über 5.000 m² einmal umrundet. Dieser hübsche Spaziergang am bewaldeten Fuß des Towers bietet immer wieder neue Perspektiven dieses eigentümlichen, an einen riesigen Baumstumpf erinnernden Magmazapfens. Wir übernachteten am Fuße des Devils Towers, auf dem zum Park gehörenden Belle Fourche Campground, der zwar wenig Komfort, dafür aber einen hervorragenden Blick auf den Turm bietet.

Am nächsten Morgen trennten sich nach dem gemeinsamen Frühstück unsere Wege: Maike und Michael machten sich auf den Weg über Little Bighorn nach Cody, während wir die südlichere Route über Thermopolis wählten. Wir begaben uns zunächst vom Campingplatz aus auf den Valley View Trail, der noch einmal schöne Ausblicke auf den Devils Tower bietet und auch an der Präriehund-Kolonie vorbeiführt. Danach fuhren wir zum Visitor Center hinauf und sahen uns die Ausstellung und den Videofilm zur Entstehung und Geschichte des Turmes an. So verließen wir erst gegen Mittag das Devils Tower NM und folgten bis Buffalo der I-90. Dort bogen wir auf den als Scenic Byway ausgewiesenen Hwy 16 ab, der auf landschaftlich sehr reizvoller Strecke durch die Bighorn Mountains führt. Auf dem 2946 m hohen Powder River Pass standen wir bei nur etwa 2° C im Neuschnee, was uns eindrucksvoll vor Augen führte, daß der Winter unaufhaltsam näherrückt. Am frühen Abend erreichten wir Thermopolis, Heimat der größten einzelnen Mineralquelle der Welt. Den Thermalquellen im Hot Springs SP hat die Stadt nicht nur ihren Namen, sondern auch ihre touristische Attraktivität zu verdanken. Das Wasser der Quellen kommt mit 53° C aus dem Boden und allein die Big Spring liefert in 24 Stunden 14 Millionen Liter Wasser, in dem bisher 27 verschieden Mineralien nachgewiesen wurden. Wir blieben nördlich der Stadt auf dem Fountain of Youth RV Park, zu dem der größte Freiluftmineralpool Wyomings gehört. Der 72 m lange und 22 m breite Pool wird von der Sacajawea Quelle gespeist, die mit ihrem täglichen Quellvolumen von 5,3 Millionen Liter alle 11 Stunden für einen kompletten Wasseraustausch des Beckens sorgt. In der Hoffnung, daß der Campingplatz seinen Namen zu Recht trägt, nutzten wir die Gelegenheit und beendeten den Tag mit einem ausgiebigen Bad im auf angenehme 38° C heruntergekühlten Thermalwasser.

Den nächsten Tag begannen wir nach dem Ausschlafen, wie wir den gestrigen beendet hatten, mit einem Thermalbad. Vom Campingplatz fuhren wir dann die wenigen Kilometer nach Thermopolis, wo wir uns die Quellen und Kalksinterterrassen des Hot Springs SP ansahen. Blickfang des Parks sind die Rainbow Terraces, über die das heiße Thermalwasser in den Big Horn River abfließt. Der Fluß wird von einer Hängebrücke überspannt, die 1993, als originalgetreuer Nachbau der ursprünglichen Brücke aus dem Jahre 1916, erbaut wurde. Vorbei an dem Tepee Fountain, einem zuckerhutartigen Gebilde aus mineralischen Ablagerungen, erreichten wir den Weg, der über die Rainbow Terraces bis zur Big Spring führt. Die riesigen Kalksinterterrassen sind über Tausende von Jahren durch das ablfließende Wasser der Big Spring entstanden und zahlreiche Algen sorgen dafür, daß die Becken und Abläufe in allen Farben schillern. Ursprünglich war das Gebiet des heutigen Hot Springs SP im Shoshone Indian Reservation Treaty von 1868 den Indianern zuerkannt worden. Als aber die Thermalquellen den Ruf erlangten heilende Wirkung zu haben, wollte die US-Regierung das Gebiet um die Quellen aus dem Reservat herauslösen und als Schutzgebiet ausweisen. Im Jahre 1896 kam es dann zu einer vertraglich geregelten Übernahme des Gebietes durch die Regierung, wofür die Indianer 60.000 Dollar bekamen. Das meiste Wasser der Thermopolis Hot Springs stammt aus einem unterirdischen Strom der Owl Creek Mountains westlich der Stadt. Feuchtigkeit in Form von Regen oder Schnee versickert in dem porösen Gestein der Owl Creek Mountains, wird beim Durchdringen des Gesteins mit Mineralien angereichert und durch geothermische Energie erhitzt und mit vulkanischen Gasen versetzt. Allein an der Big Spring, der größten Quelle, kommen pro Tag etwa 14 Millionen Liter dieses 53° C heißen Wassers wieder an die Erdoberfläche. Nach einem kurzen Besuch im Wyoming Dinosaur Center verließen wir Thermopolis auf dem Hwy 120 in Richtung Cody. Zahlreiche Sandsteinformationen am Straßenrand gestalten die die etwa 130 km lange Strecke sehr abwechslungsreich und interessant. Das 1901 von William Frederick Cody, besser bekannt unter dem Beinamen Buffalo Bill, gegründete Cody ist nicht nur die Hauptstadt des Buffalo Bill Kultes, sondern hat sich bis heute einen Hauch des einstigen Western-Flairs erhalten. Da wir die Hauptsehenswürdigkeiten der Stadt, das Buffalo Bill Historical Center und die Old Trail Town, ein Museumsdorf mit zahlreichen Häusern des 18. Jahrhunderts noch recht gut in Erinnerung hatten, fuhren wir nach einem kurzen Einkaufs- und Tankstop auf den verabredeten Campingplatz. Maike und Michael trafen auch nur kurze Zeit später hier ein und wir konnten noch die weitere Route zum Yellowstone NP besprechen.

Da Maike und Michael den direkten Weg zum Yellowstone NP nehmen wollten, während wir den Umweg über den Beartooth Highway eingeplant hatten, haben wir uns auf einem Campingplatz in Gardiner, nördlich des Parks verabredet und gingen nach dem Frühstück getrennte Wege. Wir verließen Cody auf dem Hwy 120 in nördlicher Richtung, bogen in Belfry auf die #308 ab und erreichten schließlich Red Lodge, den Ausgangspunkt des Beartooth Highway. Landschaftlich wie straßenbaulich spektakulär, führt diese gut einhundert Kilometer lange Paßstraße vorbei an Gletschern, Gebirgswiesen und Bergseen auf eine Höhe von 3.337 m. Bis zu 150 km weit reicht der überwältigende Fernblick, dem der Beartooth Highway den Beinamen "The most beautiful Drive in America" verdankt. Zunächst schlängelt sich die Straße in sanften Windungen südwestlich dem entfernten Hochplateau in der Absaroka-Range zu, einem gewaltigen Granit-Massiv, vor über 3 Milliarden Jahren gebildet und vor 60 bis 80 Millionen Jahren im Zuge der Entstehung der Rocky Mountains auf seine heutige Höhe angehoben. Allmählich rückten die Berge näher und knapp 7 km hinter Red Lodge erreichten wir am Ausgang des Rock Creek Canyon die eigentliche Auffahrt zum Beartooth Pass. Diese elf langgezogenen Serpentinen, die sich bis zur Paßhöhe hinaufschrauben, bilden das eindrucksvolle Herzstück des Beartooth Highway. Ein Aussichtspunkt an einer der letzten Kurven bietet einen grandiosen Überblick über die hochalpine Landschaft. Am 3.337 m hohen Beartooth Pass standen wir dann bei Temperaturen unterhalb des Gefrierpunktes im Neuschnee und konnten sehr gut nachvollziehen, daß die Straße nur von Juni bis Mitte Oktober befahrbar ist. Jenseits des Paßhöhe kamen wir am Beartooth Lake vorbei und hatten phantastische Ausblicke auf die schneebedeckten Gipfel des Yellowstone NP. Es gibt natürlich auch anderswo spektakuläre Pässe und wunderschöne Schluchten, aber für uns war der Beartooth Highway eine der schönsten Straßen unserer bisherigen Route. Über die ehemalige Goldgräberstadt Cooke City erreichten wir bei Silver Gate den nordöstlichen Eingang des Yellowstone NP. Der Yellowstone NP ist eine Schatzkammer, die in Besuchern aller Welt Ehrfurcht erweckt. Ob wohl Neuseeland und Island für ihre Geysire berühmt sind, gibt es nirgendwo so viele wie im Yellowstone NP. Vor etwa 2 Millionen Jahren, dann vor 1,2 Millionen Jahren und wiederum vor 600.000 Jahren traten hier katastrophale Vulkanausbrüche auf.. Beim letzten Ausbruch explodierte eine ganze Landschaft in der Mitte des heutigen Parkgebietes, dabei wurden fast 1.000 km³ Gesteinsmassen verlagert. Binnen Minuten war das Land verwüstet. Ströme rasch fließender Aschen bedeckten tausende Quadratkilometer. In der Mitte blieb nur eine schwelende Caldera übrig, ein zusammengebrochener Krater von 45 x 75 km Grundfläche. Die diese Ausbrüche verursachende Hitze des Magmas erwärmt noch heute die berühmten Geysire, warmen Quellen, Fumarole und Schlammteiche des Nationalparks. Diese langandauernde geothermische Aktivität läßt ahnen, daß durchaus noch weitere Eruptionen folgen können, denn der Park befindet sich auf 2100 bis 2500 m Höhe über einem Hot oder Melting Spot, d.h. einer lokal begrenzten Abschmelzungszone im Erdmantel. Doch Yellowstone ist mehr als nur heiße Erde und stiebender Dampf. An der kontinentalen Wasserscheide gelegen, ist Yellowstone großenteils ein hohes Plateau, von Berggen umringt und mehreren Flüssen entwässert. Die Gründung des fast 9.000 km² großen Yellowstone NP im Jahre 1872 als ersten Nationalpark der Welt verdanken wir dem Weitblick von Menschen, die in der damaligen Zeit die Schutzbedürftigkeit dieser einmaligen Natur vorausgesehen haben. Damals war Yellowstone vor allem wegen seiner Geysire und heißen Quellen interessant. Die urwüchsige Landschaft, die Büffel, Hirsche und Bären nahm man hin, denn Amerika war noch immer Pionierland und hatte viele reizvolle Landschaften und wilde Tiere zu bieten. Doch als der Westen besiedelt war, wuchs die Bedeutung von Yellowstone als Wildreservat. Die Liste der Tierarten im Park ist ein Kompendium der Fauna der Rocky Mountains: Wapiti, Bison, Maultierhiersch, Dickhornschaf, Grizzlie und Schwarzbär, Elch, Gabelbock, Koyote, Puma, Biber, Trompeterschwan, Adler, Fischadler, weißer Pelikan und viele mehr sind zu nennen. Heute ist der Yellowstone NP neben Erholungs- und Naturschutzgebiet auch als internationales Biosphärenschutzgebiet und Weltkulturerbe der Menschheit anerkannt. Im Sommer 1988 brannten große Teile des Parks, was die Landschaft mancherorts drastisch veränderte. Doch keines der wesentlichen Merkmale wurde zerstört. Die Geysire, Wasserfälle und Herden von Wild sind noch da. Viele Gebiete waren überhaupt nicht davon betroffen, und die es waren, werden sich im Laufe der Zeit erholen, und Pflanzen und Tierwelt werden davon profitieren. Verbrannte und unversehrte Areale liegen dicht beieinander, so daß faszinierende Einsichten in Ursachen und Wirkungen von Waldbränden in der Natur möglich sind. Der Erholungsprozeß hat bereits voll eingesetzt und die Folgen des Brandes stellenweise bereits überdeckt. Yellowstone hat schon schlimmere Naturereignisse erlebt und wird sie wieder erleben. Weit größeren Kummer als das Feuer bereiten den Umweltschützern das Anwachsen der Besucherzahlen, der Rückgang der Grizzlies sowie Projekte zur Gewinnung von geothermischer Energie, Öl und Gas im Umkreis des Parks. Ein Zusammenwirken mit den sieben benachbarten National Forests, die zum erweiterten Ökosystem vom Yellowstone gehören, ist geboten, wenn die Tierwelt und die geothermischen Besonderheiten erhalten bleiben sollen. Vorm Nordosteingang folgt die Straße dem Soda Butte Creek und Lamar River bis zur Tower Junction, der Verbindung mit der an eine 8 erinnernden, knapp 230 km langen Grand Loop Road durch den Park. In diesem nördlichen Abschnitt ist der Yellowstone NP wärmer und trockener als in seinen zentralen Teilen. Hier liegt die Northern Range, die Winterweide für große Wildtiere. Wir konnten schon auf dem ersten Streckenabschnitt 5 Bisonherden in der Nähe der Straße beobachten. Im Visitor Center bei den Mammoth Hot Springs verschafften wir uns Informationen über den Park und sahen uns einen Film zur Geschichte des Yellowstone NP und der Nationalparkidee als solcher an. Im Gebiet um die Mammoth Hot Springs bevölkerten zahlreiche Wapitis die Grünanlagen des Areals. Danach fuhren wir auf den verabredeten Campingplatz nach Gardiner außerhalb der Parkgrenzen.

Wir begannen den nächsten Tag mit dem Besuch der Mammoth Hot Springs, dutzender farbenfroher, dampfender Terrassen. Diese bestehen aus Travertin, einem Kalktuff, der vom heißen Wasser aus Kalk gelöst und an die Oberfläcke gespült wird, sich um die Austrittsöffnung herum ablagert und auf diese Weise die pittoreske Terrassen gebildet hat. Die Mammoth Hot Springs sind ganz anders als alle anderen Thermalfelder im Parkgebiet, die aus kieselerdigem Geiserit-Sinter bestehen. Wege führen mitten durch die stufenartig übereinander liegenden Kalziumformationen der Main Terrace Area und an der besonders eindrucksvollen Minerva Terrace vorbei. Wir verließen Mammoth in südlicher Richtung, passierten die dampfenden Fumarole des Roaring Mountain und und bogen bei Norris Junction in Richtung Canyon Village ab. Im Canyon Village beginnt der North Rim Drive, eine Einbahnstraße am Nordrand des Grand Canyon of the Yellowstone entlang. Dem gelben Gestein im Grand Canyon of the Yellowstone, einer vom Yellowstone River tief ausgewaschenen Schlucht, verdankt der Park seinen Namen. Das helle Gelb, Orange und Rot an den Canyonwänden entsteht durch thermale und chemische Reaktionen auf grauem oder braunen Rhyolith. Mehrere Aussichtspunkte ermöglichen herrliche Ausblicke auf den Canyon und den über zwei Fallstufen hinabstürzenden Yellowstone River. Besonders beeindruckend sind die 94 m hohen Lower Yellowstone Falls, die sicherlich zu den spektakulärsten Wasserfällen der USA gehören. Wir fuhren weiter auf den South Rim Drive, von wo aus wir zunächst einen Blick auf die 33 m hohen Upper Yellowstone Falls warfen, ehe wir auf dem Uncle Tom´s Trail in den Canyon hinuntergingen. Über mehr als 300 Stufen stiegen wir 150 m die Canyonwand hinab und wurden mit einem phantastischen Blick auf die Lower Yellowstone Falls belohnt. Wir hatten auch noch Glück mit dem Wetter und konnten beobachten, wie sich im Sprühnebel der Fälle ein Regenbogen bildete. Der Artist Point, der Aussichtspunkt mit dem besten Überblick über den Canyon und die Lower Falls , bildete den Abschluß unseres Besuches am Canyon. Als wir uns gerade vom Parkplatz auf den Weg zur Aussichtsterrasse machten, fing es heftig an zu schneien und in einem richtigen Schneegestöber fuhren wir über Norris Junction und Madison nach West Yellowstone, wo wir uns mit Maike und Michael auf einem Campingplatz verabredet hatten. Aufgrund des schlechten Wetters ließen wir das Norris Geyser Basin aus, sahen uns aber die 26 m hohen Gibbon Falls an und konnten noch einige Büffel und Wapitis beobachten.

Der nächste Tag stand ganz im Zeichen der geothermischen Besonderheiten des Yellowstone NP, wir fuhren auf der Südwestseite des Parks durch die verschiedenen Thermalgebiete. Die Hauptattraktion des Lower Geyser Basin ist der blubbernde Schlamm des Fountain Paint Pot. Durch das richtige Mischungsverhältnis von Säure, Feuchtigkeit und Tonbestandteilen ist diese heiße Quelle zum Schlammtopf geworden, dessen Aktivität besonders anschaulich ist. Wenig später erreichten wir das Midway Geyser Basin, das ebenfalls über einen Plankenweg zugänglich ist. Aus dem Riesenkrater des Excelsior Geyser schossen bei seinen letzten Ausbrüchen 1890 Fontänen von 100 m Höhe. Heute ist der Geysir ein kochendes Riesenfaß, das 15.000 Liter siedenden Wassers pro Minute produziert. Weiter geht es zu den bunten und feingliedrigen Terrassen der Grand Prismatic Spring, der mit 110 m Durchmesser größten und schönsten heißen Quelle im Park. Die Färbung stammt von den Algen und Bakterien, die je nach Wassertemperatur anders zusammengesetzt sind. Von hier aus fuhren wir weiter zum Upper Geyser Basin, dem wichtigsten und ausgedehntesten Feld thermaler Pools, Fumarole und regelmäßig ausbrechender Heißwassergeysire des Parks. In dem etwa 2,5 km lange Upper Geyser Basin befindet sich die größte Konzentration geothermischer Erscheinungen in der Welt. Hier befindet sich auch der warscheinlich bekannteste Geysir der welt, der Old Faithful Geyser. Der "Alte Zuverlässige" schleudert ca. alle 75 Min eine bis zu 55 m hohe Wasser- und Dampffontäne in die Höhe. Vom Old Faithful machten wir uns auf den ungefähr 6 km langen Rundweg durch das Upper Geyser Basin bis zum phantastischen Morning Glory Pool. Zunächst gingen wir über den Firehole River hinauf zum Geyser Hill, vorbei an Dutzenden von bunten, kochenden Quellen und zarten Gebilden aus Geiserit, einem Silikat-Sinter, den das heiße Wasser abscheidet. Neben dem Ausbruch des Old Faithful erlebten wir auch die Eruptionen verschiedener anderer Geysire, darunter der Beehive und Castle Geyser. Auf den Wiesen um den Firehole River tummelten sich Bisons und Wapiti-Hirsche, die teilweise mitten durch die Thermalanlagen hindurchmarschieren. Am Ende des Weges liegt der Morning Glory Pool, ein unwahrscheinlich farbenfrohes Thermalbecken, der seinen Namen einer Blume, der Trichterwinde, verdankt, weil er dieser ähnelt. Das Upper Geyser Basin war für mich nicht nur das größte, sondern auch mit Abstand schönste und vielfältigste Thermalgebiet des Parks. Zum Abschluß unseres Yellowstone Besuches fuhren wir an den Yellowstone Lake, der auf einer Höhe von 2.357 m liegt und bis zu 118 m tief ist. Die Bucht von West Thumb, fast ein See für sich, ist eine mit Wasser gefüllte Caldera, die durch eine Explosion vor etwa 150.000 Jahren entstand. Ein Plankenweg führt zu den reizvoll am Seeufer gelegenen, an sich aber nicht so interessanten thermischen Sehenswürdigkeiten des West Thumb Geyser Basin. Über den Südeingang verließen wir nach drei Tagen den Yellowstone NP und blieben nur wenige Kilometer hinter der Parkgrenze auf dem Campingplatz der am John D. Rockefeller jr. Memorial Parkway gelegenen Flagg Ranch.

Nach wenigen Kilometern auf dem Rockefeller Parkway erreichten wir am nächsten Morgen den Grand Teton NP, den mit 1.257 km² Größe recht kleinen Nachbarn des Yellowstone. Die Gipfel der Teton Range, die 2.100 m hoch über dem Talboden aufragen, sind eine der interessantesten geologischen Erscheinungen der Rockies. Ohne Fußhügelzone erheben sie sich von Nadelwald ann steilen Hängen über blumige Almwiesen und bläulich-weiße Gletscher hinauf zu Spitzen aus nacktem Granit. Die Grand (4.197 m) , Middle (3.903 m) und South Tetons (3.814 m) bilden den Kern des Gebirges, doch ihre Nachbarn Mount Owen (3.940 m), Teewinot Mountain (3.757 m) und Mount Moran (3.842 m) sind nicht weniger bemerkenswert. Eine Kette von Seen, die von Gebirgsbächen gespeist werden, liegen am Fuß der Berge. Davor breitet sich Jackson Hole aus, ein breites, von Sagebrush bedecktes und mit bewaldeten Hügeln und Espenhainen durchsetztes Tal, das beste Lebensbedingungen für Gabelbock, Reh, Wapiti-Hirsch und andere Tiere bietet. Der Snake River, der aus der Teton Wilderness kommt, schlängelt sich auf seinem Weg nach Idaho geruhsam an den Tetons vorbei. Wo sich der Fluß auffächert, liegen Feuchtgebiete, die Elch, Hirsch, Biber, Trompeterschwan, Kanadagans und Enten jeder Art Unterschlupf gewähren. Die Teton sind Bruchschollenberge. Vor etwa 9 Millionen Jahren begannen zwei Krustenblöcke, sich entlang einer Bruchlinie gegeneinander zu verschieben, wobei die eine nach unten gedrückt, die andere nach ober gekippt wurde. Die Vertikalverschiebung mißt - bislang - 9.000 m, was zum großen Teil auf eine Absenkung von Jackson Hole zurückgeht. Bevor die Europäer kamen, sammelten und jagten Indianer verschiedener Stämme in diesem Gebiet. Im frühen 19. Jahrhundert kamen Bergpioniere, die das flache, bergumrahmte Tal nach dem Trapper Davey Jackson "Jackson´s Hole" nannten. Französische Fallensteller gaben dann der mehrere Dutzend Dreitausender umfassenden Gebirgskette den Namen Tetons, Brüste. Die ersten Siedler waren Rancher und Farmer, einige ihrer Bauten sind heute als historische Stätten im Park zu besichtigen. Der Grand Teton NP, der ursprünglich nur die Gebirgskette ohne das Jackson Hole umfaßte, besteht seit 1929. Die Erweiterung um das Tiefland erfolgte 1950 nach jahrelangem, zähem Ringen und kompromißreichen Verhandlungen mit den Grundeigentümern im Jackson Hole. Der Landkauf wurde von John D. Rockefeller jr. finanziert und der nach ihm benannte Parkway soll an diese großzügige Spende erinnern. Die Straßen des Parks,die alle im Tal liegen, bieten einen ständig wechselnden Anblick der Tetons. Wir steuerten zunächst das Colter Bay Visitor Center an, wo wir uns Informationsmaterial über den Park beschafften, einen Film über die Tetons ansahen und das ausgezeichnete Indian Arts Museum besichtigten. Während Maike und Michael auf der Parkstraße weiterfuhren, unternahmen wir eine kurze Wanderung um die Colter Bay an das Ufer des Jackson Lake. Der Blick über den natürlichen Jackson Lake, der vor der Gründung des Parks durch den Bau eines Staudammes erweitert wurde, auf die grandiose Gebirgskulisse hatte uns schon bei unserem ersten Besuch 1991 fasziniert. Auch der Willow Flats Overlook bietet einen herrlichen Blick auf die Tetons, leider konnten wir in der mit Weiden bestandenen Ebene keinen Elch entdecken, obwohl diese sich hier oft aufhalten sollen. An der Jackson Lake Junction verließen wir den Rockefeller Parkway und bogen auf die Teton Park Road ab. Kurz darauf erreichten wir die Abzweigung zum Signal Mountain. Die 8 km lange, für Fahrzeuge mit Anhänger gesperrte Stichstraße führt auf den Gipfel des 2.314 m hohen Berges, von dem aus wir das gesamte Tal überblicken konnten. Nirgendwo sonst tritt die geologische Beschaffenheit der Tetons so klar vor Augen: der abrupte Übergang vom Tal zum Berg, der "Schlangenlauf" des Snake River eiszeitliche Ablagerungen von Schutt und Lehm und die Bergzüge im Osten. Am Signal Mountain versteht man, warum frühe Trapper solche Täler in den Bergen als "Holes" bezeichneten. An der North Jenny Lake Junction bogen wir auf den Jenny Lake Loop ab, eine schmale, einbahnige Strecke ins landschaftliche Herz der Tetons. Die Straße biegt im spitzen Winkel nach Südwesten ab und bietet herrliche Blicke auf die mittleren Gipfel, ehe sie am Ostufer des in eine grandiose Bergkulisse eingebetteten Jenny Lake entlang führt. Über die teton Park Road und den Rockefeller Parkway verließen wir den Grand Teton NP und fuhren am Rand der National Elk Refuge, einem Überwinnterunngsggebiet für Wapitis, entlang nach Jackson. Am Nordrand der Stadt besuchten wir das im Stil eines indianischen Pueblos aus Arizona Sandstein erbaute National Museum of Wildlife Art. Das Bereits 1987 in Jackson gegründete Museum ist 1994 in diesen modernen Neubau umgezogen und bietet eine sehr gute Ausstellung zum Thema "Wildlebende Tiere". Über 2.000 Gemälde, Skulpturen, Zeichnungen und Photographien von mehr als 100 Künstlern bilden die eindrucksvolle Sammlung des Museums. Nach einem Einkaufsstop in der Tourismus-Hochburg Jackson suchten wir uns südlich der Stadt einen Campingplatz.

Über den Hwy 89, der weitestgehend parallel zur Westgrenze Wyomings verläuft, fuhren wir in Richtung Fossil Butte NM. Besonders der erste Streckenabschnitt durch den Snake River Canyon war landschaftlich sehr reizvoll, auch bedingt durch die herbstliche Laubverfärbung. Im weiteren Verlauf verliert die Landschaft an Reiz und so waren wir froh, als wir endlich das Fossil Butte NM erreicht hatten. Vor ca. 50 Mio Jahren befanden sich im heutigen Parkgebiet mehrere Seen, in und an denen die unterschiedlichsten Tiere lebten. Durch die Anhebung des Rocky Mountain Massivs verschwanden die Seen und die in den Sedimentschichten des Seebodens eingeschlossenen sterblichen Überreste von tieren und Pflanzen wurden ebenfalls zu flachen Bergen angehoben. Fossil Butte NM beschützt diesen Restberg und seine unschätzbaren Zeugen der Vergangenheit. Paläontologen haben 20 Fisch-, 100 Insekten- und unzählige Pflanzenarten als Versteinerungen im Park gefunden. Die Anzahl, Vielfältigkeit und die gut erhaltenen Details der Fossilien machen das Fossil Butte NM zu einem herausragenden Forschungsgebiet der Paläontologen und einem Lieferanten für Museen in aller Welt. Im Visitor Center sind zahlreiche Fossilien ausgestellt und ein Film erläutert deren Entstehung und die Ausgrabungstechniken. Auf der Weiterfahrt zur Flaming Gorge NRA ereilte uns die zweite Reifenpanne unserer Reise. Diesmal allerdings bei voller Fahrt auf dem Highway: Ein Knall und lautes Gerumpel ließen schon nichts Gutes ahnen und nach dem wir den Wagen auf dem Seitenstreifen zum Stehen gebracht hatten, stellten wir fest, daß es einen Hinterreifen, natürlich den Inneren der Doppelbereifung, erwischt hatte. Zum Glück war in der Nähe ein Parkplatz, so daß wir den Reifen in aller Ruhe und diesmal mit funktionstüchtigem Wagenheber wechseln konnten. Da wir Maike und Michael aus den Augen verloren hatten und der verabredete Campingplatz in der Flaming Gorge NRA schon geschlossen war, machten wir uns auf die Suche nach den beiden, da wir glaubten, sie müssten vor uns angekommen sein. Schließlich haben wir uns auf einem anderen Campingplatz getroffen, aber da Maike und Michael sich verfahren hatten, waren sie immer hinter uns hergefahren und wir hätten sie nie finden können. So übernachteten wir auf dem einfachen aber wunderschön am Flaming Gorge Reservoir gelegenen Lucerne Valley Campground, der neben den Campern auch zahlreiche Gabelböcke beherbergte. Die Flaming Gorge NRA verdankt ihren Namen den leuchtend roten Felsen, die das Flaming Gorge Reservoir umschließen. Seit 1963 wird hier der Green River vom Flaming Gorge Dam aufgestaut und bringt so neben der Trinkwasser- und Energiegewinnung ein schönes Erholungsgebiet hervor.

Wir begannen unsere Besichtigung der Flaming Gorge NRA am Fish Creek, wo wir uns die zu ihren Laichgründen ziehenden Lachse ansahen, die hier das Ende ihrer Reise erreicht haben und sterben. Der Sheep Creek Geological Loop führte uns durch eine bizarre Canyonlandschaft, die auch für geologisch nicht so Interessierte sehr beeindruckend ist. Die landschaftliche Schönheit wurde durch die herbstliche Laubverfärbung noch weiter verstärkt. Zurück auf der Hauptstraße, genossen wir von einem Aussichtspunkt den atemberaubenden Blick auf die Sheep Creek Bay, einen der zahlreichen Seitenarme des knapp 150 km langen Stausees. Der am Red Canyon Visitor Center beginnende Rim Trail bietet herrliche Blicke in den über 500 m tiefen und bis zu 1.200 m breiten Red Canyon und das Flaming Gorge Reservoir. In diesem Gebiet macht die "Flammende Felsschlucht" ihrem Namen wirklich alle Ehre und die roten Felswände kontrastieren mit dem tiefblauen Wasser. Wir verließen die Flaming Gorge NRA in südlicher Richtung und fuhren auf kurvenreicher Strecke durch den Ashley NF nach Vernal. Während Maike und Michael schon zum Dinosaur NM weiterfuhren, haben wir uns nach neuen Reifen für unseren Roadrunner erkundigt. Da wir aber kein preiswertes Angebot bekamen, mußten wir dieses Problem auf einen späteren Zeitpunkt verschieben, aufgrund unseres zweiten Reserverades haben wir es ja auch nicht eilig. Auch wir fuhren dann weiter zum Dinosaur NM, einer der größten Fundstellen für Dinosaurier-Fossilien der Welt. Stegosaurus, Brontosaurus, Camptosaurus und Allosaurus sind einige dieser Giganten, die sich während der Jurazeit, vor etwa 145 Millionen Jahren, im heutigen Parkgebiet aufgehalten haben. Damals war das heute wüstenhafte Parkgebiet ein Flut-Flachland wie die Savannen von Afrika und Indien. Während der Regenperioden überfluteten Flüsse das Land und schwemmten die sterblichen Überreste der Dinosaurier fort. Sie wurden auf einer Sandbank im Fluß abgelagert und schnell mit Schichten aus Flußsand und Kies bedeckt, wodurch sie in sehr gutem Zustand erhalten blieben. Über Millionen von Jahren wurden die Knochen unter bis zu 2.000 m dicken Sedimentschichten begraben und zu hartem Sandstein verdichtet. Die ursprünglich waagerechte Sandsteinschicht mit den fossilen Saurierüberresten wurde durch die von der tektonischen Anhebung der Rocky Mountains ausgelösten Erdkrustenbewegungen in ihre heutige Schräglage gefaltet. Die Kräfte der Erosion trugen die oberen Schichten dieses Gebirges ab und brachten die Fossilien so an die Oberfläche. Im Jahre 1909 entdeckte ein vom Carnegie Musuem in Pittsburg beauftragter Paläonthologe namens Earl Douglas die freigelegten Saurierknochen und begann mit den Ausgrabungen. 1915 wurde die Fundstelle zum National Monument erklärt und unter der Führung von Douglas wurden die Ausgrabungen fortgesetzt. Heute umschließt das Dinosaur Quarry Visitor Center diese Sandsteinwand, die versteinerte Saurierknochen in ungewöhnlich hoher Konzentration enthält. Ausgrabungen brachten Knochen von 14 Saurierarten, die 13 verschiedenen Gattungen angehören, zutage. Der Felsen enthält auch Knochen junger Saurier, was wegen der weichen, leicht verfallenden Knochen junger Tiere eine große Seltenheit ist. Es wurden aber nicht nur Dinosaurier-Knochen, sondern auch ersteinerte Muscheln, Schildkröten, Krokodile, Säugetiere, Amphibien, Holzstücke und Pflanzenteile gefunden, die sich wie die Teile eines Puzzles zu einem Bild des damaligen Ökosystems zusammenfügen. Der Park wurde 1938 um die Felsschluchten des Green und Yampa River auf 854 km² erweitert, wobei weite Teile dieses Hinterlandes nur zu Fuß oder per Boot zugänglich sind. In dem wilden und gebirgigen halbwüstenhaften Parkgelände bilden die Flüsse und ihre Schluchten Oasen für die Flora und Fauna des Gebietes und sind eine weitere, wenn auch weniger beachtete Attraktion des Parks. Wir fanden in dem kleinen Ort Dinosaur am Hwy 40 einen Campingplatz für unsere letzte gemeinsame Nacht. Wir werden ab morgen unseren Weg in Richtung Albuquerque fortsetzen, wo wir uns das Hot Air Balloon Festival, das größte Heißluftballonfest der Welt mit mehr als 600 Teilnehmern ansehen wollen. Maike und Michael wollen noch einen Abstecher zum Arches NP und Monument Valley machen, ehe sie nach Denver zurückfahren. Wie auch schon nach unserem Treffen mit Sigrid und Thomas, so freuen wir uns auch jetzt wieder auf unsere vollständige Freiheit und Unabhängigkeit, auch wenn es sehr nett war, eine zeitlang gemeinsam unterwegs zu sein. Wir können jetzt wieder ohne Einschränkungen zu unseren gewohnten Lebens- und Reisegewohnheiten zurückkehren ohne die beim gemeinsamen Reisen auf beiden Seiten erforderlichen Kompromisse eingehen zu müssen.

Nach dem gemeinsamen Frühstück nahmen wir Abschied von Maike und Michael und fuhren in die Canyon Area des Dinosaur NM. Der 50 km lange Harpers Corner Scenic Drive verschaffte uns einen Einblick in die wilde Felslandschaft des Parkinneren. Verschiedene Aussichtspunkte ermöglichen spektakuläre Einblicke in die Canyons des Green und Yampa River und der Höhepunkt dieser Strecke ist der etwa 3 km lange Weg (retour), der am Harpers Corner beginnt. Diese wirkliche phantastische Landschaft ist meiner Meinung nach eine noch größere Attraktion als die Saurierknochen und man sollte den Abstecher zur Harpers Corner bei einem Besuch des Parks auf keinen Fall versäumen. Wir fuhren zurück nach Dinosaur und von dort aus weiter über den Hwy 139 durch die wunderschön herbstlich verfärbte Landschaft bis nach Grand Junction. Hier fanden wir auf Anhieb ein günstiges Reifenangebot und spendierten unserem Roadrunner zwei neue Reifen. Nachdem die Werkstatt die neuen Reifen montiert und die alten nach unseren Vorgaben getauscht hatte, fuhren wir auf einen Campingplatz und ließen den Abend in aller Ruhe ausklingen.

Am nächsten Morgen haben wir ersteinmal ausgeschlafen und gemütlich gefrühstückt, ehe wir für einige Besorgungen in die Stadt fuhren. Anschließend stand das südwestlich von Grand Junction gelegene Colorado NM auf dem Programm. Der 83 km² Park am Rande des halbwüstenhaften, 2.000 m hohen Uncompahgre Hochlandes schützt zahlreiche verschiedenfarbige , kuppen- und säulenförmige Sandsteinmonolithe, die der Verwitterung bis heute widerstanden haben. Die Gesteinsgebilde überragen die breite, grüne Ebene des vom Colorado River durchflossenen Grand Valley um bis zu 450 m. Balanced Rock, Independence Monumment, Window Rock, Coke Ovens und Fallen Rock sind nur einige der Sehenswürdigkeiten, die man auf der Fahrt entlang des 37 km langen Rim Rock Drive sehen kann. Diese Straße folgt den Konturen des Fruita, Wedding, Monument, Ute, Red und No Thoroughfare Canyon und erlaubt spektakuläre Einblicke in diese Canyon-Landschaft mit ihren pittoresken Monolithen. Die Ausstellung und Diashow im Visitor Center informiert über die Entstehung dieser Erosionsformationen und die Besiedlungsgeschichte der Region. Zahlreiche Funde belegen, daß sich bereits prähistorische Korbmacher-Indianer in dieser Gegend aufgehalten haben. Als die ersten Europäer kamen, lebten hier die Ute-Indianer. Um die Jahrhundertwende ließ sich ein gewisser John Otto, der von der Landschaft fasziniert war, hier nieder und legte erste Straßen und Wege an. Er wollte die breite Öffentlichkeit für diese dramatische Landschaft interessieren, um so die Bildung eines Naturparks zu erreichen. Seine Bemühungen waren erfolgreich, 1911 wurde das Gebiet als Colorado NM unter Schutz gestellt. Wir genossen die Aussicht von den verschiedenen Haltepunkten der Straße und gingen auf dem 1,6 km langen (retour) Ottos Trail zu einem Aussichtspunkt am Ende eines Felsgrates, der einen phantastischen Rundblick bietet. Nach dem Verlassen des Rim Rock Drives fuhren wir über Grand Junction bis nach Delta, wo wir uns morgen das Council Tree Pow-wow, ein alljährlich stattfindendes, großes Indianerfest mit traditionellen Tänzen und musikalischen Darbietungen ansehen wollen. Ganz in der Nähe des Veranstaltungsgeländes sicherten wir uns für zwei Nächte einen Campingplatz, so daß wir zu Fuß zu dem Fest gehen können.

In wenigen Minuten erreichten wir am nächsten Morgen den Festplatz des Council Tree Pow-wow, wo zunächst nur die Stände der Kunsthandwerker und Trödler zu sehen waren. Um 11.30 Uhr begannen dann die Trommler sich einzuspielen und eine halbe Stunde später betraten alle Tänzer die kreisförmige Freilichtbühne. Eine großartige, farbenfrohe Darbietung indianischer Traditionen und Tänze begann. Die Musik erinnert an alte amerikanische Western aber mit Kino-Kitsch oder Touristen-Show hat das hier nichts zu tun, es ist ein Fest für Indianer. Ursprünglich war ein Pow-wow ein Frühlingsfest zur Feier des neu beginnenden Lebens, eine Zeit der Begegnungen bei Tanz und Gesang. Pow-wows hatten religiöse Bedeutung und viele Familie nutzten diese Zeit für ihre persönlichen Feierlichkeiten. Auch heute noch sind die Pow-wows für viele Indianer ein wesentlicher Bestandteil ihres Lebens. In den Sommermonaten findet fast an jedem Wochenende ein solches Fest statt und viele Familien reisen von einer Verantstaltung zur nächsten. In jüngster Zeit sind Tanz- und Musikwettbewerbe gegen Preisgelder dazugekommen und haben die religiösen Veranstaltungen weitestgehend verdrängt. Das Council Tree Pow-wow wird von den verschiedenen Zweigen des Ute Stammes veranstaltet, ist aber auch Angehörigen anderer Stämme zugänglich. Alle Teilnehmer scheinen stolz zu sein auf ihre Tradition, ihren Federschmuck und die festlichen Kleider und sie tanzen stundenlang mit erstaunlicher Ausdauer. Wir haben uns sehr gefreut, daß wir die Gelegenheit hatten diesem Fest beizuwohnen und einen kleinen Einblick in die indianische Tradition zu bekommen.

Wir verließen Delta auf dem Hwy 50 und erreichten nach steiler Fahrt von Montrose auf die 2.500 m hohe Vernal Mesa das Black Canyon of the Gunnison NM, benannt nach dem überwiegend dunklen bis schwarzen Gestein dieser Schlucht. Wallace Hansen, der einige Jahre die Geologie des Parkgebietes untersucht hat, schrieb in seinem Bericht folgendes: "Einige Canyons im Westen übertreffen den Black Canyon an Größe, einige sind länger, einige tiefer und ein paar wenige haben ebenso steile Wände. Aber kein anderer Canyon in Nordamerika verbindet Tiefe, Enge, Steilheit und düsteres Aussehen wie der Black Canyon des Gunnison." Der Black Canyon, der durch den zum Colorado fließenden Gunnison River gebildet wurde, ist 85 km lang, doch nur die tiefsten, wildesten und spektakulärsten 19 km der Schlucht liegen im 84 km² großen Black Canyon of the Gunnison NM. Östlich des Parks ist der Gunnison River durch drei Dämme gebändigt worden und die entstandenen Stauseen werden zur Curecanti NRA zusammengefaßt. Im Laufe von ungefähr 2 Millionen Jahren hat der Gunnison River hier in sehr altes metamorphes Gestein, das von jungem Lavagestein überdeckt wird, eine tiefe Schlucht gegraben. Die schroffen, scharfkantigen Canyonwände sind 530 bis 740 m hoch. Der Abstand zwischen den Canyonrändern beträgt an der engsten Stelle 400 m, im Inneren der Schlucht ganze 12 m. Obwohl der Canyon die Heimat zahlloser Tiere ist, war er für die Menschen lange Zeit ein unüberwindbares Hindernis. Archäologische Funde belegen, daß prähistorische Völker und auch später die Ute-Indianer nur auf den Rändern, nicht aber in der Schlucht selbst gelebt haben. Die ersten Weißen, die den Canyon sahen, waren Mitglieder der Hayden-Expedition (1873-74) und sie erklärten den Black Canyon für unzugänglich. Im Jahre 1901 wurde die Schlucht erstmals auf dem wasserwege bezwungen und 1905 begannen die Arbeiten an einem Umleitungstunnel, der einen Teil des Flusses zur Bbewässerung des Uncompahgre Tales ableiten sollte. Der Tunnel wurde 1909 fertiggestellt und erfüllt noch heute seinen Zweck. In den späten 20er Jahren begannen Bemühungen lokaler Bürgerinitiativen, die landschaftliche Schönheit des Canyons zu bewahren und 1933 wurde der Black Canyon zum National Monument erklärt. Damit die Flora und Fauna der verbliebenen Canyonlandschaft möglichst wenig gestört werden, gibt es keine angelegten Wege hinunter zum Fluß. Man kann ihn aber über die East Portal Road, eine steile und kurvenreiche Versorgungsstraße des gleichnamigen Dammes, erreichen. Geübte Kletterer dürfen sich, nach vorheriger Anmeldung im Visitor Center, einen Weg in die Tiefe suchen. Wir begnügten uns mit einer Fahrt über die South Rim Road, deren zahlreiche Aussichtspunkte immer wieder neue, beeindruckende Einblicke in die Schlucht ermöglichen. Am Ende der Straße führte uns der 2,4 km lange (retour) Warner Point Nature Trail zu einem in die Schlucht hineinragenden Kliff mit phantastischer Aussicht. Nachdem wir wieder bis zum Hwy 50 "abgestiegen" waren, folgten wir ihm in die Curecanti NRA hinein, wo wir auf dem Elk Creek Campground am Ufer des Blue Mesa Lake, dem größten der drei Stauseen, übernachteten. 

Über die landschaftlich reizvolle Nebenstraße #114 verließen wir das Tal des Gunnison River und erreichten das hochgelegene San Luis Valley. Hier wollten wir eigentlich das Great Sand Dunes NM besuchen, bogen aber für eine kurze Pause in den San Luis Lakes SP ab. Hier gefiel es uns so gut, daß wir beschlossen auf dem zum State Park gehörenden Campingplatz zu übernachten. Bei herrlichem, sommerlich warmen Wetter verlebten wir einen faulen Nachmittag auf dem Campingplatz und genossen den Ausblick über den See auf die über 200 m hohen Sanddünen vor der Kulisse der Sangre de Cristo Mountains. Wir haben es heute wieder einmal so richtig genossen Zeit zu haben und an keinen festen Terminplan gebunden zu sein.

Mit einem Tag "Verspätung" fuhren wir am nächsten Morgen die wenigen Kilometer zu den bis zu 210 m hohen, braungrauen Sanddünen des Great Sand Dunes NM, die zu den höchsten Dünen der Welt gehören. Der Park befindet sich in einem weiten Talkessel am Fuße der Sangre de Cristo Mountains, einer mehrere Viertausender umfassenden Gebirgskette der südlichen Rocky Mountains, die den Ostrand des 2.300 m hoch gelegenen San Luis Valley, eines Wüstenhochtals mit weniger als 23 cm Niederschlag pro Jahr bildet. Im Westen wird das Tal, ein tektonischer Graben, durch die vulkanischen San Juan Mountains begrenzt. Wie konnte es nun zur Bildung dieser riesigen, etwa 130 km² umfassenden Dünenlandschaft kommen? Von schmelzendem Schnee genährt, haben Flüsse, darunter auch der Rio Grande, seit Tausenden von Jahren Sand, Schlamm und Kies in das bergumringte San Luis Valley getragen. Die meisten dieser Flüsse, besonders die des Sangre de Cristo Gebirges liefern hier ihre Bürde ab und versickern nach kurzer Zeit im Talboden. Eine Untersuchung der im Sand enthaltenen Mineralien zeigt einen großen Anteil von vulkanischem Material, was darauf hindeutet, daß ein großer Teil des Sandes vom San Juan Gebirge auf der gegenüberliegenden Seite des Tales gekommen ist. Der Boden des San Luis Valley ist nur mit spärlichem Pflanzenwuchs bedeckt, was wenig dazu beiträgt, den leichten und sandigen Boden festzuhalten. Sobald Sand und Schlamm ins Tal geschwemmt werden, sind sie den vorwiegend südwestlichen Winden ausgesetzt, die seit ungezählten Jahrhunderten Staub- und Sandkörner in Richtung des Sangre de Cristo Gebirges wehen. Wenn sie diese majestätische Gebirgsschranke erreichen, stürmen die Winde über die Gebirgspässe aufwärts. Der Staub wird weiterhin mitgetragen, aber der Sand ist dazu zu schwer, er häuft sich am Fuße der Gebirgspässe an und häuft so die gewaltigen Dünen auf. Die unaufhörlichen Winde gestalten und ändern die Dünen, besonders, wenn Stürme aus dem Nordosten herunterwehen. Sie verschieben die Rückgrate der Dünen zeitweilig in die entgegengesetzte Richtung. Wenn die Stürme vorüber sind, werden die südwestlichen Winde aktiv und rekonstruieren die Kammlinien der Dünen wieder in die alten Formen. Tägliche Veränderungen können in den spitzenartigen Mustern der kleinen Wellen gesehen werden, die jeden Hügel und jede Mulde bedecken. Durch die Jahre ändern sich die Dünen selbst aber sehr wenig. Fotografien aus dem Jahre 1927 zeigen, daß die Hauptdünen damals fast genauso aussahen wie heute. Archäologische Forschungen im San Luis Valley deuten darauf hin, daß dieses Gebiet vor etwa 10.000 Jahren von nomadischen Jägern besiedelt war. Während der verhältnismäßig neueren Zeiten wurde das Tal zum größten Teil von Ute-Indianern beherrscht. Bestimmte Pueblo-Gruppen, die Apachen vom Süden, die Comanchen, Cheyenne und Arapaho vom Osten und Norden sind hier regelmäßig durchgewandert, aber nur die Ute Indianer hatten in diesem Tal ihren ständigen Wohnsitz. Die ersten Europäer, die in diese Gegend kamen, waren spanische Konquistadoren, die im Jahre 1779 auf einer Expedition gegen die Comanchen das San Luis Valley durchquerten. Im Winter des Jahres 1807 gründete Zebulon Pike ein provisorisches Festungswerk im San Luis Valley und gut 40 Jahre später entstanden die ersten Siedlungen. Seit 1932 stehen die Dünen als National Monument unter dem Schutz der Nationalparkverwaltung. Die Straße #150 endet kurz hinter dem Visitor Center an einem Parkplatz, von dem aus man nur zu Fuß in die Dünen gelangen kann. Eine nur für Allrad-Fahrzeuge befahrbare Piste führt am Ostrand des Parks entlang bis in das Sangre de Cristo Gebirge aber die Dünen selbst sind für alle Fahrzeuge gesperrt. Wir gingen gemeinsam bis zum Fuße der Dünen, wo Geli dann umkehrte, während ich mich an den mühevollen Aufstieg gemacht habe. Der Aufstieg über etwa 200 m Höhenunterschied in dem weichen Sand der Dünen war alles andere als ein Spaziergang, aber meine Anstrengungen wurden mit phantastischen Blicken auf die Dünen, das San Luis Valley und die Sangre de Cristo Mountains belohnt. Der Abstieg war dann wesentlich einfacher, denn mehr auf dem Sand gleitend als gehend erreichte ich in einem Bruchteil der Aufstiegszeit wieder den Talboden. Nach einer ausgiebbigen Verschnaufpause und der "Entsandung" der Kamera fuhren wir in südlicher Richtung bis nach Taos in New Mexico. Hier wollen wir morgen das Taos Pueblo besichtigen, das bei unserem ersten Besuch vor einem halben Jahr wegen eines religiösen Festes für die Öffentlichkeit gesperrt war.

Doch auch bei unserem zweiten Versuch blieben wir erfolglos, denn auch am nächsten Tag war das Pueblo nicht zugänglich. Da wir nicht noch ein drittes Mal nach Taos fahren wollten, beschlossen wir einen Tag länger hierzubleiben und den Besuch des Pueblos um einen Tag zu verschieben. Wir fuhren also zum Campingplatz zurück, machten unsere Fahrräder startklar und verbrachten einen ruhigen Tag in Taos, das fast komplett im Adobe-Stil gehalten ist.

 

Am darauffolgenden Morgen haben wir es tatsächlich geschafft, das 1987 von der UNESCO als World Heritage Site anerkannte Taos Pueblo einige Kilometer nördlich der Stadt zu besichtigen. Das berühmteste Pueblo New Mexicos, das aus verschachtelten, mehrstöckigen und stufenförmig übereinander angeordneten Bauten im Adobe-Stil besteht, wird seit fast 1.000 Jahren ununterbrochen bewohnt. Unter den zahlreichen Pueblos im Südwesten der USA war Taos Pueblo die bedeutendste und auch die nördlichste der seßhaften Indianer. Die Siedlung ist noch vollständig erhalten und hat sich äußerlich seit den Zeiten der spanischer Eroberer um 1540 kaum verändert. Noch heute leben etwa 150 Idianer dauerhaft in dem Pueblo, viele nutzen ihre Wohnungen innerhalb des Pueblos nur noch sporadisch. Hier hat sich die Pueblo-Bauweise in ihrer reinsten Form erhalten, die Mauern sind nur aus Lehm und Stroh, ohne gebackene Ziegel errichtet. Die Wände sind dunkelgelb, braun oder okker gefärbt und vor den Häusern stehen die "hornos", kuppelförmige Backöfen, die von den Spaniern ins Land gebracht wurden. Die Spanier wiederum hatten sie von den Mauren übernommen, so daß die Indianer von Taos ihr Brot in afrikanischen Öfen backen. Eindrucksvoll sind die beiden fünf- bzw. vierstöckigen Gemeinschaftshäuser, in deren Inneres man früher nur von oben, über Leitern, hineinsteigen konnte. Die Öffnungen für Fenster und Türen wurden erst später gebrochen. Zentrum des Dorfes ist die von einem kleinen Fluß durchflossene Plaza, begrenzt vom North und South Pueblo. Vom Missionseifer der Spanier zeugt die Missionskirche San Geronimo am Eingang zum Pueblo. Obwohl 90% der Pueblo-Indianer katholisch sind, dominiert der Einfluß des Kaziken, des geistlichen Führers des Dorfes und öffentliche Zeremonien werden von traditionellen indianischen Tänzen und Gesängen begleitet, die keinen christlichen Einfluß erkennen lassen. Einen negativen Beigeschmack erhält der an sich sehr interessante Besuch des Taos Pueblo durch die horrenden Eintrittspreise, die zur Haupteinnahmequelle der Indianer geworden sind. Für zwei Personen wurden wir inklusive Parkgebühr, Fotografier- und Filmerlaubnis um 22 US-Dollar erleichtert und die völlig überteuerten Preise der Kunsthandwerk- und Souvenirläden treiben den Touristen-Nepp auf die Spitze. Selbst wenn man die Gebühren und Preise als Beitrag zum Erhalt des Pueblos betrachtet, ist hier der Bogen des Vertretbaren meiner Meinung nach überspannt worden. Wir verließen Taos und erreichten nach etwa dreistündiger Fahrt Albuquerque, wo morgen die 25. Kodak Albuquerque International Balloon Fiesta, das weltweit größte Ballon-Treffen beginnt. Wir ergatterten auf einem in der Nähe des Festplatzes gelegenen Campingplatz einen der letzten Plätze für die nächsten Tage und konnten nach einigen Schwierigkeiten auf dem Postamt unsere postlagernden Sendungen in Empfang nehmen. Auf einem Campingplatz etwas außerhalb der Stadt haben wir dann ersteinmal unsere Post "abgearbeitet", was uns jedesmal sehr viel Spaß macht.

Als wir nach dem Ausschlafen aus dem Fenster sahen, konnten wir schon etliche Heißluftballone über der Stadt schweben sehen, was unsere Erwartung auf die Balloon Fiesta noch weiter gesteigert hat. Wir werden uns aber erst morgen das Geschehen auf dem Fiesta Park aus der Nähe ansehen. Heute fuhren wir, nach dem wir unsere Vorräte aufgefüllt hatten, zum Petroglyph NM im westlich der Stadt. Die bedeutendste Landschaft dieses Parks ist die West-Mesa, eine dunkle, sich schlängelnde Linie eines 27 km langen Abhanges mit fünf vulkanischen Kegeln auf der Hochfläche. Das erst 1990 gegründete National Monument schützt die mehr als 15.000 Felsgravierungen, die sich in dieser Gegend befinden. Für die heutigen Pueblo-Indianer, deren direkte Vorfahren diese Zeichen in die schwarzen Felsen des vulkanischen hanges graviert haben, ist dieser Park ein ganz besonderer Ort, eine heilige Landschaft, in der auch heute noch religiöse Zeremonien abgehalten werden. Die Mehrzahl der Felsgravierungen stammen aus der Zeit von 1300 v. Chr. bis 1650 n. Chr., sind zum Teil also über 3.000 Jahre alt. Außer den Felsgravierungen gibt es hier mehr als 100 archäologische Fundstätten, die dazu beitragen, 12.000 Jahre menschlicher Besiedlung entlang der West-Mesa zu beleuchten. Es mag viele Gründe für die Herstellung von Felsgravierungen gegeben haben, für Nicht-Indianer sind sie jedoch kaum zu verstehen. Wir wissen heute, daß diese Darstellungen weit mehr sind als reine Kunst oder Nachahmung der natürlichen Welt. Sie sind machtvolle kulturelle Symbole, die die komplexe Gesellschaft und Religion der Pueblo-Völker reflektieren. In den Gravierungen tritt eine endlos erscheinende Vielfalt von Zeichen auf: Tierfiguren, geometrische Formen, Masken, Spiralen und Sterne - aber das sie alle vereinigende Prinzip ist die Beziehung zur heiligen Geschichte der Pueblos. Wir fuhren nach einem kurzen Besuch des Visitor Centers in den Boca Negra Canyon, in dem zahlreiche Felsgravierungen zu finden sind, die vor der Gründung des National Monuments bereits als Indian Petroglyph SP geschützt waren. Der Mesa Point, Macaw und Cliff Base Trail ermöglichen, unterstützt von einem Faltblatt der Nationaparkverwaltung, die Erkundung der Gravierungen auf eigene Faust. Der Mesa Point Trail bietet zusätzlich noch einen herrlichen Blick über die West-Mesa und Albuquerque. Von hier aus fuhren wir zu unserem Campingplatz für die nächsten Tage, der nur etwa 5 km vom Festplatz entfernt liegt, so daß wir bequem mit den Fahrrädern fahren können und ohne lestige Parkplatzprobleme die 25. Kodak Albuquerque International Balloon Fiesta besuchen können. Nach dem Abendessen entspannten wir uns noch etwas im Pool und Spa des Campingplatzes, denn morgen heißt es früh aufstehen: Die Ballone starten bereits so gegen 7 Uhr und wir wollen schon bei den Startvorbereitungen dabei sein.

Um 4.30 Uhr riss uns der Wecker aus dem Schlaf und gut zwei Stunden später standen wir auf den neuen Festplatz, dem Balloon Fiesta SP. Der Slogan der Veranstalter "where the World cellebrates Ballooning" ist wirklich nicht übertrieben. Es ist ein großes, unbeschreibliches Spektakel inmitten der Ballone zu stehen und die "Mass Ascension", den Massenaufstieg mitzuerleben. Da die Balloon Fiesta in diesem Jahr ihr 25jähriges Jubiläum feiert, nehmen noch etwa 200 Ballonfahrer mehr teil als sonst. Zwischen 7 und 9 Uhr konnten wir also etwa 850 Ballone in den blauen Himmel entschweben sehen, der teilweise schon so aussah wie ein Highway zur Rush Hour. Jeder Aufstieg, besonders aber der der außergwöhnlich geformten Ballone, wurde mit Applaus gefeiert und die Farbenpracht und Formenvielfalt waren schlichtweg überwältigend. Man konnte sich praktisch permanent im Kreis drehen und hat immer wieder etwas neues entdeckt. Dieser Massenaufstieg der Heißluftballone war die spektakulärste von Menschenhand geschaffene Attraktionen, die wir bisher gesehen haben. Nachdem wir uns auch noch die Souvenirbuden angesehen hatten, fuhren wir zurück zum Campingplatz, wo wir uns im Spa von den Anstrengungen des morgens erholten. Schon an unseren ersten Tag hat uns das Balloon Fiesta Fieber gepackt und wir haben den Campingplatz für drei weitere Nächte reserviert, so daß wir fast eine ganze Woche nach Lust und Laune an dieser einmaligen Show teilnehmen können. Am Nachmittag fuhren wir dann noch einmal los, diesmal allerdings mit dem Auto. Wir wollten uns die "Balloon Glow", die nächtliche Illumination der Heißluftballone durch ihre Gasbrenner, nicht entgehen lassen. Auf ein Kommando zündeten alle 436 teilnehmenden Ballone gleichzeitig ihre Brenner und unter den Beifallsstürmen der Zuschauer wurde der Platz in ein phantastisches Licht getaucht. Auch dieses Ereignis läßt sich nur schwer mit Worten umschreiben, man muß es erlebt haben, es war einfach phantastisch. Den krönenden Abschluß bildete dann ein etwa 45minütiges Feuerwerk über dem Festplatz, dessen Ende wir bereits von unseren Campingplatz aus miterlebten.

Nach dem "Ballon-Streß" von gestern wollten wir heute einen Ruhetag einlegen, als wir aber die Vorhänge unseres Wohnmobiles aufzogen, waren wir wieder mitten im Geschehen. Unzählige Ballone zogen über den Campingplatz hinweg und wir haben das Frühstück mehrfach für Foto- und Videoaufnahmen unterbrochen. Nach dem Frühstück nutzten wir ausgiebig den Pool und Spa des Campingplatzes, ehe wir uns für einige Besorgungen auf den Weg machten. Am Nachmittag haben wir dann Billard gespielt und so ging auch unser Ruhetag viel zu schnell vorbei. Morgen wollen wir dann wieder beim Start der Ballone dabeisein, d.h. es wird eine kurze Nacht.

Um 4.30 Uhr klingelte der Wecker und um 6 Uhr waren wir schon auf dem Parkplatz in der Nähe des Startfeldes. Hier haben wir dann gefrühstückt und auf die Startvorbereitungen gewartet. Da es heute keinen Massenaufstieg gab, war das Feld etwas übersichtlicher, aber es waren dennoch Hunderte Ballone am Start. Nach Abschluß der Ballon-Aktivitäten haben wir uns bei einem Autohändler Informationen geholt, aber wir sind uns mittlerweile nicht mehr so sicher, ob wir noch in den USA ein Auto kaufen. Einerseits wäre es eine gute Gelegenheit das Wohnmobil in Zahlung zu geben und unseren angesammelten Hausrat nach Hause zu schaffen, andererseits lohnt es sich finanziell kaum, wenn man Verschiffung, -zollung, -steuerung und Umrüstungskosten zum an sich günstigen amerikanischen Kaufpreis addiert. Wir werden uns weiter umsehen und uns von Freunden die entsprechenden deutschen Preise durchgeben lassen. Den Nachmittag haben wir bei herrlichem Wetter am Pool verbracht und nebenbei unsere Wäsche gewaschen. Morgen früh gibt es wieder einen Massenaufstieg, den wir auf keinen Fall verpassen wollen und deshalb müssen wir auch wieder früh aufstehen.

Die heutige Mass Ascension war zwar nicht so spektakulär wie die erste, aber es war trotzdem wieder ein einmaliges Erlebnis. Wir kamen heute mit einem deutschen Ballonfahrer ins Gespräch und haben so etwas mehr über das Ballonfahren erfahren können. Nach dem Aufstieg der Ballone gingen wir wieder an die "Arbeit", d.h. wir informierten uns über Autos und die Luftfrachtkosten für unser Umzugsgut. Am Nachmittag haben wir uns dann wieder am Pool ausgeruht. Wir gewöhnen uns langsam an den Balloon Fiesta Rhytmus mit dem frühen Aufstehen und Faulenzen am Nachmittag.

Der nächste Tag war beherrscht von den Special Shape Balloons, d.h. den Ballonen mit einer besonderen Form. Wir waren bei der Mass Ascension, dem Massenaufstieg dieser Spezialballone dabei und waren einmal mehr begeistert, obwohl wir viele der Ballone schon von den vorangegangenen Tagen kannten. Vom Turnschuh bis zum Hamburger, von der Arche Noah bis zum Space Shuttle und von Garfield bis zum Dinosaurier waren alle nur erdenklichen Gestalten vetreten und es war erneut ein einmaliges Erlebnis bei diesem Massenstart dabeisein zu können. Zwar haben wir in den letzten Tagen unser Foto- und Videolimit hoffnungslos überzogen, aber es ist auch einach zu spektakulär als das man es ignorieren könnte. Nach dem Start haben wir wieder einige Autofirmen aufgesucht und jetzt alle in Frage kommenden Modelle einmal gesehen. Im Anschluß an die obligatorische Pool-Pause fuhren wir wieder zum Fiesta Park, wo am Abend das Special Shape Glow, das Leuchten der Spezialballone auf dem Programm stand. Auch heute bildete wieder ein Feuerwerk den Abschluß des Ballon-Tages und wir fuhren, etwas erschöpft, zurück zum Campingplatz. Da wir ein wichtiges Päckchen erwarten, das bisher nicht angekommen ist, haben wir den Campingplatz noch einmal für drei Tage verlängert und werden so die Balloon Fiesta bis zum Abschluß miterleben können. Für morgen haben wir uns mal wieder einen Ruhetag verordnet, d.h. wir werden ausschlafen und erst am Nachmittag am Geschehen auf dem Festplatz teilnehmen.

Am nächsten Morgen wurden wir dann jedoch völlig unerwartet Teil des Geschehens, denn als wir gerade aufgestanden waren, landete ein Ballon direkt vor unserem Wohnmobil. Nach einem kurzen Aufenthalt hob der Ballon wieder ab und zog weiter. Der Himmel über dem Platz war auch wieder gut gefüllt und wir wieder begeistert über die phantastische Lage unseren Campingplatzes. Neben den sehr teuren Campingmöglichkeiten direkt am Festplatz bietet unser Meinung nach der Wes Winters Resort Park in der Tyler Road (Tel.: (505) 345 3716) die beste Möglichkeit während der Balloon Fiesta in der Nähe des Fiesta Parks zu campen. Nach dem Frühstück und unserer Pool-Pause besuchten wir eine Arts und Crafts Ausstellung mit wirklich sehenswerten Stücken, wo wir uns sehr zusammenreißen mußten, um nicht zu viel einzukaufen. Auf dem Parkplatz des Fiesta Parks haben wir Post beantwortet und zu Abend gegessen bis die Special Shape Balloons wieder in Aktion traten. Leider sind heute nur wenige der Spezialballone gestartet, aber sie waren zumindestens am Boden zu bewundern. Vom Festplatz aus fuhren wir dann zurück zum Campingplatz. Wir sind jetzt schon eine Woche in Albuquerque, so lange waren wir bisher noch nie an einem Ort, aber durch die Balloon Fiesta ist es eine sehr aufregende und abwechslungsreiche Zeit gewesen und wir freuen uns auf die letzten beiden Ballon-Tage, die noch vor uns liegen.

Auch am nächsten Morgen beobachteten wir die aufsteigenden Ballone vom Wohnmobil aus und begannen den Tag wieder am Pool. Dann machten wir einige Besorgungen und kehrten für eine Mittagspause wieder an den Pool zurück. Am frühen Nachmittag fuhren wir zum Festplatz, aßen auf dem Parkplatz zu Abend und sahen uns die Night Magic Glow der Ballone an. Diesmal nahmen zwar nicht so viele Ballone teil, dafür erstreckte sich das Glühen aber über einen längeren Zeitraum. Den Abschluß des Tages bildete erneut ein grandioses Feuerwerk, die letzte Abendveranstaltung der Balloon Fiesta. Das Fest geht morgen mit der Farewell Mass Ascension zuende und das heißt für uns wieder einmal sehr früh aufstehen, denn diesen Abschluß wollen wir auf keinen Fall verpassen.

Da wohl schon einige Ballonfahrer abgereist waren, fiel der letzte Massenaufstieg nicht ganz so gewaltig aus wie die vorangegangenen, aber es war trotzdem wieder ein Erlebnis und für uns ein schöner Abschluß der Balloon Fiesta. Uns hat es so gut gefallen, daß wir bestimmt einmal wiederkommen werden. Wir verbrachten den Nachmittag wieder bei herrlichem Wetter am Pool und haben dann noch Billard gespielt. Obwohl wir eine sehr schöne Zeit in Albuquerque hatten, hoffen wir, daß morgen unser Päckchen ankommt und wir wieder weiterkommen.

Am Post Office erlebten wir eine Überraschung, es hatte geschlossen. Wir wir dann feststellten war heute Columbus Day und damit Feiertag. Wir verbrachten den Tag mit Shopping und fuhren dann ein weiteres Mal zum Campingplatz zurück. Hoffentlich kann es morgen weitergehen.

Nach einem letzten Bad im Pool und Spa des Campingplatzes konnten wir auf dem Postamt unser Päckchen in Empfang nehmen und Albuquerque nach 12 Tagen wieder verlassen. Wir fuhren auf der I-40 in östlicher Richtung, bogen bei Tucumcari auf den Hwy 54 ab und übernachteten, wie schon vor einem halben Jahr, im Ute Lake SP in der Nähe von Logan.

Am nächsten Tag sind wir nur gefahren, da es in den landschaftlich eintönigen Great Plains außer Acker- und Weideland nichts zu sehen gab. Durch das Überschreiten der Zeitgrenze zur Central Time Zone haben wir eine Stunde verloren, so daß wir relativ spät in der Cowboystadt Dodge City ankamen. Die Stadt war in den 1870er Jahren als Versorgungsstation für den Bau der Santa Fe Eisenbahn entstanden und hat die Bautrupps mit dem Fleisch der damals noch im Überfluß vorhandenen Büffel versorgt. Wir fanden südlich der Stadt einen Campingplatz, wo Geli noch den Antrag für die zweite Verlängerung unserer Aufenthaltsgenehmigung fertig gemacht hat. Wenn es diesmal genauso problemlos klappt wie beim letzten Mal, steht unseren weiteren Reiseplänen nichts mehr im Wege.

Die Historic Front Street von Dodge City ist ein Nachbau der Straßenzüge aus den Gründerjahren der Stadt, als Dodge City ein gesetzesfreier Raum war. Meinungsverschiedenheiten wurden mit dem Revolver ausgetragen und verhalfen der Stadt zu dem zweifelhaften Ruf, von dem sie noch heute zehrt. Die originale Frontstreet fiel 1885 einem Feuer zum Opfer und wurde nach historischen Fotos und Bildern wieder aufgebaut. Da wir den Eintrittspreis von $ 5 pro Person für reichlich übertrieben hielten, haben wir uns mit einem Blick über den Zaun begnügt und uns dann wieder auf den Weg gemacht. Die einzigen Abwechslungen auf der Fahrt durch die weiterhin eintönige Landschaft waren der Sturm, der uns ordentlich durchgeschüttelt hat und der Besuch der Russel Stover Schokoladenfabrik in der Nähe von Abilene. Der Einblick in die Herstellung war zwar sehr beschränkt, aber es gab sehr viele Leckereien zu probieren und zu kaufen und wir haben beide Möglichkeiten genutzt. Unweit der I-70 fanden wir einen Campingplatz für die Nacht, wo wir dann noch unsere Wäsche gewaschen haben. Wir hoffen, daß wir nun bald wieder in abwechslungsreichere Gegenden kommen, denn das stundenlange Fahren durch Weide- und Ackerflächen ist sehr ermüdend.

Am nächsten Tag wurde die Landschaft zunehmend bewaldeter und es machte wieder mehr Spaß zu fahren. Allerdings blieben wir für einige Stunden in Lawrence, einer Partnerstadt meiner Geburtsstadt Eutin, hängen. Nach einem kurzen Besuch der Factory Outlets fanden wir einen Copy Shop, in dem wir die Unterlagen für unseren Antrag an die Einwanderungsbehörde kopieren konnten. Auf dem Postamt besorgten wir uns dann die Money-Order über 85 Dollar und brachten den Antrag auf den Weg. Außerdem haben wir ein großes Paket mit allen nicht mehr benötigten Reiseunterlagen gepackt und als "M-Bag", die kostengünstigste Versendungsform nur für Bücher oder andere Drucksachen, an meine Eltern abgeschickt. Nach etwa 6-8 Wochen sollen die etwa 20 kg Unterlagen in Deutschland ankommen, wir werden es sehen. In der Doppelstadt Kansas City überquerten wir den Missouri River und die Grenze zum gleichnamigen Bundesstaat. Im Wallace SP fanden wir einen wunderschön im herbstlich verfärbten Wald gelegenen Campingplatz ganz in der Nähe der I-35.

Auf unserem weiteren Weg gen Norden kamen wir am nächsten Tag nach Iowa. Südwestlich der Hauptstadt Des Moines sahen wir uns die Bridges of Madison County an, jene überdachten Holzbrücken, die durch den Roman von Robert James Waller und die Verfilmung mit Merryl Streep und Clint Eastwood weit über die Grenzen Iowas hinaus bekannt geworden sind. Ürsprünglich gab es in Madison County 16 dieser überdachten Brücken, alle gebaut zwischen 1855 und 1885. Die Überdachung diente dem Schutz der massiven Bodenplanken vor den Witterungseinflüssen und sollte die Haltbarkeit der Brücken erhöhen. Die Brücken waren auf den damaligen Straßenverkehr mit Pferd und Wagen ausgelegt und konnten mit dem Aufkommen der modernen Transportmittel ihren Zweck nicht mehr erfüllen. Sie wurden teilweise umgesetzt oder aber für den Straßenverkehr gesperrt. Sechs dieser Brücken sind heute noch erhalten und befinden sich alle im Umfeld der kleinen Stadt Winterset, die sich zu dem noch rühmen kann, die Geburtsstadt von John Wayne zu sein. Wir begannen unseren Besuch an der Imes Bridge, der ältesten heute noch erhaltenen Brücke aus dem Jahre 1870. Die Holliwell Bridge ist zehn Jahre jünger und mit gut 37 m die längste der Brücken. Im riesigen Winterset City Park steht die Cutler-Donahoe Bridge aus dem Jahre 1871 und der 1927 zu Ehren einer der ersten Pionierfamilien aus Sandstein errichtete, knapp 8 m hohe Clark Tower. Wir beendeten unseren Abstecher in die Madison County mit dem Besuch der Cedar Bridge, der einzigen noch für den Verkehr freigegebenen Brücke, die auch die Umschlagseite von Robert James Waller´s Roman ziert. In Story City nördlich von Des Moines fanden wir einen Campingplatz in der Nähe des Highways.

Nach dem Ausschlafen fuhren wir am nächsten Tag, bis auf einen kurzen Einkaufsstop in Mason City, weiter in nördliche Richtung. In einem Minnesota Welcome Center beschafften wir uns Informationen über diesen Staat und in Rochester, wo wir uns morgen die berühmte Mayo-Klinik ansehen wollen, suchten wir uns einen Campingplatz.

Die Mayo-Klinik wurde 1889 von Dr. W. W. Mayo als Saint Marys Hospital gegründet und ist heute eines der fortschrittlichsten und bekanntesten Krankenhäuser der Welt in dem fast 17.000 Kräfte jedes Jahr über 300.000 Patienten betreuen. Leider haben wir die nur einmal täglich stattfindende Führung verpaßt und uns deshalb gleich wieder auf den Weg gemacht. Leider wurde das Wetter immer schlechter, so daß wir von der wunderschönen herbstlichen Laubverfärbung nicht sehr viel hatten. Landschaftlich besonders reizvoll ist der Hwy 61, der am Ufer des Mississippi River entlang führt. Der Fluß markiert gleichzeitig die Grenze zu Wisconsin, das wir bei La Crosse erreichten. An einer Telefonzelle des Welcome Centers von Wisconsin erfuhren wir, daß mein Vater in der letzten Woche während eines Österreichurlaubes unerwartet verstorben ist. Nach einigen Telefonaten mit meiner Familie setzten wir unsere Fahrt in sehr bedrückter Stimmung fort. Wir hatten zwar vor Antritt unserer Reise allen Verwandten erzählt, daß wir unsere Reise für eventuelle Todesfälle nicht unerbrechen werden und haben uns beim Tod von Gelis Großvater drei Wochen nach unserer Abreise auch daran gehalten, aber ich weiß im Moment nicht was ich machen soll. Es ist einfach unvorstellbar für mich, daß mein Vater nicht mehr da ist, wenn wir wieder nach Hause kommen. Ich werde eine Nacht darüber schlafen und dann eine Entscheidung treffen müssen, da die Trauerfeier bereits in vier Tagen stattfindet. Das Wetter wurde immer schlechter und wir fuhren durch strömenden Regen zu einem Campingplatz in Knowlton, wo wir morgen eine Käsefabrik besichtigen wollen.

Der Besuch der Käsefabrik war recht enttäuschend, da es kaum etwas zu sehen und nichts zu probieren gab. Wir haben aber immerhin unseren Käsevorrat etwas auffüllen können. Das Wetter hat auch heute wieder nicht so mitgespielt, es hat größtenteils geregnet. Wir haben daher beschlossen unsere Fahrt gen Norden für zwei Tage zu unterbrechen und uns stattdessen auf die Schleswig/Holstein German Tour des Wisconsin Ethnic Settlement Trail zu begeben. Wir fuhren durch New Holstein und sahen uns Kiel, den knapp 3.000 Einwohner zählenden Namensvetter unserer Heimatstadt etwas genauer an. Sowohl landschaftlich, als auch vom Wetter fühlten wir uns heute wirklich sehr an Schleswig-Holstein erinnert, zumal uns auch auf der gesamten Strecke überall deutsche Familiennamen begegneten. Im Point Beach SF nördlich von Two Rivers fanden wir einen wunderschön im herbstlich verfärbten Wald gelegenen Campingplatz am Ufer des Lake Michigan. Die Ausmaße dieses Sees sind so gigantisch, daß wir uns bei einem Spaziergang eher an den Strand von Nord- oder Ostsee versetzt fühlten. Starke Brandung und herrlicher Sandstrand müssen im Sommer für ein wahres Badeparadies sorgen, aber uns hat auch der regnerische Herbstspaziergang sehr gut gefallen. Ich bin nach einer eher schlaflosen Nacht und langem Überlegen heute zu dem Entschluß gekommen nicht nach Deutschland zu fliegen, da ich glaube, mit meinem kurzfristigen Erscheinen mehr Aufregung und Unruhe zu schaffen als hilfreich sein zu können. Wir sind aber zur Zeit in Gedanken mehr in Deutschland bei meiner Mutter und meinem Vater als in den USA und das wird wohl auch noch eine zeitlang so bleiben.  

Bevor wir den Point Beach SF am nächsten Morgen wieder verließen, gingen wir noch einmal an den Strand des Michigan Lake und sahen uns auch das Rawley Point Lighthouse an. Die Küstenwache unterhält seit 1853 an dieser Stelle einen Leuchtturm und der heutige Stahlturm steht seit 1894. Das Leuchtffeuer befindet sich etwa 35 m oberhalb der Wasseroberfläche und reicht über 30 km auf den See hinaus. Über Kewaunee und Green Bay fuhren wir nach Wausau, wo wir im Marathon Park, eine Art Stadtpark, die einzigen Camper waren. Bei einem Blick in unseren Campingführer haben wir heute festgestellt, daß viele Campingplätze im Norden Michigans schon geschlossen haben, so daß wir unsere geplante Route gegebenenfalls an verfügbare Plätze anpassen müssen. Da auch die Wettervorhersage nicht sehr viel gutes verspricht, werden wir vielleicht auch auf Teile des Nordostens verzichten und uns in wärmere und trocknere Gefilde begeben.

Nachdem wir unsere Vorräte aufgefüllt hatten, verließen wir Wausau auf dem Hwy 51 in nördlicher Richtung. In Merrill bogen wir auf den Hwy 107 ab, der dem Flußlauf des Wisconsin River bis nach Tomahawk folgt und zu den schönsten Straßen im gesamten Tal des Wisconsin River gehört. Leider sind wir für den Indian Summer etwas zu spät dran, die Bäume haben ihre Blätter schon weitestgehend verloren und von der herbstlichen Farbenpracht sind nur noch Reste vorhanden. Mit Rhinelander erreichten wir das riesige Seengebiet, das sich im Norden von Wisconsin und bis nach Michigan hinein erstreckt und für eine Ansammlung von über 230 Seen in einem Umkreis von nur 19 km um die Stadt sorgt. Durch dieses Seengebiet kamen wir in den nördlichen Teil Michigans, der Upper Peninsula genannt wird. Diese Halbinsel liegt zwischen Lake Huron und Lake Michigan im Süden und dem Lake Superior im Norden. Im Norden dieser Halbinsel reicht die Keweenaw Peninsula 90 km weit in den Lake Superior hinein. Keweenaw war von der Mitte des 19. Jahrhunderts bis zu den 30er Jahren die Hochburg des boomenden Kupferbergbaus auf der Upper Peninsula, und Überreste jener Ära finden sich so gut wie überall. Der Hwy 41 führte uns durch dieses ehemalige Kupferabbaugebiet Michigans, wo in der 1931 stillgelegten Quincy Mine in Hancock der größte jemals gebaute dampfkraftbetriebene Lastenaufzug zu besichtigen ist. Er förderte mit einer Geschwindigkeit von 975 m in der Minute bis zu 10 Tonnen Erz aus einer Tiefe von 2.000 m. Die Straße endet in Copper Harbor, der nördlichsten Siedlung Michigans, die sich nach dem Ende der Kupferförderung zu einem attraktiven Erholungsort entwickelt hat. Der letzte Abschnitt der Strecke, den wir auf dem Hwy 26 zurücklegten, verläuft sehr reizvoll am Ufer des Lake Superior entlang durch den zusehensd kahler werdenden Herbstwald. In Copper Harbor hatte der Campingplatz wirklich noch geöffnet und so hatten wir einen Stellplatz mit Stromanschluß und mußten unsere Batterie durch das Heizungsgebläse nicht über Gebühr strapazieren. Die Temperaturen sinken jetzt abends schon immer sehr schnell ab und liegen auch nur noch knapp über dem Gefrierpunkt, tagsüber erreichen sie Werte zwischen 5° und 10° Celsius. Da es heute aber größtenteils Trocken war und morgen sogar die Sonne scheinen soll, empfinden wir die Kälte im Moment noch nicht als unangenehm.

Da die Passagierfähre von Copper Harbor zum Isle Royale NP, einer gut 70 km langen Insel, die durch über 250 km Wanderwege erschlossen ist, ihren Verkehr bereits eingestellt hatte, blieb uns nur der Fort Wilkins SP vor den Toren der Stadt. Das Fort wurde im Jahre 1844 errichtet, um die Ordnung unter den Minenarbeitern aufrechtzuerhalten und Indianerüberfälle, zu denen es aber nie kam, abzuwehren. Leider waren die sehr gut erhaltenen Gebäude des Forts geschlossen, so daß wir uns mit einem Blick von außen begnügen mußten. Über Nebenstraßen fuhren wir immer am Ufer des Lake Superior entlang bis zu einem Aussichtspunkt oberhalb der durch den Portage Lake getrennten Städte Hancock und Houghton. Wir verließen die Keweenaw Peninsula und wunderten uns einmal mehr über die einsame und unberührte Landschaft, die nur von gelegentlichen schläfrig und verträumt wirkenden Ortschaften unterbrochen wird. Vorbei an den sagenumwogenen Huron Mountains und durch die wasserreiche Region um den Lake Michigamme, ein Gewirr von Seen und Sümpfen, erreichten wir Marquette, wo wir uns in einem Michigan Welcome Center Informationsmaterial beschafften und uns einen Campingplatz suchten. Zu Hause fand heute die Trauerfeier für meinen Vater statt und meine Mutter hat damit jetzt erst einmal das schlimmste überstanden. Es ist schon ein seltsames Gefühl alles nur aus der Entfernung mitzuerleben ohne irgend etwas tun zu können, aber es läßt sich im Moment nicht ändern, wir müssen alle irgendwie damit fertig werden.

Da auch die in Munising beginnenden Bootstouren entlang der 60 km langen, teilweise durch Mineralien gefärbten felsigen Steilküste der Pictured Rocks NLS bereits nicht mehr angeboten wurden, folgten wir dem Hwy 28 weiter in östlicher Richtung. In Seney, das in den 1890ern, als die Holzfällerei in einem Großteil der Upper Peninsula die wichtigste Einkommensquelle darstellte, als die rüdeste und verkommenste Stadt in ganz Nord-Michigan galt, aßen wir eine Cornish Pasty. Diese mit Rindfleisch, Kartoffeln, Kohlrabi, gelben Rüben und Zwiebeln gefüllten Teigtaschen sind so etwas wie das Nationalgericht der Upper Peninsula und haben auch uns sehr gut geschmeckt. So gestärkt waren wir für den Besuch des Tahquamenon Falls SP, der über die Nebenstraße #123 zu erreichen ist, bestens gerüstet. Die Upper Tahquamenon Falls stürzen sich zwar nur knapp 15 m tief über eine Sandsteinklippe, werden aufgrund ihrer Breite aber auch die "kleinen Niagarafälle" genannt. Etwas weiter flußabwärts muß der Tahquamenon River dann noch die kaskadenartigen Lower Tahquamenon Falls überwinden, ehe er seinen Weg zum Lake Superior fortsetzen kann. Von hier aus fuhren wir weiter bis nach Sault Ste. Mary, die mit ihrer gleichnamigen kanadischen Schwesterstadt am Ufer des St. Mary´s River liegt. Der Fluß bildet die Grenze zwischen den USA und Kanada und verbindet den Lake Superior mit dem Lake Huron. Das Wasser des Lake Superior stürzt über breite Stromschnellen in den 6,5 m tiefer gelegenen Lake Huron. Zur Überwindung dieses Höhenunterschiedes zwischen den beiden Seen sind die Soo Locks (Schleusen) angelegt worden, die im Sommer von rund 100 Schiffen täglich passiert werden. Wir nutzten unsere zeitige Ankunft auf dem Campingplatz zum Wäschewaschen und zu einem ruhigen Abend, nachdem wir in den letzten Tagen immer erst recht spät auf den Plätzen angekommen waren.

Am nächsten Morgen machten wir einen kleinen Abstecher auf die kanadische Seite des St. Mary´s River. Die gebührenpflichtige International Bridge führte uns in luftiger Höhe über die Soo Locks nach Ontario. Vom kanadischen Sault Ste. Mary folgten wir dem TCH etwa 15 km in westlicher Richtung bis nach Heyden. Hier betreibt der ehemalige Hamburger Oskar Mahlmann eine Kanufabrikation, die am heutigen Sonntag allerdings geschlossen hatte. Zurück auf der amerikanischen Seite erreichten wir über die I-75 die Mackinac Bridge, mit fast 6 km eine der längsten Hängebrücken der Welt, die seit 1957 die Lower und Upper Peninsula Michigans miteinander verbindet. Bis zu diesem Zeitpunkt waren Fähren über die Straits of Mackinac, die schmale Verbindung zwischen Lake Michigan und Lake Huron, die einzige Verbindung zwischen den beiden Teilen des Bundesstaates. Im Traverse City SP, etwa 5 km nördlich der gleichnamigen Stadt, fanden wir einen Stellplatz für die Nacht.

Nach dem Ausschlafen begrüßte uns der Tag mit strahlend blauem Himmel und Sonnenschein, d.h. wir erlebten heute unseren ersten richtig schönen Tag im Gebiet der Großen Seen. Zum Wetterglück kam noch eine weitere Überraschung: Das Herbstlaub hat sich in diesem Teil Michigans noch besser gehalten als auf der Upper Peninsula, so daß wir den Indian Summer doch noch zu sehen bekamen. Über die Kirschenstadt Traverse City, in deren Region ein Drittel der Weltsauerkirschenproduktion geerntet wird, erreichten wir die Sleeping Bear Dunes NLS. Dieses Schutzgebiet umfaßt über 50 km Sanddünen an der Küste des Lake Michigan. Die Dünen verdanken ihre Entstehung der letzten Eiszeit: Inlandsgletscher schoben sich von Kanada südwärts in dieses Gebiet und hoben dabei die breiten und tiefen Becken der Großen Seen aus. Als die Gletscher schmolzen, hinterließen sie große Mengen von Sand und steinigem Material und schufen so die hügelige Landschaft des heutigen Parkgebietes. Die vorherrschenden westlichen Winde, die über den Lake Michigan wehen, bauten aus diesem Material die Dünenlandschaft auf. An den niedrig gelegenen, flach auslaufenden Küstenstreifen entstanden ganz normale Stranddünen. In den hügeligen Regionen bildeten sich aufsitzende Dünen auf dem Kamm der Hügelkette. Diese Dünen, die Sleeping Bear Dune ist ein Beispiel dafür, ragen heute als Steilküste bis in eine Höhe von 140 m über dem Lake Michigan auf. Nach einer Legende der in dieser Gegend lebenden Ojibwa-Indianer stellt sich die Entstehungsgeschichte der Dünen jedoch ganz anders dar: "Vor langer Zeit, in einem Land, das wir heute Wisconsin nennen, wurde eine Bärin mit ihren zwei Jungen von einem Waldbrand in den Lake Michigan getrieben. Sie schwammen und schwammen und bald wurden die zwei kleinen Bären müde und blieben weit zurück. Die Bärin erreichte schließlich das gegenüberliegende Ufer und kletterte den Steilhang hinauf, um auf ihre Kinder zu warten und sie im Auge zu behalten. Darüber schlief sie ein und wurde vom Dünensand bedeckt. Ihre beiden Jungen schafften den Weg zum rettenden Ufer nicht und wurden in die beiden vorgelagerten Manitou-Inseln verwandelt." Wir begannen unseren Besuch am Dune Climb, wo wir auf die 140 m hohe Sleeping Bear Dune hinaufkletterten und für unsere Anstregungen mit einem herrlichen Blick über die Dünen, den Glen Lake und den Lake Michigan belohnt wurden. Als nächstes nahmen wir den 11,4 km langen Pierce Stocking Scenic Drive in Angriff. Jener Pierce Stocking kam als Holzfäller in diese Gegend und war von der Dünenlandschaft fasziniert. Er wollte diese Naturschöhnheit mit anderen teilen und kam auf die Idee, die Dünen durch eine Straße zu erschließen. 1967 wurde diese Straße eröffnet und erhielt nach seinem Tode seinen Namen. Sie führte uns durch den wunderschönen Herbstwald zu verschiedenen Aussichtspunkten über den Glen Lake, die Dünen und den Lake Michigan. Über den Hwy 22 verließen wir den Park und fuhren auf dem Hwy 31 immer an der Küste entlang gen Süden. Im Charles Mears SP in der Nähe von Pentwater fanden wir einen schönen Campingplatz direkt am Ufer des Lake Michigan.

Zum Ausgleich für das herrliche Wetter von gestern hat es heute fast den ganzen Tag geregnet. Unser Besuch der kleinen, 1847 von holländischen Religionsflüchtlingen gegründeten Stadt Holland viel buchstäblich ins Wasser. Die Fahrt durch die Siedlung mit dem niederländischen Charakter, von der Windmühle bis zur Holzschuhfabrik ist alles vorhanden, wurde zudem durch diverse baustellenbedingte Umleitungen und Straßensperren zu einer kleinen Irrfahrt. Ohne weitere Unterbrechungen fuhren wir auf dem Hwy 31 in südlicher Richtung bis zur gebührenpflichtigen I-90 im Norden Indianas. Diese Straße soll uns als roter Faden zu unserem nächsten großen Ziel, den Niagara Fällen führen.

Wir fuhren am nächsten Morgen jedoch nicht gleich auf die Interstate zurück sondern machten einen kleinen Abstecher in die Northern Indiana Amish Country. Schon auf dem Weg zu unserem ersten Ziel, dem Deutsch Käse Haus vielen uns die vielen schwarzen Pferdewagen der Amish People auf. Das Deutsch Käse Haus ist eine von Amischen unterhaltene Käsefabrik, in der auf traditionelle Art und Weise die Milch von amischen Farmern aus dem nördlichen Indiana und südlichen Michigan zu Käse verarbeitet wird. Aufgrund ihres strengen Glaubens nutzen diese Farmer keine Elektrizität, Melkmaschinen oder Kühlagregate. Die Kühe werden handgemolken und die Milch in 40 l Kannen im Wasserbad gekühlt. Am nächsten Tag wird die Milch an das Deutsch Käse Haus geliefert, dort sofort gekühlt und pasteurisiert und ohne synthetische oder chemische Zusatzstoffe weiterverarbeitet. Leider konnten wir nicht bei der Herstellung zusehen, da hier heute nicht gearbeitet wurde, aber es gab viele leckere Käsesorten zum Probieren und wir haben uns mit einem kleinen Vorrat eingedeckt. Von der Käsefabrik fuhren wir weiter nach Shipshewana, dem Zentrum der Amish Country. Hier gibt es gleich zwei Sehenswürdigkeiten, den Shipshewana Flea Market and Auction und den Menno-Hof. Wir begannen mit dem Flohmarkt und der Auktion, die seit 1922 jeden Dienstag und Mittwoch stattfinden. Da der Flohmarkt, der in den Sommermonaten über 1.000 Stände umfaßt, sich aufgrund der kalten Jahreszeit auf einige wenige Obst- und Gemüsestände beschränkte, sahen wir uns im Auktionshaus um. In dieser etwa 1.500 m² großen Halle boten mehrere Auktionatoren gleichzeitig, jeweils über Mikrofon verstärkt, ihre Waren an. Jeder einzelne wäre schon schwer zu verstehen gewesen, da aber alle gleichzeitig redeten, herrschte ein unglaubliches Stimmengewirr und dieses Treiben zu beobachten war wirklich ein Erlebnis. Auf den Besuch der in einem anderen Gebäude stattfindenden Viehauktion haben wir verzichtet und uns auf den Weg zum Menno-Hof gemacht. Der Menno-Hof wurde von 1986-1988 unter Mitwirkung zahlreicher freiwilliger Helfer aller drei Gruppierungen der Wiedertäufer, der Mennoniten, der Hutterer und der Amischen erbaut und dient der Erläuterung des geschichtlichen Hintergrundes und Werdeganges dieser Religionsgemeinschaften. Die Bewegung der Wiedertäufer begann 1525 in Zürich, als ein Flügel der Reformbewegung Zwinglis. Sie praktizierten die Erwachsenentaufe und forderten die Trennung von Staat und Kirche, wofür sie sowohl von der katholischen als auch von der protestantischen Kirche als Ketzer und Verräter gnadenlos verfolgt wurden. Bereits 1528 spaltete sich die Gruppe der Hutterer, so benannt nach Jacob Hutter, einem ihrer Führer, von der allgemeinen Wiedertäuferbewegung ab. Die Hutterer praktizieren bis heute das Leben in der Gemeinschaft bis hin zum gemeinschaftlichen Besitz allen Eigentums. Die größte Gruppe der Wiedertäufer, die Mennoniten, verdanken ihren Namen dem katholischen Priester Menno Simons, der sich 1536 ihrer Bewegung anschloß und zu ihren einflußreichsten Führer wurde. Die Gemeinschaft fand trotz der radikalen Verfolgung durch die Staatskirchen immer mehr Anhänger und spaltete sich 1693 erneut auf. Unter der Führung Jacob Ammanns bildete sich eine Gruppe, die der Hauptrichtung der Mennoniten vorwarf sich ihrer Umwelt zu sehr anzupassen und die religiöse Disziplin zu vernachlässigen. Die Amischen verzichten bis heute auf viele moderne Annehmlichkeiten wie Autos, Radios, Fernsehgeräte und lehnen sogar die Nutzung von Telefonen und Elektrizität in ihren Häusern ab. Viele Anhänger der Wiedertäuferbewegung haben sich im 18. Jahrhundert aufgrund der religiösen Verfolgung in Europa in Nordamerika niedergelassen und Amish People leben heute fast ausschließlich im Nordosten Nordamerikas, während die beiden anderen Richtungen, besonders die Mennoniten weiter verbreitet sind. Die multimediale Ausstellung des Menno-Hofes vermittelt einen Einblick in die Geschichte und Grundsätze dieser religiösen Gemeinschaften ohne, auch nicht andeutungsweise, Religionswerbung zu betreiben. Wir fanden es sehr interessant etwas über diese Glaubensrichtungen zu erfahren und können den Besuch des Menno-Hofes nur empfehlen. Bevor wir die Amish Country über den Hwy 20 wieder verließen, besuchten wir in Lagrange noch die Süßwarenfabrik Plyley´s Candies. In Ohio fuhren wir dann wieder auf die I-90, die hier als James W. Shocknessy Ohio Turnpike ebenfalls gebührenpflichtig ist. In Port Clinton, das auf der Marblehead Peninsula, einer schmalen Landzunge zwischen der Sandusky Bay und dem Lake Erie liegt, fanden wir einen der wenigen noch geöffneten Campingplätze. Für heute Nacht sind die ersten Fröste angesagt und wir rechnen jetzt auch jeden Tag mit dem ersten Schnee.

Über eine Brücke, die die Marblehead Peninsula mit dem Festland verbindet, erreichten wir das Südufer der Sandusky Bay. Von hier aus folgten wir der küstennahen Straße #6 in Richtung Cleveland. Der Verlauf dieser Straße war allerdings etwas enttäuschend, da fast der gesamte Küstenstreifen des Lake Erie in Privatbesitz ist und man nicht direkt an der Küste entlang fahren konnte. An einem der wenigen öffentlichen Zugänge zum See machten wir einen kurzen Spaziergang am sturmgepeitschten Ufer, das uns einmal mehr an Nord- oder Ostsee erinnerte. Trotz der durch den Wind beißenden Kälte war das Wetter heute mit Sonnenschein und blauem Himmel sehr schön. In Cleveland fuhren wir wieder auf die I-90, durchquerten den zu Pennsylvania gehörenden Küstenabschnitt des Lake Erie und erreichten schließlich den Bundesstaat New York. Hier verließen wir die Interstate und fanden etwas landeinwärts am Ufer des Chautauqua Lake einen schön gelegenen Campingplatz. Leider sind wir hier so abgelegen, daß wir von dem heute abend stattfindenden Halloween-Rummel nichts mitbekommen. Allerdings sind wir schon die letzten Tage immer wieder an mit Kürbissen, Gespenstern und Skeletten geschmückten Vorgärten vorbeigefahren. Wir haben schon einige Amerikaner gefragt, wie dieser Brauch entstanden ist, aber keiner konnte uns den Ursprung von Halloween erklären. Es gibt Halloween-Parties und verkleidete Kinder ziehen von Tür zu Tür und spielem jeden, der sie nicht mit Süßigkeiten besticht, einen Streich. Die nötige Ausstattung für diesen Abend in Form von allen möglichen Kostümen und grauslichen Masken ist schon Wochen vor dem 31. Oktober in allen Läden zu finden und auch wir haben seit einiger Zeit einen beleuchteten Kürbis aus Kunststoff im Wohnmobil stehen.

Wir blieben in der Halloween-Nacht von bösen Geistern, Gespenstern und Monstern verschont, wurden dafür am nächsten Morgen aber mit Schnee begrüßt, d.h. der Winter hat uns endgültig eingeholt. Vom Chautauqua Lake fuhren wir auf die Küstenstraße #5, die auch Seaway Trail genannt wird. Auch hier ist das Seeufer weitestgehend zugebaut und es boten sich nur wenige Blicke über den Lake Erie und auf die Skyline von Buffalo, der zweitgrößten Stadt des Staates New York. Zwischenzeitlich war der Schnee in Regen und Hagel übergegangen und wir beschränkten unseren Besuch von Buffalo auf die einzige echte und zum Glück überdachte Sehenswürdigkeit der Stadt, die Albright-Knox Art Gallery. Das etwas bescheiden als Art Gallery bezeichnete Kunstmuseum Buffalos geniest internationales Ansehen und kann ohne weiteres mit den ganz großen Museen seiner Art konkurrieren. Die Sammlung umfaßt Werke vom 17. Jahrhundert bis zur Neuzeit und Künstler von Van Gogh, Chagall, Picasso und Dali bis hin zu Warhol, um nur einige wenige zu nennen. Von Buffalo erreichten wir über die I-190 den Ort Niagara Falls, der im Gegensatz zu seiner kanadischen Namensschwester keine reine Tourismus- sondern auch noch Industriestadt ist. Wir suchten uns einen Campingplatz und verschoben den Besuch der Fälle, mit der Hoffnung auf besseres Wetter, auf den nächsten Tag.

Unsere Hoffnungen wurden nicht enttäuscht, es war zwar am nächsten morgen auch bitterkalt aber der gelegentliche Schneefall wurde immer wieder durch sonnige Abschnitte unterbrochen. Wir fuhren an den Niagara River und sahen uns die Fälle zunächst von der amerikanischen Seite aus an. Die Niagara Fälle sind weder die höchsten, noch die schönsten des amerikanischen Kontinents. Aber die kolossalen Wassermengen, die auf der rund 1 km breiten gemeinsamen Kammlinie der kanadischen und amerikanischen Fälle über 50 m tief hinabstürzen, haben nirgendwo ihresgleichen. Es war der Jesuitenpater Louis Hennepin, der die Fälle 1678 entdeckte. Der Name "Niagara" soll von dem Irokesenwort "Onyakarra", was so viel bedeutet wie "donnernde Wasser", herrühren. Zu seiner Zeit donnerte noch mehr als doppelt so viel Wasser in die Tiefe als heute. Durch den Bau der seinerzeit größten Wasserkraftwerke der Welt wurde 1963 die ursprüngliche Gewalt des Niagara Rivers tageszeitabhängig um bis zu 75% reduziert. Unterirdische Kanäle entnehmen dem den Lake Erie und Lake Ontario verbindenden Fluß einige Kilometer oberhalb der Fälle bis zu 4.500 m³ pro Sekunde. Aus riesigen Auffangbecken beiderseits des Niagara schießt das Wasser ein Stück flußabwärts durch die 2,5 Megawatt leistenden Turbinen der Kraftwerke zurück in das 107 m tiefer liegende Flußbett. Tagsüber verbleibt ein Minimum von rund 3.000 m³ pro Sekunde für die Fälle, davon über 90% für die Horseshoe Falls der kanadischen Seite. Von der zu den USA gehörenden Goat Island wird der Niagara River in zwei Arme geteilt. Das Ende des rechten Armes bilden die 323 m breiten American Falls, das Ende des linken die 670 m breiten Canadian oder Horseshoe Falls, deren Fallhöhe im Durchschnitt 54 m beträgt. Trotz des relativ gesehen geringeren Wasseranteils sind auch die American Falls sehr beeindruckend. Vom Prospect Point und dem Observation Tower mit seiner in den Fallkessel hinausragenden Aussichtsplattform hatten wir einen herrlichen Blick auf die American Falls und die durch die kleine Luna Island abgeteilten Bridal Veil Falls. Da die Maid of the Mist Boote, die an den Fuß der Fälle heranfahren, ihren Betrieb saisonbedingt bereits eingestellt hatten, verließen wir den Prospect Point und fuhren zur Goat Island. Am Terrapin Point erlebten wir dann ein einmaliges Naturschauspiel, das uns für das kalte Wetter entschädigte, denn diesen Witterungsbedingungen war es zu verdanken, daß die Bäume, Büsche und Gräser an diesem Aussichtspunkt mit einer Eisschicht überzogen waren. Der Sprühnebel der Fälle war auf den Pflanzen niedergegangen und hatte sie mit einem schönen Eispanzer versehen. Der Terrapin Point selbst ermöglichte uns dann einen ersten Blick auf die im Vergleich zu den American Falls noch gewaltigeren Horseshoe Falls. Wir verließen dann Goat Island und die USA indem wir über die Rainbow Bridge auf die kanadische Seite des Niagara River hinüberfuhren. Eine Promenade mit zahlreichen Aussichtspunkten ermöglicht phantastische Blicke auf beide Fälle und auf dem Table Rock steht man direkt an der Fallkante der Horseshoe Falls. Von hier aus ist auch eine geführte Tour hinter die Fälle möglich, aber uns war auch ohne diese kalte Dusche schon kalt genug. Alles in allem bietet die kanadische Seite erheblich schönere Aussichten auf die Niagara Fälle und man sollte sich diese Eindrücke nicht entgehen lassen und bei knapper Zeit lieber auf die amerikanische Seite verzichten. In dem touristisch doch sehr überfrachteten Ort Niagara Falls auf kanadischer Seite suchten wir uns einen Campingplatz. Nachdem wir unsere Wäsche gewaschen und zu Abend gegessen hatten, fuhren wir noch einmal zu den Fällen zurück. Jeden Abend nach Sonnenuntergang werden die Fälle in verschiedensten Farbschattierungen angestrahlt und dieses farbenfrohe Spektakel wollten wir uns auf keinen Fall entgehen lassen. Bereits 1860 wurde die erste Illumination der Fälle durchgeführt, damals noch mit Hilfe von Bengalischem Feuer. Heute sorgt eine riesige Beleuchtungsanlage mit der Leuchtkraft von über 4 Milliarden Kerzen für eine vollständige Ausleuchtung dieser gigantischen Wassermassen. Wer die Niagara Fälle in den Sommermonaten besucht, sollte sich die Illumination möglichst an einem Freitag ansehen, denn dann beschließt ein Feuerwerk über den Fällen die farbenfrohe nächtliche Beleuchtungsaktion. Nachdem wir uns dieses Farbenspiel eine Stunde lang angesehen hatten, fuhren wir völlig durchgefroren zum Campingplatz zurück.

Am nächsten Morgen fuhren wir bei herrlichem, aber kaltem Wetter zum Skylon Tower, dem höchsten Aussichtsturm am Ufer des Niagara River. Die "yellow bug" genannten, verglasten Fahrstühle bringen die Besucher in 52 Sekunden zum auf 160 m Höhe gelegenen Observation Deck. Von dieser Aussichtsplattform, 236 m oberhalb des Niagara River, hatten wir einen atemberaubenden Blick auf die American und Horseshoe Falls und der Blick reichte sogar bis zu den Skylines von Buffalo und Toronto. Vom Skylon Tower aus fuhren wir auf dem Niagara Parkway, den Winston Churchill einmal als "The prettiest Sunday afternoon drive in the world!" bezeichnet hat, immer am Niagara River entlang nach Norden. Über den Whirlpool, ein großes Becken in einer Biegeung des Flußes und die Floral Clock, einem aus 15.000 Pflanzen bestehenden Nachbau der Blumenuhr in Edinburgh erreichten wir schließlich das kleine Städtchen Niagara-on-the-Lake am Ufer des Lake Ontario. Die Stadt ist ein Touristenort mit der typischen Atmosphäre einer Kleinstadt aus dem 19. Jahrhundert, die aber immerhin von 1791 bis 1796 die erste Hauptstadt von Upper Canada war. Wir schlenderten durch die hübsch restaurierte Queen Street, die Hauptstraße des Ortes und machten uns dann auf den Rückweg. Die Fahrt entlang des Niagara Parkway hat uns sehr gut gefallen, nicht nur wegen der Ausblicke auf den Fluß, sondern auch aufgrund der vielen gepflegten Häuser, Obstplantagen und Weingärten am Straßenrand. In der Reif Estate Winery nutzten wir die Gelegenheit zu einer kleinen Weinprobe und dem Kauf zweier Flaschen des edlen Tropfens. Auf dem Campingplatz verlebten wir dann einen gemütlichen Abend und genossen einen der Reif´schen Weine.

Auf dem Queen Elizabeth Way (QEW) fuhren wir über die Niagara Peninsula und am Ufer des Lake Ontario entlang in Richtung Toronto. Die 40 km breite und 80 km lange Niagara Halbinsel trennt den Lake Ontario vom Lake Erie und ist wegen ihres milden Klimas die wichtigste Obstanbauregion Kanadas. Pfirsiche, Aprikosen, Kirschen und Wein gedeihen hier prächtig. Der QEW brachte uns bis ins Zentrum der mit 3,9 Millionen Einwohnern größten Stadt Kanadas und Hauptstadt der Provinz Ontario. Das heutige Toronto steht an der Stelle eines alten Versammlungsplatzes der Huronen, die diese Region für einige Äxte und Decken an die Weißen verkauften. Nach den kriegerischen Auseinandersetzungen mit den USA erhielt der aufstrebende Ort 1834 den Namen Toronto, was in der Sprache der Huronen "Treffpunkt" bedeutet. Toronto ist heute die am schnellsten wachsende Großstadt Kanadas und steht in jeder Beziehung an erster Stelle - finanziell, industriell und kulturell. Es ist eine Weltstadt, in der sich Bankwesen, Industrie und Kultur die Waage halten. Ein Fünftel aller Waren, die in Kanada produziert werden stammen aus Toronto und sein Hafen ist der wichtigste im kanadischen Teil der Großen Seen. Wir parkten unser Wohnmobil an der Harbourfront , wo aus alten Lagerhäusern und Fabriken ein riesiges Unterhaltungs-, Einkaufs- und Restaurantzentrum entstanden ist, im dem auch Hotels und Büros untergebracht sind. Von den Promenaden dieses Viertels hat man einen schönen Blick auf die Skyline der Stadt, die vom CN Tower, dem mit 553 m höchsten freistehenden Gebäude der Welt beherrscht wird. In nur 58 Sekunden brachte uns der verglaste Außenfahrstuhl mit einer Geschwindigkeit von 22 km/h zur mittleren Aussichtsplattform auf 346 m Höhe. Mit einem weiteren Fahrstuhl ging es dann zum vollständig verglasten Space Deck nocheinmal über 100 m höher. Von dieser 447 m hohen Plattform hatten wir einen phantastischen Überblick über die Stadt und den Lake Ontario. Zu Füßen des Turmes steht ein weiteres architektonisches Meisterwerk der Stadt, der 1989 fertiggestellte Skydome, ein über 50.000 Sitze umfassendes Stadion, dessen 9.000 Tonnen schweres Dach nach Belieben in nur 20 Minuten vollständig geöffnet oder geschlossen werden kann. Nach einem kurzen Spaziergang durch die Stadt inklusive Mittagessen in einem der zahlreichen unterirdischen Food Courts, gingen wir zum Auto zurück und verließen die Stadt. Wir hatten in unserem Campingführer schon gesehen, daß die Campingplätze auf unserem weiteren Weg fast alle geschlossen haben, aber ich hatte gehofft, daß es an der Küstenstraße #2 noch offene Plätze gibt. Leider war dem nicht so und wir haben uns in Cobourg durch den Hintereingang auf einen eigentlich schon geschlossenen Campingplatz gemogelt. Dabei waren wir aber wohl beobachtet worden und zwei Bedienstete der Stadt wollten uns vertreiben. Es gelang mir jedoch sie davon zu überzeugen, daß wir für diese eine Nacht hier stehen dürfen. Aufgrund dieses Erfahrung haben wir noch einmal genauer in unseren Campingführer geschaut und festgestellt, daß auf unserer geplanten Tour über Montreal und die Neuenglandstaaten kaum noch ein offener Campingplatz zu finden ist. Wir haben daraufhin unsere Pläne geändert und werden morgen Kanada wieder verlassen und unsere Reise in südlicher Richtung, mit Hauptziel New York City fortsetzen.

Wir folgten dem Hwy 2, der leider weitestgehend fernab der Küste des Lake Ontario verläuft, bis nach Kingston. Hier tauschten wir in einer Bank unsere restlichen Canada-Dollar und Travellercheques in US-Dollar um und kehrten dann etwas östlich der Stadt über zwei gebührenpflichtige Brücken in die USA zurück. Diese Brücken überqueren den mächtigen St. Lawrence River im Bereich der Thousand Islands, wo mehr als 1.700 teilweise bewohnte Inseln eine herrliche Flußlandschaft schaffen. Leider war das regnerische Wetter nicht für einen Aufenthalt geeignet und wir hatten außerdem noch etliche Kilometer bis zum nächsten offenen Campingplatz in Mexico, an der Südostecke des Lake Ontario vor uns. Dies wird also unsere letzte Nacht im Einflußbereich der Großen Seen, morgen geht es dann endgültig in südliche Richtung, in wärmere Gefilde mit geöffneten Campingplätzen. Es ist schon schade, daß aus unserer Tour durch die Neuenglandstaaten nichts mehr wird, aber wir hatten auch keine Lust auf Motels auszuweichen und wildes campen bei Nachtfrost und ohne die gesicherte Möglichkeit das Frischwasser aufzufüllen und die Abwässer zu entsorgen ist auch nicht unser Ding. So haben wir mit dem Nordosten Kanadas und der USA ein Reiseziel für einen oder mehrere Urlaube ausgespart.

Mit einer Übernachtung in Roscoe erreichten wir innerhalb von zwei reinen Fahr-Tagen die Stadtgrenzen von New York City. Wir blieben auf der Westseite des Hudson River, im Bundesstaat New Jersey, wo wir mit dem New Yorker RV Park & Campground in North Bergen (Tel.: 1-800-688-5080) eine optimale, allerdings auch kostspielige Ausgangsbasis für die Erkundung New Yorks gefunden hatten. Für einen ersten Überblick und zur Einstimmung auf den Big Apple haben wir für morgen eine Stadtrundfahrt gebucht, die die Hauptsehenswürdigkeit dieser Weltstadt einschließt. Obwohl die Insel Manhattan mit nur 59 km² nur einen winzigen Teil des 785 km² umfassenden Stadtgebietes von New York City ausmacht, wird sie oft mit der gesamten Stadt identifiziert. Wer New York sagt, meint Manhattan, wer nach New York reist hält sich nahezu ausschließlich in Manhattan auf, denn alles, was man landläufig mit New York assoziiert, liegt in Manhattan: Empire State Building, World Trade Center, Central Park, Metropolitan Opera, Broadway ... . Liebe oder Haß - New York kennt keine Zwischentöne. Aber auch diejenigen, die sich für die Liebe entschieden haben, müssen nicht zwangsläufig die Augen vor ihren negativen Seiten verschließen. So sind wohl auch die Beinamen New Yorks wie "wunderbare Katastrophe", "schönes Desaster" oder "Stadt der Städte" entstanden. Die Stadt selbst entstand als Handelsstützpunkt der niederländischen Ostindien-Kompanie mit dem Namen Nieuw Amsterdam. 1626 kaufte Peter Minuit, Gouverneur dieser Siedlung, den Manhatto-Indianern mit Glasperlen, Knöpfen und ähnlichem Tand im Wert von ca. 24 Dollar ab. 1664 übernahmen die Engländer die Siedlung und benannten sie nach dem Herzog von York, New York. Während des Unabhängigkeitskrieges (1776-1783) war die Stadt von britischen Truppen besetzt, ab 1785 war sie für 5 Jahre Hauptstadt der neu gegründeten Vereinigten Staaten von Amerika. Die Einwohnerzahl stieg nun stetig an und erhöhte sich mit den großen Einwandererwellen im 19. Jahrhundert dramatisch. Räumlich wuchs die Stadt in dieser Zeit so stark, daß 1898 New York City mit den fünf Stadtteilen Manhattan, dem ursprünglichen New York, Brooklyn, Bronx, Queens und Staten Island geschaffen wurde. Heute leben in New York City 7,3 Millionen Menschen, 1,5 Millionen davon in Manhattan, wo die Bevölkerungsdichte mit über 26.000 Einwohnern pro Quadratkilometer am größten ist. Allerdings ist der Großraum von New York ein Ballungsgebiet mit über 18 Millionen Menschen und allen Problemen, die eine solche Metropole mit sich bringt: Obdachlose, Kriminalität, Drogenprobleme und Rassenkonflikte. Die soziale Diskrepanz in New York ist immens: Hier leben die Reichsten der Reichen und die Allerärmsten, wobei für die Mittelschicht, die keinem der beiden Extreme angehört, bald kein Platz mehr sein wird. Je größer New Yorks Bedeutung als internationales Finanz- und Dienstleistungszentrum wird, je mehr Stellen in Kleinfabriken verlorengehen, desto unausweichlicher ist der Weg zu Zwei-Klassen-Gesellschaft vorprogrammiert. Ein Viertel aller New Yorker und zwei Fünftel der Kinder der Stadt leben bereits unterhalb der Armutsgrenze. Wir sind sehr gespannt wie New York mit all seinen Gegensätzen auf uns wirken wird und ob wir es lieben oder hassen werden.

Um 8.30 Uhr holte uns der Bus vom Campingplatz ab und dank der speziellen Busspur kamen wir trotz der morgentlichen Rush-Hour recht schnell durch den Lincoln Tunnel nach Manhattan. Jeden Werktag kommen 3,5 Millionen Pendler nach Manhattan, fast 1 Million Autos strömen über die Brücken und durch die Tunnel auf die Insel und sorgen für ein tägliches Verkehrschaos. Nachdem unsere Führerin zugestiegen war, ging es dann so richtig los. Wir umrundeten den Central Park, der mit 340 ha doppelt so groß ist wie das Fürstentum Monaco. Dabei passierten wir viele der berühmten Museen und exklusiven Appartmenthäuser New Yorks und unternahmen im zum Stadtteil Harlem gehörenden nördlichen Teil des Parks einen kurzen Spaziergang. Über die Fifth Avenue, in der der Trump Tower, Tiffany, St. Patrick´s Cathedral und Rockefeller Center zu finden sind, erreichten wir das Empire State Building, eines der berühmtesten und bekanntesten Bauwerke der Welt. Dieser 1931 fertiggestellte, 443 m hohe Wolkenkratzer besitzt zwei Aussichtsplattformen, eine im 86. Stock auf 320 m Höhe und eine weitere im 102. Stock auf 381 m Höhe. Leider erlaubte das regnerisch-trübe Wetter keinen besonderen Weitblick und die Außenplattform im 86. Stock war aufgrund des Sturmes geschlossen. Trotzdem war der Blick auf die Skyline Manhattans sehr beeindruckend und wir haben beschlossen, bei besserem Wetter noch einmal wiederzukommen. Vorbei an den Theatern des Broadway fuhren wir durch Grennwich Village, SoHo und Chinatown bis zur Downtown Mannhattan, der äußersten Südspitze der Insel. Hier befindet sich nicht nur die City Hall, das World Trade Center und die Trinity Church, sondern auch der berühmte Financial District mit der Wall Street. Am Battery Park, wo die Fähren nach Ellis, Liberty und Staten Island ablegen, endete unsere Tour und wir waren aufgrund des Wetters froh, daß wir den Besuch Freiheitsstatue nicht mit gebucht hatten. Wir fuhren mit dem Bus zum Campingplatz zurück und ruhten uns ein wenig aus. Freunde haben uns heute die Ergebnisse ihrer Auto-Nachforschungen zum Campingplatz gefaxt und wir haben das Vorhaben in den USA ein Auto zu kaufen jetzt aufgegeben. Der amerikanische Preisvorteil wird durch die Verschiffungs-, Verzollungs-,Versteuerungs- und Umrüstungskosten weitestgehend aufgehoben und Unterschiede zwischen den europäischen und amerikanischen Fahrzeugen würden die spätere Ersatzteilbeschaffung erheblich erschweren. Einzig die deutschen Hersteller bieten identische Fahrzeuge an, die aber nicht zu unseren Modell- oder Preisvorstellungen passen. So werden wir also versuchen unser Wohnmobil zu verkaufen und unseren "Haushalt" per Luftfracht nach Deutschland schaffen.  

Nach dem Ausschlafen fuhren wir mit dem Bus vom Campingplatz zum Port Authority Bus Terminal, dem Hauptbusbahnhof New Yorks. Von hier aus machten wir uns auf den Weg zu Macy´s, einem der berühmtesten und größten Kaufhäuser der Welt, wo die Bandbreite von Pariser Modellen bis zum preiswerten Sonderangebot reicht. Macy´s liegt im sogenannten Garment District, dem Zentrum der Modeindustrie. Die Betriebe zogen Anfang des Jahrhunderts von der Lower East Side hierher und noch heute kommen aus dem Garment District drei Viertel aller in Amerika hergestellten Kinder- und Damenbekleidungsartikel. Am Fuße des Empire State Building erreichten wir die Fifth Avenue, die Hauptachse Mahattans und in weiten Teilen noch immer eine der nobelsten Adressen New Yorks. Hier befindet sich die New York Public Library, ein bombastisches, 1911 aus weißem Marmor errichtetes Beaux-Arts-Gebäude, das über 9 Millionen Bücher enthält. In der zur Bücherei gehörenden Gottesman Hall finden wechselnde Ausstellungen zu verschiedenen Themen statt. Vorbei am Rockefeller Center und der St. Patrick´s Cathedral erreichten wir den Trump Tower, mit dem sich der Immobilienhai und Multimillionär Donald Trump1984 ein Denkmal gesetzt hat. Außen schlichtes schwarzes Glas, innen eine Orgie aus Gold und Marmor. Vom Atrium aus öffnet sich der Blick auf einen sechzig Meter hohen Wasserfall vor einer lachsfarbenen Marmorwand, auf gleißende Rolltreppen, goldene Schaufenster, goldene Lifte, Glas und Spiegel, die den Kitsch unendlich vervielfachen. Die Geschäfte hier sind vom Feinsten und Teuersten, die Jahresmieten liegen in Millionenhöhe und wer oberhalb des Geschäftsbereiches wohnen oder sein Büro haben will, muß ebenfalls in der Lage sein, siebenstellige Summen hinzublättern. Direkt neben dem Trump Tower steht das berühmte Tiffany, in dem für hochkarätige Schmuckartikel ebenfalls viel Geld bezahlt werden muß. An der Südostecke des Central Parks steht das Plaza Hotel, ein 1907 im Stil eines französischen Château erbautes Luxushotel. Gegenüber liegt das Spielwarengeschäft F.A.O Schwarz, ein riesiger Laden, der jedoch am heutigen Samstag Nachmittag dermaßen überfüllt war, daß wir ihn gleich wieder verlassen haben. Den Abschluß unseren heutigen Stadtbummels bildete ein Besuch bei Bloomingdale´s, nicht nur das feinste Kaufhaus, sondern Teil des Mythos New Yorks. Das perfekt organisierte und inszenierte Konsumparadies, das sich über sieben Stockwerke erstreckt, führt alles, vom feinsten natürlich. Von "Bloomies", wie es die New Yorker nennen, fuhren wir mit dem Bus zum Campingplatz zurück, wobei wir leider im Bus Terminal eine Stunde auf unseren Anschlußbus warten mußten.

Da wir auch am nächsten Tag noch einmal ausschlafen wollten, haben wir uns nur einen Programmpunkt vorgenommen, das American Museum of Natural History. Das größte naturhistorische Museum der Welt bietet in 40 Ausstellungshallen auf einer Fläche von 50.000 m² faszinierende Exponate zu den Themen Naturgeschichte, Anthropologie und Ethnologie. Eine Vielzahl von der jeweiligen Umwelt her verblüffend echt nachgebildete Dioramen vermitteln einen phantastischen Einblick in die nordamerikanische, afrikanische und asiatische Tier- und Pflanzenwelt. Beeindruckend ist auch die paläontologische und prähistorische Sammlung mit zahlreichen Dinosaurierskeletten sowie die Ocean Life Halle mit der lebensgroßen Nachbildung eines Blauwales. Weitere Ausstellungen informieren über das Leben pazifischer, asiatischer und afrikanischer Völker und zeigen neben gewaltigen Meteoriten auch Edelsteine und Mineralien. Nach dreieinhalb Stunden im Museum waren wir nicht mehr aufnahmefähig und fuhren mit dem Bus zum Campingplatz zurück.

Diesmal nahmen wir einen frühen Bus in die Stadt und fuhren dann mit der U-Bahn zum World Trade Center, das wir bereits kurz vor 10 Uhr, bei herrlichem Wetter erreichten. Bei seiner Eröffnung im Jahre 1973 waren die 420 m hohen Zwillingstürme das höchste Gebäude der Welt. Von diesem Platz sind sie zwar jetzt verdrängt, aber sie überragen immer noch die Skyline Manhattans und bilden immer noch eine Superlative: Eine Plaza von 20.000 m², die größte geschlossene Einkaufszone New Yorks, 208 Aufzüge, 50.000 Arbeitsplätze und durchschnittlich 80.000 Besucher täglich. Architektonisch haben die beiden 110 Stockwerke oder 420 m hohen Monolithen zwar nicht viel zu bieten, sind aber schon allein durch ihre Größe faszinierend. Während man im nördlichen Turm vom im 107. Stock gelegenen Nobelrestaurant "Windows on the World" den Ausblick genießen kann, bietet der Südturm auf gleicher Höhe, die man mit dem Lift in nur 58 Sekunden erreicht, eine verglaste Aussichtsterrasse. Noch besser ist der Blick allerdings von der Dachterrasse oberhalb des 110. Stockwerkes. Der Blick reicht weit über Manhattan, Brooklyn, Queens, Jersey City, Hudson und East River, die Upper New York Bay mit Liberty, Ellis und Governors Island bis hin zur Verrazano-Narrows Bridge, jener eleganten Hängebrücke, die Staten Island und Brooklyn miteinander verbindet. Auf der großen Plaza zwischen den Türmen sahen wir uns die Skulptur von F. König an, die die Erde symbolisiert. Zu Fuß erreichten wir den Battery Park an der Südspitze Manhattans, wo wir eine der Fähren bestiegen, die uns zur Liberty Island mit der Freiheitsstatue und nach Ellis Island brachte. Die Überfahrt zur Liberty Island dauert 20 Minuten und bietet grandiose Ausblicke auf die Skyline Manhattans und die Freiheitsstatue. Die 46 m hohe Statue, ursprünglich hieß sie "Statue of Liberty Enlightening the World", kam als Geschenk nach Amerika, gestiftet von Frankreich, das damit seine Begeisterung für die Amerikanische Revolution ausdrücken wollte. Die Franzosen sahen in der Unabhängigskeitsbewegung "die Vollendung der Französischen Revolution jenseits des Atlantiks". Initiator der Aktion war der Rechtswissenschaftler Edouard de Laboulaye, ausgeführt wurde die Arbeit vom Bildhauer Frédéric Auguste Bartholdi, Gustave Eiffel konstruierte das Gerüst im Inneren. In Stücke zerlegt und in 200 Kisten verpackt, trat die Dame ihre Reise über den Atlantik an und fuhr 1885 in den Hafen von New York ein. Ein Jahr später hatten die New Yorker die Bedingung der Franzosen erfüllt und mit Hilfe von privaten Spendengeldern ein würdiges Podest für die Freiheitsstatue geschaffen. Am 28. Oktober 1886 wurde die Freiheitsstatue im Rahmen eines großen Festaktes enthüllt. Und dann geschah etwas Seltsames: vielleicht hing es mit ihrem Standort zusammen, so exponiert im Hafenbecken, so hoch über dem Ozean und den Masten der Schiffe, vielleicht mit der Pose, dem wie zum Gruß erhobenen Arm, jedenfalls dauerte es nur wenige Jahre bis der ursprüngliche Bedeutungsgehalt der Figur vergessen war. Was von den Franzosen als Symbol der Völkerfreundschaft und der gemeinsamen Freiheitsliebe gedacht war, wurde bald nur noch als Inkarnation der Freiheit amerikanischer Prägung gesehen, als Markenzeichen des Einwanderungsstaates. Aus der "Freiheit, die die Welt erleuchtet" wurde die "Mutter der Emigranten", die Einwanderer aus aller Welt mit den in den Sockel eingemeißelten Worten begrüßte: "Bring mir Deine Müden, Deine Armen, Deine geduckten Massen, die sich nach Freiheit sehnen, den elenden Abfall Deiner überfüllten Küsten, schick sie mir, die Heimatlosen vom Sturm Gebeugten. Ich erhebe mein Licht neben der goldenen Pforte!" Über 16 Millionen Menschen zogen wischen 1892 und 1954 durch dieses offene Tor; ihnen ist ein Museum, das Statue of Liberty Museum im 1. Stock des Sockels der Freiheitsstatue gewidmet. Wir begnügten uns jedoch mit einem Blick von außen auf das Statue of Liberty NM, da der Menschenandrang zum Aufstieg in die Krone ein 1 1/2-stündiges Anstehen in der Schlange erfordert hätte. Von der Freiheitsstatue fuhren wir mit der Fähre nach Ellis Island, einer kleinen Insel, auf der die Einwanderungswilligen bis in alle Einzelheiten befragt und untersucht wurden. Die "Müden und Armen" sahen dieser Inspektion mit Schrecken entgegen, denn die Realität war ganz anders, als es das lyrische Versprechen im Sockkel der Statue weismachen will. Gesetze, die je nach dem Ansturm und der politischen Situation im Lande verändert wurden, verwehrten Schwächlichen, Kranken, politisch nicht Genehmen und völlig Mittellosen den Zutritt in das Land der Freien. Wer die Prüfung nicht bestand, wurde auf der Insel festgehalten und mit dem nächsten Schiff zurückgeschickt. Mehrere Tausende der Verzweifelten begingen Selbstmord, hatten sie doch ihr letztes Hab und Gut für die Überfahrt ausgegeben. Ellis Island NM symbolisiert Amerikas Erbe als Einwanderungsland. Von 1892 bis 1954 hat das Auffanglager für Einwanderer die größte Einwanderungswelle in der Geschichte des Landes bewältigt. Über 12 Millionen Menschen sind hier angekommen, ihre Nachfahren machen heute fast 40 % der amerikanischen Bevölkerung aus. Als Ellis Island am 01. Januar 1892 eröffnet wurde, leutete das eine neue Epoche der Einwanderung ein. Die Regierung schuf eigens eine neue Behörde, um die Rekordzahlen an Einwanderern, die Ende des 19. Jahrhunderts eintrafen, abzufertigen. Mehr als 70 % von ihnen landeten in New York. Passagiere der ersten und zweiten Klasse wurden an Bord der Schiffe abgefertigt, Passagiere der dritten Klasse und des Zwischendecks jedoch wurden mit der Fähre nach Ellis Island gebracht, wo sie sich im Hauptgebäude Untersuchungen und Überprüfungen unterziehen mußten. In Spitzenzeiten wurden auf Ellis Island bis zu 5000 Menschen pro Tag überprüft, befragt und weitergeleitet. Für die große Mehrheit dauerte die Abfertigung zwischen drei und fünf Stunden. Für andere bedeutete ein längerer Aufenthalt zusätzliche Tests und für die Unglücklichen, die zu den 2 Prozent derer gehörten, die abgewiesen wurden, bedeutete dies die Rückkehr nach Hause. Der Film des National Park Service "Island of Hope, Island of Tears" führt dem Besucher die erfüllten Träume aber auch die menschlichen Tragödien der Einwanderer der damaligen Zeit vor Augen. Im Ellis Island Einwanderungsmuseum erzählen mehr als dreißig Säle voller Exponate die Geschichte des Auffanglagers und der Neuankömmlinge. Besonders beeindruckend ist die riesige Abfertigungshalle, in der die Einwanderungswilligen auf die Entscheidung ihres Schicksals warten mußten. Per Fähre erreichen wir wieder den Battery Park und fuhren von dort aus mit U-Bahn und Bus zum Campingplatz zurück. Nach dem Abendessen haben wir uns in unserem Motorhome zwei Stunden mit dem Ehepaar aus Südafrika unterhalten, die noch kein Fahrzeug gefunden haben und jetzt mittels einer Fahrzeugüberführung zu Freunden nach Florida fahren. Es ist immer wieder faszinierend mit anderen Reisenden ins Gespräch zu kommen und Erfahrungen auszutauschen. Diese zufälligen Bekanntschaften sind für uns immer etwas ganz Besonderes und bereichern die Reise ungemein.

Auch am nächsten Morgen war wieder wunderschönes aber sehr kaltes Wetter und wir machten uns auf den Weg zum Empire State Building. Diesmal war die Außenplattform in 86. Stock geöffnet und wir genossen von 320 m Höhe einen phantastischen Blick auf New York. Die Aussicht ist von hier aus fast noch schöner als vom World Trade Center, obwohl man 100 m niedriger steht. Vom Empire State Building fuhren wir mit dem Bus in die Chinatown, dem riesigen chinesischen Viertel der Stadt. Hier leben 70.000-80.000 Menschen auf engstem Raum und ihre Zahl nimmt ständig weiter zu. In letzter Zeit haben sich besonders viele Hongkong-Chinesen, die die ungewisse Zukunft ihrer Heimat nach dessen Rückgabe 1997 an China fürchten, in New York eine neue Existenz aufgebaut. Das Leben in Chinatown spielt sich nach eigenen Gesetzen ab. In den engen Straßen zwischen all den Verkaufsständen, auf denen sich Früchte und Gemüse, Fische, Krabben und Muscheln türmen und unter den vielen chinesisch sprechenden Menschen, viele von ihnen können gar kein Englisch, fühlt man sich wie auf einem anderen Kontinent. Nachdem wir in einem der zahlreichen kleinen Restaurants hervorragend gegessen hatten, machten wir uns zu Fuß auf den Weg in nördlicher Richtung. Wir folgten dem Broadway durch die Ausläufer von Soho und Greenwich Village bis nach Chelsea. Hier habe ich in verschiedenen Fotogeschäften nach einigem Zubehör für meine Ausrüstung gesucht und bin auch fündig geworden. Die Preise für Fotoartikel sind hier unglaublich günstig, liegen zum Teil 50% unter denen in Deutschland. Erst gegen 19.30 Uhr waren wir wieder auf dem Campingplatz, fast 11 Stunden waren wir unterwegs.

Nach dem langen gestrigen Tag wollten wir heute etwas kürzer treten und beschränkten unser Programm auf den Financial District und die Brooklyn Bridge. Die Trinity Church, eine 1846 fertiggestellte Kirche im neogotischen Stil, bildet den Abschluß der Wall Street zum Broadway. Lange Zeit war sie das höchste Gebäude der Stadt, wird aber heute von den Wolkenkratzern des Finanzdistriktes fast erdrückt. Der Bau, in dem die Börse untergebracht ist, liegt an der Ecke Wall Street und Broad Street und wirkt von außen wie ein Tempel. Von einer Besuchergalerie aus kann man das Treiben in der Börse verfolgen. Es stehen Info-Phone bereit, mit deren Hilfe sich wenigstens ein bißchen Ordnungin das hektische Gerenne und Geschrei bringen läßt. Es ist vor allem die Börse, die den Namen der Wall Street zum Synonym für die Hochfinanz der USA hat werden lassen. Schräg gegenüber der New York Stock Exchange liegt die Federal Hall, ein prächtiger klassizistischer Bau, vor dem eine Statue von George Washington daran erinnert, daß er 1789 hier als erster Präsident der Vereinigten Staaten vereidigt wurde. New York war damals die Hauptstadt des jungen Staates, allerdings nur für kurze Zeit. Über den Broadway erreichten wir den City Hall Park, eine Grünfläche, die das 1812 fertiggestellte Rathaus umgibt. Die 1956 von Grund auf renovierte City Hall gehört zu den schönsten historischen Bauwerken der Vereinigten Staaten. In unmittelbarer Nachbarschaft stehen mit dem Woolworth Building, dem vermeindlich schönsten kommerziellen Gebäude der Welt und dem Municipal Building zwei weitere architektonisch reizvolle Gebäude. Vom City Hall Park gingen wir auf die 1883 fertiggestellte Brooklyn Bridge, die älteste Brücke der Stadt. Sie war 20 Jahre lang die größte Hängebrücke der Welt und galt als technisches Meisterwerk. Von der Brücke aus hatten wir einen phantastischen Blick durch die Stahltrossen der Brücke auf die Skyline Manhattans. Auf dem Rückweg zum Campingplatz suchten wir noch einmal einige Fotohändler auf, waren aber dennoch recht zeitig wieder zurück.

Da es am nächsten Tag wieder einmal bedeckt war, entschlossen wir uns dem Wetter im Metropolitan Museum of Art ein Schnäppchen zu schlagen. Dieses Museum ist eines der größten und bedeutendsten Kunstmuseen der Welt. Seine Sammlungen enthalten über zwei Millionen Kunstwerke, von denen jeweils einige hunderttausend ständig ausgestellt sind. Insgesamt repräsentieren die Bestände des Museums mehr als 5.000 Jahre Weltkultur von der Antike bis zur Gegenwart. Das Metropolitan Museum of Art wurde im Jahre 1870 von einer Gruppevon Mäzenen, Künstlern und prominenten Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens gegründet. Zehn Jahre später zog es in das heutige Gebäude am Ostrand des Central Park und wurde seitdem ständig erweitert, um Platz für die umfangreichen Sammlungen zu schaffen. Die Sammlungen sind in siebzehn Abteilungen gegliedert und uns blieb nichts weiter übrig als Schwerpunkte zu setzen. Wir entschieden uns für die ägyptische Kunstsammlung, die als eine der größten und schönsten ihrer Art außerhalb Ägyptens gilt. Sie umfaßt Denkmäler altägyptischer Kultur und Kunst von der vorgeschichtlichen Zeit (3.100 v. Chr.) bis zur Byzantinischen Zeit (8. Jahrhundert n. Chr.). Viele Kunstwerke und Objekte stammen aus Ausgrabungen, die das Museum während dreißig Jahren in Ägypten durchgeführt hat. Das Prachtstück dieser Sammlung ist der Tempel von Dendur, ein Geschenk Ägyptens an die USA, der durch den Transport nach New York vor der Überflutung durch den Bau des Assuan-Staudamms gerettet wurde. Allein in dieser Abteilung hätten wir Tage verbringen können, aber wir wollten auch von einigen anderen Abteilungen zumindestens noch einen kleinen Eindruck bekommen. So haben wir uns in den Abteilungen für Europäische Malerei und Afrikanische Kunst noch etwas intensiver umgesehen, aber auch viele Bereiche nur oberflächlich oder gar nicht gesehen. Nach gut drei Stunden verließen wir das Museum und shlenderten am Central Park entlang in südlicher Richtung. Kurze Abstecher führten uns in die Lobby des mondänen Plaza Hotels, das Spielwarenparadies F.A.O. Schwarz, sowie das Sony und IBM Building. Unser Versuch Karten für die Show "Christmas spectacular" in der Radio City Music Hall zu bekommen schlug leider fehl, da alle Vorstellungen in den nächsten Tagen bereits ausverkauft waren. Stattdessen haben wir uns dann vom Campingplatz aus telefonisch Karten für das Broadway-Musical "Miss Saigon" reserviert. Wir sind jetzt schon seit einer Woche in New York, waren jeden Tag unterwegs und haben uns die Stadt "erlaufen". Die Zeit ist wie im Flug vergangen und wir haben immer noch einige Programmpunkte offen. New York gefällt uns sehr gut und wir sind uns jetzt schon sicher, daß wir nicht zum letzten Mal hierher gekommen sind.

Unseren letzten richtigen Besichtigungstag in New York begannen wir direkt am Port Authority Terminal in der 42. Straße. Da das International Center of Photography seine Tore erst um 11 Uhr öffnet und wir nicht eine Stunde warten wollten, änderten wir unsere Pläne und gingen die 42. Straße entlang. Erster Blickfang war das Grand Central Terminal. Der 1913 fertiggestellte Bahnhof ist ein Prachtexemplar der Beaux-Arts-Architektur. Auch wenn er heute nur noch für den Nahverkehr genutzt wird, Grand Central gehört nach wie vor zu den größten Bahnhöfen der Welt. Auf zwei Ebenen unterhalb der riesigen Bahnhofshalle liegen die Bahnsteige und 67 Schienenstränge, auf denen täglich fast 600 Züge ein- und ausfahren. Nur einen Block weiter östlich steht das Chrysler Building, dessen eigenwilliger Turm mit seiner stahlverkleideten Bogenpyramide zu den künstlerischen Höhepunkten der Skyline New Yorks gehört. Mit diesem Gebäude wollte sich der Autohersteller Walter P. Chrysler ein Denkmal setzen; es war bei seiner Fertigstellung 1930 mit 319 m das höchste Gebäude in New York, mußte diese Ehre aber wenige Monate später an das Empire State Building abtreten. Die Lobby gilt als Meisterwerk des Art déco, besonders schön sind die mit großartigen Intarsien verzierten 18 Fahrstuhltüren. Am Ende der 42. Straße liegt der aus vier Gebäuden bestehende UN-Komplex, die United Nations Headquarters. Das Gelände der Vereinten Nationen ist Exterritoriales Gebiet und die Vertreter der mehr als 150 Mitgliedsstaaten genießen besondere Rechte. Von hier aus fuhren wir mit dem Bus nach Greenwich Village, einem Stadtteil der sich über die Jahre seinen dörflichen Charakter erhalten hat. Besonders westlich der Sixth Avenue ist Greenwich Village noch nicht so kommerzialisiert und wir spazierten durch die kleinen Straßen und Gassen mit niedrigen Häusern, die meisten davon aus dem 19. Jahrhundert, hübschen Portalen, begrünten Vorgärten und Bäumen. Zwar haben viele Künstler ihr ehemaliges Viertel bereits verlassen und Boutiquen, Restaurants, Cafés und Souvenirläden sind eingezogen, aber trotzdem hat Greenwich Village ein ganz besonderes Flair. An der Nordseite des Washington Square, dem Zentrum des Village, stehen noch einige elegante Häuser aus der frühen Zeit, als in Greenwich Village die Sommerhäuser der reichen New Yorker standen. Hinter diesen Häusern befindet sich die kleine Kopfsteinpflasterstraße Mac Dougal Alley, wo die ehemalige Stallungen der Reichen in hübsche Wohnhäuser verwandelt wurden. Mit U-Bahn und Bus ging es dann wieder zurück zum Campingplatz.

Für unseren letzten Tag in New York hatten wir nur zwei Programmpunkte: Nach einem leichten Frühstück fuhren wir zur Chinatown, wo wir dann wieder köstlich zu Mittag gegessen haben. Danach ging es per U-Bahn zum Broadway. Im Broadway Theatre lagen die telefonisch reservierten Tickets für uns bereit und wir erlebten mit "Miss Saigon" ein wirklich phantastisches Musical als krönenden Abschluß unseres New York Aufenthaltes. New York hat so viel zu bieten, daß die zehn Tage, die wir jetzt hier waren schon fast ein Minimalprogramm darstellen. Wir haben in dieser Zeit New York oder besser gesagt Manhattan, ein wenig kennen und lieben gelernt. Bei weiteren Besuchen, die es sicherlich geben wird, können wir uns nach dem groben Überblick, den wir jetzt gewonnen haben, gezielt auf einige Teilbereiche dieser "wunderbaren Katastrophe" konzentrieren.

Auf der I-95, die in New Jersey als Turnpike gebührenpflichtig ist, erreichten wir über Philadelphia, die Nordspitze des Bundesstaates Delaware und Baltimore die Stadtgrenze von Washington, D.C., der Hauptstadt der USA. Auch hier fanden wir wieder einen Campingplatz, der es uns ermöglicht die Stadt mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erkunden. Auf dem Gelände des Cherry Hill Parks (1-800-801-6449) befindet sich eine Bushaltestelle, die die Anbindung an das vorbildliche Metrosystem der Stadt sicherstellt. Der Ursprung der Hauptstadt der Vereinigten Staaten ist ausgesprochen ungewöhnlich: Washington, D. C. wurde eigens gegründet, um als Hauptstadt der USA zu dienen. Hintergrund dafür war Uneinigkeit darüber, welche der bereits existierenden Städte die Hauptstadtfunktion nach der Unabhängigkeit von 1776 übernehmen könnte. Der Kongreß tagte zunächst mal hier, mal dort, und beschloß endlich, Regierung und Parlament einen eigenen Federal District zuzuweisen, in dessen Grenzen alle notwendigen Einrichtungen entstehen sollten. Dieser Bundesdistrikt sollte nicht Teil des Staatensystems sein und nur dem Präsidenten und dem Kongreß unterstehen. Ein Quadrat von insgeamt 10 Meilen Kantenlänge, dessen vier Ecken nach den vier Himmelsrichtungen ausgerichtet sind, wurde dafür von den Bundesstaaten Virginia und Maryland beidseitig des Potomac River zur Verfügung gestellt. Das Gelände erhielt die Bezeichnung District of Columbia nach einer im Potomac gelegenen Insel. 1791 erhielt der Pionierhauptmann und Architekt Pierre Charles L´Enfant, der im Unabhängigkeitskrieg unter George Washingtons gekämpft hatte, den Auftrag, einen Plan für die neue Hauptstadt zu entwerfen. 1793 legte George Washington den Grundstein für die in großartigen Dimensionen geplante Stadt. 1800 ließen sich die ersten Regierungsbehörden in Washington nieder und Präsident Adams bezog das neue Weiße Haus. In der Folgezeit lief Washington mehrmals Gefahr, wieder aufgegeben zu werden. Nachdem die Briten die noch im Entstehen begriffene Hauptstadt 1814 niedergebrannt hatten, fehlt lange der rechte Enthusiasmus für den Wiederaufbau und die Weiterentwicklung. Erst der Bürgerkrieg 1861-65 brachte neue Impulse zur danach raschen Expansion. Als 1887 der von L´Enfant entworfene Stadtplan wiedergefunden wurde, waren viele Gebäude und Straßenzüge entstanden, die aus der Sicht dieses Planes störende Elemente waren. Anläßlich des 100-jährigen Bestehens Washingtons entsann man sich im Jahre 1900 seiner Entwürfe und korrigierte die störendsten seiner inzwischen eingetretenen Abweichungen. Washington wurde nun nach und nach zu der schönen, an eindrucksvollen Bauten und Anlagen reichen Stadt, wie man sie heute kennt. Eine Stadt im rechtlichen Sinne wurde Washington erst 1974. Bis dahin verwalteten es Beamte, die vom Präsidenten und vom Kongreß ernannt wurden. Heute erfreut es sich im wesentlichen der üblichen kommunalen Selbstverwaltung. Bis 1961 hatten die Bürger von Washington außerdem keine Möglichkeit, an den Präsidentschaftswahlen teilzunehmen. Heute stellt Washington einen nicht stimmberechtigten Kongreßabgeordneten aber keine Senatoren. Die Stadt ist Mittelpunkt einer Metropolitan Area mit 3,7 Millionen Einwohnern, die in die Staaten Maryland und Virginia hineinreicht. Da die Wettervorhersage für unseren ersten Tag nicht sehr vielversprechend war, verschoben wir die Besichtigung der Regierungsgebäude und Monumente und entschieden uns für einen Museumstag. Per Bus und U-Bahn fuhren wir in die Innenstadt und besuchten das United States Holocaust Memorial Museum südlich der National Mall, einer Parkanlage voller Museen und Monumente, die sich als Prachtmeile und Aushängeschild von Staat und Regierung vom Capitol Building bis zum Potomac River erstreckt. Dieses Museum ist eine Gedenkstätte für die Opfer des nationalsozialistischen Völkermordes. Es ist der Geschichte der Verfolgung und Ermordung von über 6 Millionen Juden und Millionen weiterer Opfer der Nazi-Tyrannei von 1933 bis 1945 gewidmet. James Ingo Freed baute diesen Erlebnisraum mit starken Anklängen an die Konzentrationslagerarchitektur. Die Besucher durchlaufen die Jahre der Vernichtung als Gang vom dritten Stock bis zu "Halle der Erinnerung" im ersten Stock, wo auch die Schicksale der Überlebenden dokumentiert werden. Originale oder originalgetreu rekonstruierte Artefakte, Foto-, Film- und Tondokumente machen den Besuch dieses Museums zu einem bewegenden und erschütternden Erlebnis. Das Museum wird seinem selbstgesteckten Ziel die Besucher über diese unvorstellbare Tragödie zu informieren, denen die leiden mußten zu gedenken und zum Nachdenken über die moralischen Bestandteile bürgerlicher Verantwortung anzuregen mehr als gerecht. Nach dem Besuch dieses Museums drängte sich uns die Frage auf, ob eine derartige Aufarbeitung des schrecklichsten Teiles der deutschen Vergangenheit nicht auch einen Platz in Deutschland finden könnte. Wir haben uns auch noch nach dem vierstündigen Museumsbesuch intensiv mit dem Thema Holocaust beschäftigt und sind nach einem kurzen Blick auf die National Mall mit Lincoln und Washington Memorial, Capitol und White House zum Campingplatz zurückgefahren.

Der nächste Morgen begrüßte uns mit blauem Himmel und wir konnten Washington bei herrlichem Wetter besichtigen. Wir begannen unsere Tour am Weißen Haus, wo wir uns etwa eine halbe Stunde in die Schlange der Wartenden einreihen mußten, ehe wir nach einer Sicherheitkontrolle in das Allerheiligste der amerikanischen Präsidialmacht vordringen konnten. Der Grundstein zum White House wurde 1792 gelegt. Die Engländer brannten das Gebäude 1814 nieder und als die rauchgeschwärzten Mauern später weiß gestrichen wurden hatte das Haus gleich einen Namen. Nach dem Wiederaufbau von 1817-18 gab es zahlreiche Um- und Erweiterungsbauten, die wichtigsten in der Zeit von 1948 bis 1952. Leider ist das filmen und photographieren innerhalb des Gebäudes nicht erlaubt, aber es ist ohnehin schon erstaunlich, daß der Amts- und Wohnsitz des Präsidenten für die Öffentlichkeit zugänglich ist. Wir bekamen einen kleinen Einblick in die für Staatsempfänge und Pressekonferenzen genutzten Räumlichkeiten. Den schönsten Blick auf das Weiße Haus hatten wir allerdings nicht auf dieser Tour, sondern von der Constitution Avenue aus. Von hier aus blickt man über die "The Ellipse" genannte gepflegte Parkanlage mit Brunnen und Skulpturen auf die Südfront des White House, wo sich auch das Büro des Präsidenten, das Oval Office befindet. Auf unserer weiteren Besichtigungstour hatten wir dann Glück, wir brauchten nur zehn Minuten auf die Fahrt zu Aussichtsplattform im Washington Monument zu warten. Dieser gut 169 m hohe Obelisk liegt im Zentrum der beiden Hauptachsen Washingtons, die vom White House im Norden, dem Thomas Jefferson Memorial im Süden, dem Lincoln Memorial im Westen und dem Capitol im Osten begrenzt werden. Er wurde zu Ehren George Washingtons von 1848 bis 1885 erbaut, wobei die Arbeiten zwischen 1853 und 1878 wegen Geldmangels ruhten. Die Fenster auf 152 m Höhe bieten einen phantastischen Blick über die Stadt, auf das Weiße Haus, das Capitol, das Jefferson und das Lincoln Memorial. Letzteres war auch unser nächstes Ziel. Der bombastische , dem griechischen Parthenon nachempfundene Marmortempel des Lincoln Memorial wurde von 1915 bis 1922 erbaut. Die 36 Säulen des Bauwerks erinnern daran, daß die USA beim Tode von Abraham Lincoln 1865 aus 36 Staaten bestanden. Hinter diesen Säulen blickt Abraham Lincoln, überlebensgroß und dezent beleuchtet, aus der hohen Warte des Präsidentenstuhls auf die Besucher herab. Die sehr lebensnah wirkende Skulptur wurde von Daniel Chester French geschaffen und besteht aus 28 Teilen. Die Wände des Hauptraumes schmücken Auszüge aus den Reden des ermordeten Bürgerkriegs-Präsidenten. Von der breiten Freitreppe überblickt man die gesamte National Mall bis hin zum Capitol Building. Wir gingen dann die gesamte Mall entlang bis zum etwa 4 km entfernten Capitol, das einen etwa 30 m hohen Hügel, den Capitol Hill, krönt. Das Gebäude wird von der 79 m hohen Kuppel beherrscht, auf der eine fast 6 m hohe Freiheitsstatue steht. Der 1826 fertiggestellte, später mehrfach erweiterte Bau ist zu einem weltweiten Symbol der Demokratie geworden. Das Capitol ist der Sitz des Kongresses, hier tagen der Senat und das Repräsentantenhaus. Der eindrucksvollste Innenraum ist die Great Rotunda, die einen Durchmesser von 29 m hat und unter der Kuppel fast 55 m hoch ist. Die Wände sind mit Gemälden zur Geschichte der USA geschmückt. Hier beendeten wir nach gut 6 Stunden ziemlich geschafft unseren Stadtrundgang und fuhren zum Campingplatz zurück. Nach diesen Anstrengungen tat das Bad im Whirlpool des Campingplatzes richtig gut.

Unser letzter Tag in Washington war wieder ein Museumstag. Wir begannen mit dem National Air and Space Museum, einem der meistbesuchten Museen der Welt. Das Luft- und Raumfahrtmuseum enthält originale Flugzeuge und Raumschiffe vom Doppeldecker "Kitty Hawk Flyer" der Gebrüder Wright über Lindberghs "Spirit of St. Louis" der Atlantik-Überquerung von 1927 bis zum Apollo-11-Raumschiff der ersten Mondlandung von 1969 und dem Skylab Weltraumlabor. Die riesigen Ausstellungshallen vermitteln einen eindrucksvollen Überblick über die flugtechnischen Spitzenleistungen und raumfahrttechnischen Entwicklungen von den ersten Flugmaschinen bis zur Neuzeit. Das Samuel P. Langley Theater und das Albert Einstein Planetarium bieten darüberhinaus zur Thematik des Museums passende Shows und Filme. Nach einer kurzen Erholungspause in der Caféteria des Museums machten wir uns auf den Weg zur National Portrait Gallery, die in dem schon für sich allein sehenswerten Old Patent Office Building. Die Portrait-Sammlung zeigt berühmte Amerikaner aus der Welt von Politik, Sport, Literatur, Bühne und Film, die einen wesentlichen Beitrag zur Geschichte, Entwicklung und Kultur des amerikanischen Volkes geleistet haben. Unser Interesse galt vor allem der Hall of Presidents, in der offizielle Portraits aller US-Präsidenten gezeigt werden. Da wir uns von den gestrigen Anstrengungen noch nicht vollständig erholt hatten, fuhren wir schon am frühen Nachmittag zum Campingplatz zurück. Nach einem ruhigen Nachmittag und abendlichen Bad im Spa sind wir hoffentlich wieder fit für die Weiterfahrt.

Der nächste Tag verlief dann leider etwas anders, als wir es uns vorgestellt hatten: Wir machten uns auf den Weg zum Shenandoah NP, konnten aber nicht in den Park hinein, da die Parkstraße, der Skyline Drive, wegen Eis und Schnee gesperrt war, was wir zunächst kaum glauben wollten. Doch dann fing es auch in den Niederungen an zu schneien und der Schnee blieb sogar liegen. Im immer stärker werdenden Schneegestöber umfuhren wir den Nationalpark und erreichten schließlich in der Nähe von Waynesboro, südlich des Parks, den einzigen Campingplatz der Gegend, der nach unserem Campingführer noch geöffnet hat. Der Schnee ging allmählich in Regen über und das einsetzende Tauwetter sorgte dafür, daß große Schneefladen von den Bäumen auf das Dach unseres Wohnmobiles prasselten. Hoffentlich hält das Tauwetter an, so daß wir unsere Fahrt gen Süden morgen ohne Probleme fortsetzen können.

Das Wetter hatte sich über Nacht tatsächlich beruhigt und wir konnten ohne Probleme in südöstlicher Richtung weiterfahren. Als wir die Ausläufer des Appalachen Gebirges hinter uns gelassen hatten, verschwand auch der letzte Schnee am Straßenrand und es wurde zusehends milder. Wir fuhren bis nach Williamsburg, das in dem Ruf steht, die bestrestaurierte amerikanische Stadt des 18. Jahrhunderts zu sein. Damit wir genügend Zeit haben den historischen Stadtkern zu erkunden, haben wir den Campingplatz am Ortsrand gleich für zwei Nächte reserviert.

Nach wenigen Kilomertern erreichten wir das gewaltige Visitor Center des Colonial NHP, zu dem neben Williamsburg auch noch die Jamestown NHS und das Yorktown Battlefield gehören. Neben einer kurzen Einführung in die Geschichte von Williamsburg werden im Visitor Center verschiedene Tickets für die Innenbesichtigung verschiedener Gebäude angeboten, die gleichzeitig die Benutzung des Shuttle Busses gestatten. Da uns die Tickets mit 25 bis 33 Dollar pro Person etwas zu teuer waren und man vom Visitor Center aus den historischen Stadtkern auch bequem zu Fuß erreichen kann, haben wir auf den Erwerb dieser Tickets verzichtet. Der Besuch der Altstadt, der altertümlichen Läden und öffentlichen Vorführungen ist nämlich auch ohne diese teuren Eintrittskarten möglich. Die Stadt entwickelte sich ab etwa 1633 aus der Ansiedlung Middle Plantation, die an einem von den ersten Siedlern quer über die Virginia Halbinsel hinweg zum Schutz gegen Indianer angelegten Wall entstanden war. Sie wurde 1699 unter dem Namen Williamsburg Hauptstadt der Kolonie Virginia. Bereits 1693 wurde das, auch heute noch bestehende College of William and Mary gegründet, das damit das zweitälteste College der USA ist. Zwischen 1699 und 1780 erlebte die Stadt ihre Blütezeit als politisches und kulturelles Zentrum von Virginia. Von ihr gingen wichtige Impulse für den Kampf der USA um die Unabhängkigkeit aus, mit deren Erlanggung allerdings der Niedergang Wlliamsburgs begann. 1780 trat Richmond als Hauptstadt an die Stelle von Williamsburg und der kleine Ort verlor dadurch völlig an Bedeutung, viele seiner Bauten verfielen. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts gab es in den USA keine andere Stadt mehr, in der das Kolonialzeitalter noch so sichtbar war wie in Williamsburg. Das brachte Wlliam A. R. Goodwin, den Pfarrer des Ortes, auf den Gedanken, den historischen Ort als Kolonialstadt zu restaurieren. Er konnte John D. Rockefeller Jr. von seiner Idee überzeugen und erhielt von diesem eine Spende von 60 Millionen Dollar zur Finanzierung seines Projektes. Nach dieser Ausgangsspende sind bislang über 200 Millionen in die Colonial Williamsbirg Society geflossen. Auf einer Fläche von etwa 1.600 m Länge und 800 m Breite sind bis heute rund um die Duke of Gloucester Street 88 Gebäude peinlich genau im Stil des 18. Jahrhunderts restauriert worden, 50 weitere wurden an ihrem ursprünglichen Standort originalgetreu wieder aufgebaut und die 45 historisch wichtigsten Gebäude wurden wieder originalgetreu eingerichtet. Rund 700 neuere Häuser wurden abgerissen, um den alten Stil der Stadt wiederherzustellen. Heute ist Williamsburg eine der eindrucksvollsten historischen Stätten der USA und zugleich das größte Freilichtmuseum im Stil des ausgehenden 18. Jahrhunderts, in dem nicht nur Bauten, Straßen, Gärten und Felder dem damaligen Zustand entsprechen, sondern auch nach den alten Methoden in nostalgischen Trachten gewerkelt und gehandelt wird. Wir schlenderte bei herrlichem Wetter die Duke of Gloucester Street entlang und sahen uns die schönen alten Bauten an, darunter den Governor´s Palace, das Wythe House, die Bruton Parish Church, das Magazine, das Court House, das Capitol und das Wren Building des College of William and Mary. Besonders gut haben uns die vielen Colonial Craft Shops entlang der Duke of Gloucester Street gefallen, in denen Handwerker in zeitgenössischen Kostümen und mit alten Werkzeugen das 18. Jahrhundert zu neuem Leben erwecken.

Am nächsten Morgen setzten wir unsere Fahrt in südlicher Richtung fort und erreichten, nachdem wir Norfolk, das Hauptquartier der amerikanischen Atlantikflotte passiert hatten, in Point Harbor die Zufahrt zu den Outer Banks. Diese über 200 km lange Kette schmaler Inseln und Nehrungen trennt den Albemarle Sound und den Pamlico Sound vom Atlantik. Die Outer Banks zogen die Menschen schon vor Jahrhunderten in ihren Bann. Lange bevor Kolumbus erstmals in der Neuen Welt Anker setzte, lebten auf den schmalen Inseln vor der Küste North Carolinas die Wokokon-Indianer vom Fischfang. Im 16. Jahrhundert kamen spanische Entdecker und englische Handelsschiffe manöverierten vorsichtig durch die Passagen zwischen den Inseln. Kaum ein Abschnitt der östlichen Küste Amerikas war bei den Seeleuten so gefürchtet. Da bei jedem Sturm riesige Sandmengen umgeschichtet werden, verändern sich die Outer Banks ständig. Die Durchgänge durch die Inselkette haben sich über die Jahrhunderte in einen riesigen Schiffsfriedhof verwandelt. Gefährlich waren aber auch die Piraten, die vor allen unter dem berühmt-berüchtigten Kapitän "Blackbeard" ihr Unwesen trieben, bis der gefürchtete Seeräuber 1718 in einer Schlacht gegen englische Truppen unterlag. Gleich am Anfang der Fahrt über die Outer Banks passierten wir bei Kill Devils Hills einen geschichtsträchtigen Ort. Hier zeugt das Wright Brothers NMem von den ersten Flugversuchen der Brüder Wilbur und Orville Wright, die am 17.12.1903 an dieser Stelle das Luftfahrtzeitalter einläuteten. Einige Kilometer südlich beginnt die Cape Hatteras NSS, die sich bis nach Ocracoke erstreckt, wo sie in die Cape Lookout NSS übergeht. Über die, das Oregon Inlet überspannende Herbert C. Bonner Bridge erreichten wir Hatteras Island, wo wir im Pea Island NWR einen kurzen Spaziergang unternahmen. Wir fuhren über den Hwy 12, die einzige Durchgangsstraße auf den Outer Banks, weiter bis nach Buxton, wo wir uns in der Nähe des Cape Hatteras einen Campingplatz suchten. Die Fahrt über die schmalen Inseln mit ihren Dünen hat uns ein wenig an die dänische Nordseeküste erinnert und als Küstenbewohner freuen wir uns mal wieder an einer Meeresküste zu sein. Damit haben wir außerdem die dritte Transkontinentalfahrt auf unserer bisherigen Reise absolviert.

Das Cape Hatteras Lighthouse ist mit knapp 64 m Höhe der höchste gemauerte Leuchtturm an der amerikanischen Atlantikküste und durch sein dekoratives Streifenmuster zudem sehr fotogen. Leider war der Aufstieg auf den 1870 fertiggestellten Turm saisonbedingt nicht mehr möglich, so daß wir uns mit der Außenansicht begnügen mußten. Bei einem kurzen Strandspaziergang in der Nähe des Leuchtturmes konnten wir Surfer und Brandungsangler bei ihren Aktivitäten beobachten. Vom Ort Hatteras aus brachte uns die kostenlose Fähre zur Ocracoke Island, die nur auf dem Seeweg zu erreichen ist. Die wilden Ponys, die auf der Insel zu finden sind, stammen vermutlich von spanischen Schiffen, die vor der Insel strandeten. Das historische Städtchen Ocracoke war einst das Hauptquartier des unter dem Namen "Blackbeard" bekannten Piraten Edward Teach und beherbergt heute mit dem nur knapp 23 m hohen Ocracoke Lighthouse von 1823 einen der ältesten noch in Betrieb befindlichen Leuchttürme der Atlantikküste. Von hier aus brachte uns eine weitere Fähre in 2¼ Stunden zur Cedar Island, die nicht mehr zu den Outer Banks zählt. Durch die ausgedehnte Marschlandschaft des Cedar Island NWR fuhren wir bis zu dem kleinen Ort Sealevel, wo wir uns einen Campingplatz suchten. Mit der zweiten Verlängerung unserer Aufenthaltsgenehmigung scheint es jetzt wohl doch Schwierigkeiten zu geben, denn bei Moturis in Kalifornien ist fünf Wochen nach unserer Antragstellung immer noch kein Bescheid eingegangen und unsere derzeitige Genehmigung läuft in einer Woche aus. Wir haben dann mehrfach versucht die Einwanderungsbehörde telefonisch zu erreichen, leider ohne Erfolg. Wir werden in den nächsten Tagen weiter versuchen dort jemanden zu erreichen, der uns erklären kann, wie der Stand der Dinge ist.

Es stellte sich dann heraus, das die Einwanderungsbehörde eine falsche Adresse auf die Unterlagen geschrieben hatte und diese damit nicht zustellbar waren. Leider hat man dann nicht noch einmal nachgeforscht, sondern die Sache einfach auf sich beruhen lassen. Immerhin hat mir telefonisch versichert sich umgehend darum zu kümmern und einen neuen Bescheid abzusenden. Es sei auch nicht so schlimm, wenn wir den neuen Bescheid nicht mehr vor Ablauf unserer bisherigen Genehmigung bekommen, wir müssen also nicht ausreisen und können unsere Reise wie geplant fortsetzen. Auf unserer heutigen Etappe kamen wir durch Beaufort, eine bereits 1709 gegründete Hafenstadt, die lange Zeit ein Zentrum der Walfangindustrie war. Viele Häuser aus dieser Blütezeit im 18. und 19. Jahrhundert sind sehr schön restauriert und erlauben ein kleinen Rückblick in die damalige Zeit. Von hier fuhren wir weiter bis an den Stadtrand von Wilmington, dem größten Seehafen North Carolinas, deren historischen Ortskern wir uns morgen ansehen wollen.

An der Waterfront, direkt am Ufer der tief eingeschnittenen Mündung des Cape Fear River, fanden wir einen Parkplatz und machten uns auf einen kleinen Rundgang durch das historische Stadtzentrum. Viele der alten Häuser sind mit Hinweistafeln versehen, aus denen Baujahr, Bauherr und Geschichte hervorgehen. Auf unseren Weg lagen Elisabeth Bridgers Mansion (1905), Edward Savage House (1851), Latimer House (1852), Parsley House (1857), Bailey House (1864) und das Catherine Kennedy Home, ein sehr schönes Haus neueren Datums, in dem sich ein Alterswohnsitz befindet. Auf dem Rückweg zu unserem Auto gingen wir ein Stück am Ufer des Cape Fear River entlang, von wo aus wir einen Blick auf die 1937 erbaute USS North Carolina werfen konnten. Sie war das größte amerikanische Schlachtschiff im Zweiten Weltkrieg und dient seit 1961 als Denkmal und Museum. Auf unserer Weiterfahrt verließen wir kurz hinter Wilmington die Küstenstraße #17 und fuhre über Nebenstraßen bis zum äußersten südöstlichen Zipfel von North Carolina. Die Orton Plantage, die wir auf dem Weg zur Küste eigentlich besuchen wollten, sollte pro Person 8 Dollar Eintritt kosten, wobei man dafür nur einen Spaziergang durch den Garten und einen Blick auf das Hauptgebäude bekommen hätte. Da uns das ziemlich überteuert erschien, haben wir auf den Besuch verzichtet und stattdessen in Caswell Beach einen schönen Strandspaziergang unternommen. Hier beginnt der "The Grand Strand" genannte Küstenstreifen, der sich mit herrlichen Sandstränden unter Pinien und Palmen bis nach Georgetown in South Carolina erstreckt und sich wegen des vom Golfstrom beeinflußten milden Klimas zu einer Top-Urlaubsküste entwickelt hat. Zahlreiche Golfanlagen, Vergnügungsparks, Souvenirläden und Einkaufszentren, sowie Motels, Bars, Imbißstuben und Restaurants säumen die Straßen in Küstennähe. Die "Hauptstadt" dieser über 100 km langen Amüsierküste ist Myrtle Beach, ein Badeort, der seine Einwohnerzahl im Sommer mehr als verzehnfacht. Wir fanden im Myrtle Beach SP, etwas südlich des Touristenrummels, einen herrlichen Campingplatz mit Stellplätzen inmitten eines kleinen Waldes direkt an der Atlantikküste. Der Platz hat uns schon bei der Anfahrt so gut gefallen, daß wir gleich für zwei Nächte reserviert haben und so das touristische Angebot von Myrtle Beach in aller Ruhe erkunden können.

Am nächsten Tag haben wir einmal so richtig Urlaub vom Reisen gemacht und unsere Freiheit machen zu können was wir wollen so richtig genossen. Nach dem Ausschlafen und einem gemütlichen Frühstück folgte ein ausgiebiger Strandspaziergang. Dann fuhren wir in die Stadt, machten einige kleinere Besorgungen und sahen uns im Kino den neuen Film von und mit Babra Streisand, "The Mirror has 2 Faces" an. Der Film, eine romantische Komödie, hat uns sehr gut gefallen und wir beendeten den Tag mit einem weiteren Strandspazergang, bei dem wir einen herrlichen Sonnenuntergang erlebten.

Am nächsten Morgen haben wir, zum ersten Mal in unserem Leben, Golf gespielt, was ich mir schon vom Beginn unserer Reise an vorgenommen hatte. Auf einem "Lighted Par 3 Golf Course", d.h. einem Anfängerplatz mit Bahnlängen um die 100 m, die jeweils mit Par 3 angegeben waren, haben wir 18 Löcher gespielt und waren damit etwa 2 Stunden beschäftigt. Mir hat es riesigen Spaß gemacht und auch Geli hat es besser gefallen, als sie erwartet hatte. Wenn sich die Gelegenheit bietet werden wir das auf jeden Fall wiederholen, auch wenn es mit dem Par 3 noch nicht so gut geklappt hat und wir den Ball auch schon mal haben suchen müssen. Im Anschluß an unserer Golfspiel haben wir dann den Fehler des Tages gemacht, wir sind trotz der warnenden Radiomeldungen zum Einkaufen zu den Factory Outlets gefahren. Doch wie es im Radio angedroht worden war, ist der heutige Freitag nach Thanksgiving der "Main Shopping Day" der Weihnachtssaison. Schon auf dem Weg zu den Geschäften standen wir im Stau, fanden nur mit Mühe einen Parkplatz und mußten uns richtig durch die Geschäfte drängeln. Ich kann daher nur jedem raten, der sich am Freitag nach Thanksgiving in den USA aufhält, um alle Einkaufszentren einen großen Bogen zu machen. Als wir uns aus dem Stau wieder befreit hatten, fuhren wir zum einige Kilometer südlich von Myrtle Beach gelegenen Huntington Beach SP, der ebenfalls über einen schönen Campingplatz in unmittelbarer Strandnähe verfügt. Der Huntington Beach SP gehört zusammen mit den Brookgreen Gardens zum Gelände einer alten Reisplantage, die der Eisenbahnmagnat Archer Huntington in den 30er Jahren in eine reizvolle Park- und Gartenanlage verwandelt hat. Die private Skulpturensammlung der Huntingtons, über 500 einzelne Kunstwerke aller namenhaften amerikanischen Bildhauer, ist in den Brookgreen Gardens zu besichtigen. Im Bereich des State Parks steht Atalaya, das im mediterranen Stil gebaute Haus der Huntingtons, die dem Staat South Carolina ihren Besitz gestiftet haben. Von Golfspiel und Einkaufsstreß etwas erschöpft, haben wir nur noch einen kurzen Strandspaziergang unternommen und es uns dann im Wohnmobil gemütlich gemacht. Obwohl wir durch unsere Aktivitäten heute sehr viel Ablenkung hatten, waren wir in Gedanken wieder sehr oft zu Hause, wo heute die See-Bestattung meines Vaters stattgefunden hat. Hoffentlich kann meine Mutter jetzt etwas zur Ruhe kommen und sich an ihre neuen Lebensumstände gewöhnen, was sicherlich sehr schwierig ist und wobei wir ihr gerne geholfen hätten. Bedingt durch die räumliche Trennung ist es für uns immer noch sehr schwierig zu verarbeiten, daß mein Vater uns nicht mehr begrüßen kann, wenn wir nach Hause kommen und an unseren Erlebnissen nicht mehr teilhaben kann. Ich glaube, daß wir es auch erst dann so richtig verstehen werden, wenn wir wieder zurück sind.

Wir begannen den nächsten Tag mit einem Strandspaziergang und einem Besuch von "Atalaya", der Winterresidenz der Huntingtons. Leider ist das im maurisch-spanischen Stil erbaute Haus in keinem sehr guten Zustand, da es von der Familie bereits 1955 aufgegeben wurde und man wohl recht wenig für den Erhalt getan hat. Nach einem kurzen Blick in die Brookgreen Garden setzten wir unseren Weg in Richtung Süden fort. Über den Hwy 17 fuhren wir bis in die Nähe von Charleston, wo wir uns einen Campingplatz gesucht haben. Wenige Kilometer vom Campingplatz entfernt liegt die Boone Hall Plantation, eine ehemalige Baumwollplantage, die bereits 1676 gegründet wurde. 1681 erhielt sie John Boone, der damalige Bürgermeister von Charleston als Geschenk für seinen Einsatz im politischen Leben der Stadt. Nach ihm ist die Plantage auch benannt. Zur Zeit des Baumwollanbaus lebten auf der Plantage viele Sklaven, die im Haus und auf den Feldern arbeiten mußten. Einige der Unterkünfte der Haussklaven sind heute noch vorhanden, sie wurden bereits 1743 erbaut und bilden eine der wenigen heute noch erhaltenen sogenannten Slave Streets. Das Haupthaus wurde 1935 durch einen originalgetreuen Nachbau ersetzt und im Erdgeschoß zeitgerecht möbliert. Die oberen Stockwerke sind auch heute noch bewohnt und deshalb nicht zu besichtigen. Bekannt ist die Plantage vor allem wegen iher fast einen Kilometer langen Eichenallee, deren erste Bäume auf das Jahr 1743 zurückgehen. Als Baumwolle nicht mehr so lukrativ war, baute man auf der Boone Hall Plantation Pecan-Nüsse an. Heute ist der Großteil der Ländereien verkauft und die Haupteinnnahmequelle der Plantage sind die Besucher. Neben zahlreichen weiteren Film- und Fernsehproduktionen sind auf dem Gelände der Plantage Teile der Fernsehserien "Fackeln im Sturm" und "Roots" gedreht worden. Nach der Besichtigung des Haupthauses und einem Spaziergang durch die Gartenanlage und die Eichenallee fuhren wir zum Campingplatz zurück. Es ist schon etwas verrückt, daß es jetzt schon 8½ Monate her ist, das wir in Charleston waren und von hier aus zu unserer zweiten Fahrt über den Kontinent aufgebrochen sind. Jetzt sind wir schon fast ein Jahr unterwegs, sind kreuz und quer durch Nordamerika gefahren und die Zeit vergeht immer noch wie im Fluge. Wir haben uns so an unser Zigeunerleben gewöhnt, daß wir schon gespannt sind, wie wir mit unserem "normalen" Leben zurechtkommen werden, wenn wir wieder zu Hause sind. Aber bis es soweit ist, bleiben uns noch drei weitere Monate, die wir unsere Freiheit genießen können.

Da wir uns am nächsten Tag in bereits bekanntem Gebiet aufgehalten haben, hat uns das schlechte Wetter nicht so sehr gestört. Nur wenn der Regen zu stark wurde, war das Fahren nicht so angenehm, zumal die Straßenentwässerung entweder nicht vorhanden oder aber unzureichend ist. Wir folgten dem Hwy 17 über Charleston bis zur I-95, wo wir in den Rückreiseverkehr des langen Thanksgiving-Wochenendes hineingerieten. So erinnerte uns die weitere Fahrt bis nach Savannah an die überfüllten Autobahnen in Deutschland, die wir bei dem ruhigen und entspannten Reiseverkehr in Nordamerika schon fast vergessen hatten. In Savannah bezogen wir wieder auf dem gleichen Campingplatz Quartier, auf dem wir schon im Frühjahr übernachtet hatten.

Über die Hwy 95 und 17 erreichten wir die Hafenstadt Brunswick, das Tor zu den bekanntesten Ferieninseln von Georgia, den "Golden Isles of Georgia". Die goldenen Inseln St. Simons Island, Little St. Simons Island, Sea Island und Jekyll Island sind wegen ihrer herrlichen weißen Strände, der lebendigen Geschichte und der hervorragenden, dabei aber nicht aufdringlichen touristischen Infrastruktur bekannt. Wir begannen unseren Besuch auf St. Simon Island, wo wir direkt am Neptune Park, dem eigentlichen Zentrum der Insel, einen Parkplatz fanden. Vom Pier hatten wir nicht nur einen schönen Blick auf die Küste von Jekyll Island, unserem nächsten Ziel, sondern auch auf das St. Simons Lighthouse. Der ursprüngliche Leuchtturm wurde bereits im Jahre 1810 an dieser Stelle erbaut, fiel aber während des Bürgerkrieges Truppen der Konföderierten Armee zum Opfer, die seine weitere Nutzung durch Kriegsschiffe der Union verhindern wollten. Der heutige, knapp 32 m hohe Turm wurde zusammen mit dem Haus des Leuchtturmwärters 1872 erbaut. Seit der letzte Leuchtturmwärter 1950 in den Ruhestand ging, wird der Turm von der United States Coast Guard unterhalten und gehört damit zu den ältesten, sich durchgehend in Betrieb befindlichen Leuchttürmen an der Atlantikküste. Das Wärterhaus beherbergt heute ein Museum zur Geschichte der Küste. Bei einer kleinen Rundfahrt über die Insel fielen uns besonders die zahlreichen, mit spanischem Moos behangenen Eichenalleen auf. Diese Alleen sind die Überreste der während des Bürgerkrieges zerstörten Plantagen, die sich eins über die ganze Insel erstreckten. Wir verließen St. Simons Island und fuhren weiter nach Jekyll Island, wo sich der einzige Campingplatz auf den Golden Isles befindet. Anders als bei unserem Besuch vor 9 Monaten hatten wir heute bestes Wetter mit Temperaturen um die 20°. Den Campingplatz haben wir gleich für zwei Nächte gebucht, da wir uns den ganzen morgigen Tag für die Erkundung der Insel per Fahrrad auf den über 30 km langen Radwegen der Insel reserviert haben. Heute sind wir genau ein Jahr unterwegs und unsere Aufenthaltsgenehmigung läuft aus. Ein weiterer Anruf bei der Einwanderungsbehörde hat aber ergeben, daß unserer Antrag auf Verlängerung bewilligt wurde und es nur noch eine Frage des Postweges ist, bis wir die neue Genehmigung dann wirklich bekommen. Bei der Planung unserer Reise und im Gespräch mit Freunden vor unserer Abreise, konnten wir es uns nicht so richtig vorstellen 15 Monat unterwegs zu sein und jetzt sind die ersten 12 Monate so schnell vergangen, daß es uns viel kürzer vorkommt. Wir werden unsere Erlebnisse wahrscheinlich erst bei der Durchsicht der fast 13.000 Dias und 15 Stunden Videofilm so richtig verarbeiten können, da wir jetzt schon so viel gesehen haben, daß Vieles davon bereits wieder in Vergessenheit geraten ist.

Die Entwicklung von Jekyll Island begann 1886, als eine Gruppe von Milliardären, darunter so bekannte Namen wie Rockefeller, Vanderbilt und Pulitzer die Insel kauften und in eine private Winterresidenz verwandelten. Um 1900 repräsentierten die Mitglieder des Jekyll Island Club über ein Sechstel des Weltvermögens. Nachdem der Club 1942 geschloßen wurde, kaufte der Staat Georgia fünf Jahre später die Insel inklusive aller darauf befindlichen Anlagen und Gebäude für lächerliche 675.000 Dollar. Einige der Villen im Historic District von Jekyll Island, dem Jekyll Club Village, können heute besichtigt werden. Doch Jekyll Island hat mehr zu bieten als den Historic District: Neben sehr vielen wunderschön angelegten und gepflegten Park- und Gartenanlagen und kilometerlangen Sandstränden gibt es auch noch sehr viel Natur. Es ist per Gesetz verboten jemals mehr als 35 Prozent der Inselfläche zu erschließen, so daß auch zukünftige Generationen das einmalige Ökosystem der Insel werden erleben können. Wir machten nach dem Ausschlafen unsere Fahrräder startklar, was ein etwas größerer Aufwand war, weil wir sie recht lange nicht benutzt hatten. Auf dem Bicycle Trail, der direkt vor den Toren des Campingplatzes beginnt, fuhren wir zunächst an der Westseite der Insel entlang bis zum Historic District. Dank der in den frühen 80er Jahren begonnen Restaurierungsarbeiten sind die meisten der großzügigen Herrschaftshäuser, die ihre ehemaligen Besitzer bescheiden "Häuschen" nannten, in einem guten Zustand. Mittelpunkt des Historic District ist das ehemalige Clubhaus des exklusivsten Clubs der Welt, das nach seiner vollständigen Restaurierung zu einem Hotel umfunktioniert wurde. Wir setzten unseren Weg bis zur Südspitze der Insel fort und fuhren dann an der Atlantikküste zurück zu unserem Campingplatz, der an der Nordseite der Insel liegt. Zwar war die Inselumrundung nur 26 km lang und hat bei strahlend blauem Himmel und Temperaturen um die 20° auch richtig Spaß gemacht, aber wir waren das Radfahren wirklich nicht mehr gewöhnt und ziemlich kaputt, als wir wieder am Wohnmobil ankamen. Nach einem kleinen Imbiß und einem kurzen Nickerchen waren wir aber soweit wiederhergestellt, daß wir den Rest des Abends genießen konnten.

Wir begannen den nächsten Tag mit einem Spaziergang zur Fishing Pier von Jekyll Island, die in den St. Simons Sound hineinreicht und einen Blick hinüber nach St. Simons Island ermöglicht. Wir konnten vorbeifahrende Krabbenfischer beobachten und auf dem Rückweg zum Campingplatz das weite Marschland bewundern, das große Teile der Nordspitze von Jekyll Island einnimmt. Wir verließen Jekyll Island und fuhren über den Hwy 17 nach Florida. Unser heutiges Etappenziel war Amelia Island, die nördlichste Insel an Floridas Atlantikküste, die sich auf gut 20 km Länge bis zur Grenze nach Georgia erstreckt. Die Insel war wegen ihrer strategisch wichtige Lage jahrhundertelang von Spaniern, Engländern, Franzosen und Amerikanern umkämpft. Wir bezogen Quartier im Fort Clinch SP, der die gesamte Spitze der Insel nördlich des Hauptortes Fernandina Beach einnimmt. Hier zeugt das restaurierte Fort Clinch von der turbulenten Vergangenheit der Insel. 1842 kaufte die Regierung der Vereinigten Staaten die Nordspitze Amelia Islands mit dem Ziel dort einen Millitärstützpunkt zum Schutz der Küste zu errichten. Die Bauarbeiten wurden 1847 aufgenommen, schritten aber nur langsam voran. Mit dem Beginn des Bürgerkrieges übernahm 1861 die Konfööderierte Armee das Fort, wurde aber bereits ein Jahr später wieder von Unionstruppen vertrieben. Die Union bemühte sich die Festungsanlage fertigzustellen, aber 1867 wurden die Arbeiten an dem fast fertigen Fort erneut eingestellt und der Posten wenig später aufgegeben. Das Fort erlebte im spanisch-amerikanischen Krieg 1898 eine kurze Phase der Reaktivierung, wurde aber noch im gleichen Jahr endgültig verlassen. Der Staat Florida kaufte die Anlage und schuf 1936 den Fort Clinch SP als einen der ersten Parks im Florida Park System. Während der folgenden zwei Jahre sorgte das Civilian Conservation Corps für die Erschließung des Parks und die Restaurierung der Festungsanlage. Nachdem wir das Fort besichtigt und unseren Campingplatz bezogen hatten, unternahmen wir noch einen ausgiebigen Strandspaziergang an der Atlantikküste.

Mit einem Strandspaziergang verabschiedeten wir uns auch am nächsten Morgen von Fort Clinch SP und fuhren nach Fernandina Beach. Einst ein berüchtigter Zufluchtsort für Piraten und Schmuggler ist Fernandina Beach heute ein malerischer Ort mit herrlichen viktorianischen Häusern und einem schönen kleinen Hafen. Nachdem wir unsere Vorräte aufgefüllt hatten wollten wir unsere Fahrt zum Stephen C. Foster SP in Georgia fortsetzen, was aber nicht ganz so problemlos war, wie wir gedacht hatten. Aufgrund einer Baustelle auf der Brücke, die Amelia Island mit dem Festland verbindet, standen wir zunächst eine ganze Zeit im Stau. Auf den kleinen, kaum ausgeschilderten Country Roads im Grenzgebiet von Florida und Georgia haben wir uns dann auch noch verfahren, so daß es schon fast dunkel war, als wir den Stephen C. Foster SP schließlich erreichten. Der Park liegt inmitten der etwa 2.400 km² großen Okefenokee NWR, einem der größten und am besten erhaltenen Sümpfe der USA. Die ursprünglich in diesem Gebiet lebenden Seminole-Indianer nannten ihre Heimat "Land of the trembling earth", "Land der bebenden Erde". Große Flächen sind von bis zu 5 m dicken Torfschichten bedeckt. Hüpft man auf der Stelle, gerät der Erdboden derart in Bewegung, daß sogar benachbarte Bäume zu schwanken beginnen. Diese geheimnisvolle, von Zypressen, an denen das lange Spanish Moss hängt, eingerahmte, schwarze Sumpflandschaft ist eine völlig ursprüngliche Wildnis. Hier leben 49 verschiedene Säugetiere, darunter sogar Schwarzbären, 234 Vogelarten, 54 Arten von Reptilien, inklusive einer Population von 9.000 bis 12.000 Alligatoren und 60 Amphibien-arten. Einen ersten Blick hat man von einem hochgelegenen Boardwalk, einem hölzernen Steg, der in den Sumpf hinein führt. Richtig erkunden kann man das Schwarzwassergebiet des Parks jedoch nur mit einem Boot, entweder auf einer von einem Ranger geführten Tour oder per gemieteten Boot oder Kanu auf eigene Faust. Für uns kam aufgrund der fortgeschrittenen Zeit eine Erkundung des Parks heute nicht mehr in Frage, so daß wir uns gleich einen Stellplatz auf dem schön im Wald gelegenen Campinglatz, der sogar Wasser- und Stromanschlüsse bietet, gesucht haben. Fast 30 km von der nächsten Durchgangsstraße entfernt, herrschte auf dem Campingplatz eine geradezu himmlische Ruhe, nur unterbrochen von den Stimmen der Natur.

Am nächsten Morgen kamen wir gerade rechtzeitig am Information Center des Parks an, um noch an der ersten geführten Bootstour in den Swamp teilnehmen zu können. Die eineinhalbstündige Fahrt führte uns etwa 10 km weit in den zypressenbestandenen Sumpf hinein und war bei herrlichem Wetter ein schöner Start in den Tag. Leider haben wir außer einigen Schildkröten und Wasservögeln nicht sehr viele Tiere gesehen, besonders die Alligatoren hatten sich aufgrund der morgentliche Kühle unter die Wasseroberfläche zurückgezogen. Auf dem sehr ruhigen, fast schwarzen Wasser bildeten sich sehr schöne Spiegelungen, die die geheimnisvolle Stimmung der Sumpflandschaft noch verstärkten. Der kurze Nature Trail, der am Information Center beginnt, war dagegen etwas enttäuschend und hat kaum Einblicke in die eigentümliche Sumpflandschaft ermöglicht. Wir verließen das Gebiet des Okefenokee Swamp und fuhren wieder nach Florida zurück, wo wir auch die nächsten Wochen bis Weihnachten bleiben wollen. Da wir im Frühjahr schon einmal fast vier Wochen im sogenannten Sunshine State verbracht hatten, haben wir uns für diesen Besuch nicht so viel vorgenommen. Wir wollen uns einige Sehenswürdigkeiten im Landesinneren ansehen und einige der Punkte wieder anlaufen, die uns besonders gut gefallen hatten. In erster Linie steht aber ein wenig Ruhe und Erholung auf dem Programm, denn so unglaublich es auch klingen mag, ein Jahr mit dem Wohnmobil unterwegs zu sein ist ganz schön anstrengend. Heute fuhren wir bis nach Alachua, wo auf dem Campingplatz mal wieder ein großer Wasch- und Putznachmittag angesetzt war.

Unseren Versuch das Ende des morgentlichen Gewitters auf dem Campingplatz abzuwarten, gaben wir nach etwa einer Stunde auf, denn auch wenn sich das Gewitter von Zeit zu Zeit etwas verzog, der Regen blieb. In Gainesville, einer nach Edmund Gaines, einem General des amerikanischen Unabhängigkeitskrieges, benannten Universitätsstadt flüchteten wir vor dem schlechten Wetter in ein Shopping Center. Da das Wetter heute jedoch kein Mitleid mit uns hatte, regnete es immer noch, als wir am frühen Nachmittag weiterfahren wollten, so daß wir auf einen Rundgang durch die Stadt verzichtet haben. Südlich von Gainesville beginnt eine idyllische, sattgrüne Weidelandschaft, wie man sie in Florida kaum erwarten würde. Fast wie der weitläufige Park eines englischen Herrensitzes und ebenso gepflegt, mit stattlichen Eichen und sanft gewellten Wiesen. Das gute Klima und das besonders nahrhafte, mineralienreiche Gras dieser Region ist ideal für die Pferdezucht und so sieht man auf den Weiden viele der besten Rennpferde Amerikas grasen. Über Ocala, den Hauptort dieser Region, fuhren wir bis nach Silver Springs, wo wir uns einen Campingplatz gesucht haben. Hier haben wir uns dann trotz des immer noch schlechten Wetters nicht davon abhalten lassen, den Tag mit einem Bad im Open-Air-Spa des Campingplatzes ausklingen zu lassen.

Wir setzten unsere Fahrt durch die weiten Kiefernwälder des Ocala NF fort und bogen dann in Richtung Orlando ab. Südlich des National Forest führt die Straße durch riesige Zitrusfruchtplantagen, wo immer noch Apfelsinen und Zitronen an den Bäumen hingen. Über Orlando, das sich selbst "the world´s vacation center" nennt und mit seinen zahlreichen Theme Parks jedes Jahr rund 30 Millionen Besucher anlockt, fuhren wir bis nach Kissimmee. Hier bezogen wir wieder den gleichen Campingplatz wie im Frühjahr, der etwas abseits des Touristenrummels liegt, von dem aus sich aber alle Sehenswürdigkeiten schnell erreichen lassen.

Für größere touristische Aktivitäten blieb uns am nächsten Tag jedoch gar nicht die Zeit, denn der Besuch bei der netten Tupperware Managerin, bei der wir im Frühjahr unser Wohnmobil "vertuppert" hatten, zog sich über vier Stunden hin. Wir haben uns aus ihren reichhaltigen Lagerbeständen noch einmal ordentlich mit Tupperware eingedeckt und bei der anschließenden angeregten Unterhaltung regelrecht die Zeit vergessen. Nach dieser "Anstrengung" haben wir uns bei Cracker Barrel, einer kombinierten Laden- und Restaurantkette im Country Stil gestärkt, ehe wir zum Campingplatz zurückgefahren sind. 

Unser touristisches Programm begann mit Golf, wiederum auf einem Lighted Par 3 Platz, der aber nur 9 Bahnen hatte und auch nicht so schön angelegt war, wie der in Myrtle Beach. Dafür haben die Abschläge heute schon wesentlich besser geklappt und wir mußten die Bälle nicht so häufig suchen. Als nächste Golf-Aktivität wollen wir mal eine Driving Range besuchen, d.h. nur Abschläge üben, was auf den öffentlichen Anlagen recht günstig ist. Nach dem Golfspiel machten wir einige Besorgungen und fuhren anschließend zu einem Kino, wo "Jack" gespielt wurde. Robin Williams, Gelis Lieblingsschauspieler, spielt einen Jungen, der viermal schneller altert als normal und deshalb im schulpflichtigen Alter schon aussieht wie ein Erwachsener. Der Film hat uns sehr gut gefallen, auch wenn er ein wenig traurig ist. Das kuriose an diesem Kinobesuch war, daß wir nur 1,75 Dollar pro Person für die Nachmittagsvorstellung bezahlen mußten und dafür auch noch den Kinosaal ganz für uns allein hatten. Auf dem Rückweg zum Campingplatz sahen wir uns die aktualisierte Ausstellung in den World Headquarters von Tupperware an. Auch dieser Tag ist wieder wie im Zeitraffer an uns vorbeigerauscht und wir nähern uns im Eiltempo dem Ende unserer Reise. Wir müssen jetzt auch schon immer häufiger an die Organisation unserer Rückreise und unsere Wiedereingewöhnung in unsere "normalen" Lebensbedingungen denken.

Der folgende Tag stand ganz im Zeichen Chinas: Wir besuchten Splendid China, einen der jüngsten Freizeitparks im Großraum Orlando. In dem großzügig angelegten Park wurden in liebevoller Kleinarbeit 60 der berühmtesten Bauwerke Chinas detailgetreu in verkleinertem Maßstab nachgebaut. Darunter ein Abschnitt der Chinesischen Mauer, die Verbotene Stadt und die Terrakotta Armee. Da wir das Glück hatten nicht nur einen sehr schönen, sondern auch recht ruhigen Tag erwischt zu haben, konnten wir die einzelnen Modelle völlig ungestört genießen. Diese Reise durch die 5.000jährige Geschichte Chinas wird durch verschiedene folkloristische und artistische Shows ergänzt. Die Höhepunkte dieser Darbietungen werden in einer 90minütigen abendlichen Show zusammengefaßt, deren Besuch im Eintrittspreis enthalten ist. Während der Zeit zwischen dem Ende unseres Besuches und dem Beginn der Show sind wir, dem fernöstlichen Motto des Tages treubleibend, chinesisch essen gegangen. Die Show "The Mysterious Kingdom Of The Orient", eine Mischung aus Musik, Tanz und Akrobatik hat mir, von der übertriebenen Lautstärke abgesehen, ganz gut gefallen, Geli war hingegen nicht so begeistert. Wer die abendliche Show besuchen will, sollte sich meiner Meinung nach tagsüber mehr auf den Park konzentrieren, denn die eine Vorstellung, die wir über Tag gesehen haben, war größtenteils im Abendprogramm enthalten. Etwas erschöpft von unserem 12stündigen Einsatz kamen wir gegen 22 Uhr wieder auf dem Campingplatz an.

Nach zwei Erholungstagen folgte wieder ein reiner Arbeitstag ohne touristische Aktivitäten. Wir fuhren zum internationalen Flughafen von Orlando und wollten uns bei verschiedenen Fluggesellschaften nach den Preisen für ein Einwegticket nach Deutschland erkundigen. Dabei stellte sich recht schnell heraus, daß die Schalterplätze am Flughafen für Buchungsfragen nicht besonders gut ausgerüstet sind und man verwies uns an die gebührenfreie Telefonnummer der jeweiligen Gesellschaft. Wir beschlossen uns nur nach Rundflugtickets zu erkundigen, denn die Kosten für die einfache Strecke lagen bei allen Gesellschaften mit über 1.500 Dollar pro Person in astronomischen Höhen. Während ich mich mal wieder mit der Einwanderungsbehörde wegen der immer noch nicht eingetroffenen Aufenthaltsgenehmigung herumgeärgert habe, hat Geli bei allen Gesellschaften Preisermittlungen durchgeführt. So konnten wir schließlich bei Lufthansa ein Rückflugticket von Atlanta nach Hamburg für etwas über 500 Dollar pro Person bekommen. Da die telefonische Reservierung aber nur eine Gültigkeit von 24 Stunden hat, fuhren wir vom Flughafen zu einem Reisebüro, wo uns dann die reservierten Tickets ausgedruckt wurden. Wir werden am 28. Ferbruar 1997 den Rückflug antreten und am 01. März, fast genau 15 Monate nach unserer Abreise, wieder zuhause sein. Wir verließen dann den Großraum Orlando in südlicher Richtung und suchten uns einen Campingplatz mit Spa, so daß wir uns mit einem abendlichen Bad von den Mühen des Tages erholen konnten.

Nach einer Fahrt von nur wenigen Kilometern erreichten wir die Cypress Gardens, den ältestesten Vergnügungspark Floridas, der bereits 1936 eröffnet wurde. Dabei handelt es sich um einen sehr schönen botanischen Garten, der durch verschiedene Shows und Attraktionen kommerziell aufgezogen wurde. Wenn die Eigenwerbung "The most beautiful Place on Earth" auch reichlich übertrieben ist, so ist der Park wirklich sehenswert, allerdings, wie alle Vergnügungsparks in Florida, recht teuer. In den Cypress Gardens wurde 1943 die Wasserski-Show erfunden und die Vorführungen gehören immer noch zu den besten maritimen Shows der USA. Auch die Eistanz-Show "Moscow on Ice" des russischen Ensembles ist sehr gut gemacht. Im Schmetterlingsgehege kann man bis zu 1.000 freifliegende Schmetterlinge erleben, die 50 verschiedenen Arten angehören und aus der ganzen Welt stammmen. Eine Vogelvoliere, ein Aussichtsturm und mehrere kleinere Ausstellungen und Shows runden das Angebot ab. Ein Teil der Gartenanlage war, saisonbedingt, mit über 40.000 Weihnachtssternen geschmückt, während der eigentliche botanische Garten 8.000 verschiedene Pflanzen aus 90 Ländern enthält und das Herzstück der Anlage bildet. Schöne Spazierwege und eine Bootstour erschließen diese sehr gepflegte Gartenanlage, die zum Glück auch von jeglicher Technisierung verschont geblieben ist. Nach 6 Stunden hatten wir uns den Park erlaufen und brauchten eine Pause. Wir suchten uns einen Campingplatz in der Nähe des Parks, aßen zu Abend und fuhren dann noch einmal zu den Cypress Gardens zurück. Jedes Jahr wird der Park ab Thanksgiving allabendlich in einen vorweihnachtlichen Lichterglanz getaucht. Dieses Spektakel, bei dem über 1,5 Millionen Lichter den Park in eine Märchenlandschaft verwandeln, nennt sich "Garden of Lights". Die dazugehörende Lasershow hat uns nicht so gut gefallen, aber für die Illumination hat sich gelohnt noch einmal zurückzufahren. Etwas erschöpft kehrten wir dann endgültig zum Campingplatz zurück.

Unser nächstes Ziel, die Bok Tower Gardens, liegen inmitten riesiger Orangenplatagen auf dem Iron Mountain, der mit knapp 91 m höchsten Erhebung der Florida-Halbinsel. Diese gepflegte, attraktiv gestaltete Gartenanlage mit dem weithin sichtbaren, reich verzierten Glockenturm bildet eine Oase der Ruhe im touristischen Rummel Zentralfloridas. Der Bok Tower, das Zentrum des prächtigen Gartens, enthält eines der größten Glockenspiele der Welt, was ihm den Beinamen "Singing Tower" eingebracht hat. Die 57 Bronzeglocken haben eine Klangbreite von fast 5 Oktaven und ihr Gewicht reicht von der kleinsten mit 17 Pfund bis zu über 11 Tonnen für die größte Glocke. Die Klöppel der Glocken sind über ein mechanisches Getriebe mit einer Tastatur und einem Pedalwerk verbunden, mit deren Hilfe der Glockenspieler sein Instrument bedient. Das große Glockenspiel erklingt um 15 Uhr, eine kurze Melodie alle halbe Stunde. Doch nicht nur das Innenleben des Turmes ist interessant. Der aus grauem und rosa Marmor sowie coquina stone erbaute Turm besitzt eine mit Skulpturen und Bildern reich verzierte Außenfassade, die ihn an sich schon zu einem Kunstwerk macht. Edward W. Bok, ein niederländischer Einwanderer, der es in Amerika als Autor und Verleger zu Wohlstand gebracht hatte, widmete 1929 die Bok Tower Gardens dem amerikanischen Volk als Dank dafür, daß es ihm seinen Erfolg ermöglicht hat. Leider war von der Blütenpracht der zahlreichen Azaleen, Kamelien und Magnolien aufgrund der Jahreszeit nicht viel zu sehen, aber es war trotzdem sehr schön durch diese Anlage zu spazieren und die vielen Hörnchen und Vögel zu beobachten. Nachdem wir uns einen Teil des 50minütigen großen Glockenspiels angehört hatten, verließen wir die Bok Tower Gardens und fuhren zum Lake Kissimmee SP, wo wir auf dem wunderschön gelegenen Campingplatz des Parks übernachteten. Im Lake Kissimmee SP sieht man noch viel von der ursprünglichen Vegetation und Tierwelt Zentralfloridas, einer Region, die während der letzten Eiszeit noch unter dem Meeresspiegel lag. Schon bei der Einfahrt in den Park wurden wir von drei Blaureihern begrüßt und auf dem Weg zu unserem Campingplatz kreuzten mehrere Weißwedelhirsche und ein Bobcat, eine mit unserem Luchs verwandte Raubkatze, unseren Weg.

Als wir uns am nächsten Morgen mit unseren Fahrrädern auf den Weg machten, sahen wir auch noch Weißkopfseeadler und ein Armadillo. Wir fuhren zum Aussichtsturm des Parks, von dem wir die leicht wellige Graslandschaft zwischen den Seen Lake Rosalie, Tiger Lake und Lake Kissimmee überblicken konnten. Diese Gegend ist heute ein wichtiges Quellgebiet für die Sumpflandschaft der Everglades in Südflorida. Vor 100 Jahren lag hier das Zentrum von Floridas Rinderzucht und das Leben der Cow Hunters wird im Lake Kissimmee Cow Camp nachgestellt. Das Leben dieser Cow Hunters war dem der Cowboys im Westen der USA sehr ähnlich, bis auf einen Unterschied. Das Lasso, das in den weiten Ebenen des Westens ein wichtiges Hilfsmittel der Cowboys war, ließ sich in den baumbestandenen Grasmarschen und Kiefernwäldern Floridas nicht verwenden. Die Cow Hunter benutzten dressierte Hunde und Peitschen zum Treiben der Rinder. Der laute Knall ihrer Peitschen, mit dem sie sich untereinander verständigten und die Rinder antrieben, brachte den Cow Hunters den Beinamen "crackers" ein, was frei übersetzt "Knaller" bedeutet. Solche einfachen Cow Camps, die nur aus einem Pferch für die Rinder und einer einfachen Schutzhütte für die Cow Hunter bestanden, wurden im Abstand von Tagesettappen entlang der großen Vieh-Tracks angelegt. Wir verließen den Lake Kissimmee SP und fuhren weiter in südlicher Richtung, wo wir uns in der Nähe von Sebring im Highlands Hammock SP einen Stellplatz sicherten. In diesem Park befinden sich mehrere "hammocks", Bauminseln, die das sie umgebende Feuchtgebiet überragen, ein Zypressensumpf und weites Marschland. Das Parkgebiet wurde 1931 von einer Bürgergemeinschaft gekauft und der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt, die damit die geplante Umwandlung dieses Gebietes in Farmland verhindert hat. Als 1935 das Florida State Park System gegründet wurde, wurde der Highlands Hammock SP einer der vier ersten Parks. Das Civilian Conservation Corps hat dann die die weitere Erschließung des Parks vorangetrieben. Ein Rundkurs führt durch den Park und ermöglicht den Zugang zu acht verschiedenen Nature Trails, die teilweise auf Holzstegen durch die Sumpfgebiete und tropische Urwaldvegetation führen. Wir haben den Campingplatz gleich für zwei Nächte reserviert, damit wir den Park in aller Ruhe per Fahrrad und zu Fuß erkunden können.

Nach dem Ausschlafen machten wir uns auf den gut 6 km langen Rundweg durch den Park. Die schmale Einbahnstraße und die Verschiedenen Nature Trails führen in ein ursprüngliches Florida, wie es leider nur noch an sehr wenigen Stellen erhalten geblieben ist. Einzige Ausnahme von dieser Natürlichkeit ist ein Orangenhain, den ein früher Siedler in diesem Gebiet angepflanzt hat und dessen Bäume voller Früchte waren. Außer uns waren kaum Besucher im Park unterwegs, so daß wir die fünf Wege, die wir uns vorgenommen hatten, fast immer für uns alleine hatten. Die dichte und feuchte Urwaldvegetation bot eine himmlische Ruhe, nur unterbrochen von den Geräuschen der verschiedenen Tiere. Wir konnten eine zeitlang ein Armadillo aus nächster Nähe bei der Futtersuche beobachten, ohne das es sich durch uns gestört gefühlt hätte. Über diese Begegnung haben wir uns ganz besonders gefreut, da wir bisher diese possierlichen Gürteltiere bisher immer nur sehr kurz zu Gesicht bekommen hatten. Auf dem Cypress Swamp Trail, der auf Holzstegen durch einen Cypressensumpf führt, entdeckten wir einen Falken, einen Alligator, eine Schildkröte, einen Anchinga, der gerade sein Gefieder trocknete und ein Wildschwein. Der letzte Weg bescherte uns dann noch eine Schlange, so daß wir neben den allgegenwärtigen Hörnchen und den permanent am Himmel kreisenden Geiern heute einen unserer tierreichsten Tage seit langem erlebt haben. Dieser Park bietet wirklich ein einmaliges Naturerlebnis und seine gute Zugänglichkeit macht ihn dabei natürlich besonders reizvoll. Wir waren froh, daß wir uns den ganzen Tag zeitgelassen haben und so die Wege in aller Ruhe erkunden und nach Tieren Ausschau halten konnten.

Nach einem Großeinkauf in Sebring erreichten wir schon gegen Mittag den Ort Okeechobee, nördlich des gleichnamigen Sees, wo wir uns auf einer schönen KOA-Anlage einquartierten. Dieser Resort-Park verfügt nicht nur über einen eigenen Golfkurs und Tennisplätze, sondern auch über zwei Swimming- und Whirlpools. Wir verbrachten bei herrlichem Wetter mit Temperaturen um 25° einen ruhigen Nachmittag unter Palmen an den Pools und haben dabei nicht ganz ohne Schadenfreude an Verwandte und Freunde gedacht, die sich bei schmuddeligem Wetter im Weihnachtsstress befinden. Dagegen haben wir heute unsere Freiheit einmal wieder so richtig genossen und wollen es die letzten Wochen unserer Reise auch noch auskosten.

Da uns die Anlage hier sehr gut gefallen hat, beschlossen wir, noch einen weiteren Tag in Okeechobee zu bleiben. Nach dem wir ausgeschlafen hatten, versuchten wir uns auf der Driving Range der Golfanlage. Da wir ja "nur" Abschläge üben wollten, nahmen wir jeder den größten Korb Bälle, der angeboten wurde. Wir hatten nicht gedacht, daß es so anstrengend ist und als wir nach etwa einer Stunde unsere Bälle "abgearbeitet" hatten, waren wir doch etwas kaputt von der ungewohnten Anstrengung. Wir unternahmen noch eine kurze Radtour und haben uns dann wieder an den Pool gelegt. Leider zogen am Nachmittag Wolken auf, so daß es nicht ganz so schön war wie gestern. Nach dem Abendessen stand noch eine halbe Stunde Tischtennis auf dem Programm, ehe wir es uns im Wohnmobil gemütlich gemacht haben. Den Abschluß des Tages bildete dann ein weiteres Bad im Pool und Spa der Anlage.

Am nächsten Morgen peinigte uns beide ein recht heftiger Muskelkater in der Rückenmuskulatur. Golf ist wirklich nicht so einfach, wie es aussieht und sollten wir noch einmal eine Driving Range besuchen, werden wir uns mit weniger Bällen begnügen. Wir verließen diese schöne Anlage und fuhren am Westufer des Lake Okeechobee entlang nach Süden. Unser heutiges Tagesziel war Ft. Lauderdale, wo wir die Moturis-Vertretung aufsuchten. Hier konnten wir den Fahrzeugbrief unseren Wohnmobils in Empfang nehmen, der bis dahin in einem Tresor von Moturis in Los Angeles gelegen hatte. Außerdem erwarteten uns hier, telefonisch bereits angekündigte, köstliche Weihnachtsplätzchen von Freunden, über die wir uns sehr gefreut haben. Der ehemalige Chef der Niederlassung, der seinen Job in zwei Tagen aufgeben und einen längeren Urlaub in Südamerika antreten will, hat dann innerhalb weniger Minuten den Verkauf unseres Motorhomes an den Niederlassungsleiter von New York in die Wege geleitet. Wenn es wirklich alles so klappt, werden wir den Wagen in der zweiten Januarhälfte hier abgeben und auch noch einen guten Preis dafür bekommen. Die Einzelheiten der Übergabe müssen wir Anfang Januar noch telefonisch abklären. Abgesehen von diesen erfreulichen Entwicklungen, gefällt es uns hier an der Ostküste Floridas nicht so gut und wir sind froh, daß wir diese für unseren Geschmack zu touristische Gegend wieder verlassen können. Leider hat eine telefonische Reservierung auf dem Campingplatz des Bahia Honda SP, der im Frühjahr ausgebucht war, nicht geklappt, da Reservierung nur für 60 Tage in Voraus angenommen werden. So müssen wir erneut unser Glück versuchen, in diesem phantastisch gelegenen Park einen Platz zu bekommen.

Bei bedecktem Himmel und kaltem Wind mit Höchsttemperaturen um 15° fuhren wir im Landesinneren, abseits der zugebauten und touristisch überfüllten Atlantikküste gen Süden. In Homestead ergänzten wir noch einmal unsere Vorräte und fuhren danach weiter bis nach Key Largo, der ersten Insel der fast 300 km langen Kette der Florida Keys. Key Largo ist mit knapp 50 km Länge die längste Insel der Florida Keys. Ihr vorgelagert ist ein Korallenriff, die größte lebende Korallenformation Nordamerikas. Der John Pennekamp Coral Reef SP schützt seit 1960 dieses einmalige Gebiet, in dem über 40 farbenprächtige Korallenarten und an die 600 Arten tropischer Fische zu finden sind. Als sich der Zeitungsredakteur und Naturschützer John Pennekamp 1960 für die Gründung des ersten Unterwasserparks der USA einsetzte, war es schon fast zu spät, denn Souvenirjäger hatten in den Jahren zuvor das Riff fast leer geplündert. Heute haben sich die Korallenbänke wieder erholt und können mit Glasbodenbooten und auf Schnorchel- oder Tauchexkursionen besichtigt werden. Da wir bei unserem ersten Aufenthalt in Florida 1991 hier eine Fahrt mit einem Glasbodenboot unternommen hatten, bei der Geli fürchterlich seekrank geworden war, beschränkten wir uns diesmal auf das Mangrovensumpfgelände auf dem Festland. Vom Campingplatz, der am Rand des Mangrovensumpfes liegt, gingen wir zum Visitor Center, wo ein Film über die Unterwasserwelt des Parkes gezeigt wird und einige der Korallen und Fische in Aquarien zu sehen sind. Der Mangrove Trail, ein kurzer Rundweg, führte uns dann mitten hinein in die Mangroven. Da bei Moturis in San Francisco immer noch kein Bescheid der Einwanderungsbehörde eingegangen ist, haben wir ein weiteres Mal versucht die Einwanderungsbehörde telefonisch zu erreichen. Heute war jedoch bei der immer ausgelasteten Nummer überhaupt kein Durchkommen und wir haben es nach einer guten Stunde völlig genervt aufgegeben. Es ist wirklich unangenehm, daß wir mit der zweiten Verlängerung so viele Schwierigkeiten haben. Da wir, wenn alles klappt, Ende Januar noch für ein paar Wochen nach Hawaii fliegen wollen, brauchen wir spätestens bis dahin die neue Aufenthaltsgenehmigung, um durch die Passkontrolle am Flughafen zu kommen. Hoffentlich läßt sich das Problem bis zu diesem Zeitpunkt noch aus dem Weg schaffen.

Am nächsten Morgen machten wir uns zeitig auf den Weg über den Overseas Highway bis zum Bahia Honda SP, der am Südende der Seven Mile Bridge, der längsten Brücke der Keys, liegt. Da es auf dem Campingplatz des Parks keinen freien Stellplatz mehr gab, ließen wir uns auf die Warteliste setzten und verbrachten die Zeit bis zur Verteilung der Plätze um 15 Uhr mit Spaziergängen am herrlichen Strand des Parks. Wir bekamen dann auch tatsächlich noch einen Stellplatz und können so, wie geplant die nächsten Tage bis über Weihnachten hier verbringen. Jetzt muß nur noch das Wetter wieder etwas besser werden und wir können Weihnachten unter Palmen am Strand feiern. Bahia Honda nimmt unter den Inseln der Florida Keys eine Sonderstellung ein, da hier sowohl breite Sandstrände als auch tiefes Wasser in Küstennähe zu finden sind, die hervorragende Vorraussetzungen zum Schwimmen und Schnorcheln bieten. Die Palmen, der weiße Sand und das türkisfarbene Wasser verleihen dem mit Abstand besten der Florida Keys einen Hauch von Karibik.

Nachdem wir ausgeschlafen und gemütlich gefrühstückt hatten, fuhren wir mit unseren Fahrrädern über den Overseas Highway zum Big Pine Key, der Nachbarinsel von Bahia Honda Key. Mit dem Fahrrad erlebt man das Gefühl, sich bei der Fahrt über die die Inseln verbindenden Brücken zwischen Himmel und Wasser zu bewegen, noch viel intensiver als mit dem Auto. Auf Big Pine Key besuchten wir einen Flohmarkt und machten einige Besorgungen, ehe wir wieder den Rückweg antraten. Währen der Hinweg, mit Rückenwind wie im Flug vergangen war, hatten wir auf dem Rückweg gegen den Wind deutlich mehr zu kämpfen. Nach gut 26 km kamen wir wieder auf dem Campingplatz an. Nach einer kurzen Verschnaufpause ging es wiederum per Rad zum Sandspur Beach des Parks, wo wir eine Stunde lang den herrlichen Strand, die Sonne und das Meer genossen haben. Zum Baden war es uns in der Nachmittagssonne schon zu kalt, aber wir wollen morgen einen Strandtag einlegen und uns vielleicht auch in die Fluten des Atlantik stürzen.

Aus unserem Strandtag wurde leider nichts, denn am nächsten Tag war es größtenteils bedeckt und es hat zeitweise sogar geregnet. Wir sind zum Sandspur Beach gefahren und über den kurzen Silver Palm Nature Trail spaziert, der am Ende des Strandes beginnt. Auf dieser schmalen Landzunge zwischen dem Atlantik und einer Lagune hat sich bedingt durch das subtropische Klima eine für die kontinentalen USA einmalige Vegetationszone gebildet. Viele Pflanzen im Park sind selten und ungewöhnlich, haben teilweise karibischen Ursprung. Neben dem tropischen Gumbo Limbo Baum befindet sich hier eine der größten übriggebliebenen Bestände der bedrohten Silver Palms in Amerika. Nach dem Spaziergang fuhren wir zum Campingplatz zurück und haben erneut, diesmal auch erfolgreich versucht, die Einwanderungsbehörde zu erreichen. Es gab immer noch Unstimmigkeiten mit der Adresse, die wir jetzt geklärt haben und nun werden wir hoffentlich Anfang nächsten Jahres endlich unsere neu Aufenthaltsgenehmigung bekommen. Wir haben dann noch einige Weihnachtstelefonate erledigt und uns mit dem einsetzenden Regen ins Wohnmobil zurückgezogen. Hier haben wir uns mit Lesen die Zeit vertrieben und sind nach dem Abendessen noch ein wenig spazierengegangen. Am Abend haben wir uns noch den Diavortrag eines Rangers über die vom Aussterben bedrohten Manatees (Seekühe) angesehen. Diese behäbig wirkenden Tiere werden durch Sportboot-Aktivitäten zunehmend in ihrem Lebensraum eingeängt und durch Außenbordmotoren oftmals schwer verletzt oder sogar getötet. Nur riguroser Schutz ihrer Lebensräume, auch auf Kosten der menschlichen Bewegungsfreiheit, kann diese Tiere wohl noch vor dem Aussterben retten.

Der nächste Tag, Heiligabend, begrüßte uns mit strahlend blauem Himmel und Sonnenschein. Nach einigen Weihnachtstelefonaten mit der Familie, die bei Temperaturen unter dem Gefrierpunkt weiße Weihnachten feiern können, haben wir uns, bei 25-30° zu einem Spaziergang durch den Park aufgemacht. Zuerst haben wir uns die Old Bahia Honda Bridge, ein Relikt der alten Eisenbahnlinie Henry Flagler´s, angesehen. Vom Park aus kommt man sogar en kleines Stück auf die Brücke hinauf und hat von dort einen herrlichen Überblick über die Strände und die üppige Vegetation des Bahia Honda SP. Von dort fuhren wir zum Sandspur Beach, wo wir am Strand entlang bis zum Ende des Bahia Honda Key spaziert sind. Den Nachmittag haben wir dann am Strand verbracht und im ungefähr 20° warmen Atlantik gebadet. Nach diesem weihnachtlichen Kontrastprogramm ging es zurück zum Campingplatz, wo Geli den Turkey-Braten vorbereitet hat, während ich unseren kleinen künstlichen Weihnachtsbaum vom letzten Jahr geschmückt habe. Mit diesem kleinen Baum, der bunten Lichterkette, einem guten Essen und einer Flasche Wein haben wir dann, ganz gemütlich, unserer zweites Weihnachten im Wohnmobil verbracht. Weihnachtliche Musik aus dem Radio und von CD hat dann trotz der Wärme und den Palmen ein wenig Weihnachtsstimmung aufkommen lassen.

Wir verließen den Bahia Honda SP und fuhren über den Overseas Highway zurück zum Festland Floridas. In Florida City übernachteten wir wieder auf dem öffentlichen Campingplatz, auf dem wir schon im Frühjahr gestanden hatten. Hier konnten wir auch mal wieder unsere Wäsche waschen und besonders Geli konnte sich von den Bissen der Sandflies erholen, die sie in den vergangenen Nächten schon zeitweise um den Schlaf gebracht hatten.

Von Florida City aus fuhren wir mit einem Einkaufsstop Homestead über den am Nordrand des Everglades NP entlangführenden Tamiami Trail bis nach Shark Valley. Hier nutzten wir, wie auch schon vor 10 Monaten, die Gelegenheit mit dem Fahrrad in die subtropische Wildnis der Everglades einzudringen. Auf der 24 km langen, ebenen und durchgehend asphaltierten Ringstraße sahen wir diesmal neben zahlreichen Wasservögeln und Schildkröten 62 Alligatoren. Wir können nur jedem empfehlen diese Tour per Fahrrad zu unternehmen, dabei muß man zwar auf die Erläuterungen der Ranger verzichten, man sieht dafür aber mehr Tiere als auf der Tramtour und kann sich vor allem für jede Entdeckung Zeit nehmen solange man möchte. Außerdem erlebt man diese gewaltige Sumpflandschaft auf dem Fahrrad viel intensiver als in der Tram. Wer nicht über eigene Räder verfügt, kann am Shark Valley Information Center Mietfahrräder bekommen. Für uns war diese Tour wieder ein wunderschönes Erlebnis, vor allem wegen des einmaligen Tierreichtums. Wir folgten dann dem Tamiami Trail weiter in westlicher Richtung und konnten von der Straße aus weitere Alligatoren, Wasservögel und Schildkröten in dem parallel zur Straße verlaufenden Kanal beobachten. Aufgrund eines schweren Verkehrsunfalls kam der Verkehr dann zeitweise zum erliegen, so daß wir unseren Einfach-Campingplatz in der zum Ökosystem der Everglades gehörenden Big Cypress National Preserve erst mit Einbruch der Dunkelheit erreichten.

Am nächsten Morgen verließen wir den Tamiami Trail und fuhren über den Hwy 29 durch das Big Cypress National Preserve. Auch hier konnten wir am Straßenrand wieder zahlreiche Tiere beobachten, den bedrohten Florida Panther, der in diesem weiträumigen Schutzgebiet beheimatet ist, bekamen wir jedoch leider nicht zu Gesicht. Kleinere Nebenstraßen durch Citrusplantagen führten uns zum Corkscrew Swamp Sanctuary, dem größten Zypressenwald der USA. Vom dem etwa 3 km langen Weg, der über Holzstege durch dieses Schutzgebiet führt, konnten wir neben der Swampvegetation auch wieder zahlreiche Tiere entdecken, darunter Alligatoren, Schildkröten, Spechte, Geier, Reiher und Ibisse. Nördlich von Naples erreichten wir wieder den Hwy 41 und bekamen auf dem Scrub Oak Campingplatz in der Koreshan SHS den letzten freien Stellplatz. Bevor wir unseren Platz bezogen, sahen wir uns das Koreshan Settlement, die Überreste der Siedlung einer Religionsgemeinschaft an. Dr. Cyrus Teed hatte 1869 in seinem Labor eine Erleuchtung, die siebzehn Jahre später zur Gründung einer Gemeinschaft führte, deren soziales und ideologisches Weltbild sich von dem der normalen Gesellschaft unterschied. Er übersetzte seinen Vornamen ins Hebräische und führte als "Koresh" seine Anhänger 1894 von Chikago an das Ufer des Estero River in Südflorida. Hier gründete er sein "New Jerusalem", von dem er glaubte, daß einmal bis zu 10 Millionen Koreshans hier leben würden. Die Koreshan-Bewegung basierte auf der Idee gemeinschaftlichen Zusammenlebens und gemeinschaftlichen Eigentums, sowie auf dem Glauben an Dr. Teeds religiöse und wissenschaftliche Theorien und der kommunistischen Vorstellung, daß jedes Mitglied zum Wohle der Gemeinschaft arbeiten müsse. Als der Religiongründer Koresh Teed, der sich selbst für unsterblich hielt, 1908 im Alter von 69 Jahren starb, begann seine Bewegung auseinanderzubrechen. Die letzten vier Mitglieder schenkten 1961 ihre Siedlung dem Staat Florida mit der Auflage das Gelände zur Erinnerung an Dr. Cyrus Teed zu erhalten. Einige Gebäude wurden inzwischen renoviert und erscheinen heute wieder so, wie in den Anfangsjahren dieses Jahrhunderts. Nachdem wir unseren Stellplatz auf dem sehr schön angelegten Campingplatz bezogen hatten, haben wir beschlossen einen weitere Nacht hier zu bleiben und morgen nach dem Besuch von Sanibel Island hierher zurückzukehren.

Die Reservierung des Campingplatzes für die nächste Nacht gestaltete sich dann etwas schwierig, da wir aufgrund des seltsamen Reservierungssystems erst über die Warteliste wieder den gleichen Stellplatz zugewiesen bekamen und dafür eine Stunde lang warten mußten. Endlich auf Sanibel Island angekommen, fuhren wir direkt zum J.N. "Ding" Darling NWR, das die von Mangroven überwucherte Landseite von Sanibel Island fast vollständig unter Schutz stellt. Diesmal machten wir uns mit den Fahrrädern auf den 8 km langen Wildlife Drive und konnten wieder zahlreiche Wasservögel beobachten, darunter die seltenen Rosa Löffler, Reiher und Pelikane. Als Besonderheit konnten wir heute das einzige im Park beheimatete American Crocodile bewundern, während wir einen Alligator jetzt schon zum dritten Mal an der gleichen Stelle entdeckt haben. Wir verließen Sanibel Island und kehrten nach einem Besuch der an der Zufahrtsstraße zur Insel gelegenen Factory Outlet Stores zum Campingplatz zurück. 

Wir begannen den nächsten Tag mit einer zweistündigen Kanutour auf dem Estero River, der die nördliche Parkgrenze bildet und bis zum Golf von Mexiko fließt. Wir konnten zahlreiche Wasservögel, einen Osprey und einen Waschbär vom Kanu aus beobachten und haben die Fahrt bei herrlichem, sommerlich warmen Wetter so richtig genossen. Anschließend verließen wir die Koreshan SHS und fuhren auf dem Hwy 41 weiter in nördlicher Richtung. Über Fort Myers und Port Charlotte erreichten wir nördlich der kleinen Ortschaft Osprey den Oscar Scherer SP, auf dessen sehr schön angelegtem Campingplatz wir auch noch einen Stellplatz bekamen.

Nach einer kurzen Fahrt erreichten wir am nächsten Tag den Myakka River SP, eines der größten Naturschutzgebiete Floridas, das östlich von Sarasota am Hwy 72 liegt. Eigentlich hatten wir vor in diesem Park zu übernachten, bekamen aber keinen Stellplatz mehr, sondern mußten uns auf die Warteliste setzen lassen. Die Zeit bis zur Verteilung der Campingplätze nutzten wir für eine Erkundung des Parkgebietes. Am Myakka River gelegen, bietet es mit seinen Seen, Sümpfen und kleinen Wäldchen eine Vorstellung vom ursprünglichen Landschaftsbild Floridas und ist die Heimat zahlreicher Tiere. Auf unserer Fahrt kamen wir auch am Campingplatz vorbei, der uns überhaupt nicht gefiel, da die Stellplätze sehr eng beeinander lagen. So ließen wir unseren Platz auf der Warteliste ungenutzt und fuhren in Richtung St. Petersburg weiter. Nachdem wir auf der beeindruckenden Sunshine Skyway Bridge die Tampa Bay überquert hatten, verließen wir den Highway und fuhren zum Fort De Soto Park, der sich auf dem weit in die Tampa Bay hineinragenden Mullet Key befindet. Der Campingplatz dieses Parks gehört mit seinen gepflegten, von Palmen und dichter Vegetation umgebenen Stellplätzen zur absoluten Spitzenklasse und ist dementsprechend stark frequentiert. Wir hatten jedoch wieder einmal Glück und bekamen den letzten freien Platz, so daß wir die nächsten drei Nächte, bis über Neujahr, hier bleiben können. Den Rest des Nachmittags verbrachten wir bei herrlichem Wetter auf unserem wirklich schön gelegenen Stellplatz.

Über die gut 20 km lange Sunshine Skyway Bridge fuhren wir am nächsten Morgen noch einmal über die Tampa Bay. Von der Brücke bietet sich ein phantastischer Blick, da sich die Fahrbahn an der höchsten Stelle 19 Stockwerke über der Wasseroberfläche befindet. In Bradenton besuchten wir die Mixon Fruit Farms, eine über 140 Hektar große Citrusfruchtplantage, die im Jahre 1939 als Fruchtstand am Straßenrand gegründet worden war und seither im Besitz der Familie Mixon ist. In der riesigen Halle kann man bei der Sortierung, Verpackung und Entsaftung der Früchte zusehen. Im angeschlossenen Laden gibt es Proben der verschiedenen Früchte und Säfte, "Orange Swirl", ein Softeis mit Orangengeschmack, hausgemachtes Fudge, Souvenirs und natürlich Unmengen frischer Citrusfrüchte aller Art. Zurück im Fort De Soto Park haben wir uns nach einem ausgiebigen Strandspaziergang etwas in die Sonne gelegt und von den "Anstrengungen" des Tages erholt. Auf dem Campingplatz haben wir nach langer Zeit mal wieder unseren Grill herausgeholt und das erste Mal in unserem Leben zu Silvester gegrillt. Silvester 1995 hatten wir auf einem kleinen Campingplatz in Why ja sogar eine gemütliche Feier am Lagerfeuer, heute werden wir den Jahreswechsel wohl verschlafen. Jetzt haben wir also das gesamte Jahr 1996 "arbeitslos" und in vollständiger Freiheit erlebt und es war für uns das aufregenste Jahr unseres Lebens. Jeder Tag war voller neuer Eindrücke und Erlebnisse, voller unvorhergesehener Zwischenfälle und kleiner Abenteuer und jeder einzelne Tag war viel zu schnell vorüber. Wir sind überglücklich, daß wir uns diesen Traum verwirklicht haben, der unser Leben auf so unvorstellbare Weise bereichert hat. Wie stark diese Reise uns geprägt und verändert hat, werden wir wohl spätestens in zwei Monaten merken, wenn wir wieder zu Hause sind und das Abenteuer "Wiedereingewöhnung in das Alltagsleben" beginnt.

Da wir für die dritte Nacht auf einen anderen Stellplatz wechseln mußten, fuhren wir nach dem Frühstück auf den Parkplatz an der East Beach und machten unsere Fahrräder startklar. Auf dem Recreational Trail, einem von der Straße getrennten Wegesystem für Fußgänger, Radfahrer und Skater, fuhren wir durch den gesamten Park. Zurück am East Beach nutzten wir das herrliche Wetter, legten uns an den Strand und badeten im 20° warmen Wasser des Golf von Mexiko. Nach dem Abendessen spazierten wir noch über den Campingplatz und erlebten dabei einen phantastischen Sonnenuntergang. Der Campingplatz im Fort De Soto Park gehört für uns zu den schönsten, die wir auf unserer Reise gesehen haben und auch der gesamte Park mit seinen Stränden und dem Recreational Trail ist absolute Spitzenklasse und sollte in den Reiseplan für einen Campingurlaub in Florida unbedingt eingearbeitet werden.

Wir verließen den Fort De Soto Park und fuhren durch St. Petersburg und im dichten Nebel auf der Howard Frankland Bridge über die Tampa Bay bis nach Tampa, wo wir die Busch Gardens besuchen wollten. Diese Mischung aus zoologischem Garten und Vergnügungspark ist wohl einer der vielseitigsten Amusementparks der USA. Schon als wir auf dem Parkplatz ankamen, merkten wir, daß wir wohl keinen guten Tag erwischt hatten, es war hoffnungslos überfüllt und es rollten ständig neue Busladungen mit Besuchern an. Da wir hauptsächlich an den Tieren interessiert waren, beschlossen wir aufgrund der Menschenmassen und des enorm hohen Eintrittspreises von fast 40 Dollar pro Person auf den Besuch des Parks zu verzichten. Stattdessen fuhren wir zu dem in der Nähe von Busch Gardens gelegenen Lowry Park Zoo, einem sehr schön angelegten kleinen Zoo, in dem 350 verschiedene Tierarten präsentiert werden. Die einzelnen Gehege sind großzügig angelegt und die Tiere oftmals nicht durch Zäune, sondern nur durch einen Wassergraben von den Besuchern getrennt. Höhepunkt waren die drei 8 Monate alten Löwenbabys, darunter ein sehr seltenes weißes Exemplar, die aus dem Zoo von Philadelphia stammen und nur für fünf Monate hier zu sehen sind. Nach dem Zoobesuch verließen wir Tampa in nordöstlicher Richtung und fanden im Hillsborough River SP am Hwy 301 einen Campingplatz inmitten unberührter Natur und herrlicher Stille. Der Park gehört zu den ältesten State Parks Floridas, er öffnete nach der Erschließung durch das Civilian Conservation Corps bereits 1938 seine Tore für die Öffentlichkeit. Zahlreiche Wanderwege am namensgebenden Hillsborough River entlang ermöglichen dem Besucher ein tieferes Eindringen in ein Stück ursprüngliches Florida. Ein Teil des Parks bildet die Fort Foster Historic Site, die Rekonstruktion einer Verteidigungsanlage aus dem Zweiten Seminolen Krieg in den 1830er Jahren. Im Rahmen eines "Living History Program" kann man zu bestimmten Zeiten "Soldaten" bei ihrer täglichen Arbeit im Fort beobachten.

Bevor wir den Park am nächsten Morgen wieder verließen, spazierten wir auf einem der Nature Trails am Ufer des Hillsborough River entlang bis zu kleinen Stromschnellen und einer alten Hängebrücke. Neben zahlreichen Palmen und Zypressen, die das Flußufer säumen, konnten wir auch einen Alligator und mehrere Schildkröten entdecken, die die morgentlichen Sonnenstrahlen zur Regulierung ihrer Körpertemperatur nutzten. Während unseres letzten Besuches bei unserer Tupperware Managerin in Kissimmee hatten wir den Verkauf unseres Wohnmobiles erwähnt und sie wollte über die Feiertage mit ihrem Mann abklären, ob sie den Roadrunner eventuell kaufen wollen. Heute hat Geli vom Campingplatz aus angerufen und mit ihr vereinbart, daß wir noch einmal vorbeikommen, damit sie sich das Wohnmobil einmal in Ruhe ansehen können. So fuhren wir heute also nicht wie geplant zum Manatee Springs SP, sondern noch einmal nach Kissimmee. Wie schon beim letzten Mal, haben wir uns auch heute wieder so angeregt unterhalten und dabei die Zeit vergessen. Wir haben ihnen eine Woche Bedenkzeit gegeben und werden dann telefonisch abklären, ob sie den Wagen kaufen oder nicht. Wir haben den Großraum Orlando dann trotz der fortgeschrittenen Zeit noch wieder verlassen und erst nach Einbruch der Dunkelheit einen Campingplatz am Hwy 441 aufgesucht. Morgen geht es dann wieder an die Westküste und mit einem Tag Verspätung zum Manatee Springs SP, sofern wir dort noch einen Stellplatz bekommen.

Wir konnten am nächsten Morgen telefonisch einen Stellplatz reservieren und fuhren dann abgesehen von einem kurzem Einkaufsstop und dem Besuch eines Russel Stover Candies Factory Outlet ohne Unterbrechung zum Manatee Springs SP. Nachdem wir unseren Stellplatz auf dem sehr schön im Wald gelegenen Campingplatz bezogen hatten, gingen wir zu den Manatee Springs. Die Quellen speisen den Suwannee River mit über 5.000 Liter kristallklarem und konstant 22° C warmen Wasser pro Sekunde. Da im Quellbereich aufgrund des Wochenendes reger Badebbetrieb herrschte, folgten wir dem Quellfluß auf einem hölzernen Steg bis zur Einmündung in den Suwannee River. Leider konnten wir keine Manatees im Fluß entdecken, dafür sahen wir aber eine recht große Wasserschildkröte und zahlreiche Geier. Nach dem Abendessen habe ich mir noch den Diavortrag eines Rangers über den Park und die Arbeit der Parkranger angesehen, der sehr informativ war.

Nach dem wir ausgeschlafen und gemütlich gefrühstückt hatten, mieteten wir uns ein Kanu und paddelten über den Quellfluß der Manatee Springs in den Suwannee River. Aufkommender starker Wind machte das Paddeln auf dem breiten Fluß schwierig und da unser Kanu auch noch ein kleines Leck hatte, kehrten wir schon nach einer Stunde wieder zurück. Trotz dieser nicht optimalen Bedingungen hat uns die Paddeltour gut gefallen, denn wir konnten zahlreiche Schildkröten aus nächster Nähe beobachten und im Mündungsbereich des Quellflusses in den Suwannee River sahen wir ein Manatee. Nachdem wir das Kanu und die Ausrüstung wieder abgegeben hatten, gingen wir noch einmal auf den Steg und konnten das Manatee auch von dort aus eine zeitlang beobachten. Danach schwammen wir im klaren Wasser der Quelle, das aus einem unterirdischen Höhlensystem entspringt. Speziell ausgebildete Höhlentaucher können mit Genehmigung der Parkverwaltung und unter Beachtung besonderer Sicherheitsvorschriften in diese geheimnisvolle Welt eindringen. Wir begnügten uns mit einem Blick von der Wasseroberfläche und hatten dabei gegen die starke Strömung der Quelle anzukämpfen. Nach dem Abendessen haben wir nach langer Zeit wieder einmal ein Lagerfeuer gemacht und die herrliche Natur genossen, in der wir uns aufhalten dürfen.

Das Wetter hatte sich über Nacht etwas verschlechtert, die Temperaturen stiegen nur noch auf Anfang 20 Grad und es gab gelegentliche Schauer. Wir verließen den Park für einen Abstecher nach Cedar Key, einer den Küstensümpfen vorgelagerten, über Brücken erreichbaren Insel. Der alte Hafenort liegt inmitten eines ausgedehnten Natur- und Vogelschutzgebietes und bietet ein Bild nostalgischer Verträumtheit. Die zweihundertjährige Inselgeschichte ist hier ein Teil des täglichen Lebens und bei einem Spaziergang durch die schmalen Straßen des Ortes glaubt man, die Zeit sei stehengeblieben, man erlebt ein Florida, wie es vor 50 Jahren war. Uns hat der beschauliche Ort gut gefallen und der Abbstecher hat sich für uns gelohnt. Zurück auf dem Campingplatz gingen wir noch einmal auf den Steg, konnten heute aber kein Manatee entdecken. Das anschließende Bad in der Quelle war, wie auch schon gestern, eine willkommene Erfrischung. Mit dem wahrscheinlich letzten Lagerfeuer unserer Reise, vor 11 Monaten hatten wir im ebenfalls Manatee Springs SP unser erstes Lagerfeuer entfacht, beendeten wir den heutigen Tag. Dabei wurden noch unerwartet Zeugen eines komischen Zwischenfalles, als bei unseren Nachbarn der Pop-Up-Camper fast in sich zusammenbrach und sie ihn in der Dunkelheit wieder neu aufbauen mußten.

Am nächsten Morgen war es trübe und regnerisch mit Höchsttemperaturen von 15° C. Aufgrund des Wetters verzichteten wir auf einen erneuten Besuch der Walkulla Springs und fuhren über Tallahassee, die kleinstädtische Hauptstadt Floridas, in den Bundesstaat Georgia. Über vier Wochen waren wir jetzt in Florida unterwegs und hatten dabei sehr viel Glück mit dem Wetter, die Temperaturen lagen meistens deutlich über dem Durchschnitt. In Georgia fuhren wir noch bis zum Laura S. Walker SP, wo wir übernachteten. Von dem schön in einem Wald und an einem See gelegenen Campingplatz des Parks hatten wir aber leider nicht sehr viel, da es in Strömen regnete als wir ankamen. Für die nächsten Tage sind sogar Nachtfröste angekündigt, so daß es mit unserem sommerlichen Wetter erst einmal Schluß sein dürfte. Hoffentlich klappt es noch mit unserer geplanten Reise nach Hawaii, damit wir dem kalten Wetter vor unserer Rückkehr nach Deutschland noch einmal entfliehen können.

Zunächst blieb uns das naßkalte Wetter jedoch erhalten und wir erreichten zum dritten Mal auf unserer Reise Savannah. Heute war das Postamt für General Delivery unser Hauptziel und wir konnten bei unserer letzten "Reiseadresse" wieder zahlreiche Briefe von Verwandten und Freunden in Empfang nehmen. Die nächsten 1½ Stunden haben wir auf dem Parkplatz des Postamtes mit der Lektüre unserer Post verbracht, über die wir uns wieder sehr gefreut haben. Nach einigen Besorgungen fuhren wir zu unserem "Stamm-Campingplatz" südwestlich des Stadtzentrums, wo wir noch unsere Wäsche gewaschen haben. Die Durchsicht der ausführlichen Hawaii-Informationen, die Freunde uns geschickt haben, hat uns noch neugieriger auf den 50. Staat der USA gemacht. Es ist schon ein komisches Gefühl dem Ende unseres "Wohnmobil-Lebens" entgegen zu gehen und immer häufiger an das Verpacken unseres Hausrates und den Verkauf des Roadrunner zu denken.

In strömendem Regen verließen wir Savannah und machten uns über die Interstates 16 und 75 auf den Weg nach Atlanta. Am östlichen Stadtrand von Macon besuchten wir das Ocmulgee NM, das zu den bedeutendsten archäologischen Stätten des amerikanischen Südens gehört. Die Spuren indianischer Besiedlung reichen ungefähr 12.000 Jahre bis in die Epoche eiszeitlicher Jäger zurück. Anhand der gefundenen Artefakte unterteilen die Archäologen die Besiedlungsgeschichte in sechs verschiedene Perioden: Beginnend mit der Paleo Indian Period etwa 10.000 v. Chr. über die Archaic, Woodland, Early Mississippian und Late Mississippian Period bis zu den historischen Creek-Indianern des 18. Jahrhunderts. Im Museumsteil des Ocmulgee Visitor Center sind Artefakte aus allen sechs Kulturen ausgestellt und der 12minütige Film "People of the Macon Plateau" gibt einen Überblick über die Besiedlungsgeschichte der Region. Am besten dokumentiert ist die Ära seit etwa 900 n. Chr., als sich die Kultur der ackerbautreibenden Mississippi-Indianer herausbildete, die vermutlich die Woodland-Indianer aus diesem Gebiet verdrängten. Diese Menschen entwickelten ein anderes Kultursystem, in dem sie hauptsächlich Mais, Bohnen und Kürbis anbauten. Diese feste Nahrungsgrundlage in Verbindung mit der Jagd, dem Fischfang und dem Sammeln wilder Früchte ermöglichte es ihnen eine sehr komplizierte Gemeinschaft mit einer hochspezialisierten sozialen, politischen und religiösen Struktur zu entwickeln. Sie bauten pyramidenähnliche Erdhügel, die sogenannten "Mounds", die in erster Linie zeremoniellen Zwecken dienten und im politischen und religiösen Leben eine bedeutende Rolle spielten. Eine weitere Hochburg dieser Kultur hatten wir mit der Cahokia Mounds SHS bereits vor etwa 10 Monaten in der Nähe von St. Louis besucht. Eine Besonderheit des Ocmulgee NM sind die Earthlodges, Erdhügelräume, die wahrscheinlich für Versammlungen der politischen und religiösen Führer der Siedlung genutzt wurden. Einer dieser Räume wurde über dem bei Ausgrabungen freigelegten 1.000 Jahre alten Lehmfußboden originalgetreu restauriert und wird scherzhaft als "Amerikas älteste Amtsstube" bezeichnet. Mit dem Eintreffen der ersten Europäer ging die Kultur der Mississippi-Indianer unter. Ihnen folgten die Creek-Indianer, die mit den Weißen Handel trieben, bis auch sie schließlich von der Einwandererflut aus ihrem Lebensraum vertrieben wurden. Aufgrund des schlechten Wetters begnügten wir uns mit dem Besuch des Visitor Centers und der restaurierten Earthlodge und setzten dann unsere Fahrt in Richtung Atlanta fort. Etwa 80 km vor der Stadt fanden wir im High Falls SP, an den Wasserfällen des Towaliga River, einen schönen Campingplatz in der Nähe der Interstate. Vom Campingplatz aus haben wir bei unserer Tupperware Mannagerin angerufen und die Information bekommen, daß sie das Wohnmobil nicht kaufen will, womit wir auch schon gerechnet hatten. Trotz des Angebotes von Moturis werden wir in Atlanta noch einige Händler aufsuchen und versuchen den Wagen zu verkaufen, aber auch dafür machen wir uns nur geringe Hoffnungen. Es wird uns wahrscheinlich nichts anderes übrig bleiben als nach dem Verpacken und Deponieren unseres Hausstandes den Roadrunner noch einmal nach Florida zurückzufahren und dann von dort aus nach Hawaii zu fliegen. Morgen wissen wir sicher schon mehr.

Der nächste Tag wurde dann geradezu unglaublich und wir können es immer noch nicht richtig fassen, daß alles so traumhaft geklappt hat, doch nun der Reihe nach. In Atlanta angekommen fuhren wir zu einem Händler, dessen Adresse wir in unserem Campingführer gefunden hatten. Hier schien man gar nicht so abgeneigt zu sein unseren Roadrunner zu kaufen, konnte aber keine Entscheidung treffen, da der Chef außer Haus war und bat uns noch einmal wiederzukommen. Das taten wir auch und man bot uns 8.000 Dollar, genau die Hälfte dessen, was wir bezahlt hatten und damit 500 Dollar mehr als Moturis und wir brauchen damit das Auto auch nicht mehr nach Florida zu überführen. In der Nähe des Händlers fanden wir dann auch noch eine Depotmöglichkeit für unseren Haurat, so daß auch dieses Problem bereits gelöst ist. Nachdem wir in mehreren Einkaufszentren vergeblich nach einem Reisebüro gesuchten hatten, pickten wir einfach eine Adresse aus einem Telefonbuch und fuhren hin. "Aloha Travel Inc." entpuppte sich als der zweite Volltreffer des Tages. Sally, eine nette und scheinbar auch sehr kompetente Dame in diesem Reisebüro hat über drei Stunden für uns herumtelefoniert und uns ein, wie wir glauben, gutes Last Minute Angebot gemacht. Einziger Wehrmutstropfen bei diesem Angebot ist, daß die Flugtickets, aufgrund eines Sondertarifes auf 29 Tage begrenzt sind, so daß wir unseren geplanten Aufenthalt um fast eine Woche kürzen mußten. Außerdem war so kurzfristig auf den beiden kleineren Inseln Lanai und Molokai kein Quartier mehr zu bekommen, hier müssen wir uns auf Tagesausflüge beschränken. Für 4.637 Dollar bekommen wir jetzt 29 Tage Hawaii inklusive aller Flüge, Hotels und Mietwagen. Uns bleiben jetzt noch vier Tage zum Packen und Zwischenlagern unseres gesamten Hab und Gut, in fünf Tagen sitzen wir dann schon im Flugzeug nach Hawaii. Im Anschuß an unseren Hawaii-Urlaub haben wir dann noch 14 Tage, um den Luftfrachttransort nach Deutschland zu organisieren und uns Atlanta und Georgia noch ein wenig anzusehen. Die Ereignisse des heutigen Tages haben uns doch ganz schön aufgewühlt, so daß wir wahrscheinlich heute Nacht nicht allzugut werden schlafen können. Auch wenn wir uns schon vor längerer Zeit aufgrund des hohen Benzinverbrauches und der Umbaukosten entschieden haben den Roadrunner nicht mit nach Deutschland zu nehmen, ist es jetzt doch komisch dieses Auto, das uns für über 13 Monate ein Zuhause war, zu verkaufen. Da wird es sicherlich noch einige Abschiedstränen geben, aber wir freuen uns natürlich auch riesig auf Hawaii und sind froh, daß sich alle Probleme, vor denen wir gestern noch standen, innerhalb eines einzigen Tages fast wie von selbst gelöst haben.

Unsere Glückssträhne hielt auch am nächsten Tag an, wir haben den Verkauf des Autos perfekt gemacht, Kisten für unsere Sachen gekauft, den Abstellraum gemietet, bei einem Fahrradgeschäft Kartons für unsere Räder besorgt, letzte Kleinigkeiten mit dem Reisebüro geklärt und einen Mietwagen für die letzten 14 Tage reserviert. Damit waren wir den ganzen Tag lang gut beschäftigt. Morgen werden wir den ganzen Tag auf dem Campingplatz bleiben und anfangen unseren Hausstand  zu verpacken.

Die große Verpackungsaktion hat recht gut geklappt, wir haben jetzt schon vier Kisten und zwei Koffer mit unseren Sachen gefüllt, die wir morgen zu unserem Abstellraum bringen werden. Eine Kiste müssen wir noch nachkaufen, so daß wir letztendlich mit fünf Kisten, vier Koffern, vier Taschen und zwei Fahrrädern die Heimreise antreten werden. Es ist kaum zu glauben, was sich in den bisherigen gut 13 Monaten so alles angesammelt hat.

Nachdem wir die Fahrräder, Kisten und Koffer in unserem angemieteten Abstellraum deponiert hatten, haben wir im Reisebüro unsere Unterlagen abgeholt. Per Expressbrief waren auch noch die Unterlagen der Einwanderungsbehörde über Moturis im Reisebüro angekommen. Es stellte sich dann heraus, daß die Behörde nicht nur ewig für die Bearbeitung bzw. Zusendung gebraucht hat, sondern auch nur meine Aufenthaltsgenehmigung bearbeitet hat, so daß Geli weiterhin ohne gültige Papiere auskommen muß. Auf dem Rückweg zum Campingplatz haben wir uns ein Hotel in der Nähe des Flughafens reserviert und dann versucht unsere restlichen Sachen auf zwei Koffer und das Handgepäck zu verteilen. Dabei stellte sich sehr schnell heraus, daß wir immer noch zu viele Sachen haben und noch eine weitere Kiste packen und in den Abstellraum schaffen müssen, ehe wir das Wohnmobil abgeben. Heute ist also unsere letzte Nacht im Roadrunner und es ist ein wirklich sehr komisches Gefühl hier alles auszuräumen und nach über 13 Monaten wieder auszuziehen. Im Moment können wir es uns auch noch gar nicht vorstellen wieder in einem richtigen Bett zu schlafen und nur mit einem kleinen Mietwagen herumzufahren. Wir sind sehr gespannt, wie es uns gefallen wird.

Nachdem wir den Roadrunner geputzt, unsere Sachen soweit es ging gepackt und überflüssige Lebensmittel und Sachen im Waschsalon des Campingplatzes deponiert hatten, kauften wir eine weitere Kiste und fuhren zu unserem Abstellraum. Hier haben wir dann alles, was wir nicht mit nach Hawaii nehmen können oder wollen deponiert und sind dann zu dem Wohnmobilhändler gefahren, um den Roadrunner abzugeben. Als wir auf dem Hof standen, zeigte der Meilenzähler einen Stand von 125.452 an, was bedeutet, daß wir in den vergangenen 13½ Monaten 43.902 Meilen oder 70.638 Kilometer gefahren sind. Dabei hat uns der Roadrunner nie im Stich gelassen und war für uns nicht nur Fortbewegungsmittel, sondern als rollende Wohnung auch absoluter Lebensmittelpunkt. Dementsprechend schwer fiel uns dann auch der Abschied, aber es ließ sich nun einmal nicht ändern, früher oder später mußten wir uns trennen. Auf jeden Fall ist durch die phantastische Zeit, die wir in unserem Wohnmobil erleben durften, der Entschluß in uns gereift uns in Deutschland einmal einen "Roadrunner II" zuzulegen. Eine Mitarbeiterin der Firma fuhr uns nach Vertragsabschluß zu einer Bank, so daß wir den Scheck in Bargeld umwandeln konnten und brachte uns anschließend zu unserem Hotel, wo wir am Vormittag schon unsere Koffer deponiert hatten. Bei dieser Fahrt haben wir zum ersten Mal seit unserer Abreise wieder in einem PKW gesessen und wir hatten das Gefühl direkt auf der Straße zu sitzen, so sehr hatten wir uns an die erhöhte Sitzposition im Wohnmobil gewöhnt. Auch an das Leben in einem Hotelzimmer müssen wir uns erst wieder gewöhnen, es ist halt kein solch gemütliches Zuhause wie ein Wohnmobil. Da wir schon sehr früh aufstehen, um für unseren Flug um 8.15 Uhr rechtzeitig am Flughafen zu sein, gingen wir heute zeitig schlafen.

Etwas verspätet starteten wir mit einem Jet von Delta Airlines zu dem letzten großen Abschnitt und "i-Tüpfelchen" unserer Reise, vier Wochen auf den hawaiianischen Inseln. Nach einem zehnstündigen Flug und einer gut einstündigen Flugunterbrechung in Dallas, Texas, kamen wir mit einer halben Stunde Verspätung in Honolulu an. Unser "Abenteuer" Hawaii hatte begonnen. Noch im Flughafen wurden wir mit einem Lei, der traditionellen hawaiianischen Blumenkette begrüßt und dann zu unserem Hotel, dem Outrigger Maile Sky Court in Waikiki gebracht. Von unserem Zimmer im 42. Stock hatten wir einen schönen Blick auf Waikiki und den 232 m hohen Diamond Head, dem Wahrzeichen Waikikis. Nachdem wir uns dem sommerlich warmen Wetter entsprechend umgezogen hatten, unternahmen wir unseren ersten Bummel durch Waikiki, die touristische Hochburg Hawaiis. Die meisten Hawaii-Urlauber verbringen ihren gesamten Urlaub in einem der zahlreichen Hotels Waikikis, ohne etwas von dem eigentlichen Hawaii zu sehen. Wir hatten es uns allerdings "schlimmer" vorgestellt, aber der zweifelsohne vorhandene Touristennepp ist hier längst nicht so aufdringlich wie wir gedacht hatten.

Unseren ersten Tag auf Oahu begannen wir mit der vom Veranstalter angebotenen "Breakfast Orientation", einer mit einem amerikanischen Frühstück kombinierten Werbeveranstaltung der örtlichen Reiseveranstalter. Auch diese Werbung war durchgehend freundlich und unaufdringlich und niemand hat versucht uns zurückzuhalten, als wir nach einer guten Stunde aufbrachen. Zu Fuß gingen wir zum riesigen Kapiolani Park, der im östlichen Waikiki am Fuße des Diamond Head liegt. Der Park wurde dem Volk von Hawaii 1877 von ihrem König Kalakaua geschenkt und nach dessen Frau, Königin Kapiolani benannt. Seit 1937 findet hier jeden Dienstag, Mittwoch und Donnerstag um 10 Uhr die Kodak Hula Show statt, die zwar wie die meisten derartigen Veranstaltungen sehr touristisch ist, aber einen Einblick in die traditionellen Tänze Hawaiis vermittelt und das auch noch kostenlos. Mit  dem Kapiolani Beach  Park erreichten wir den berühmten Strand von Waikiki, an dem sich das pinkfarbene, im spanisch-maurischen Stil erbaute Royal Hawaiian Hotel deutlich von den ansonsten eher öden Hotelbunkern unterscheidet. Der "Pink Palace", das 1927 erbaute erste Luxushotel Hawaiis stand ursprünglich in einem großen Hain aus Kokospalmen, die längst anderen Hotelanlagen oder Einkaufszenntren haben weichen müssen. An der Strandpromenade steht eine Statue von Duke Kahanamoku, dem größten Athleten Hawaiis, der zwischen 1911 und 1924 einige Weltrekorde und olympische Goldmedaillen im Schwimmen errang und als Vater des modernen Surfens gilt. Wir beendeten unseren Rundgang durch Waikiki mit einem Besuch des Hilton Hawaiian Village, dem mit 2.522 Zimmern größten Hotel Hawaiis, das praktisch eine eigenständige Touristenstadt bildet. Im Pool und Jacuzzi des Hotels erholten wir uns von den Anstrengungen und machten es uns dann in unserem Zimmer gemütlich.

Nach einem kurzen Besuch am Strand von Waikiki fuhren wir mit dem Bus in die Innenstadt von Honolulu, das nicht nur Hawaiis Hauptstadt, sondern mit 385.000 Einwohnern auch die einzige Großstadt des Archipels. Die englische Fregatte Butterworth lief 1793 als erstes ausländisches Schiff in die Bucht ein, die heute den Hafen Honolulus bildet. Im Laufe der Zeit entstand der Name Honolulu, was die hawaiianische Bezeichnung für "geschützte Bucht" ist. Als Nahtstelle zwischen Ost und West gewann der Hafen im vorigen Jahrhundert bei Walfängern, Pelz- und Holzhändlern an Bedeutung und entwickelte sich rasch  zum Handelszentrum Hawaiis. Als die Stadt unter der Kamehameha Dynastie auch noch zur Hauptstadt erklärt wurde, nahm sie auch im politischen und kulturellen Bereich eine herausragende Stellung ein. Die Bewohner Honolulus kommen aus dem gesamten pazifischen Raum, es ist eine Stadt der Minderheiten, ohne ethnische Mehrheit und diese Vielfalt ist nahezu allgegenwärtig. Bunt gemischt sind auch die Bauwerke in der Innenstadt: Ein Königspalast, ein modernes Regierungsgebäude, eine englische Missionskirche und ein im spanischen Stil erbautes Rathaus stehen nah beieinander. Wir begannen unseren Rundgang am Washington Place, einem aus  Korallenstein erbauten kolonialzeitlichen Haus im Neuengland-Stil, das heute die offizielle Residenz des Gouverneurs von Hawaii ist. Es wurde 1846 von dem amerikanischen Kapitän John Dominis erbaut. Der Sohn des Kapitäns heiratete die spätere Königin Liliuokalani, die nach ihrer Enttrohnung über 20 Jahre, bis zu ihrem Tod 1917, in diesem Haus unter Arrest stand. Westlich vom Washington Place liegt die anglikanische St. Andrew´s Cathedral, die ihre Entstehung König Kamehameha IV und Königin Emma verdankt, die sich von der engischen Kirche angezogen fühlten und 1858 die Anglican Church of Hawaii gründeten. Die Grundsteinlegung erfolgte 1867 unter König Kamehameha V, dem Bruder des 1863 verstorbenen Kamehameha IV. Die Bauarbeiten zogen sich über Jahrzehnte hin und erst 1902 konnte die Kirche eingeweiht werden. 1958, 91 Jahre  nach Baubeginn wurde die Kirche modernisiert und erweitert, wobei sie auch das riesige Fenster erhielt, das die gesamte Westfassade bildet. Von hier aus gingen wir zum State Capitol, das sich architektonisch völlig von den "normalen" Bauwerken dieser Art unterscheidet. Der 1969 fertiggestellte Bau symbolisiert die Entstehungsgeschichte Hawaiis: Die das Haus umgebenden Wasserbecken und das blaue Mosaik "Aquarius" im Innenhof stehen für den die Inseln umgebenden Ozean, die 40 jeweils 20 m hohen kannelierten Säulen erinnern an die überall auf den Inseln anzutreffenden Palmen, das verwendete vulkanische Gestein und das über dem Innenhof offene kraterförmige Dach stellen die Verbindung zum vulkanischen Ursprungs Hawaiis dar. In den Seitenflügeln liegen sowohl die Büros des Gouverneurs und der offiziellen Repräsentanten, als auch die in verschiedenen Farben gehaltenen Säle von Senat und Repräsentantenhaus. Vor dem bergseitigen Eingang stehen eine Kopie der Freiheitsglocke, die Hawaii am 4. Juli 1950 von den USA geschenkt wurde und eine stilisierte Statue des belgischen Priesters Damien, der freiwillig in der Leprakolonie auf Molokai gearbeitet hat, bis er selbst der Krankheit zum Opfer fiel. Am meerseitigen Eingang steht eine Statue von Liliuokalani, Hawaiis letzter Königin und über beiden Eingängen hängen riesige bronzene Staatssiegel Hawaiis. Nur wenige Schritte sind es von hier bis zum Iolani Palast, dem 1882 fertiggestellten, einzigen Königspalast auf dem Boden der USA. Er war bis 1891 die offizielle Residenz von König Kalakaua und Königin Kapiolani und danach regierte hier Königin Liliuokalani bis zur Abschaffung der Monarchie 1893. Bis 1969 diente er als Regierungssitz der Republik, des Territoriums und des Bundesstaates Hawaii. Nach dem Auszug der Regierung war der Palast in einem desolaten Zustand und erst nach intensiven Renovierungsarbeiten wurde das Gebäude als Museum zur Geschichte der hawaiianischen Monarchie 1978 wieder eröffnet. Dem Palast gegenüber steht der im Renaissance-Stil erbaute Justizpalast Aliiolani Hale, das älteste Bauwerk im Zentrum Honolulus. Es war als Amtssitz für König Kamehameha V geplant, wurde aber erst nach dessen Tode im Jahre 1874 fertiggestellt und diente nie dem beabsichtigten Zweck. Stattdessen wurde es zum Sitz einer Vertretung der Adligen, des Gerichts und der Ministerbüros. Das Revolutionskomitee besetzte das Gebäude am 17. Januar 1893 und proklamierte hier den Sturz der Monarchie und die Gründung der Republik Hawaii. Heute residiert hier der Oberste Gerichtshof Hawaiis. Vor dem Gebäude steht die berühmte King Kamehameha Statue, bei der es sich um den zweiten Bronzeguß aus der Originalform handelt. Das Original wurde von dem in Venedig lebenden Bostoner Künstler Thomas R. Gould 1880 in Paris gegossen und über Bremen mit der "G. F. Händel" verschifft. Beim Untergang der "Händel" in der Nähe der Falkland-Inseln ging das Original verloren, wurde aber Monate später im Wrack gefunden und mit der "Earl of Dalhousie" nach Honolulu transportiert. Da zu diesem Zeitpunkt die zweite Statue schon aufgestellt worden war, steht das reparierte Original in der Nähe von Kamehamehas Geburtsort Kapauu an der Nordküste der Insel Hawaii (Big Island). Zum Mittagessen fuhren wir dann mit dem Bus in die Chinatown, dessen Anfänge auf die in den 60er Jahren des 19. Jahrhunderts in Hawaii ankommenden chinesischen Plantagenarbeiter zurückgehen. Heute leben hier neben den Chinesen auch zahlreiche Vietnamesen, Philipinos, Thailänder und Koreaner. Die Überreste des einst berühmt-berüchtigten Rotlicht-Distriktes trüben ein wenig den fernöstlichen Charakter des viertels, aber im Mauna Kea Marketplace fanden wir dann zahlreiche  kleine Straßenrestaurants, in denen wir so  ganz  nach unserem Geschnack essen konnten. Über die Fort Street Mall, eine hübsch angelegte Fußgängerzone, erreichten wir den Aloha Tower am Pier 9. Der 56 m hohe, zehnstöckige Turm gilt seit seinem Bau 1926 als Wahrzeichen des alten Stadtkerns. Von der Aussichtsplattform im 10. Stock hat man einen weiten Blick über die Hafenanlagen, Teile des Flughafens und die Wolkenkratzer der Innenstadt. Am bennachbarten Pier 7 liegt die zum Bestand des Hawaii Maritime Center gehörende "Falls of Clyde", das einzige noch existierende mit Rahen getakelte Viermast-Schiff aus dem 19. Jahrhundert. Es lief 1878 in Glasgow vom Stapel und diente ab 1899 der Matson Steamship Company als Frachter und Passagierschiff zwischen Hilo und San Francisco. Später wurde es in einen Öltanker umgewandelt und war schließlich bis 1959 ein schwimmendes Treibstoffdepot für Fischerboote in Alaska. Als das Schiff abgewrackt  werden sollte, wurde es nach Honolulu zurückgeholt und restauriert und ist seit 1986 als schwimmendes Museum zu besichtigen. Hier beendeten wir unseren Bummel durch die Innenstadt von Honolulu und fuhren mit dem Bus zurück nach Waikiki. Wie auch schon gestern erholten wir uns zunächst im Pool und Spa und genossen der herrlichen Blick von unserem Zimmer.

Am nächsten Morgen war sehr frühes Aufstehen angesagt, denn wir wollten uns einen Wagen für das Wochenende mieten und uns nicht zu spät auf den Weg machen. Schom um 7 Uhr konnten wir einen kleinen Wagen zu einem Sondertarif von $ 25 pro Tag übernehmen und eine halbe Stunde später hatten wir unsere Sacher verladen und waren bereit den Südosten Oahus zu erkunden. Auf der Diamond Head Road fuhren wir zunächst um den gleichnamige erloschenen Krater herum und sahen uns das Diamond Head Lighthouse an, das auf einer Klippe hoch über der Brandung des Pazifik steht. Ein Tunnel führt in den Krater des 232 m hohen Diamond Head SM, der vor ungefähr 150.000 Jahren letztmalig ausbrach und zu diesem Zeitpunkt fast 1.100 m hoch war. Mt. Leahi, wie ihn die Hawaiianer nannten, bekam seinen heutigen Namen erst 1825, als britische Seeleute im Lavagestein entdeckte Kristalle für Diamanten hielten. Die US-Army begann 1909 in dem erloschenen Krater mit dem Bau von Fort Ruger, in dessen Verlauf sie den Kraterrand mit Kanonenstellungen, Bunkern und Beobachtungsplattformen bestückten, die durch ein Netzwerk von Tunnel miteinander verbunden waren. Auch der heutige Weg zum Kraterrand ist ein Teil dieser militärischen Anlage und besteht seit 1910. Der Weg ist zwar recht steil und überwindet 170 Höhenmeter, ist aber dennoch gut begehbar. Man sollte eine Taschenlampe mitnehmen, da zwei Tunnel zu durchschreiten und eine unbeleuchtete enge Wedeltreppe zu überwinden sind. Die Mühen des Aufstieges über insgesamt 271 Stufen werden mit einem grandiosen Panoramablick über die gesamte südliche Küstenlinie Oahus belohnt. Vom Diamond Head fuhren wir auf dem Kalanianaole Highway (Hwy 72) an der Küste entlang nach Osten. Kurz vor dem Abzweiger zur Hanauma Bay bietet ein Aussichtspunkt einen schönen Blick auf den 368 m hohen Koko Crater, einem weiteren erloschenen Vulkan. Die "gebogene Bucht" entstand, als das Meer die Flanke eines Vulkans wegspülte und sie gehört zu den schönsten aber auch meist frequentierten Badebuchten von Oahu. Scharfkantige Lavafelsen, weißer Sandstrand, Palmen und eine türkisfarbene Lagune voller Korallengestein und farbenfroher tropischer Fische schaffen eine traumhafte Landschaft, wie man sie in Hawaii erwartet. An der Ostseite Oahus führt die Straße durch den Koko Head RP und bietet spektaküläre Ausblicke auf die Küstenlinie und vorgelagerte Inseln. Am Halona Blowhole wird bei ausreichend starker Brandung Meerwasser durch eine Lavaröhre zu einer Öffnung gepreßt, aus der es dann als fauchender Springbrunnen entweicht. Die benachbarte Halona Cove diente als Filmkulisse für "Verdammt in alle Ewigkeit" mit Burt Lancaster und Deborah Kerr. Der Bilderbuchstrand Sandy Beach ist aufgrund gefährlicher Unterwasserströmungen zum Schwimmen, Schnorcheln und Tauchen nur bedingt geeignet. Weitere Aussichtspunkte ermöglichen den Blick auf die als Vogelschutzgebiete ausgewiesenen vorgelagerten Inseln Kaohikaipo und Manana Island, sowie auf Makapuu Beach. Hinter Waimanalo Beach verläßt der Highway die Küstenlinie und bietet jetzt Ausblicke auf die Koolau Range. Über Kailua erreichten wir die Kaneohe Bay, die größte Bucht Hawaiis, die durch ein vorgelagertes Riff vor der starken Brandung der Windseite Oahus geschützt ist. Über den Pali Highway (Hwy 61) fuhren wir zurück in Richtung Honolulu. Direkt hinter dem Tunnel, der durch die Koolau Berge führt, zweigt der Nuuanu Pali oder Rainforest Drive von der Hauptstraße ab und führt zum Nuuanu Pali Lookout, einem 365 m hoch gelegenen Aussichtspunkt mit einem phantastischen Blick auf die Kaneohe Bay. In einer blutigen Schlacht schlug hier 1795 König Kamehameha I die  Oahu-Krieger und trieb die Unterlegenen über die Klippen in den sicheren Tod. Einhundert Jahre später fand man beim Bau des Old Pali Highway am Fuß  der Klippen über 500 menschliche Schädel, traurige Überreste des historischen Dramas. Wir folgten der alten Straße durch die urwüchsige üppige hawaiianische Vegetation und bogen schließlich zum Punchbowl, den Überresten des erloschenen Vulkans Puowaina ab. Puowaina bedeutet "Hügel der Menschenopfer" und man glaubt, daß die Ureinwohner in einem Tempel auf dem Berg den hawaiianischen Gottheiten Menschen geopfert haben. Heute beherbbergt der riesige Krater den Natinal Memorial Cemetery of the Pacific, ein beeindruckendes Gräberfeld mit Gedenktafeln an   

fast 30.000 Gefallene aus dem Zweiten Weltkrieg sowie dem Korea- und Vietnamkrieg. Vom Kraterrand hat man einen schönen Blick auf Waikiki und den Diamond Head und auf die Innenstadt von Honolulu. Direkt am Punchbowl beginnt der Tantalus Drive, eine kurvenreiche Straße durch einen mit Ingwer- Eukalyptus- und Babusbäumen dichtbewachsenen Regenwald zum 613 m hohen Mt. Tantalus. Auch hier bieten verschiedene Parkbuchten hervorragende Ausblicke auf Honolulu  und Waikiki. Über den Round Top Drive, den östlichen Teil der Wegschlaufe, fuhren wir dann wieder talwärts. Einen letzten Stop machten wir im Puu Ualakaa SP, wo der 320 m hohe Round Top noch einmal ein unglaubliches Panorama bietet. Nach neun Stunden erreichten wir wieder unser Hotel und beendeten den Tag mit einem Bad im Pool und Spa des Hotels.

Bei trübem Wetter verließen wir am nächsten Tag Waikiki und fuhren über den Likelike Highway (Hwy 63) an die dem Wind zugewandte Ostseite der Insel. Zu unserer Überraschung war das Wetter auf dieser Seite der Koolau Range besser, obwohl die Ostküste normalerweise die regnerischere ist. Wir bogen auf den Kamehameha Highway (Hwy 83) ab, der an der gesamten Ost- und Nordküste Oahus entlang führt. Der Heeia SP bietet einen schönen Überblick über die Kaneohe Bay und den antiken Heeia Fishpond, einen 36 Hektar großen Fischteich, der durch einen 1.500 m langen, künstlich errichteten Wall von der Kaneohe Bay abgetrennt wurde. An der hawaiianischen Küste findet man zahlreiche dieser "Fishponds", die praktisch die Vorratskammern des alten Hawaii darstellten. Unseren nächsten Stop machten wir in dem zwischen Waikane und Kaaawa gelegenen Kualoa RP. Vom Kualoa Point, der äußersten Spitze der Landzunge hat man einen schönen Blick auf die Pali Ku Puu Moo Kapu o Haloa Range und die wegen ihrer eigentümlichen Form Chinaman´s Hat genannten Mokolii Island. Einer hawaiianischen Legende zur Folge handelt es sich bei Mokolii Island um die Schwanzspitze eines Drachen, der von einem Gott getötet und ins Meer geworfen wurde. Über Laie und Kahuku erreichten wir schließlich die Nordküste Oahus, deren Brandung zu den besten Surfmöglichkeiten der Welt gehört. An der Sunset Beach nutzten wir die Gelegenheit und beobachteten die akrobatischen Kunststücke einiger Surfer. In Waimea sahen wir uns das Puu o Mahuka Heiau SM, die Überreste des größten alten Tempels (heiaus) auf Oahu. Zu sehen sind hier lediglich noch die Grundmauern der gewaltigen Tempelplattform, die Plattform selbst und die Gebäude, die auf ihr gestanden haben sind verschwunden. Auf den Mauern werden noch heute Opfergaben dargebracht, ein Zeichen dafür, daß auch nach 170 Jahren Christianisierung die alten religiösen Bräuche noch nicht ganz verschwunden sind. Lohnender als die Überreste der Tempelanlage ist der Blick auf die Waimea Bay. Im Waimea Valley befindet sich der Waimea Falls Park, der mit dem Waimea Arboretum and Botanical Garden den größten botanischen Garten Hawaiis mit mehr als 5.000 verschiedenen tropischen und subtropischen Pflanzen enthält. Die Parkverwaltung hat große Anstrengungen unternommen, die hawaiianische Tradition, Folklore und Kultur am Leben zu erhalten; mehrmals täglich zeigt die Hula-Truppe des Parks alte, bis ins 11. Jahrhundert zurückreichende Hula Tänze und auch alte hawaiianische Spiele werden vorgeführt. Am Ende des Tales liegen die 15 m hohen Waimea Falls, die einzig von abfließenden Regenwasser gespeist in ein kleines Becken stürzen. Klippentaucher springen aus einer Höhe von über 20 m von den Felsen rechts und links des Wasserfalles in das kleine Becken. In einem Vogelhort sind zahlreiche seltene Vögel zu beobachten, darunter auch die Nene, die hawaiianische Gans, der Wappenvogel Hawaiis. Von Haleiwa aus führt der Kamehameha Highway als Hwy 99 nach Honolulu zurück. Die Straße führt durch riesige Ananasplantagen der Firmen Dole und Del Monte. Im Pavilion der Dole Pineapple Plantation kann man neben allerlei Souvenirs auch frische Ananas und Ananasprodukte kaufen. Im Del Monte´s Pineapple Variety Garden wachsen einige der insgesamt über 120 verschiedenen Ananasarten, die es weltweit gibt. Bevor wir nach Waikiki zurückfuhren statteten wir dem USS Arizona Memorial in Pearl Harbor einen kurzen Besuch ab, mußten uns dabei aber mit dem Visitor Center begnügen, da es für die Fahrt zum eigentlichen Memorial bereits zu spät war. Am 7. Dezember 1941 griffen mehr als 350 japanische Kampfflugzeuge, die von Flugzeugträgern aus gestartet waren, den Heimathafen der US-Pazifikflotte an. Innerhalb weniger Minuten wurden 21 amerikanische Schiffe versenkt oder schwer beschädigt, 2.403 Amerikaner starben, 1.178 wurden verwundet. Die USS Arizona sank innerhalb von nur neun Minuten und 1.177 Soldaten starben, 1.102 von ihnen ruhen noch heute in ihrem rostigen Unterwassergrab. In strömendem Regen erreichten wir unser Hotel, entluden das Auto und gaben es wieder an der Vermietstation ab. Morgen geht unsere Reise weiter nach Maui.

Der Transfer-Bus holte uns pünktlich von unserem Hotel ab und durch eine Umstellung des Flugplanes von Aloha Airlines starteten wir noch eine halbe Stunde früher als geplant. Der etwa 20minütige Flug ermöglichte uns phantastische Ausblicke auf Oahu, Molokai und Maui. Auf dem Flughafen von Kahului erlebten wir dann eine böse Überraschung, Gelis Koffer war verschwunden. Die Nachforschungen der Fluggesellschaft ergaben, daß er versehentlich nach Kauai transportiert worden war. Man sagte uns zu, den Koffer noch heute in unserem Hotel in Lahaina abzuliefern, so daß wir uns mit etwas leichterem Gepäck zur Übernahme des Mietwagens begaben. Über den Honoapiilani Highway (Hwy 30) fuhren wir dann an der Nordwestküste Mauis entlang, wobei wir schon von der Straße aus Buckelwale sehen konnten, die in den warmen hawaiianischen Gewässern überwintern. Das Maui Islander Hotel in Lahaina ist ein großflächig angelegter Komplex aus neun zweistöckigen Gebäuden, in dem wir ein sogenanntes Studio, ein Zimmer mit Kochnische bezogen. Nachdem wir eingekauft und ausgepackt hatten, ruhten wir uns etwas aus und warteten auf Gelis Koffer. Als er auch am frühen Nachmittag noch nicht eingetroffen war, erkundigten wir uns telefonisch bei der Fluggesellschaft und erfuhren, daß er sich auf dem Weg befindet. So unternahmen wir noch einen kleinen Bummel durch das historische Lahaina, dem Touristenzentrum an der Westküste Mauis. Auch wenn zahlreiche Souvenirgeschäfte ein wenig an den Touristennepp Waikikis erinnern, bietet Lahaina doch eine viel gemütlichere und entspanntere Atmosphäre. Gegen 19.30 kam dann endlich Gelis Koffer, so daß einer Erkundung Mauis jetzt nichts mehr im Wege steht.

Nach einer kurzen Maui-Orientierungsveranstaltung im Hotel machten wir uns auf den Weg den nordwestlichen Teil der Insel zu erkunden. In Lahaina folgten wir zunächst der Lahainaluna Road landeinwärts, vorbei an der 1860 gebauten und  noch immer tätigen Pioneer Sugar Mill, die sich durch eine besondere Zucker-Extraktionstechnik unter Fachleuten einen Namen machte, bis zur High School. Vom unteren Parkplatz der Schule bietet sich ein schöner Blick über Lahaina und den Auau Channel bis zu Nachbarinsel Lanai. Auf dem Honoapiilani Highway (Hwy 30) ging es dann weiter in nördlicher Richtung. Der Ort Kaanapali ist eine rein künstliche Touristenstadt ohne einen eigentlichen Ortskern. Mehrere große Hotelanlagen, sowie zahlreiche Läden und Restaurants säumen den etwa 5 km langen ununterbrochenen weißen Sandstrand und haben diesen Küstenabschnitt völlig verbaut. Viel gemütlicher ist es da schon ein wenig weiter nördlich in Honokowai, wo man vom Honokowai Beach Park einen schönen Blick über den Auau Channel auf Lanai und Molokai hat. Nördlich von Kapalua verschwindet jegliche touristische Infrastruktur und man kommt in das ursprüngliche Maui. Die Vegetation nimmt zu, die Küste wird rauher und die Straße ermöglicht herrliche Ausblicke in einsame, von der Brandung gepeitschte Buchten. Ein besonders schöner Aussichtspunkt ist der Kalaepiha Point, der die Mokuleia und Honolua Bay voneinander trennt, die als Marine Life Conservation District unter Naturschutz stehen. Wir hatten nicht nur einen grandiosen Blick auf beide Buchten, sondern konnten hier auch noch Surfer in der gewaltigen Brandung beobachten. In Honokohau endet der Honoapiilani Highway (Hwy 30) und geht in den weniger gut ausgebauten Kahekili Highway (Hwy 340) über. Entgegen den Angaben auf zahlreichen Touristenkarten, wo die Strecke entweder als Schotterpiste gekennzeichnet oder aber gar nicht eingezeichnet ist, ist die Straße an der wenig entwickelten Nordostküste durchgehend asphaltiert und läßt sich ohne Probleme befahren. Sie ist allerdings sehr bergig, kurvenreich und teilweise nur einspurig, aber zahlreiche Ausweichstellen lassen auch Gegenverkehr  nicht zu einem Problem werden. Die fahrerrischen Anstrengungen werden aber durch die spektakulären Ausblicke auf die unberührte Kustenlandschaft mehr als entschädigt. Besonders gut hat uns die Region um den weithin sichtbaren Kahakuloa Head gefallen. Da man auf diesem Streckenabschnitt oftmals noch nicht einmal die vorgeschriebenen 15 mph einhalten kann, sollte man sich etwas Zeit mitbringen, aber es lohnt sich. Ab Waihee ist die Straße wieder sehr gut ausgebaut und wir erreichten über Wailuku wieder zügig die Westküste. Von einem Aussichtspunkt an der Maalaea Bay konnten wir mit dem Fernglas einige Buckelwale beobachten. Kurze Zeit nachdem wir unser Hotel in Lahaina wieder erreicht hatten fing es an zu regnen, so daß wir mit unserem herrlichen Sommerwetter wieder einmal Glück gehabt hatten.

Auch während der Nacht hat es weiter geregnet, aber am nächsten Morgen hatte sich das Wetter wieder beruhigt und wir machte uns bei strahlend blauem Himmel auf den Weg zur Südwestküste. Durch die Wasserzufuhr aus dem regenreichen Haleakala Massiv konnten an der trockenen Küste traumhafte Strände mit Palmen und üppiger Vegetation entstehen, so wie man sie sich auf Hawaii vorstellt. Vorbei an der Kealia Pond NWR erreichten wir als erstes den Ort Kihei, der sich über 10 km Länge an die Küste schmiegt und über zahlreiche hervorragende Strände verfügt. Im nördlichen Ortsbereich steht im Maipoina Oe lau Beach Park ein von zwei Totempfählen eingesäumtes Denkmal zu Ehren von Kapitän George Vancouver, der 1793 an dieser Stelle landete. Von den zum Teil schmalen Strandabständen, die durch Lavafelszungen voneinander getrennt sind, hat man einen herrlichen Blick über die Maalaea Bay auf die West Maui Mountains. Richtig paradiesisch wird die Küste aber erst südlich von Makena, wo die Hotelkomplexe und die touristische Infrastruktur aufhören. Am Puu Olai, einem 110 m hohen Aschekegel, liegt die in Big und Little Beach unterteilte Makena Beach, die der Traumvorstellung eines hawaiianischen Strandes entspricht. Von hier aus hat man auch einen schönen Blick auf Molokini, eine kleine, hufeisenförmige Insel, die aus den Überresten eines weitestgehend im Meer versunkenen Kraters besteht und die bis zu 45 m aus dem Meer ragt. Noch weiter südlich wird die Straße immer schmaler und führt schließlich als einspuriger Weg durch die Ahihi-Kinau Natural Area Reserve, einem Schutzgebiet für die seltene Meeresflora und -fauna, sowie für den jüngsten Lavastrom Mauis aus dem Jahre 1790. Bei diesem gewaltigen Ausbruch des Haleakala entstand die Lavalandzunge des Cape Kinau, ein Teil des heutigen Schutzgebietes. An der La Perouse Bay endet die befahrbare Straße inmitten eines riesigen Feldes aus geröllartiger aa-Lava. Auf dem Rückweg zum Hotel hielten wir noch einmal am Papawai Point, wo wir wieder Buckelwale beobachten konnten, die heute so nah an der Küste waren, daß sie auch ohne Fernglas sehr gut zu erkennen waren. Von diesem Punkt bietet sich, vor allem am Nachmittag, ein schöner Blick auf das von der Sonne beschienenen Haleakala Massiv. Vom Hotel aus gingen wir zum Hafen, wo neben zahlreichen Ausflugsbooten auch die Carthaginian II, die Rekonstruktion einer Brigg aus dem 19. Jahrhundert, liegt. Diese Schiffe bewerkstelligten in der damaligen Zeit als kleine und schnelle Frachtschiffe den Warenaustausch zwischen den Inseln. Nachdem die originale Carthaginian 1972 vor Lahaina auf ein Riff lief und sank, suchte man nach einem möglichen Ersatz und fand das heutige Schiff, das 1920 in Kiel gebaut wurde, unter dem Namen "Komet" in Schweden. Mit eigener Kraft lief die Komet im Sommer 1973 über den Atlantik und durch den Panama-Kanal 15.000 Seemeilen bis Lahaina. Nach siebenjährigen Restaurierungs- und Umbauarbeiten wurde die Carthaginian II als schwimmendes Walfangmuseum im Hafen von Lahaina eröffnet. Von der Mole des Bootshafens genossen wir den schönen Blick auf Lahaina und die West Maui Mountains. Unweit des Hafens steht der größte Banyan-Baum Hawaiis, der 1873 gepflanzt wurde und mittlerweile mit seinen zahlreichen stammartigen Luftwurzeln fast die Hälfte des Court Place einnimmt.

Am nächsten Morgen wollten wir uns die Buckelwale, die wir in den letzten Tagen schon von der Küste aus gesehen hatten einmal aus der Nähe ansehen. Mit der "Lahaina Princess" fuhren wir für zwei Stunden in den Auau Channel, dem bevorzugten Überwinterungsgebiet der Wale, hinaus. Die ersten Buckelwale erreichen die hawaiianischen Gewässer bereits im November, die letzten verlassen sie erst wieder im Mai und die größte Populationsdichte wird zwischen Januar und März erreicht. Vor der Westküste Mauis sind die Buckelwale dann so zahlreich versammelt, daß die Veranstalter der Whale Watching Trips die Sichtung von Walen garantieren. Da die Gewässer als Hawaiian Islands Humpback Whales National Marine Sanctuary geschützt sind, darf kein Boot näher als 100 m an einen Wal heranfahren, aber oftmals interessieren sich diese neugierigen, bis zu 12 m langen und 40 t schweren Meeressäuger für die Boote und schwimmen auf sie zu. Wir hatten Glück und konnten die Wale nicht nur einfach sehen, sie haben sogar ihr gesamtes Showprogramm für uns vorgeführt. Da katapultierten sich diese gewaltigen Tiere aus dem Wasser und wedelten mit ihrer Seiten- oder Schwanzflosse und bliesen in regelmäßigen Abständen das Wasser aus ihren Atemwegen. Die Beobachtung war so aufregend und abwechslungsreich, daß die zweistündige Fahrt viel zu schnell vorüber war. Nach diesem eindrucksvollen Erlebnis zog es uns nun selbst in das mit fast 24° angenehm warme Wasser des Pazifik. Zum Schnorcheln fuhren wir zur Ahihi-Kinau Natural Area Reserve und anschließend badeten wir in der herrlichen Brandung an der Big Beach südlich von Makena. Zurück im Hotel machten wir uns etwas frisch und begaben uns auf den Weg zum Old Lahaina Luau, einem traditionellen hawaiianischen Festessen, das von Musik und Tänzen begleitet wird. Die Spezialität dieses Festes ist das "kalua pig", ein in einem Erdofen (imu) durch glühende Steine gegartes Ferkel. Ergänzt wurde der Speiseplan durch weitere traditionelle Speisen, wie Pulehu (gegrilltes Hähnchen), Mahi Mahi (Fisch), Poki (marinierter roher Thunfisch) und Lomi Lomi Salmon (Lachssalat). Zum Nachtisch gab es dann "Haupia" einen überaus  köstlichen Kokosnuß-Pudding. Wir haben uns bewußt dieses Luau ausgesucht, da es sich um ein rein hawaiianisches handelt, während viele der anderen angebotenen Veranstaltungen mehr polinesischen Charakter haben. Die Hula-Show, die sich an das Essen anschloß, war dann auch sehr gut gemacht und erzählte die Geschichte Hawaiis von der Erstbesiedlund durch Polynesier bis in die heutige Zeit. Uns hat das Luau gut gefallen und wir konnten nach drei Stunden Festessen mit Rahmenprogramm den Werbeslogan verstehen, daß kein Hawaii-Besuch ohne Luau komplett sei.

Noch immer satt vom Luau am Vorabend genügte uns ein kleines Frühstück, ehe wir uns auf den Weg zum Iao Valley SP machten, der westlich von Wailuku an der regenreichen Ostküste liegt. Samtene, moosbewachsene Felsen umrahmen das saftig grüne Iao Valley und seinen Mittelpunkt, die Iao Needle, einen 686 m hohen Basaltturm, der den Einheimischen auf Maui heilig ist. Die Gewalt fließenden Wassers hat die "Nadel" aus einem natürlichen Altar in einer alten, vulkanischen Caldera gelöst. Einer hawaiianischen Legende zufolge entstand die Nadel jedoch als der Halbgott Maui einen ungebetenen Freier seiner bildschönen Tochter Iao, den Wassermann Puukamona, gefangenengenommen hatte und ihn auf Befehl der Feuergöttin Pele nicht töten durfte, sondern ihn stattdessen in einen Stein, die Iao Needle, verwandelte. Im Iao Tal tobte 1790 die blutige "kepaniwai-o-lao-Schlacht zwischen Kamehameha I. und dem Maui-Herrscher Kalanikupule, bei der Kamehameha die Herrschaft über die Insel gewann. Die Landschaft ist grandios in ihrer Schroffheit und einige gut angelegte Spazierwege biete schöne Aussichten auf die sich 366 m über das Tal erhebende Iao Needle und die landschaftlich beeindruckende Umgebung. Auf dem Rückweg hielten wir kurz am Kepaniwai County Park, einem architektonischen Denkmal der ethnischen Vielfalt Hawaiis. Hier stehen in einem kleinen Park eine hawaiianische Grashütte, ein philipinisches Reetdachhaus, eine kleine Mission im Neuengland-Stil, sowie ein portugisischer, chinesischer und japanischer Garten. Uns gefiel diese Anlage jedoch nicht so gut, so daß wir zu den ebenfalls noch im Iao Valley gelegenen Tropical Gardens of Maui weiterfuhren. In diesem schön angelegten kleinen botanischen Garten konnten wir zahlreiche tropische Blumen und Gewächse bestaunen, darunter auch sehr viel Orchideen. Annschließend besuchten wir das Halekii-Pihanakalani Heiaus SM, das in der Nähe von Waiehu auf einem Hügel liegt. Die beiden Tempelruinen sind die wichtigsten historischen Stätten Mauis aus der Zeit vor der europäischen Entdeckung. Die exponierte Lage der Tempel ermöglicht einen weiten Blick über die Ostküste Mauis bis hin zum Haleakala. Von Waiehu aus fuhren wir noch einmal auf dem schmalen und kurvenreichen Kahekili Highway an der rauhen und beeindruckenden Nordostküste entlang. Wiederum hatte es uns das Gebiet um die kleine Siedlung Kahakuloa besonders angetan. Über den gut ausgebauten Honoapiilani Highway kamen wir dann schnell wieder nach Lahaina zurück. Nach einem kurzen Einkauf fuhren wir zur Kailiili Beach südlich von Olowalu, wo wir beim Schnorcheln zahlreiche farbenfrohe tropische Fische und Korallen bewundern konnten. Dieses Schnorchelrevier hat uns so gut gefallen, daß wir beschlossen haben, uns mit einer der hier allerorts angebotenen Einweg-Unterwasser-Kameras zu bewaffnen und noch einmal zurückzukehren.

Am nächsten Morgen machten wir uns schon um kurz vor 7 Uhr auf den Weg um die berühmteste Straße Mauis, "The Road to Hana", in Angriff zu nehmen, die auch als die spektakulärste Küstenstraße aller Hawaii-Inseln gilt. Die ersten 30 km ab Kahului sind gut ausgebaut, danach weißt ein Schild mit der Aufschrift "Narrow Winding Road Next 30 Miles" auf das Ende der Ausbaustrecke hin. Der Hana Highway windet sich jetzt oft hoch über dem Meer durch dschungelartigen Regenwald an der zerklüfteten Küstenlinie entlang und bietet immer wieder phantastische Ausblicke. Bis Hana liegen noch 617 Kurven und 56 einspurige Brücken vor einem. Ohne Stop kann man diese Strecke in etwa zwei Stunden bewältigen, doch der Hana Highway ist nichts für Eilige, viele Wasserfälle und Haltebuchten mit herrlichem Blick auf die ungewöhnlich dicht bewachsene Küstenlinie brauchen ihre Zeit. Unsere erste kurze Wanderung unternahmen wir auf dem Waikamoi Ridge Trail, einem Rundweg durch die üppige Regenwaldvegetation, die den in einem Reiseführer angekündigten Blick auf den Hana Highway leider nicht mehr ermöglichte. Es folgten innerhalb kurzer Zeit drei Wasserfälle in unmittelbarer Nähe der Straße: Bei den Waikamoi Falls (Milemarker 10) fällt der gleichnamige Fluß in ein baumumstandenes kleines Becken. Nur eine Meile weiter befindet sich mit den Puohokamoa Falls ein weiterer schöner Wasserfall, nur wenige Gehminuten von der Straße entfernt. Da es hier mehr Parkplätze und auch Picknicktische gibt, ist er der meist besuchte der Dreiergruppe. Die Haipuaena Falls liegen etwas versteckt und sind von der Straße nicht einsehbar. Der Zugang zu den Fällen befindet sich eine halbe Meile hinter Meilmarker 11 direkt hinter der Brücke, wo es auch eine kleine Haltebucht gibt. Der kleine Wasserfall einen kurzen Weg flußaufwärts fällt in einen schönen Pool, der so tief  ist, daß er sich auch zum Schwimmen eignet. Nur kurze Zeit später liegt rechter Hand der Kaumahina State Wayside Park, in dem ein kurzer Spazierweg unter den großen Eukalyptusbäumen des Parks zu einer Aussichtsstelle führt, die einen Blick über die Keanae Peninsula und den Pazifik freigibt. Die nächsten 8 km bis zur Keanae Peninsula bietet der Hana Highway hinter jeder Kurve einen neuen phantastischen Blick auf die Küstenlinie. Die palmengesäumte Halbinsel ermöglicht einen Blick zurück auf den spektakulären Verlauf des Hana Highway. In Keanae steht die 1860 aus Lavafelsen und Korallenmörte erbaute Kirche "Lanakila Ihiihi O Iehova Ona Kaua". Zurück auf dem Hana Highway erreichten wir nach kurzer Zeit den Keanae Peninsula Lookout, der einen Überblick über die gesamte Halbinsel ermöglicht (Meilmarker 17). Im Puaa Kaa State Wayside Park fällt direkt neben der Straße ein Wasserfall in ein kleines Becken. Die Attraktionen im Waianapanapa SP sind die schwarzsandige Pailoa Bay mit einem natürlichen Lavabogen und zwei Höhlen aus eingestürzten Lavaröhren. Einer Legende nach tötete der Häuptling Kaakaea seine Frau Popoalaea in der schwarzen Doppelhöhle, weil er sie verdächtigte, ein Liebesverhältnis mit ihrem jüngeren Bruder zu haben. Da sich die Tat im April abspielte, soll sich alljährlich im April das Wasser um die Höhlen blutrot verfärben. Die nüchternere wissenschaftliche Erklärung dieses Phänomens sind riesige Schwärme kleiner roter Garnelen, die sich zu dieser Jahreszeit dort sammeln. Hier beginnt der Hana-Waianapanapa Trail, ein Wanderweg an der rauhen Küste entlang bis nach Hana. Über Hana, das sich aufgrund seiner abgeschiedenen Lage seinen ursprünglichen hawaiianischen Charakter hat weitgehend erhalten können, fuhren wir auf der jetzt Piilani Highway genannten, immer schmaler werdenden Straße weiter gen Süden. Ein kurzer Rundweg auf der Haneoo Road führte uns an die Küste und bot einen schönen Blick auf Alau Island. Kurz bevor wir die Kipahulu Area des Haleakala NP erreichten, kamen wir an den 30 m hohen Wailua Falls vorbei, die direkt an der Straße liegen. Das Kipahulu Valley, ein großes Regenwaldtal zieht sich vom Ostrand des Haleakala Kraters bis zur Küste des Pazifik hinunter. Satte Farben beherrschen hier die Küste: azurblaues Meer, schwarzer Fels, silbrige Wasserfälle, grüner Wald und grüne Wiesen. Schon in früher polynesischer Zeit, vor über 1.200 Jahren, wurde hier Ackerbau betrieben. In der Oheo Gulch hat das aus den Höhen des Haleakala herabfließende Wasser des Oheo Stream in faszinierender Kurvenführung und zahlreichen Kaskaden einen Lavastrom durchschnitten. Insgesamt 24 Becken am Fuße der einzelnen Kaskaden laden mit kristallklarem Wasser zum Baden ein. Wer allerdings darauf hofft, eines der Becken für sich alleine zu haben, wird aufgrund des starken Besucherandranges enttäuscht werden. Etwa 9 Stunden nachdem wir vom Hotel aufgebrochen waren, hatten wir hier das Ende unseres Ausfluges erreicht und machten uns auf den Rückweg. Nach insgesamt 12 Stunden erreichten wir ziemlich erschöpft wieder unser Hotel. Auch wenn diese Rundfahrt sehr anstregend ist, sollte man die "Road to Hana" auf keinen Fall versäumen und die Straße ist auch längst nicht so schlimm, wie es die T-Shirts mit der Aufschrift "I survived the road to Hana" vermuten lassen.

Aufgrund der Anstrengungen stellten wir uns für den nächsten Morgen keinen Wecker und schliefen mal wieder aus. Nach dem gemütlichen Frühstück machten wir uns auf einen Bummel durch Lahaina, dessen gesamte Altstadt seit 1964 als National Historic Landmark unter Denkmalschutz steht. Von 1802 bis 1843 war Lahaina die Hauptstadt des Königreiches Hawaii und zwischen 1830 und 1871 befand sich hier der bedeutendste Walfängerhafen im Pazifik. Obwohl der kleine Ort heute eines der wichtigsten touristischen Zentren Mauis ist, konnte er seinen Charme dank umfangreicher Restaurierungsarbeiten bewahren. Wir begannen unseren Rundgang in der Wainee Street, an der auch unser Hotel liegt. Hier steht das Hale Paahao, das 1852 erbaute ehemalige Gefängnis der Stadt, dessen Außenmauer von inhaftierten Arbeitern unter Verwendung von Korallenblöcken errichtet wurde. Das Wachhaus und die Zellen, in denen vor allem Seeleute während der wilden Walfängerzeiten einsaßen, wurden 1988 restauriert. In der Hongwanji Mission, einem 1927 erbauten buddhistischen Tempel, werden auch heute noch regelmäßig Gottesdienste abgehalten. Die Waiola Church, ebenfalls noch in der Wainee Street gelegen, wurde als erste Steinkirche Hawaiis zwischen 1828 und 1832 erbaut. Nach viermaliger Zerstörung durch Wirbelstürme und Feuer stammt das heutige Gebäude aus dem Jahre 1953. Der angrenzende Friedhof wurde 1823 angelegt und war die erste christliche Begräbnisstätte Hawaiis. Hier ruhen zahlreiche Berühmtheiten aus den Anfängen der Monarchie, darunter König Kauanualii und Königin Keopuolani, die Frau von Kamehameha I. An der Front  Street, der Lebensader Lahainas, steht das 1834 aus Lavagestein und Korallenmörtel erbaute Baldwin House, das älteste noch erhaltene Gebäude in Lahaina. Es diente von 1837 bis 1871 dem protestantischen Missionar und Arzt Dwight Baldwin und seiner neunköpfigen Familie als Wohnung und Arztpraxis. Die Lahaina Restauration Foundation hat das Gebäude Anfang der 60er Jahre restauriert und die original eingerichteten Räume sind als Museum zu besichtigen. Direkt neben dem Baldwin House steht The Master´s Reading Room, ein ursprünglich als Lagerhaus für die Mission geplantes Gebäude, das während der Walfängerzeit als Treffpunkt und Aufenthaltsraum der Schiffsoffiziere genutzt wurde. Von der Front Street hatten wir dann noch einmal einen schönen Blick auf die im Hafen verankerte Carthaginian II. Der weitere Bummel entlang der Front Street führte an alten Häusern im Pionierstil vorbei. Beachtenswert ist unter anderem der Wo Hing Temple von 1912, einst Sitz der weltweiten chinesischen Bruderschaft Chee Kung Tong,  heute ein Museum zu Ehren der chinesischen Einwanderer. Auf dem Rückweg zum Hotel sahen wir uns noch die Maria Lanakila Church, eine 1928 erbaute steinerne Replika der ursprünglichen, 1858 errichteten hölzernen Kirche an. Anschließend fuhren wir mit dem Auto zu den Beach Resorts in Kaanapali, hielten es dort aber aufgrund des übertriebenen Touristenrummels nicht sehr lange aus. Ein Bad im Hotelpool beendete dann diesen geruhsamen Tag und wir gingen rechtzeitig schlafen, denn morgen werden wir bereits um 2 Uhr aufstehen, um den Sonnenaufgang auf dem Haleakala zu erleben.

Von Kahului erreichten wir über den Haleakala Highway (Hwy 37 und 377) und die Haleakala Crater Road (Hwy 378) den Gipfel des 3.055 m hohen Vulkanberges. Auf keiner anderen Straße der Erde gelangt man über eine Entfernung von nur knapp 60 km vom Meeresniveau auf über 3.000 m. Man durchquert dabei mehrere Klima- und Vegetationszonen, vom feuchttropischen Tiefland zur subalpinen Wüste. Der Name Haleakala, "Haus der Sonne", geht auf eine Legende der polynesischen Einwanderer zurück: Der Halbgott Maui, dessen Namen die Insel trägt, stieg eines Nachts auf den Vulkan und lauerte der Sonne auf, bis sie ihre Strahlen über den Kraterrand streckte. Mit Seilen fesselte er ihre Strahlen und hielt sie solange zurück, bis sie versprochen hatte, künftig so langsam über das Himmelszelt zu wandern, daß Mauis Mutter, die Göttin Hina, ihre täglichen Arbeiten bei Tageslicht würde verrichten können. Die Hauptattraktion des Haleakala NP ist die riesige Gipfelmulde des Haleakala, die fälschlicherweise als Krater bezeichnet wird. In Wirklichkeit handelt es sich um ein 12 km langes, 4 km breites und über 800 m tiefes Verwitterungsbecken. Starke, durch Steigungsregen verursachte Niederschläge haben den obersten Teil des Vulkans zu diesem auch Erosionscaldera genannten Verwitterungsbecken ausgeweitet, was den Haleakala zum größten ruhenden Vulkan der Welt macht. Durch kleinere Ausbrüche in jüngerer Zeit entstanden in diesem Kessel etwa ein Dutzend kleinere Vulkankegel in verschiedenen, reizvollen Farbschattierungen. Leider waren die Aussichtspunkte am Puu Ulaula, dem 3.055 m hohen auch Red Hill genannten Gipfel und am gut 50 m tiefer gelegenen Visitor Center von Wolken umhüllt, so daß der Sonnenaufgang nicht zu dem erhofften spektakulären Erlebnis für uns wurde. Wir haben es aber dennoch nicht bereut mitten in der Nacht aufgestanden zu sein und waren froh, daß wir unsere dicken Winterjacken und GoreTex-Hosen dabei hatten, die vor der Kälte und dem eisigen Wind schützten. Auch nach dem Sonnenaufgang hielten sich die Wolken in der Gipfelregion, so daß wir und wieder auf den Rückweg machten. Am Kalahaku Overlook befanden wir uns unterhalb der Wolken, so daß wir von hier aus einen schönen Blick in den "Krater" des Haleakala und auf sieben seiner kleineren Vulkankegel hatten. In den Krater selbst führt keine Straße, aber er läßt sich auf fast 50 km gut ausgeschilderten Wegen erwandern. In einem kleinen Areal am Parkplatz dieses Aussichtspunktes wächst  "ahinahina" oder Silversword, eine zur Familie der Sonnenblumen gehörende, vom Aussterben bedrohte Pflanze. Silversword ist endemisch, d.h. es wächst nur auf Hawaii und nur am Haleakala hat man die Chance es zu sehen. Die Blätter sind silberfarben und dolchartig geformt, sie stehen bei der Jungpflanze in einem großen, den Stamm verdeckenden Büschel zusammen. Im Alter zwischen 7 und 20 Jahren entwickelt sich im Mai/Juni, ähnlich wie bei Agaven, ein Stand mit 100 bis 500 rötlich-lilafarbenen Blüten, der zwischen Juli und August eine Höhe von 1 bis 3 m erreicht. Die Pflanze blüht nur eine Woche, sobald sich die Samen entwickelt haben, stirbt sie ab und verdorrt. Der Leleiwi Overlook bot einen weiteren Blick in Krater, aus einer etwas anderen Perspektive. Zum Abschluß unseres Besuches spazierten wir in der Hosmer Grove durch eine 1910 von dem Förster Ralph Hosmer angepflanzte Baumsammlung. Hosmer pflanzte hier Bäume aus der ganzen Welt an, um ihre Eignung als Schutz- und Nutzwald im hawaiianischen Klima zu testen. Die  meisten seiner Probanten kamen jedoch mit den Bedingungen ihres neuen Ökosystems nicht zurecht und so wurde der Gedanke eine kommerzielle Holzwirtschaft aufzuziehen nicht weiter verfolgt. Mit der Gründung des Haleakala NP 1916 wurde diese Anpflanzung in das Parkgebiet integriert. Der 116 km² große Park umfaßt nicht nur das Haleakala Massiv, sondern auch das große Regenwaldtal des Kipahulu Valley, das sich bis zur Küste erstreckt. Diese gegensätzlichen Welten von Gebirge und Küste sind als International Biosphere Reserve auch von den Vereinten Nationen unter Schutz gestellt. Auf dem weiteren Weg zurück zu Küste hatten wir von der Haleakala Crater Road einen schönen Blick auf den schmalen Schwemmlandteil, der den Haleakala mit dem kleineren Vulkan Puu Kukui im Westen verbindet. Im Hotel haben wir dann etwas von dem Schlaf nachgeholt, auf den wir in der vergangenen Nacht verzichten mußten. Gut erholt wollten wir dann am Kailiili Beach bei Olowalu Schnorcheln, mußten dieses Vorhaben aber aufgrund der aufgewühlten See, die keinerlei Sicht ermöglichte, wieder aufgeben.

In der Nacht kam ein heftiger Sturm auf, zu dem sich am Morgen dann auch noch Regen gesellte. Wir machten uns auf den Weg zur Ostseite der Insel, wo das Wetter zum Glück besser war. Über den Kula Highway (Hwy 37) fuhren wir in den Upcountry genannten, trockenen südöstlichen Teil Mauis. In Waiakoa sahen wir uns die achteckige Church of the Holy Ghost an, die 1897 von portugiesischen Einwanderern im Stile ihrer Heimat erbaut  wurde. Besonders schön sind die zahlreichen Flachreliefarbeiten aus Portugal und der in Österreich gefertigte Altar. Da die Kirche 1992 aufgrund eines Termitenproblems komplett renoviert wurde, ist sie jetzt in einem hervorragenden Zustand. Unseren nächsten Stop machten wir an den zur Ulupalakua Ranch gehörenden Tedeschi Vineyards, wo wir die 1974 gegründete einzige Weinkellerei Hawaiis besuchten. Auf 8 ha wachsen in 650 m Höhe Rebstöcke der kalifornischen Zuchtsorte "Carnelian", die nach zwei Testjahren ausgewählt wurden. Während dieser Testphase begann man in der Tedeschi Winery mit der Produktion von Ananaswein, der auch heute noch wesentlicher Bestandteil der angebotenen Produktpalette ist. Sämtliche angebotenen Wein- und Champagnersorten können vor Ort probiert werden und halbstündig werden Führungen durch die Weinkellerei angeboten. Mit einem Ananaswein fürs Abendessen versorgt, machten wir uns wieder auf den Weg. Südlich der Winery beginnt der Piilani Highway, auf dem man, zumindest mit einem Geländewagen, die Insel im Südosten umrunden kann. Wir fuhren auf den ersten, noch recht gut ausgebauten 20 km durch den Lavafluß von 1790 an der immer bizarrer werdenden Küste entlang. Bei einem natürlichen Lavabogen in der Nähe des Milemarker 28 kehrten wir um und fuhren an die Nordostküste. Im Hookipa Beach Park sahen wir den Windsurfern bei ihren akrobatischen Kunststücken zu und besuchten anschließend in Paia die Maui Crafts Guild, eine Austellung ortsansässiger Künstler und Handwerker. Zurück im Hotel schmeckte uns der Ananaswein vorzüglich.

Unseren letzten Tag auf Maui ließen wir geruhsam angehen und fuhren nach dem Frühstück zu dem pittoresken viktorianischen Bahnhof in Lahaina. Von diesem Bahnhof fährt mehrmals täglich die Lahaina-Kaanapali & Pacific Railroad (L-K & P RR) auf der etwa 10 km langen Strecke nach Kaanapali und zurück. Diese Strecke durch die Zuckerrorhrplantagen ist das einzige noch genutzte Teilstück der von 1890 bis 1910 erbauten Zuckerrohrtransportbahn, die für den Transport von den Plantagen zu den Zuckerrohr-Mühlen die Ochsenkarren ersetzte. Obwohl sie heute nur noch Touristen befördert, hat sie immer noch den Beinamen "Sugar Cane Train", Zuckerrohr-Zug. Da die Schienen weitestgehend parallel zum Highway verlaufen, verzichteten wir auf die Zugfahrt und begnügten uns damit die Einfahrt des nostalgischen, fotogenen Zuges in den Bahnhof zu beobachten. Im Büro der Pioneer Mill in der Lahainaluna Road holten wir uns eine kostenlose Erlaubnis dafür, durch die Zuckerrohrfelder der Gesellschaft zu den Petroglyphen in der Nähe von Olowalu wandern zu dürfen. Der Feldweg beginnt direkt hinter dem General Store in Olowalu und wer sich durch das "Private Property - Keep Off"-Schild der Zuckerrohr-Plantage nicht abschrecken läßt, kann auf den Erlaubnisschein auch verzichten. Der etwas holprige Weg führt zu einer Lavaklippe, auf deren Stirnseite sich die 200 bis 300 Jahre alten Felszeichnungen befinden, die Hawaiianer beim Fischen, Kanufahren und Weben zeigen. Leider haben auch "moderne Künstler" ihre Schmierereien auf dem Felsen hinterlassen, aber der etwa 20minütige Weg lohnt sich trotzdem. Den Nachmittag verbrachten wir an unserem Lieblingsstrand, dem Big Beach südlich von Makena. Bei herrlichem Wetter genossen wir den Ausblick auf Molokini und Kahoolawe, die unbewohnte Nachbarinsel Mauis. Das Baden war zwar aufgrund der 2 bis 3 m hohen Brandung nicht ganz ungefährlich, hat aber, wenn man den Weg über die Brandung ins Wasser einmal geschafft hatte, riesigen Spaß gemacht. Nach dem Abendessen schlenderten wir noch einmal durch Lahaina und gönnten uns zum Nachtisch ein köstliches Lappert´s Eis. Diese Eiscreme wird seit 1983 von dem Österreicher Walter Lappert und seiner Frau Mary auf Kauai produziert und hat die hawaiianischen Inseln im Sturm erorbert. Was als kleiner Nebenerwerb während des Ruhestandes geplant war, entwickelte sich zu einem boomenden Geschäft und machte  Lappert´s Ice Cream mit inzwischen über 100 Sorten zu dem Eis in Hawaii. Maui hat uns so gut gefallen, daß wir uns für die Erkundung der Insel mehr Zeit gelassen haben, als ursprünglich gedacht war. So ist aus den geplanten Tagesausflügen nach Lanai und Molokai nichts mehr geworden aber aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Damit haben wir einen Grund noch einmal zurückzukommen.

Die Rückgabe des Mietwagens machte keinerlei Probleme und wir flogen mit Aloha Airlines in 35 Minuten von Maui weiter nach Kauai, wo wir eine Woche lang bleiben werden.

Dieses Mal konnten wir auf dem Flughafen auch alle unsere Gepäckstücke in Empfang nehmen und der Mietwagen stand direkt am Terminal für uns bereit. In Kapaa bezogen wir im Plantation Hale Resort eine Ferienwohnung mit Wohnzimmer, Schlafzimmer, Küche und Bad, die fast genauso groß ist, wie unsere Wohnung zuhause. Das Plantation Hale ist eine aus zehn zweistöckigen Gebäuden bestehende Anlage mit mehreren Swimming-Pools und einem Jacuzzi. Nachdem wir ausgepackt und unseren Großeinkauf für die Woche erledigt hatten, sahen wir uns die Umgebung unseres Hotels an. Wir schlenderten durch den Coconut Marketplace, ein sehr gut aufgemachtes Shopping Center und gingen ein Stück an dem felsigen Strand entlang. Nach einem Bad im Jacuzzi und Pool machten wir es uns in unserer schönen Wohnung gemütlich.

Der nächste Tag begann wolkenverhangen und mit leichtem Nieselregen. Da es aber an der Südseite der Insel heute noch besser werden sollte, schlugen wir diese Richtung ein. Wir fuhren auf dem Kuhio Highway (Hwy 56) in Richtung Lihue, bogen aber noch vor der Brücke über den Wailua River auf die Kuamoo Road (Hwy 580) ab. Am Holoholoku und Poliahu Heiau vorbei erreichten wir den Aussichtspunkt auf die Opaekaa Falls, die in mehreren Kaskaden über eine 12 m hohe schwarze Lavaklippe stürzen. Der Name Opaekaa bedeutet "rotierende Garnelen", denn in den Strudeln unter den Wasserfällen sind zahlreiche Süßwassergarnelen zu finden, die sich der Sogwirkung mit eigener Kraft nichr entziehen können. Von der anderen Straßenseite bietet sich ein schöner Blick auf den mäandrierenden Wailua River und die reetgedeckten Hütten des Kamokila Hawaiian Village, eines rekonstruierten althawaiianischen Dorfes, in dem das Leben der Hawaiianer in früheren Zeiten demonstriert wird. Der immer stärker werdende Regen hatte uns innerhalb kürzester Zeit vollständig durchnäßt und wir unternahmen in Lihue einen Einkaufsbummel, bis sich das Wetter gebessert hatte. Vom Shopping Center erreichten wir über die Rice Street den Nawiliwili Harbor, den wichtigsten Handelshafen Kauais. Die Hulemalu Road brachte uns vom Hafen zu dem Aussichtspunkt über den Menehune Fishpond, der auch unter dem Namen Alakoko Fishpond bekannt ist. Von einem etwa 270 m langen, bis zu 3 m hohen und 80 cm breiten Damm aus gebrannetn Ziegeln, der heute mit Mangroven bewachsen ist, wird das Wasser des Huleia Stream in einem abgetrennten Becken aufgestaut. Dieses Becken wurde ursprünglich zur Zucht von Meeräschen benutzt, ist jetzt aber nichr mehr funktionsfähig, da ein Teil des Dammes eingestürzt ist. Eine Sage berichtet, daß die Menehune diesen Damm in einer einzigen Nacht zu Ehren einer Prinzessin und ihres Bruders errichteten. Die beiden hielten sich jedoch nicht an die Absprache und beobachteten die Menehune bei der Arbeit. Zur Strafe erstarrten sie zu zwei Steinsäulen. Der Aussichtspunkt bietet nicht nur einen schönen Blick auf den Fishpond, sondern auch auf den Huleia Stream und die Haupu Ridge im Hintergrund. Über Nebenstraßen erreichten wir in Puhi den Kaumualii Highway (Hwy 50), dem wir in südwestlicher Richtung folgten. Direkt an der Abzweigung der Maluhia Road (Hwy 520) in Richtung Koloa führt die Straße auf ungefähr 1 km durch den "Eucalyptus Tree Tunnel", einen schattigen Blättertunnel. In Koloa wurde 1835 die erste Zuckerrohrplantage Hawaiis in Betrieb genommen und die Stadt war zwischen 1840 und 1879 ein blühende Zentrum der Zuckerrohrproduktion. In dem sehr schön restaurierten Ort erinnern heute die Ruinen der ersten Zuckermühle Kauais an diese Zeit. Die Straße endet in Poipu, wo es neben den herrlichen Stränden auch noch das Spouting Horn Blowhole zu sehen gibt. Durch eine mit dem Ozean verbundene Lavaröhre schießt, bei entsprechender Brandung, eine geysirähnliche Fontäne, begleitet von einem fauchenden Laut, hoch in die Luft. Auf dem Rückweg zum Hotel bogen wir in Lihue auf  die Maalo Road (Hwy 583) ab, die sich durch Zuckerrohrfelder schängelt und an den fotogenen, 24 m hohen Wailua Falls endet. Wailua bedeutet "zwei Wasser" und bezieht sich auf das Erscheinungsbild als Doppelwasserfall, der aber nach starkem Regen auch schon mal zu einem gewaltigen Fall zusammenwächst. Bei mittlerweile blauem Himmel fuhren wir noch einmal zu den Opaekaa Falls und hielten diesmal auch an den Ruinen des Poliahu Heiau an. Dieser Heiau ist nach der Schneegöttin Poliahu, einer Schwester der Feuergöttin Pele benannt und diente als "luakini heiau", d.h. in ihm wurden Menschen geopfert. Von hier aus hat man einen schönen Blick auf den Wailua River bis hin zu dessen Einmündung in den Pazifik. Vom Hotel aus gingen wir zum Coconut Marketplace, wo wir uns eine kostenlose, halbstünndige Hula Show ansahen. Zum Abschluß des Tages ging es dann in den Pool und Jacuzzi des Hotels.  

Bei herrlichem Wetter machten wir uns am nächsten Morgen auf den Weg zur größten Attraktion auf Kauai, dem Waimea Canyon, der auch als "Grand Canyon des Pazifik" bezeichnet wird. Am Milemarker 14 bietet der Kaumualii Highway (Hwy 50) einen grandiosen Blick über das Hanapepe Valley, einen im unteren Teil fruchtbaren, rotfelsigen Canyon. In Kekaha bogen wir auf die Kokee Road (Hwy 550) ab, die in einem kurvenreichen Verlauf zum Rand des Waimea Canyon aufsteigt. Mehrere Haltebuchten bieten schöne Ausblicke auf das Katioana Valley und die Südwestküste mit den vorgelagerten Inseln Niihau und Lehua. Der Waimea Canyon ist etwa 1.100 m tief, bis zu 3,2 km breit und 16 km lang und damit nicht nur wesentlich kleiner als der Grand Canyon, er ist auch ungefähr 200 Millionen Jahre jünger. Dennoch braucht der Grand Canyon des Pazifik den Vergleich mit seinem großen Bruder in Arizona nicht zu scheuen, denn mit seinen roten Canyonwänden, der tropischen Vegetation und den zahlreichen Wasserfällen ist er wirklich spektakulär. Kurz nach der Einmündung der Kokee Road in den Waimea Canyon Drive erreichten wir die Grenze des Waimea Canyon SP. Einen ersten Eindruck von dieser phantastischen Landschaft vermittelt der 500 m lange Iliau Nature Loop Trail. Er ermöglicht einen grandiosen Panoramablick über den Canyon und auf die von einer Klippe herabstürzenden Waialae Falls. Vom Waimea Canyon Lookout sieht man auch die drei kleinen Canyons, die von den Nebenflüssen Waialae, Koaie und Poomau gebildet werden und zusammen mit dem Hauptcanyon eine gewaltige und einprägsame Landschaftskulisse bilden. Im weiteren Verlauf der Straße ermöglichen mehrere Haltebuchte einen wunderschönen Blick auf die 244 m hohen Waipoo Falls. Der Puu Hinahina Lookout hat zwei Aussichtspunkte, von denen der eine aus gut 1.100 m Höhe einen Blick über den gesamten Canyon bis zur Küste bietet. Der zweite Ausblick auf die Küste und die Inseln Niihau und Lehua war für uns leider durch tiefhängende Wolken versperrt. Die Kokee Road führt weiter in den Kokee SP, einem großen Waldgebiet oberhalb der rauhen Na Pali Coast. Das zum Park gehörende Kokee Museum erläutert die lokale Flora und Fauna, sowie die Entstehung des Waimea Canyon. Atemberaubendes Ziel am Ende der Straße ist der Puu O Kila Lookout auf 1.256 m Höhe, von dem aus man über das Kalalau Valley auf den Pazifik blickt. Wir hatten zwar keinen Blick in das Tal, da es sich vollständig mit Wolken gefüllt hatte, konnten dafür aber den phantastischen Blick über die Wolkendecke genießen. Auf dem Rückweg hatten wir vom Kalalau Lookout einen weiteren Blick auf das wolkenverhangene Kalalau Valley. Über den Waimea Canyon Drive, der noch einmal einen schönen Blick über den gesamten Canyon bietet, kamen wir zurück zum Hwy 50 und fuhren, mit einem Zwischenstop am Hauptsitz von Lappert´s Ice Cream in Hanapepe, zum Hotel zurück.

Wie schon auf den anderen Inseln, hatten wir auch hier wieder sehr viel Glück mit dem Wetter, es blieb erst einmal sonnig und trocken. Wir nutzten den nächsten schönen Tag für eine Fahrt an die normalerweise sehr regenreiche Nordküste Kauais. Unseren ersten Stop machten wir im Kilauea Point NWR, einem Naturschutzgebiet auf der namensgebenden Halbinsel, dem nördlichsten Punkt Kauais. Seit 1913 steht auf der äußersten Klippe der Halbinsel, 75 m hoch über dem Pazifik das Kilauea Lighthouse, dessen Licht 140 km weit auf das Meer hinausreichte. Seit 1976 ist der Leuchtturm nicht mehr besetzt, ein automatisches Leuchtfeuer hat den Leuchtturmwärter ersetzt. Von der Spitze des Kilauea Point hatten wir einen schönen Blick auf den vorgelagerten Mokuaeae Rock, auf dem zahlreiche Seevögel leben, auf eine Albatros- und Tölpelkolonie und wir konnten Fregattvögel, Buckelwale und Hawaii-Gänse (Nene) beobachten. Der Aussichtspunkt am Milemarker 25 des Kuhio Highway (Hwy 56) bietet mehr als es auf den ersten Blick scheint. Zwar ist der Blick in das sattgrüne Tal des Kalihiwai River, in dem unter anderem die sehr schön blühenden Afrikanischen Tulpenbäume stehen, schon recht imposant, aber es gibt auch noch drei Wasserfälle in der Nähe zu entdecken. Ein kleiner Fall stürzt sich am östlichen Ende der Parkbucht in das Kalihiwai Valley, ein weiterer befindet direkt an der Straße, ein Stück weit in Richtung Lihue. Die höchsten, schönsten und am weitesten entfernten Wasserfälle sind die Kalihiwai Falls, die man von der Kalihiwai Bridge landeinwärts schauend entdecken kann. Am Ortsausgang von Princeville bietet der Hanalei Valley Lookout einen spektakulären Blick aus der Vogelperspektive in das vom Hanalei River durchzogene und von Tarofeldern bedeckte Hanalei Valley. Weite Teile des Tales stehen als Hanalei NWR unter Naturschutz und bieten bedrohten hawaiianischen Wasservögeln einen weitestgehend störungsfreien Lebensraum. Tief in den häufig im Dunst liegenden Tal ist nach einer Sage der Geburtsplatz aller Regenbogen. Die Straße wird jetzt zunehmend schmaler und kurvenreicher und die insgesamt sieben einspurigen Brücken halten auch die großen Tourbusse von diesem Teil der Nordküste Kauais fern. So konnte in dem Gebiet zwischen der Hanalei Brücke und dem Kee Beach am Ende der Straße das ursprüngliche Kauai mit all seiner natürlichen Schönheit erhalten bleiben. Das gilt natürlich besonders für die rauhe nur zu Fuß, per Boot oder aus der Luft zugängliche Na Pali Coast, die sich vom Kee Beach über 35 km in westlicher Richtung bis zum Polihale SP an der Westküste Kauais erstreckt. Auf hawaiianisch bedeutet "na pali" gaz einfach "die Klippen" und die 600  bis 1.000 m hohen, direkt aus dem einige tausend Meter tiefen Meer aufragenden Klippen sind die großartigsten Hawaiis. Der 18 km lange Kalalau trail erschließt diese wildromantische, von zahlreichen tief eingeschnittenen Tälern zerfurchte und durch bizarre Verwitterungsformen im Vulkangestein gekennzeichnete Küstenlinie mit ihrer einmaligen Vegetationsvielfalt. Wir wollten ursprünglich die ersten drei, genehmigungsfreien Kilometer bis zum Hanakapiai Valley wandern, haben dieses Vorhaben angesichts des felsigen, aufgeweichten und gefährlich glitschigen Weges aber sehr schnell aufgegeben. Nach etwa 500 m bot sich uns ein herrlicher Blick auf die Kee Beach und die umliegenden Riffe und nach einer halben Stunde konnten wir einen ersten Blick auf die Na Pali Coast werfen, der uns für die Mühen des Aufstieges mehr als entschädigt hat. Hier machten wir kehrt und erreichten ohne Ausrutscher wieder den Parkplatz an der Kee Beach. Auf dem Rückweg sahen wir uns die direkt an der Straße gelegenen Höhlen Waikanaloa Wet Cave und Maniniholo Dry Cave an, die einer Legende zufolge von der Göttin Pele geschaffen wurden, als sie an der Nordküste Kauais nach einem Zuhause suchte. Zwischen Wainiha und Hanalei sahen wir uns den Lumahai Beach an, der als einer der Traumstrände Hawaiis gilt, auch wenn er wegen gefährlicher Strömungen zum Baden nicht geeignet ist. Für den langen Streifen schwarzen Gesteins haben die Sagen eine passable Erklärung: Ein lügnerisch veranlagter Riese wurde von einem anderen Riesen getötet und ins Meer den Haien zum Fraß vorgeworfen. Die Haie fraßen alles bis auf seine Zunge, die ihnen zu zäh und zu bitter war. Die verlogene Zunge versteinerte dann in Laufe der Zeit am Lumahai Beach. Ein kleiner Pier im Hanalei Beach Park ermöglicht einen schönen Blick auf den Ort und das Küstengebirge bis hin zum Bali Hai, der ersten Klippe der Na Pali Coast. Zurück im Hotel erholten wir uns im Pool und Spa von den Anstrengungen des Tages.

Den nächsten Tag ließen wir etaws ruhiger angehen, er war dabei aber nicht weniger spektakulär. In Lihue reservierten wir uns für den späten Nachmittag einen Hubschrauber-Rundflug und sahen uns danach die Old Lutheran Church an. Die 1881 gebaute Kirche war die erste protestantische Kirche in Hawaii und bildete in ihren ersten Jahren das religiöse Zentrum der deutschsprachigen Einwanderer. Das Innere der Kirche wurde  in Anlehnung an die Schiffe gestaltet, die die Einwanderer nach Hawaii gebracht hatten. Der Fußboden erinnert an Schiffsplanken, die Chorempore symbolisiert die Kapitänsbrücke und von der Decke hängen Schiffslaternen. Das jetzige Gebäude ist ein originalgetreuer Nachbau der 1982 durch den Hurrikan Iwa zerstörten Kirche und gilt als eines der fotogensten Beispiele hawaiianischer Holzkirchen. Als nächstes wollten wir die Olu Pua Gardens in der Nähe von Kalaheo besuchen, die zu den reizvollsten Privatgärten Hawaiis gehören sollen. Da dort aber nur geführte Touren angeboten werden, die es uns nicht erlaubt hätten in Ruhe zu fotografieren und zu filmen, haben wir auf den Besuch verzichtet. Über den Kaumualii Highway (Hwy 50) fuhren wir weiter bis Hanapepe, wo wir zum Baden den südlich der Stadt gelegenen Salt Pond Beach Park aufsuchten. In der Nähe der durch ein Riff geschützten Badebucht befinden sich die noch heute genutzten Salzgärten, die dem Park seinen Namen gegeben haben. Meerwasser wird in flache, quadratische Becken geleitet und läßt nach seiner Verdunstung ein grobes, sehr mildes Salz zurück, das sich als salzige Kruste am Boden der Becken absetzt. Wir genossen den schönen Strand und das herrliche warme Wasser und hatten zusätzlich noch das Glück, daß sich eine der in ihrem Bestand gefährdeten Mönchsrobben ebenfalls diesen Strand für eine Ruhepause ausgesucht hatte. Vom Strand ging es dann zurück nach Lehue, wo wir im Büro von Safari Helicopters auf den Beginn unseres Rundfluges warteten. Um 17 Uhr hoben wir vom Heliport in Lehue ab und der phantastische Flug über die "Garden Isle" begann. Über den südliche Inselteil, wo sich in einem versteckten Tal der Wasserfall befindet, der für die spektakuläre Flugszene in "Jurassic Park" genutzt wurde, flogen wir in den Waimea Canyon und seine kleineren Seitentäler. Auch hier konnten wir zahlreiche Wasserfälle aus der ungewohnten Vogelperspektive bewundern. Der Flug über die Klippen und in die Täler der vom Licht der Abendsonne anggestrahlten Na Pali Coast war ein weiterer Höhepunkt. An der Nordküste entlang und durch das Hanalei Valley gelangten wir in den Waialeale Crater, den regenreichsten Punkt der Erde. Nach einem abschließenden Blick auf die Wailua Falls flogen wir zum Flughafen zurück und der einstündige Rundflug war im wahrsten Sinne des Wortes wie im Flug vergangen. Kauai aus der Luft zu erleben war für uns dank der unvorstellbar üppigen tropischen Vegetation und den unzähligen Wasserfällen ein unvergeßliches Erlebnis und die 130 Dollar pro Person für den Flug waren gut angelegt.

Da die Schönwetterperiode weiterhin anhielt, beschlossen wir ein weiteres Mal an die Nordküste zu fahren. Im Hinterland von Kapaa machten wir uns auf die Suche nach den Hoopii Falls des Kapaa Stream, kamen aber nicht an die Fälle heran. Auf einer Wiese am Kapaa Stream sahen wir uns die von der üppigen Vegetation in Besitz genommenen Überreste ausgedienter Landmaschinen an, ehe wir auf dem Kuhio Highway (Hwy 56) gen Norden fuhren. Bei einem Stop in der Kilauea Point NWR konnten wir wieder Albatrosse, Tölpel und Buckelwale beobachten. Dieses Mal hielten wir auch an dem Aussichtspunkt vor den Toren des Refuge, wo man einen zauberhaften Blick über die Klippen bis zum Leuchtturm hat. Nachdem wir die Kalihiwai Bridge überquert hatten, verließen wir den Highway und bogen zum Anini Beach Park ab. Hier gibt es herrliche Strände zum Schwimmen, aber wir fanden die Schnorchelbedingungen nicht ideal, so daß wir unseren Weg zum Kee Beach am Ende der Straße fortsetzten. Unterwegs hielten wir noch an einem Aussichtspunkt, der uns einen schönen Blick über die Wainiha Bay ermöglichte. Am Kee Beach konnten wir dann trotz der etwas bewegten See die farbenfrohe Unterwasserwelt Hawaiis mit Taucherbrille und Schnorchel erforschen. Die Arten- und Farbenvielfalt war so unglaublich, daß wir uns erst davon losreißen konnten, als wir in dem fast 25° warmen Wasser anfingen zu frieren. Auf dem Rückweg sahen wir uns in Hanalei die 1912 erbaute Waioli Hulia Church an, die mit ihrer grünen Holzfassade der Blickfang des Ortes ist.

Über Nacht hatte es angefangen zu regnen und die Wolken hatten sich auch am nächsten Morgen noch nicht wieder verzogen. Als wir über die Kuamoo Road (Hwy 580) den Ausgangspunkt des Kuilau Ridge Trails in der Nähe des Keahua Arboretum erreicht hatten, fing es erneut an zu regnen, so daß wir auf die geplante Wanderung verzichteten. Auf dem Weg zurück zur Küste verließen wir den Bereich der Regenwolken und hatten so auf unserer weiteren Fahrt entlang Südküste zumindestens wieder schönes Wetter. Auch unser nächster Stop im Kukuiolono Park in Kalaheo verlief anders als geplant. Der in unserem Reiseführer angepriesene, innerhalb eines Golfplatzes gelegene Aussichtspunkt auf die Südküste Kauais, war für den öffentlichen Zugang gesperrt. So mußten wir uns damit begnügen die Puu Road, eine schmale Nebenstraße durch Kaffee- und Zuckerrohrfelder abzufahren, die ebenfalls einen Ausblick auf die Küste ermöglicht und am Kukuiolono Park beginnt. Zur letzten Panne des Tages entwickelte sich unser geplanter Besuch des Polihale SP im äußersten Westen des Insel, der zugleich das Südende der Na Pali Coast markiert. Der Park, in dem der mit 16 km längste Strand der Insel zu finden ist, ist nur über eine etwa 8 km lange ungeteerte Straße zugänglich. Diese "dirt road" war, wahrscheinlich durch den nächtlichen Regen, in einem so schlechten Zustand, daß wir diesen Programmpunkt ebenfalls von der Tagesordnung gestrichen haben. Dafür wurden wir beim Schnorcheln an der Poipu Beach mit zahlreichen farbenprächtigen Fischen entschädigt. Auch im Lydgate SP haben wir uns die Unterwasserwelt Hawaiis noch einmal angesehen. Hier ist das Schwimmen und Schnorcheln besonders für Familien mit Kindern interessant, denn zwei durch Lavagestein vom offenen Meer getrennte Salzwasserpools sorgen für völlig gefahrloses Badevergnügen. Zurück im Hotel wärmten wir uns im Jacuzzi noch etwas auf, ehe wir es uns ein letztes Mal in unserer schönen Ferienwohnung gemütlich machten, denn morgen geht es weiter nach Hawaii.

Ehe wir das Auto wieder bei Alamo abgaben, fuhren wir noch zum Ninini Point, dessen Leuchtturm die nördliche Einfahrt zur Nawiliwili Bucht markiert. Die Rückgabe des Autos und der Transfer zum Flughafen haben wie gewohnt problemlos geklappt und pünktlich um 11.45 Uhr verließen wir Kauai in Richtung Hawaii. Nach einer Zwischenlandung in Honolulu, wobei wir aus dem Flugzeug eine herrliche Aussicht auf Oahu geniessen konnten, kamen wir im Kailua-Kona , an der Westküste Big Islands an. Bei der Mietwagenfirma herrschte reger Betrieb, so daß die Übernahme diesmal etwas länger gedauert hat, als auf den anderen Inseln. Auf dem Queen Kaahumanu Highway (Hwy 19) und dem Mamalahoa Highway (Hwy 11), der auch Hawaii Belt Road genannt wird, erreichten wir Keauhou. Im direkt am Strand gelegenen Keauhou Beach Hotel bezogen wir unser Zimmer. Im Verglaich zu unseren anderen Unterkünften ist dieses Hotel etwas einfacher und wir haben hier auch keine Kochgelegenheit, aber immerhin einen kleinen Kühlschrank. Das wir uns auf den anderen Inseln immer selbst verpflegen konnten, hat uns gut gefallen und uns auch den Wechsel vom Wohnmobil auf die Hotelunterkunft erleichtert. So werden wir auf jeden Fall unser Frühstück selbst machen, denn wir haben vorsorglich etwas Geschirr und Besteck aus dem Roadrunner mitgebracht. Nach dem Auspacken haben wir ein paar Lebensmittel eingekauft und unsere Unterwasserkamera zum entwickeln gegeben. Von den Fotos waren wir angenehm überrascht und da unser Hotel direkt an einem der besten Schnorchelreviere der Insel liegen soll, haben wir uns gleich eine neue wasserfeste Einwegkamera gekauft. Mit einem Erkundungs-Rundgang auf dem Hotelgelände beendeten wir dann unseren ersten Tag auf Big Island.

Am nächsten Tag spielte uns das Wetter einen Streich: Bei herrlichem Wetter verließen wir unser Hotel auf der sonnigen Westseite und wollten den Sonnenschein für den Besuch des Hawaii Volcanoes NP nutzen. Als wir jedoch auf der Hawaii Belt Road (Hwy 11) die Südostseite der Insel erreichten, wurde das Wetter immer schlechter und es fing schließlich an zu regnen. In der Hoffnung auf Wetterbesserung fuhren wir trotzdem bis zum Nationalpark weiter. Im Kilauea Visitor Center sahen wir uns die Austellung an, die anhand von Fotos, Modellen, graphischen Darstellungen und Texten die geologischen Vorgänge im Park erläutert. Zwei Filme über die jüngsten Lavaausbrüche, der neueste gerade eine Woche alt, vervollständigten auf interessante und anschauliche Art die in der Ausstellung gebotenen Infomationen. Im benachbarten Volcano Art Center, einer ehemaligen Lodge des Volcano House Hotels aus dem Jahre 1877, sahen wir uns die Werke örtlicher Künstler an. Besonders beeindruckend waren die Fotografien der Vulkanausbrüche und Lavaströme von G. Brad Lewis. Da sich das Wetter nicht gebessert hatte, beschlossen wir den Besuch des Parks auf einen anderen Tag zu verschieben und machten uns auf den Rückweg. Ein kleiner Abstecher führte uns über die zwar nur einspurige, aber durchgehend asphaltierte South Point Road zum südlichsten Punkt der USA. Die knapp 18 km lange Stichstraße führt an der Wingkraftanlage von Kamaoa vorbei und endet an den schroffen Klippen des South Point, der auf hawaiianisch "Ka Lae" heißt, was "der Punkt" bedeutet. Dieser Punkt gibt sich völlig unamerikanisch, denn es gibt keine Souvenirstände, ja noch nicht einmal eine Hinweistafel. Ausgrabungen stellten an den bizarren, gischtumbrandeten Lavaklippen des South Point Spuren frühester hawaiianischer Besiedlung fest und man vermutet, daß an dieser Stelle die ersten Polynesier Hawaii betreten haben. Wir konnten von den Klippen eine Meeresschildkröte und mehrere Buckelwale beobachten, ehe uns der Regen wieder vertrieb. Zurück an der Westküste hatten wir wieder bestes Wetter und konnten, direkt am Hotel, einen phantastischen Sonnenuntergang erleben, unseren ersten auf Hawaii.

Der nächste Tag sollte etwas ruhiger werden und so begannen wir nach dem Ausschlafen mit einem Rundgang über das sehr schön angelegte und gepflegte Hotelgelände. Von der Ocean Terrace des Hotels konnten wir trockenen Fußes die farbenfrohen tropischen Fische im flachen Wasser beobachten. Neben einer schönen Gartenanlage befinden auch einige historische Sehenswürdigkeiten auf dem Grundstück des Hotels. Vom Kapuanoni Heiau, einem Tempel zu Ehren der Götter des Fischfanges, stehen leider nur noch die Grundmauern. Einige "Kii", die aus Holz geschnitzten mystischen Götterfiguren waren hingegen noch sehr gut erhalten. Das gleiche gilt für die King Kalakaua Homesite, das originalgetreu rekonstruierte Strandhaus des letzten hawaiianischen Königs. Es steht in einem kleinen Park direkt an einem von einer Quelle gespeisten Becken, das der königlichen Familie und anderen hohen Würdenträgern als Swimming-Pool diente. Das Gebäude selbst ist ein einfaches Holzhaus mit drei Zimmern und einem Portrait des Königs gegenüber dem Haupteingang. Mit einem Spaziergang durch die Gartenanlage beendeten wir unseren Rundgang und fuhren auf der Küstenstraße, dem Alii Drive nach Kailua-Kona. An der Kailua Pier fanden wir einen Parkplatz mitten im Zentrum. Der kleine Strand westlich der Pier ist der unter Kamehameha I als königlicher Privatstrand genutzte Kamakahonu Beach. An den Strand schließt sich das Gelände des Ahuena Heiaus, eines originalgetreuen Nachbaus des Privattempels des Königs an. Ins Auge fällt auch der Oracle Tower "anuu", wo die Priester die Insparationen der Götter erhielten. In dem mit Zuckerrohrstroh gedeckten Wohnhaus "Hale Nana Mahinaai" verbrachte der König seine Mußestunden. Wir folgten dem Alii Drive, der Hauptstraße Kailua-Konas, vorbei an zahlreichen Souvenirgeschäften und Restaurants bis zur Mokuaikaua Church. Diese Kirche wurde bereits 1820 gegründet und ist damit die älteste christliche Kirche des gesamten Archipels. Die anfänglich als Kirche fungierende Grashütte wurde 1836 von dem heute noch vorhandenen, von dem Pionier-Missionar Asa Thurston entworfenen Bauwerk aus Lavagestein abgelöst. Der 34 m hohe Kirchturm ist auch heute noch das höchste Bauwerk in Kailua-Kona und ein Wahrzeichen der Stadt. Wir konnten leider nicht in die Kirche hinein, da dort gerade eine Hochzeit stattfand. Direkt gegenüber liegt der 1838 von dem Inselgouverneur John Adams Kuakini als private Residenz erbaute Hulihee Palace. Unter König Kalakaua, der das Gebäude als Sommerresidemz nutzte, wurde es 1885 renoviert. Bis zur Auflösung der Monarchie blieb der Hulihee Palace in königlichem Besitz, wurde dann jedoch vernachlässigt und drohte zu verfallen. Eine aus Missionarstöchtern bestehende Interessengemeinschaft, "The Daughters of Hawaii", nahm des Bauwerkes an und unterhält darin seit 1928 ein Museum mit Erinnerungsstücken an Hawaiis Monarchie. Auf dem Rückweg zum Hotel sahen wir uns zwei Ruinen von Heiaus an, in denen immer noch Opfergaben dargebracht werden. Der Kuemanu Heiau, einem Surf-Tempel, dem die Hawaiianer ihren Respekt zollen bevor sie sich der gefährlichen Brandung aussetzen, befindet sich in unmittelbarer zur kleinen St. Peter´s Church. Diese Kirche steht inmitten eines kleinen Palmengartens am Nordende der Kahaluu Bay und wird aufgrund ihres blauen Daches auch "Blue Church" genannt. Auch hier wurden wie Zeuge einer Hochzeit, allerdings war die eigentliche Zeremonie bereits vorbei und die Hochzeitsgesellschaft hatte sich bereits vor der Kirche versammelt. Aus unserem geplanten Ausflug in die Unterwasserwelt der Kahaluu Bay wurde leider nichts, da die Rettungsschwimmer aufgrund der starken Brandung und der damit verbundenen Unterströmung ein Badeverbot verhängt hatten. Stattdessen fuhren wir auf dem Alii Drive bis zum Ende der Straße, wo ein kurzer Schotterweg zu den Lavaklippen führt, die von der gewaltigen Brandung gepeitscht wurden. Den krönenden Abschluß des Tages bildete der phantastischen Sonnenuntergang, den wir wieder direkt vor unserem Hotel erleben konnten.  

Am nächsten Morgen machten wir uns schon um 7 Uhr auf den Weg zum Hawaii Volcanoes NP und dieses Mal hatten wir auch Glück mit dem Wetter. Der 1916 gegründete, 928 km² große Hawaii Volcanoes NP umfaßt neben einem großen Teil des Mauna Loa das gesamte Gebiet des Kilauea einschließlich dessen östlicher und südlicher Flanke sowie die Küste von Puna. Damit liegen in seinen Grenzen nicht nur zwei der aktivsten Vulkane der Welt, sondern sein Gebiet reicht von den tropischen Küsten bis zu den subarktischen Gipfelregionen des Mauna Loa. Das Herzstück des Parks ist die Kilauea Caldera, ein stetig dampfender Krater, in dem sich flüssige Lava nur wenige Meter unterhalb der scheinbar festen Oberfläche befindet. Über 1.200 m hoch und immer noch nicht ausgewachsen, ragt der Kilauea aus der Südostflanke des älteren und viel größeren Mauna Lea hervor. In dem Halemaumau Crater des Kilauea wohnt nach einer Legende der polynesischen Erstbesiedler die Feuergöttin Pele. An den Hängen des Kilauea grenzen bewachsene Flächen an frische kahle Lavaströme. Wie in einem Lehrbuch über den ökologischen Wandel sind hier alle Stadien der Wiederbewaltung dargestellt, von denersten Flechten und Farnen bis zum dichten Wald. An der heißen und trockenen Südwestflanke wird das Nebeneinander von Lava und Pflanzenwuchs von der schwarzen Marslandschaft der Kau Desert abgelöst. An der Küste haben die Brecher bizarre Klippen herausgebildet; bei neuen Ausbrüchen schießen frische Lavaströme zischend und dampfend ins Meer. Die geologische Dynamik ist das große Thema dieses Parks, doch sind die biologischen Vorgänge kaum weniger interessant. Die UN hat den Park als International Biosphere Reserve und World Heritage Site anerkannt. Da wir uns das Visitor Center schon bei unserem letzten Besuch angesehen hatten, begaben wir uns heute direkt auf den knapp 18 km langen Crater Rim Drive, der um die Kilauea Caldera herumführt. Durch dichten Regenwald, geprägt von riesigen Baumfarnen, kamen wir zum ersten Aussichtspunkt, dem Kilauea Iki Crater Overlook. Der Kileau Iki, was "kleiner Kilauea" bedeutet, verwandelte sich im November 1959 in ein brodelndes Becken aus flüssiger Lava.  Während des Höhepunktes der Eruption spie der Krater etwa 2 Millionen Tonnen Lava pro Stunde aus, die Fontänen erreichten dabei eine Rekordhöhe von bis zu 600 m. Über den Crater Rim Trail, der durch üppigen tropischen Regenwald am Kraterrand entlangführt, gelangten wir zur Thurston Lava Tube. Diese etwa 150 m lange und bis zu 6 m hohe Lavaröhre entstand vor ungefähr 400 Jahren, als die Hülle eines Lavastromes zu einer Kruste erstarrte, das flüssige Innere aber noch herausfließen konnte. Als nächstes erreichten wir den Ausgangspunkt des Devastation Trail, eines kurzen Wanderweges durch die beim Ausbruch des Kilauea Iki entstandene Bimstein- und Aschewüste. Das gesamte Gebiet südwestlich des Kraters wurde durch den Ascheregen verwüstet, der Regenwald beginnt sich jedoch langsam zu erholen. Der Weg endet am Fuße des 50 m hohen Aschekegel Puu Puai, von wo man aus einen weiteren Blick in den Kilauea Iki Krater hat. Wir verließen den Crater Rim Drive und fuhren auf der Chain of Craters Road bis zur Küste. Diese Straße führt an vielen kleinen Vulkankratern vorbei, durch üppige Regenwaldvegetation und wüstenartige Lavafelder und endet schließlich an der von Lavaströmen geformten Küste. Hier sahen wir uns das Lavabecken des Lua Manu an, fuhren dann an die Küste, wo wir die beeindruckende, von der Brandung umtoste Holei Sea Arch bewunderten. Wenig später endet die Chain of Craters Road an den jüngsten Lavaflüssen des Jahres 1996. Bereits in den 1970er Jahren hatten mehrere große Lavaströme die ehemalige Durchgangsstraße unpassierbar gemacht. Im Frühjahr 1989 fiel das Wahaula Visitor Center einem Lavastrom zum Opfer und wurde durch ein mobiles Besucherzentrum in einem alten Wohnmobil ersetzt. Ein kurzer Weg führt vom Straßenendpunkt auf das Lavafeld. Bei dieser Lava handelt es sich größtenteils um "Pahoehoe", ursprünglich dünnflüssige Lava, die zu relativ glatten Hügeln mit Wirbeln und Strängen darin erstarrte. Sie unterscheides sich von "Aa", einer dickeren und zähflüssigeren Lava, die zu chaotischen Haufen grober Klumpen und kantiger Blöcke erstarrt ist. Auch wenn nach den letzten Eruptionen von vor 10 Tagen die vulkanische Aktivität im Park momentan zur Ruhe gekommen ist, ist die Küstenlinie hier ständigen Veränderungen durch Lavaströme unterworfen. Auf dem Rückweg hielten wir an einem von Lava eingeschlossenen Kokospalmenhain, bei dem sich einmal eine frühere Siedlung befunden hatte. Nachdem wir vom Ke Ala Komo Lookout noch einmal einen Blick zurück auf die Küste geworfen hatten, sahen wir uns auf dem Weg zurück zum Crater Rim Drive noch verschiedene Pit Crater an. Diese Kraterformen entstehen, wenn sich die Magmakammern unterhalb des wenige Metern dicken Kraterbodens entleeren und dieser in die so entstandene Höhle stürzt. Der Pauahi Crater ist ein 1973  nach zwei Eruptionen entstandener Doppelkrater. Nach einem weiteren Stop am Puhimau Crater erreichten wir wieder den Crater Rim Drive, der uns zum Aussichtspunkt am Halemaumau Crater führte. Auf dem kurzen Weg zum Craterrand konnten wir ein Päarchen der seltenen Hawaiianischen Gans, der Nene, beobachten. Der Halemaumau Crater war während des 19. Jahrhunderts und bis 1924 ein brodelnder Lavasee. 1924 ereignete sich als Folge eines Dampfüberdrucks im Gangsystem des Kraters eine heftige Explosion. Der Lavaspiegel senkte sich und das flüssige Magma erstarrte. In den 60er Jahren füllte sich der Krater nochmals mit Lava, sank dann aber rasch wieder ab. Auch heute noch findet man oftmals Opfergaben an die Feuergöttin Pele am Kraterrand und diese althergebrachte Tradition wird vom National Park Service respektiert. Mit einem Besuch der Sulphur Banks, wo aus den Öffnungen unterirdischer Röhren und Schlünde entweichende Schwefelgase zu kristallinen Ablagerungen aus reinem Schwefel geführt haben, beendeten wir unseren Besuch des Hawaii Volcanoes NP. Nach ungefähr 11 Stunden kamen wir rechtzeitig zum Sonnenuntergang wieder an unserem Hotel an.

Nach der vielen Fahrerei von gestern haben wir uns als nächstes wieder ein Ziel in der Nähe gesucht, den Puuhonua o Honaunau NHP. Der zungenbrecherische Name bedeutet "Zufluchtsstätte bei Honaunau" und bezeichnet die einst bedeutendste von insgesamt fünf auf den Hawaii-Inseln vorhandenen heiligen Zufluchtsstätten. Der Puuhonua o Honaunau ist die einzige derartige noch vorhandene Stätte und wurde von der Nationalparkverwaltung sorgfältig restauriert und rekonstruiert, so daß sie heute wieder dem Zustand gegen Ende des 18. Jahrhunderts entspricht. Hier konnten Menschen die gegen ein "kapu", ein heiliges Gesetz verstoßen hatten, im Kampf unterlegene Krieger und einfache Verbrecher Zuflucht suchen und erhielten priesterliche Absolution, die sie vor allen Strafen bewahrte. Den armen Sündern blieb jedoch meistens nur der Versuch die Zufluchtsstätte schwimmend über den offenen Ozean zu erreichen, da es schier unmöglich war, sich an den Tempelwachen vorbei Zugang zu verschaffen. Wer dieses lebensgefährliche Unterfangen bewältigt hatte, hatte sich die Absolution seiner Sünden also redlich verdient. Neben der eigentlichen Zufluchtsstätte befindet sich auf dem Gelände auch der traditionelle Sitz des Königshauses von Kona. Eine 305 m lange, 3 m hohe und 5 m breite Mauer aus Lavagestein trennt die auf der Spitze einer Landzunge gelegene Zufluchtsstätte von dem Gelände des Königspalastes. Die Zufluchtsstätte wurde dem damaligen, zum Gott erhobenen König von Kona, Keawe-ku-i-ke-kaai, geweiht und geht auf das Jahr 1550 zurück. Nach dem Tode des Herrschers wurde ihm zu Ehren ein Tempel, der A-lealea Heiau, errichtet und seine Gebeine dort beigesetzt. Die Tempelplattform, auf der einst mehrere Hütten standen, ist bis heute am Ende der großen Mauer erhalten geblieben. Die alten Hawaiianer glaubten, daß so die spezielle spirituelle Kraft des Herrschers, sein "mana", erhalten bleibt. Ein weiterer Tempel, der Hale o Keawe Heiau, wurde um 1650 auf der Spitze der Landzunge errichtet und bildet bis heute das Zentrum des Puuhonua o Honaunau. Bis 1818 wurden die Gebeine von mindestens 23 Herrschern in diesem Heiau beigesetzt, was ihn zu einem der größten hawaiianischen Heiligtümer machte. Der selbstgeführte Rundgang durch den Park beginnt auf dem Palastgelände, wo verschiedene Gebäude, ein Konane-Spiel, in einen großen Lavastein hineingearbeitet Schüsseln (Kanoa) zu sehen sind. Eine Besonderheit ist der in einem Lavabrocken zu sehende Abdruck eines Baumes, der vor etwa 1.100 Jahren in die langsam erkaltende Lava stürzte und so als Abdruck über die Jahrhunderte erhalten blieb. Der Hale o Keawe Heiau ist von einem schützenden Palisadenzaun umgeben und von holzgeschnitzten Götterfiguren, den sogenannten "kii" flankiert. Der Besuch dieses Parks lohnt sich nicht nur wegen seiner historischen Bedeutung, sondern auch wegen der sehr schönen, palmenbestandenen Anlage. Wir fuhren von hier aus nicht zum Highway zurück, sondern folgten dem Hwy 160, der bald zu einer einspurigen Nebenstraße wird,  weiter in nördlicher Richtung. Die Straße endet am Napoopoo Beach Park, wo wir mit Blick über die Kealakekua Bay und auf das Captain Cook Memorial, einen 8 m hohen weißen Obelisken, eine kleine Pause machten. In dieser Bucht fand der große Entdecker Captain James Cook am 14. Februar 1779 bei einer kämpferischen Auseinandersetzung mit den Hawaiianern den Tod. Nach dem Besuch der Kona Coast Macademia Nut & Candy Factory fuhren wir zum Hotel zurück und gingen zum Schnorcheln an den benachbarte Kahaluu Beach. Wie sich herausstellt tägt diese Bucht ihren Namen, Kahaluu bedeutet "Platz zum Tauchen", zurecht. Das Schnorcheln wurde zu einem unvergeßlichen Erlebnis, da wir nicht nur unheimlich viele verschiedene Arten tropischen Fische, sondern auch riesige Meeresschildkröten unter Wasser beobachten konnten. Diese an Land so behäbig und träge wirkenden, im Wasser aber äußerst eleganten und flinken Tiere in ihrem natürlichen Lebensraum beobachten zu können, war für mich einer der Höhepunkte unserer gesamten Reise. Vom Strand aus konnten wir dann auch noch einem Buckelwal bei seinen Sprüngen zusehen, ehe der Sonnenuntergang den Abschluß eines weiteren Tages unseres Hawaii-Urlaubes bildete.

Am nächsten Morgen machten wir uns wieder um 7 Uhr auf den Weg und fuhren über die Hawaii Belt Road (Hwy 190) und Saddle Road (Hwy 200) an die Ostseite der Insel. Die Saddle Road, die man eigentlich mit dem Mietwagen nicht befahren soll, ist eine schmale, stellenweise etwas rauhe aber durchgehend aspaltierte Straße von etwa 80 km Länge. Sie verläuft durch mondähnliche Lavalandschaften zwischen den beiden höchsten Punkten der Insel, dem Mauna Kea im Norden und dem Mauna Loa im Süden. Ihr streckenweise achterbahnähnlicher Verlauf und die schönen Ausblicke auf die Vulkane machen sie zu einer reizvollen Alternative zu der in Küstennähe verlaufenden Hauptroute. Da uns die Inselhauptstadt Hilo mit strömenden Regen empfing, fuhren wir zunächst weiter nach Puna, dem östlichsten Zipfel von Big Island. Hier besuchten wir den etwa 5 km östlich von Pahoa gelegenen Lava Tree SP, der in seiner heutigen Form durch einen Ausbruch des Kilauea im Jahre 1790 entstand. Ein Strom schnell fließender Pahoehoe-Lava erreichte das mit Ohia-Bäumen bepflanzte Waldstück des heutigen Parkgebiets. An der kühlen feuchten Baumrinde erstarrte ein Teil der Lava und bildete eine bis zu 4 m hohe feste Kruste. Die flüssige Lava strömte rasch weiter, so daß nur die von der Lava eingehüllten Bäume übrig blieben. Die durch die Hitze abgestorbenen Bäume verwitterten, die Lavakrusten bildeten einen Geisterwald. An den Innenwänden dieser Hüllen kann man teilweise die Struktur der Baumrinde noch deutlich erkennen. Heute, gut 200 Jahre später, ist das Parkgebiet wieder Teil eines üppigen Regenwaldes. Von hier aus fuhren wir weiter zum Cape Kumukahi, dem östlichsten Punkt Hawaiis. Ein Lavastrom, der sich im Januar 1960 über das Kap ergoß und den kleinen Ort Kapoho unter sich begrub, teilte sich auf wundersame Weise kurz vor dem Kumukahi Lighthouse und ließ dieses unversehrt. Auch wenn der Leuchtturm mittlerweile durch ein modernes Leuchtfeuer ersetzt wurde, lohnt dieses bizarre Phänomen den Abstecher über eine kurze Schotterstraße. Auf der unmittelbar an der Küste verlaufenden Kalapana-Kapoho Beach Road (Hwy 137) fuhren wir über verschiedene Lavaströme und durch dichte Regenwaldvegetation bis nach Kaimu. Über Pahoa und Keaau fuhren wir von hier aus wieder nach Hilo zurück. Nach einem Besuch der Big Island Candies Factory fuhren wir auf dem von riesigen Banyan Bäumen gesäumten Banyan Drive um die in die Hilo Bay hereinragende Waiakea Peninsula und sahen uns die vorgelagerte Coconut Island an, die über eine Fußgängerbrücke erreichbar ist. Unser Hauptziel in Hilo war jedoch der an der Waianuenue Avenue gelegene Wailuku River SP. Hier sahen wir uns zunächst die Peepee Falls und die unterhalb der Fälle im Flußbett gelegenen Boiling Pots an. Dabei handelt es sich um runde Becken mit 6 bis 15 m Durchmesser im Lavauntergrund, in denen das heranrauschende Wasser sprudelt als sei es am Kochen. Etwas weiter flußabwärts stürzen sich die 24 m hohen fotogenen Rainbow Falls über einen überhängenden Felsen in ein großes Becken. Auf der Hawaii Belt Road (Hwy 19) verließen wir Hilo in nördlicher Richtung. Etwa 11 km nördlich der Stadt bogen wir auf den Pepeekeo Scenic Drive ab, eine schmale Straße, die zum Teil über einspurige Brücken durch die urwüchsige Küstenlandschaft führt. Die dschungelartige Vegetation und großartige Ausblick über die Onomea Bay mit ihren bizarren Felsformationen machen diesen kleinen Umweg äußerst lohnenswert. Über Honomu, einem verschlafenen Ort inmitten von Zuckerrohrfeldern, erreichten wir den Akaka Falls SP, einen Garten mit einer Vielfalt tropischer Bäume, Pflanzen und Blumen. Über einen sich durch die dschungelartige Vegetation schlängelnden Weg gelangten wir zunächst zu den 30 m Kahuna Falls. Die Hauptattraktion des Parks sind jedoch die 128 m hohen Akaka Falls, über die sich der Kolekole River in ein hufeisenförmiges Becken stürzt. Unseren nächsten Stop machen wir am Laupahoehoe Point, einer schroffen in den Pazifik hineinragenden Lavazunge. Hier erinnert ein Denkmal an die 24 Opfer, die eine Tsunami, eine durch ein Seebeben ausgelöste Springflut, 1946 gefordert hat, als sie ein Schulgebäude in die Fluten riß. Der kleine Park an der Spitze der Landzunge bietet außerdem schöne Ausblicke auf die steilen Klippen der Hamakua Coast. Über Honokaa, das als das Zentrum der Macademianuß gilt, und Waimea, eine Siedlung, die ihre Entstehung ausschließlich der Parker Ranch,der größten im Privatbesitz befindlichen Rinderfarm der USA, verdankt, fuhren wir zum Hotel zurück. Dabei hatten wir vom Highway aus einen schönen Blick auf den Gipfel des Haleakala auf der benachbarten Insel Maui, der aus einer Wolkenschicht herausragte. Nach einem 12stündigen "Arbeitstag" erreichten wir ziemlich erschöpft wieder Keauhou.

Unser letzter voller Tag auf Hawaii verlief dann wieder etwas ruhiger. Wir haben länger geschlafen und uns nach der Aufarbeitung der gestrigen Erlebnisse erst gegen Mittag auf den Weg gemacht. Auf dem Queen Kaahumanu Highway (Hwy 19) wurden wir an der Westküste entlang nach Norden. Unser heutiges Hauptziel war die Puako Petroglyph Archaeological Preserve, die mit über 3.000 Felsgravierungen zu den größten Petroglyphenfeldern Hawaiis gehört. Die einfachen Darstellungen menschlicher Figuren wurden zwischen 1000 und 1800 in das zerbrechliche Lavagestein geritzt. Dabei gehören die Figuren mit linearer Darstellungsweise zu den älteren, während die dreieckigen und kreisförmigen Gestaltungsformen jüngeren Datums sind. Ein gut ausgeschildeter, etwa 1 km langer Weg führt zu einem recht großen Petroglyphenfeld, in dem zahlreiche Gravierungen zu finden sind. Wir statteten auch dem benachbarten Holoholokai Beach Park einen kurzen Besuch ab und genossen den Blick auf die Kawaihae Coast und über den Alenuihaha Channel bis zum Haleakala auf der Machbarinsel Maui. Der Akoni Pule Highway (Hwy 270) führte uns nach Nort Kohala, den nördlichsten Zipfel von Big Island. Von der Straße aus konnten wir zahlreiche Buckelwale, die sich in der Nähe der Küste aufhielten, beobachten. In Hawi, einer ehemaligen kleinen Zuckerrohrstadt in der die Zeit stehengeblieben zu sein scheint, bogen wir auf die Kohala Mountain Road (Hwy 250) ab, die durch die Kohala Mountains nach Süden führt. Vorbei an auf saftig grünen Feldern weidenen Rinderherden klettert die Straße bis auf 1.086 m hinauf und führte uns mitten in die Regenwolken hinein, die sich an der Bergkette gesammelt hatten. Die schönen Ausblicke auf das Küstenvorland blieben uns so leider versperrt, da wir trotz der im Schnellgang laufenden Scheibenwischer manchmal kaum die Straße erkennen konnten. Sobald wir wieder die Küstenstraße erreicht hatten, hörte auch der Regen auf und wir erreichten gerade noch rechtzeitig für unseren vorerst letzten hawaiianischen Sonnenuntergang wieder Keauhou. Das in unserem Hotel angebotene Dinner Buffet mit hawaiianischen Speisen sorgte dann für einen standesgemäßen Ausklang unseres letzten Abends.

Da unser Flug nach Honolulu erst um 15 Uhr starten sollte, konnten wir am Vormittag noch ein letztes Mal zum Schnorcheln in die Kahaluu Bay. Auch heute konnten wir neben dem "normalen" Fisch- und Korallenreichtum wieder Meeresschildkröten beobachten, so daß wir uns keinen schöneren Abschied von Hawaii hätten wünschen können. Da wir unser Zimmer bis Mittags geräumt haben mußten, waren wir sehr zeitig am Flughafen von Kona, wo uns eine sehr nette Mitarbeiterin von Aloha Airlines ein früheren Flug nach Honolulu anbot. Zu unserer großen Überraschung hat sie uns Sitzplätze in der 1. Klasse zugewiesen und wir aben diesen unverhofften Luxus sehr genossen, auch wenn der Flug nur eine halbe Stunde gedauert hat. Wir hatten es aber nicht nur bequem, sondern konnten aus dem Flugzeug auch noch einmal letzte Blicke auf Maui, Kahoolawe, Molokini, Lanai, Molokai und Oahu werfen. Hawaii hat uns sehr gut gefallen und wir waren bestimmt nicht zum letzten Mal Gäste des Aloha State. Wir haben unseren vierwöchigen Aufenthalt hier sehr genossen und er hat uns auch von dem bevorstehenden Ende unserer Traumreise abgelenkt. Auch wenn es angeblich das Paradies auf Erden nicht geben soll, so kommt Hawaii mit seinen traumhaften Buchten und Stränden, der beeindruckenden Landschaft sowie der unvorstellbar vielfältigen und üppigen Vegetation der Vorstellung von einem Paradies schon sehr, sehr nahe. Der anschließende Flug mit Delta Airlines zurück nach Atlanta hat uns dann weniger gut gefallen, aber man muß auf den inneramerikanischen Flügen, was den Service betrifft, wohl einige Abstriche im Vergleich zu internationalen Flügen hinnehmen. Atlanta erwartete uns mit naßkaltem Schmuddelwetter, was uns nach dem phantastischen sommerlich warmen Hawaii-Wetter doch ziemlich getroffen hat. Die Mietwagenübernahme klappte wie immer problemlos und unser erster Weg führte uns zu unserem abgestellten Hausstand, mit dem zum Glück alles in Ordnung war. In der Nähe unser "Abstellkammer" fanden wir ein Motel, so daß wir uns in den nächsten Tagen mit dem endgültigen Verpacken unserer Sachen beschäftigen können. Im Motel erholten wir uns dann in aller Ruhe von den Auswirkungen des Jet Lag, da das Wetter auch keine größeren Aktivitäten mehr zuließ. In genau 14 Tagen fliegen wir wieder zurück nach Deutschland und wir haben den Eindruck, daß die gesamten 15 Monate wie ein Zeitraffer an uns vorbei gerauscht sind. Einerseits sind wir natürlich traurig, daß unser Traum jetzt bald zuende geht, aber wir haben ihn uns verwirklicht und können unser ganzes Leben davon zehren. Außerdem freuen wir uns auch darauf die Familie, sowie Freunde und Bekannte wiederzusehen und sind gespannt auf unseren 15stündigen Videofilm und die fast 13.000 Dias. 

Nach dem wir ausgeschlafen und eine weitere Kiste gekauft hatten, machten wir uns auf den Weg zu unserer angemieteten Abstellkammer. Das Verpacken der Fahrräder gestaltete sich dann schwieriger als erwartet, da wir die festgerosteten Pedalen nicht abschrauben konnten. In einer Autowerkstatt auf der gegenüberliegenden Straßenseite liehen wir uns besseres Werkzeug und etwas Öl zum lösen der Schrauben. Dank dieser Hilfsmittel waren wir schließlich doch noch erfolgreich und konnten die Räder in die Kartons packen. Für unsere Campingstühle und einigen Kleinkram besorgten wir uns bei dem Fahrradladen in der Nähe einen weiteren Karton und gegen 20 Uhr hatten wir schließlich alles verpackt, verklebt und zugeschnürt. Sieben Kunststoffkisten und drei große Kartons warten jetzt auf ihre Verfrachtung, vier Koffer und drei Taschen nehmen wir mit ins Flugzeug. Es ist kaum zu glauben was sich in den 15 Monaten so alles angesammelt hat, aber jedes Stück trägt Erinnerungen und das meiste werden wir für die Ausstattung des Roadrunner II, dessen Anschaffung wir uns fest vorgenommen haben, benutzen.

Auch am nächsten Morgen schliefen wir wieder aus und fuhren dann am Gelände des Wohnmobilhändlers vorbei, der unseren Roadrunner gekauft hatte. Und er stand tatsächlich noch da, allerdings hatte man die von Geli gemalten Roadrunner und den "Roadrunner"-Schriftzug von der Front entfernt. Es war schon ein komisches Gefühl unseren Roadrunner dort so stehen zu sehen, aber es ist nun einmal so. Unser heutiges Ziel war der östlich von Atlanta gelegene Stone Mountain Park, wo  sich innmittten einer ausgedehnten Parklandschaft der namensgebende riesige Granitfelsen befindet. Der Stone Mountain entstand vor etwa 300 Millionen Jahren als geschmolzenes Gesteinsmaterial unter enormen Druck in die Nähe der Erdoberfläche gepresst wurde. Im Laufe der Zeit erkaltete das Material und die den Felsen bedeckende Erdschicht erodierte, so daß der heute sichtbare Teil dieses Gesteinspfropfens freigelegt wurde. Der kuppelförmige Stone Mountain ist 251 m hoch, liegt 513 m über dem Meeresspiegel und  hat eine Fläche von 2,35 km². Die Gesteinsformation, dessen sichtbare Spitze der Stone Mountain darstellt, nimmt jedoch unter der Erdoberfläche die halbe Fläche Georgias und Teile North Carolinas ein. Im Jahre 1912 entstand die Idee die Nordflanke des Berges mit einem Relief zu Ehren der Helden der Konföderation zu schmücken und Bildhauer Gutzon Borglum wurde mit der Ausgestaltung dieser Idee beauftragt. Aufgrund finanzieller Schwierigkeiten konnte mit den Arbeiten jedoch erst 1923 begonnen werden und bereits ein Jahr später hatte Borglum den Kopf von Robert E. Lee fertiggestellt. 1925 beendete jedoch ein Disput zwischen Borglum und der Management-Gesellschaft des Projektes die Zusammenarbeit und Gutzon Borglum nahm alle seine Pläne und Modelle mit. Wenig später begann er mit der Arbeit am Mt. Rushmore, die zu den weltberühmten Skulpturen der Präsidenten Washington, Jefferson, Roosevelt und Lincoln führte. Augustus Lukeman übernahm die Arbeiten am Stone Mountain noch im gleichen Jahr und beseitigte die von Borglum geschaffene Skulptur, um ein völlig neues Design zu beginnen. Im Jahre 1928 waren alle Geldmittel verbraucht und nur General Lees Kopf war fertiggestellt. Die Arbeiten wurden eingestellt und ruhten für die nächsten 36 Jahre. 1958 kaufte der Staat Georgia den Felsen und das umliegende Gelände und unter der Leitung von Walter Hancock begannen 1964 die weiteren Arbeiten an der Skulptur, die dank des fortschrittlichen Einsatzes von Thermodüsen-Schneidbrennern auch schnell Fortschritte machten. Am 9. Mai 1970 wurde die Skulptur der Öffentlichkeit vorgestellt und 1972 wurden die letzten Feinarbeiten beendet. Die Reliefskulptur ist die größte ihrer Art weltweit und ist von links nach rechts ein Abbild des Präsidenten der Konföderierten Staaten von Amerika, Jefferson Davis, sowie der Generäle des Bürgerkrieges, Robert E. Lee und Thomas "Stonewall" Jackson. Die Skulptur befindet sich 120 m über dem Erdboden und mißt 27 × 58 m. Eine Gondelbahn schweizerischer Herkunft brachte uns auf den Gipfel des Stone Mountain, von wo aus wir einen schönen Blick auf die Skyline von Atlanta und die Parklandschaft rund um den Berg. In der Nähe der Talstation sahen wir uns eine weitere Skukptur an, die dem Fall der Berliner Mauer gewidmet ist. Nach einer Rundfahrt durch den touristisch schon fast ein wenig zu sehr erschlossenen Park und einem kurzen Spaziergang durch den kleinen Ort Stone Mountain fuhren wir zu unserem Motel zurück.

Nachdem wir uns bei der netten Mitarbeiterin von Aloha Travel noch einmal für ihre gute Arbeit bei der Buchung unserer Hawaii-Reise bedankt hatten, verließen wir den Großraum Atlanta in nördlicher Richtung. Unser heutiges Ziel war Helen, ein kleiner Ort in den südlichen Ausläufern der Appalachen. Helen fristete ein geruhsames Dorfdasein, bis findige Tourismusstrategen Ende der 60er Jahre auf die Idee kamen, das idyllisch gelegene Fleckchen am Chattahoochee River mit Filzhut, Gamsbart und Lederhosen auszustatten. Seitdem trägt Helen "Bayern-Look" oder besser das, was man in Amerika dafür hält. Georgia´s Alpine Village hat zwar mit Realität in einem deutschen Alpendorf nicht sehr viel gemeinsam, aber man hat sich mit der Gestaltung der Häuser sehr viel Mühe gegeben und die über 200 Geschäfte und Restaurants wirken eher unaufdringlich. Es ist schon etwas seltsam als Deutscher durch dieses künstliche bayerische Dorf zu spazieren und sich dann vorzustellen, welches Bild die Amerikaner von den Deutschen bekommen müssen, wenn sie Helen besuchen. Nach dem Rundgang durch den Ort haben wir uns bei einem deutschen Bäcker und Schlachter nach langer Zeit einmal wieder mit vernünftigen Brot- und Fleischwaren eingedeckt. Zum Abendbrot gab es dann ein richtiges Brötchen mit Leberkäse, das uns vorzüglich geschmeckt hat und uns einen kleinen Vorgeschmack auf die Leckereien gegeben hat, die für uns bald wieder selbstverständlich sein werden. Wir werden die "heimatliche Atmosphäre" auch morgen noch genießen können, da wir das Motel gleich für zwei Nächte reserviert haben und uns einige Sehenswürdigkeiten in der Umgebeung von Helen ansehen wollen.

Wir begannen unsere kleine Rundfahrt mit dem Besuch der zum Chattahoochee NF gehörenden Anna Ruby Falls Scenic Area, die sich am Hwy 356 nordöstlich von Helen befindet. Die vom Parkplatz über einen gut ausgebauten etwa 600 m langen Weg zu erreichenden, spektakulären Doppelfälle bilden den Zusammenfluß von Curtis Creek und York Creek. Es handelt sich im eigentlichen Sinne des Wortes nicht um Wasserfälle, vielmehr fließ das Wasser der beiden Flüsse über eine steile, rauhe Klippe und vereinigt sich am Fuße der Fälle zum Smith Creek. Der Curtis Creek fließt über zwei Kaskaden 47 m in die Tiefe, während der York Creek in einer Stufe eine Höhe von 15 m überwindet. Die beiden Flüsse werden durch unterirdische Quellen und abfließendes Wasser vom Tray Mountain gespeist und fließt nach einer langen Reise über den Smith Creek, Unicoi Lake, Chattahoochee River und Appalachicola River bis in den Golf von Mexiko. Das gesamte Parkgebiet zeigt noch deutliche Spuren der Verwüstung, die der Hurrican Opal im vergangenen Jahr angerichtet hat. Die ursprünglichen Jagdgebiete der Cherokee-Indianer wurden nach dem Bürgerkrieg von Colonel John H. Nichols erworben, der die Fälle nach seiner Tochter Anna Ruby benannte. 1925 kaufte das U.S. Government  das Areal von einer Holzfirma und stellte es als Teil des Chattahoochee NF unter Schutz. Nach einem Picknick an einer Old Covered Bridge östlich von Helen, die uns an die Brücken von Madison County erinnerte, machten wir uns auf den Weg zum Brasstown Bald, dem mit 1.458 m höchsten Berg von Georgia. Vom Parkplatz führt ein steiler, knapp 1 km langer Weg zum Gipfel, wo eine Beobachtungsplattform einen phantastischen Rundblick über die südlichen Appalachen ermöglicht. Ein Besuch des Aussichtsturmes der Forstverwaltung, der zur Früherkennung von Waldbränden eingesetzt wird, ist leider nicht möglich, aber auch so lohnt die Aussicht die Mühen des Aufstiegs. Über den Richard Russell Scenic Highway fuhren wir, vorbei an einer noch stark vereisten Felswand, nach Helen zurück. Auf unserem Zimmer ließen wir uns die frischen Laugebrötchen und die "richtigen" Würstchen zum Abendbrot gut schmecken.

Am nächsten Morgen verließen wir das künstliche Alpendorf Helen und unternahmen auf landschaftlich reizvollen Nebenstraßen eine kleine Rundfahrt durch die südlichen Ausläufer der Appalachen. Wir setzten unsere Fahrt danach in südlicher Richtung fort, wobei wir ab Rome dem parallel zu Grenze zwischen Georgia und Alabama verlaufenden Hwy 27 folgten. Nach einer Übernachtung in La Grange erreichten wir den südlich von Columbus gelegenen Providence Canyon SP, der auch "Georgia´s Little Grand Canyon" genannt wird. Der Vergleich mit dem Grand Canyon ist allerdings sowohl hinsichtlich der Ausmaße als auch der Ausgestaltung des Providence Canyon etwas übertrieben. Aufgrund seiner farbenfrohen Erosionsformen, die durch verschiedene sich überlagernde Gesteinsschichten entstanden sind, entspricht er meiner Meinung nach eher einer Miniaturausgabe des Bryce Canyon. Der aus insgesamt 16 kleinen Canyons bestehende Park verdankt seine Entstehung der Unwissenheit der ersten Siedler. Sie holzten zu Beginn des 19. Jahrhunderts die Wälder im Westen Georgias wahllos ab und verwandelten sie in Ackerland. Bereits 1850 hatten sich in dem den Kräften der Erosion jetzt schutzlos preisgegebenen Land 1 bis 2 m tiefe Rinnen durch ablaufendes Regenwasser gebildet. Hatte das Wasser erst die zweite Gesteinsschicht, die aus relativ losem Sand bestehende "Providence Formation" erreicht, schritt die Erosion explosionsartig voran. Heute erreichen die Canyons eine Tiefe von bis zu 45 m, wo die tonartige "Ripley Formation" ein weiteres Abtragen des Bodens weitestgehend verhindert. Zahlreiche Aussichtspunkte entlang der Parkstraße, sowie 16 km Wanderwege erschließen diesen sehr schönen Park, dessen Entstehungsgeschichte durch einen Film im Visitor Center erläutert wird. Wir überquerten bei Eufaula den als Grenzfluß fungierenden und zu zahlreichen Seen aufgestauten Chattahoochee River und fanden in Dothan, im südöstlichen Alabama, ein Zimmer für die Nacht. 

Nach etwa 2 Stunden Fahrt erreichten wir am nächsten Morgen in Panama City ein weiteres Mal den Golf von Mexiko und trafen hier auch wieder auf unsere eigene Route, die uns vor über einem Jahr schon einmal an den Panhandle Floridas geführt hatte. In Panama City Beach unterbrachen wir unsere Fahrt für einen kurzen Spaziergang an dem feinen schneeweißen Quarzsand, der die Küsten im Nordwesten Floridas säumt. Von Panama City Beach fuhren wir auf dem Hwy 98 in westlicher Richtung über Fort Walton Beach bis nach Pensacola, wobei der Abschnitt auf dem Hwy ALT 98, der die meiste Zeit direkt am Strand entlang führt, besonders reizvoll ist. Wir wollten eigentlich in Pensacola übernachten, aber alle Motels waren aufgrund eines Marathonlaufes ausgebucht. In Orange Beach, Alabama, fanden wir schließlich ein Motel direkt am Strand und nutzten diese Gelegenheit trotz des unbeständigen Wetters zu zwei kürzeren Spaziergängen.

Mit einem weiteren, diesmal allerdings recht ausgedehnten, Strandspaziergang in dem kleinen Ort Gulf Shores verabschiedeten wir uns am nächsten Tag vom Golf von Mexiko. Durch die sehr schön angelegten Ortschaften an der Mobile Bay fuhren wir in nördlicher Richtung und erreichten schließlich die I-65. Nach einer Übernachtung in Greenville bogen wir in Montgomery auf die I-85 ab, die uns ein weiteres Mal in den Großraum Atlanta führte. In Jonesboro, wo auch unsere Sachen zwischengelagert sind, mieteten wir uns für die letzten Tage ein Apartement mit Küche, so daß wir uns wieder selbst verpflegen können. Neben der Verfrachtung unseres Hausrates per Luftfracht steht diesmal aber auch eine Stadtbesichtigung von Atlanta auf dem Programm, zu der wir bisher noch nicht gekommen waren. Eigentlich wurde die Hauptstadt des Bundesstaates Georgia zweimal gegründet: zum ersten Mal 1837 als Endstation der Western & Atlantic Railroad, zum zweiten Mal 1864, nachdem General William T. Sherman diese Kraftquelle der Konföderation nach 117tägiger Belagerung in Schutt und Asche legen ließ. Den Lebenswillen der Stadt hatte Sherman damit aber nicht zerstört, so daß Atlanta bereits 1868 zu Georgias Hauptstadt wurde. Seitdem hat die Stadt eine Karriere von der Eisenbahnkreuzung im Niemandsland zur modernen, aufstrebenden Großstadt mit einem Umland von über 3 Millionen Menschen absolviert. Die Entwicklung zum Kommerz- und Industriegiganten mit Fertigung von Flugzeugen, Autos, Möbeln, Textilien, Papier, Eisen und Stahl begann nach der Jahrhundertwende. Der Weltkonzern Coca Cola, die Fluggesellschaft Delta Airlines und der Kabelfernsehsender CNN sind nur drei Beispiele von mehreren hundert Unternehmenszentralen. Seit der Ausrichtung der 100. olympischen Sommerspiele im vergangenen Jahr darf sich Atlanta auch noch mit dem Prädikat "olympisch" schmücken. Bei dieser rasanten Entwicklungsgeschichte ist es kaum noch verwunderlich, daß das Stadtwappen einen aus der Asche aufsteigenden Phönix zeigt.

Am nächsten Morgen fuhren wirnach dem Ausschlafen zu unserer Abstellkammer und packten noch einige Sachen in die letzte, siebente Kiste. Bei U-HAUL reservierten wir uns dann für morgen einen Kleintransporter mit dem wir unsere sieben Kisten und drei Kartons zum Flughafen bringen wollen. Auf dem Weg in die Stadt erkundigten wir uns am Air Cargo Schalter von Lufthansa nach dem Vorgehen für die Ablieferung unseres Hausrates und bekamen zwei Formblätter, die wir schon einmal ausfüllen können. In Atlanta fuhren wir zum nördlich der Innenstadt gelegenen Piedmont Park, einer riesigen Parkanlage, von der aus wir einen schönen Blick auf die Skyline hatten. 

Getreu nach Murphy´s Law mußte ja noch irgendwas schief gehen, da bisher alles so problemlos geklappt hatte. Das Schicksal ereilte uns beim Aufgeben unser Luftfracht: Wir hatten unsere Kisten und Kartons in den Kleintransporter geladen und bei Lufthansa Cargo auf die Rampe gestellt, als ein unachtsamer Lufthansa-Mitarbeiter die Rampe hydraulisch anhob und dabei die Hecktür unseres Transporters aus den Scharnieren hebelte. Man hat sich zwar vielmals bei uns entschuldigt und uns auch schriftlich bestätigt, daß der Schaden von Lufthansa verschuldet worden ist, aber trotzdem hatten wir den Ärger. Zunächst einmal dauerte die Abfertigung über zwei Stunden und wir mußten aus Sicherheitsgründen auch noch einmal alle sorgsam verschlossenen und verschnürten Kisten öffnen. Unser Hausrat bringt es auf stolze 262 kg und die Frachtkosten schlagen mit 773 Dollar zu Buche, aber damit hatten wir auch gerechnet. Die U-Haul-Niederlassung wollte sich dann mit dem Schuldbekenntnis von Lufthansa, auch nach einem Telefonat mit dem zuständigen Mitarbeiter bei Lufthansa Cargo, nicht zufrieden geben und hatte zudem nicht die leiseste Ahnung, wie mit diesem Schadensfall zu verfahren ist. So hat man uns letztlich die 150 Dollar Selbstbehalt der Versicherung, die wir zum Glück abgeschlossen hatten, abgezogen und wir müssen jetzt versuchen diesen Betrag von Lufthansa erstattet zu bekommen. Die Mitarbeiter dort zeigten sich zwar sehr kooperativ und wollen sich zusammen mit U-Haul um eine Lösung bemühen, aber wir glauben es erst, wenn wir das Geld wieder haben. Nach all diesem Ärger waren wir nicht mehr in der Stimmung noch in die Stadt zu fahren und haben uns in unserem Appartment etwas ausgeruht. Mit einem Spaziergang durch die Nachbarschaft beendeten wir dann diesen wenig erfreulichen Tag.

Nachdem wir ausgeschlafen und gemütlich gefrühstückt hatten, machten wir uns trotz des naßkalten und trüben Wetters auf den Weg in die Innenstadt von Atlanta. Wir begannen unseren Stadtrundgang am 1889 im klassischen Renaissancestil erbauten Georgia State Capitol, das sich schon von weitem mit seiner 72 m hohen, mit Georgia-Gold dekorierten Kuppel zu erkennen gibt. Die Innenräume des Kapitols wurden mit Marmor aus Georgia ausgestattet, während man für die Außenwände Kalksandstein aus Indiana verwendete. Neben dem Senat und dem Abgeordnetenhaus befinden sich im vierten Stock des Kapitols das Georgia State Museum of Science and Industry und verschiedene Ausstellungen über Georgias Geschichte und Natur. Besonders interessant waren die ausgestellten Mineralien und Fossilien sowie die bis zu 2.500 Jahre zurückreichenden indianischen Artefakte. Leider war die Rotunde wegen Renovierungsarbeiten geschlossen, so daß wir das Kapitol nach dem Besuch des Museums wieder verließen. Auf dem Weg in die eigentliche Innenstadt kamen wir an "The World of Coca-Cola", einem Museum, das dem bekanntesten Erfrischungsgetränk der Welt gewidmet ist, vorbei. Im Jahre 1886 begann in Atlanta der schier unglaubliche Siegeszug von Coca-Cola rund um die Welt. Heute wird Coca-Cola in über 200 Ländern verkauft und die Statistiker haben ermittelt, daß es weltweit über 850 Millionen mal pro Tag serviert wird. Wir begnügten uns mit dem Besuch des Souvenirladens, da uns die 6 Dollar Eintritt pro Person für das Museum etwas übertrieben erschienen. In unmittelbarer Nachbarschaft zu Coca-Cola beginnt das Gebiet von Underground Atlanta, einem sechs Straßenblocks im ehemaligen Herzen von Atlanta umfassenden Restaurant- und Einkaufszentrum. Früher führten dort Eisenbahngleise entlang, ehe Brücken für Straßenbahnen gebaut und schließlich zu einer neuen Ebene nivelliert wurden. Das "Untergeschoß" verkam als Kellerdepot, bis es Ende der 80er Jahre sein heutiges Gesicht erhielt. Mehr als 100 Geschäfte, 12 Restaurants und Verkäufer mit Straßenkarren prägen den unterhaltenden Charakter dieses Viertels. Unserer nächstes Ziel war das CNN Center, das Welthauptquartier des TV-Imperiums von Medienmogul Ted Turner. Auf der CNN Studio Tour erhielten wir einen kleinen Einblick in das Turner Broadcasting System, einschließlich der Studios der drei 24stündigen Nachrichtennetze CNN, CNN Headline News und CNN International. Zum Abschluß besuchten wir den für die olympischen Spiele neu angelegten Centennial Olympic Park, der sich direkt gegenüber des CNN Center befindet. Trotz des nicht optimalen Wetters haben wir unseren Stadtrundgang genossen und erreichten etwas erschöpft wieder unser Quartier.

Unser letzter Tag in Atlanta viel buchstäblich ins Wasser. Wir wollten eigentlich eine Messe im Georgia World Congress Center besuchen, waren jedoch über eine Stunde vor der Eröffnung am Messegelände und hatten keine Lust so lange zu warten. Dann fing es so stark an zu regnen, daß nicht einmal mehr das Autofahren angemehm war, von anderen Aktivitäten ganz zu schweigen. So gingen wir Essen und fuhren zurück zu unserer Wohnung. Am Nachmittag konnten wir uns bei Lufthansa Cargo tatsächlich die 150 Dollar aus dem U-Haul Schaden in bar abholen. Anschließend übernahmen wir unseren reservierten Minivan, mit dem wir unserer Gepäck leichter zum Flughafen transportieren können. Da mich wohl eine Grippe erwischt hat, die sich hoffentlich bis morgen wieder etwas bessert, verbrachten wir unseren letzten Abend in aller Ruhe in unserem Apartement.     

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